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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 13.10.2006, RV/1202-W/05

Erhöhte Familienbeihilfe

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1202-W/05-RS1
Das Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 enthält lediglich für den gemäß § 10 Abs.1 FLAG 1967 gesondert zu beantragenden „Erhöhungs­betrag“ nach § 8 Abs. 4 leg.cit. (hinsichtlich der Höhe des Behinderungsgrades bzw. hinsichtlich der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen) die Einschränkungen des Nachweises durch ein ärztliches Gutachten. Für die Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen auf den „Grundbetrag“ an Familienbeihilfe nach § 6 Abs. 2 lit. d bzw. § 2 Abs.1 lit. c FLAG 1967 (Zeitpunkt des Eintrittes der Unfähigkeit, sich den Unterhalt zu verschaffen) gibt es keine feste Beweisregel; es ist jegliches Beweismittel zulässig, sodass die Behörde gemäß § 167 Abs 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
RV/1202-W/05-RS2
Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Anspruches für ein Kind kann von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein. (VwGH 92/14/0022). Mit der (teilweisen) Zurücknahme einer Berufung wird eine prozessuale Erklärung abgegeben, deren Motive für ihre Wirksamkeit ohne Bedeutung sind. Die teilweise Zurücknahme der Berufung hinsichtlich eines nach § 10 FLAG 1967 trennbaren und rechtlich selbständigen Anspruches für einen bestimmten Zeitraum hat somit nicht zur Folge, das der Berufungswerber im Umfang der Berufungseinschränkung den Anspruch auf Entscheidung verliert, sondern, dass die Berufungs­behörde über den Anspruch für diesen Zeitraum nicht mehr entscheiden darf. (VwGH 0338/79 vom ).

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes X. vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familien -beihilfe, des Erhöhungsbetrages wegen erheblicher Behinderung und des Kinderabsetzbetrages entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird betreffend den Zeitraum ab aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Anbringen vom begehrte die am Datum1 geborene Berufungswerberin (Bw.) für sich selbst die Gewährung der "erhöhten" Familienbeihilfe. Das Ansuchen präzisierte sie auf Frage des Finanzamtes dahin, dass sie die erhöhte Familienbeihilfe ab April 1989 beantrage. Dem Anbringen war das Formblatt über die ärztliche Bescheinigung zum Nachweis der erheblichen Behinderung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 angeschlossen, auf welchem in der Rubrik "Leiden bzw. Gebrechen" eine Nieren- und Pankreastransplantation am angeführt und der Grad der Behinderung mit 100 % seit Dezember 1997 angegeben wurde.

Aus einem vom Finanzamt erstellten "Versicherungsauszug der österreichischen Sozialversicherung" für die Bw. vom ergaben sich folgende Beschäftigungszeiten: - Angestellte, - Krankengeldbezug, - Angestellte, - Krankengeldbezug, - Angestellte (Fa.A), - Angestellte (Fa.B), - Angestellte (Fa.C) - Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung Fa.B ), - Pensionsvorschussbezug (AMV Versicherungsdienste), - Krankengeldbezug (WGKK).

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Bw. mit der Begründung ab, dass nach dem Inhalt der ärztlichen Bescheinigung die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Familienbeihilfe nicht erfüllt seien. Dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, sei der Bw. nicht bescheinigt worden.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Bw. vor, dass ihre Behinderung schon seit dem zehnten Lebensjahr bestehe und vom Bundessozialamt Wien, Niederösterreich und Burgenland mit einem Grad von 100 % eingeschätzt worden sei. Angesichts dieser Behinderung sei sie nicht in der Lage, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Auf einer weiteren ärztliche Bescheinigung vom findet sich (anders als auf dem früher vorgelegten Formblatt) die Rubrik angekreuzt, dass das Kind (die Bw.) voraussichtlich dauernd außerstande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und wird der Grad der Behinderung mit 100 % seit Oktober 1997 angegeben.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung mit der Begründung ab, die Bw. sei bei mehreren Dienstgebern beschäftigt gewesen und der Grad ihrer Behinderung betrage seit Oktober 1997 100 %, womit die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von (erhöhter) Familienbeihilfe nicht erfüllt seien.

Die Bw. beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die Berufungsbehörde ersuchte das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen Wien, Niederösterreich und Burgenland um Erstattung eines Gutachtens zum "prozentmäßigen Grad der Behinderung" der Bw. sowie darüber, ob sie voraussichtlich dauernd außerstande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen und wann dieser Umstand bejahendenfalls "unter Berücksichtigung des laufenden Einkommens ab 1989" eingetreten sei.

Das genannte Bundesamt holte zunächst das Gutachten eines Augenfacharztes ein. In diesem wird in der Anamnese darüber berichtet, dass seit 1980 Diabetes mellitus Typ I bei der Bw. diagnostiziert sei und dass seit dem Jahr 1994 wegen eingetretener Sehverschlechterungen näher genannte therapeutische Bemühungen unternommen worden seien. Die Diagnose hat folgenden Inhalt:

"Blutzuckerbedingte Netzhautveränderungen mit bogenförmigen Gesichtsfeldausfällen, die einer konzentrischen Gesichtsfeldeinengung entsprechen, beidseits nach Lasertherapie g.Z. VI/c/629 60 % - Tab. K2, Z3 Oberer Rahmensatz, da Zustand nach Glaskörperoperation, Zustand nach Cataract-Operation mit Kunstlinsenimplantation rechts. Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich. Dauerzustand."

Weiters holte das Bundessozialamt das Gutachten eines Facharztes für Innere Medizin ein, in welchem im Rahmen einer "zusammenfassenden Anamnese" ebenso auf einen seit 1980 bestehenden Diabetes mellitus Typ I und auf "arterielle Hypertonie" seit 1993, auf zunehmende Niereninsuffizienz seit 1995 und Hämodialyse seit 1996 hingewiesen wird. Unter der Überschrift "Ergebnis" werden vom Facharzt für Innere Medizin folgende Ausführungen getroffen:

"a) Zustand nach kombinierter Nieren- und Pancreastransplantation bei Diabetes mellitus Typ I und Niereninsuffizienz g.Z. III/f/370 50 % - 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da lebenslange Immunsupression erforderlich. b) Nekrobiosis lipoidica im Bereich beider Unterschenkel IX/c/702 Tab. K1/Z2 20 % - Oberer Rahmensatz, da beidseitiger ausgedehnter Befall. c) Narben- und Nabelbruch bei Zustand nach mehrfachen Laparotomien I/n/222 20 % - Oberer Rahmensatz, da kombinierte Hernie. d) Blutzuckerbedingte Netzhautveränderungen mit bogenförmigen Gesichtsfeldausfällen, die einer konzentrischen Gesichtsfeldeinengung entsprechen, beidseits nach Lasertherapie g.Z. VI/c/629 Tab. K2/Z3 60 % - Oberer Rahmensatz, da Zustand nach Glaskörperoperation, Zustand nach Cataractoperation mit Kunstlinsenimplantation rechts. Der Gesamt-GdB beträgt 100 %, da der führende GdB 4 infolge ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung um 4 Stufen erhöht wird.

Für die Berufstätigkeit als kfm. Angestellte ist die AW im besonderen Ausmaß auf eine ausreichende Sehleistung angewiesen, die aufgrund des augenärztlichen Befundes nicht gegeben ist. Es ist in den letzten Jahren zu einer zunehmenden Verschlechterung der Sehleistung gekommen. Weiters bestehen nach mehrfach stattgefundenen diabetischen Comas Störungen des Kurz- und Langzeitgedächtnisses sowie der Konzentration. In Zusammenschau dieser gesundheitsbedingten Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit ist die Untersuchte aus ärztlicher Sicht voraussichtlich dauernd außerstande sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Dieser Umstand ist ab April 2001 eingetreten."

Die Berufungsbehörde setzte die Bw. vom Vorliegen der Gutachten in Kenntnis und übermittelte ihr eine Kopie mit dem Bemerken, dass nach Ablauf von zwei Wochen über die Berufung "im Sinne des vorliegenden Gutachtens" entschieden werden würde.

Im Anschluss an diesen Vorhalt übermittelte die Bw. die Ausfertigung einer als "Ärztliches Attest (Bw.)" überschriebenen Bekundung eines Arztes für Allgemeinmedizin vom , in welcher ausgeführt wird, dass die Bw. seit dem Jahr 1993 in der Behandlung dieses Arztes stehe. Auf Grund ihrer seit dem zehnten Lebensjahr bestehenden Zuckerkrankheit und den vielen daraus resultierenden Komplikationen - die Anamnese dürfe als bekannt vorausgesetzt werden - könne davon ausgegangen werden, dass die Bw. vor dem 21. Lebensjahr voraussichtlich außerstande gewesen sei, sich den Lebensunterhalt selbst zu verschaffen. "Einer geregelten Arbeit nachzugehen, muss als misslungener Versuch, ein normales Leben zu führen, gewertet werden."

Mit Bescheid vom sprach die Berufungsbehörde über die Berufung der Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes vom dahin ab, dass sie diese Berufung "für den Zeitraum bis " zurückwies und "für den Zeitraum bis laufend" als unbegründet abwies. Die Berufungsbehörde vertrat die Auffassung, dass aus der Bestimmung des § 10 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG) 1967, nach welcher die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt würden, die Zurückweisung der Berufung "für den Zeitraum vom bis " zu resultieren habe. Für den Zeitraum ab dem vertrat die Berufungsbehörde die Auffassung, dass das zuständige Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen in seinem "schlüssig begründeten Gutachten" vom zwar einen Gesamtgrad der Behinderung von 100 % festgestellt und beurteilt habe, dass die Bw. voraussichtlich dauernd außerstande sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, dass dieser Umstand aber erst ab April 2001 eingetreten sei. Aus dem Gutachten ergebe sich, dass die Unfähigkeit der Bw. sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, erst nach Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten sei. Da für den Bezug der erhöhten Familienbeihilfe die Gewährung der Familienbeihilfe (Grundbetrag) Voraussetzung sei, könne auch die erhöhte Familienbeihilfe (der Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung) trotz eines Behinderungsgrades von 100 % nicht gewährt werden.

Gegen diesen Bescheid der Berufungsbehörde vom betreffend Familienbeihilfe erhob die Bw. Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof und machte Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend, weil die Berufungsbehörde die Widersprüchlichkeit der Ermittlungsergebnisse zur entscheidungserheblichen Frage des Zeitpunktes des Eintritts ihrer Behinderung nicht zum Anlass dafür genommen habe, diese Widersprüche (Oktober 1997, April 2001 oder schon vor dem 21. Lebensjahr der Bw.), zu beseitigen. Von der Behörde sei nicht dargelegt worden sei, weshalb sie der Bekundung des Mediziners in dem von der Bw. vorgelegten ärztlichen Attest nicht geglaubt habe, wonach die bei der Bw. manifest bestehende Behinderung schon vor ihrem 21. Lebensjahr aufgetreten sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis xy den Bescheid im Umfang seiner Anfechtung, nämlich in seinem Ausspruch der Abweisung der Berufung der Bw. "für den Zeitraum bis laufend", wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Jener Abspruch des Bescheides, der nicht über den Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe absprach, sondern einen verfahrensrechtlichen Abspruch der Zurückweisung der Berufung "für den Zeitraum bis " tätigt, wurde vom Verwaltungsgerichtshof als unbekämpft geblieben angesehen. Durch die Aufhebung des Abweisungsbescheides tritt die Rechtssache (hinsichtlich des Zeitraumes ab ) nach § 42 Abs.3 VwGG in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte.

Die Bw. hat mit Schreiben vom die Berufung "für die Jahre 1996 und 1997" zurückgezogen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 6 Abs. 5 FLAG 1967 haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat.

Nach § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie u.a. wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen und sich in keiner Anstaltspflege befinden.

§ 8 Abs. 4 FLAG 1967 sieht in seinen jeweiligen Fassungen erhöhte Familienbeihilfenbeträge für jedes Kind vor, das erheblich behindert ist. Als erheblich behindert gilt nach § 8 Abs. 5 FLAG 1967 ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 v.H. betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind die Vorschriften der §§ 7 und 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152 in der jeweils geltenden Fassung, und die diesbezügliche Verordnung des "Bundesministeriums" für soziale Verwaltung vom , BGBl. Nr. 150 in der jeweils geltenden Fassung, anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.

Nach § 8 Abs. 6 FLAG 1967 in der ab 2003 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 105/2002 ist der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.

Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG wird die Familienbeihilfe nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4 FLAG) ist besonders zu beantragen.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird Familienbeihilfe vom Beginn de Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Nach § 10 Abs. 3 FLAG 1967 werden die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt.

Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat nach § 13 FLAG 1967 das nach dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt der antragstellenden Person zuständige Finanzamt zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

Gemäß § 256 BAO können Berufungen bis zur Bekanntgabe der Entscheidung über Die Berufung zurückgenommen werden. Die teilweise Zurücknahme einer Berufung hinsichtlich eines trennbaren und rechtlich selbständigen Anspruches hat zur Folge, dass die Berufungsbehörde über diesen Anspruch nicht mehr entscheiden darf. (VwGH 0338/79 vom ).

Das Bestehen des Anspruches für ein Kind kann von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 entnehmen lässt, der Monat (VwGH 92/14/0022).

Mit der Zurücknahme der Berufung im Zuge des fortgesetzten Verfahrens hat die Bw. eine prozessuale Erklärung abgegeben, deren Motive für ihre Wirksamkeit ohne Bedeutung sind. Die teilweise Zurücknahme der Berufung (hinsichtlich des nach § 10 FLAG 1967 trennbaren und rechtlich selbständigen Anspruches für den Zeitraum bis ) hat somit nicht nur zur Folge, das die Bw. im Umfang der Berufungseinschränkung den Anspruch auf Entscheidung verliert, sondern auch, dass die Berufungsbehörde über den Anspruch für diesen Zeitraum nicht mehr entscheiden darf.

Die mit Berufungsentscheidung vom für den Zeitraum bis erfolgte Zurückweisung der Berufung blieb vor dem Verwaltungsgerichtshof unbekämpft (die Aufhebung erfolgte "im Umfang der Anfechtung"), sodass im fortgesetzten Verfahren auch über diesen Zeitraum nicht mehr abzusprechen ist.

Im gegenständlichen Berufungsfall befand sich die Bw. nach Vollendung des 21. Lebensjahres nicht mehr in Berufsausbildung, sodass für den grundsätzlichen Anspruch auf Familienbeihilfe die Unfähigkeit der Bw., sich selbst den Unterhalt zu verschaffen nach § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 jedenfalls vor dem 21. Lebensjahr eingetreten sein muss. Nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes beließ der vom Bundessozialamt beauftragte Facharzt für Innere Medizin den von ihm mit April 2001 benannten Zeitpunkt des Eintritts der entscheidenden Behinderung der Bw. ohne jede Begründung. Dagegen hat die Bw. in der Stellungnahme zu den vom Bundessozialamt beschafften ärztlichen Äußerungen das Attest eines Arztes vorgelegt, der den Eintritt von Erwerbsunfähigkeit bei der Bw. mit einem vor Vollendung ihres 21. Lebensjahres gelegenen Zeitpunkt angab und sich dabei auf die als "bekannt" angesprochene Anamnese und die seit dem zehnten Lebensjahr der Bw. bei ihr konstatierte Zuckerkrankheit bezog. Im Attest dieses Arztes wird auch auf die von der Bw. versuchte Berufstätigkeit Bezug genommen und das diesbezügliche Bemühen der Bw. einer Einschätzung unterzogen: "Einer geregelten Arbeit nachzugehen, muss als misslungener Versuch, ein normales Leben zu führen, gewertet werden."

Da die Äußerungen in dem von der Bw. vorgelegten Attest ihrerseits eine ausreichende Begründung für die Annahme einer schon vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetretenen Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, laut Verwaltungsgerichtshof "noch nicht abschließend geboten" haben, wurden im Zuge des fortgesetzten Verfahrens diesbezüglich weitere Ermittlungen vorgenommen:

Unter anderem hat die Bw. Bestätigungen der zuständigen Gebietskrankenkasse über die in den Jahren der Beschäftigung angefallenen Zeiten ihrer Arbeitsunfähigkeit (ab dem 20. Lebensjahr) sowie Bestätigungen einer Krankenanstalt über Krankenhausaufenthalte (soweit diesbezügliche Unterlagen noch verfügbar waren) wie folgt vorgelegt:


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von
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Anlässlich einer persönlichen Vorsprache hat die Bw. gegenüber der Berufungsbehörde dazu noch Folgendes ausgeführt (und durch ärztliche Befunde belegt bzw. wurden die Aussagen der Bw. niederschriftlich festgehalten):

Die Bw. habe bereits vor der Aufnahme der Berufstätigkeit große Probleme mit der Gesundheit gehabt: Mumpsmeningitis mit acht Jahren (Befunde aus den Jahren 1978/79 wurden vorgelegt), seit dem 10. Lebensjahr Diabetes, mehrtägiges Koma diabeticum mit 19 Jahren. Bereits nach einiger Zeit der Berufstätigkeit habe die Bw. wenig Arbeit zugeteilt erhalten, auch wurde die Wochenarbeitszeit reduziert, durch die Behinderung habe sie jedoch erhöhten Kündigungsschutz gehabt. Der Dienstgeber habe der Bw. - nach anfänglichem Entgegenkommen - schon während der Beschäftigung geraten, in Pension zu gehen, die Bw. wollte dies aber nicht.

Sie sei dadurch zwar über einen längeren Zeitraum als Angestellte bei der Fa.A bzw. bei der Fa.B angemeldet gewesen, während dieser Zeit seien aber laufend - zusätzlich zu den mit Bestätigungen belegten Krankenhausaufenthalten - ambulante Behandlungen erfolgt. So musste die Bw. z.B. nach chronischem Nierenversagen aufgrund der Diabetes bis zur Nieren- und Pancreastransplantation im Jahr 1997 (mit mehrfache Abstoßungsreaktionen) dreimal pro Woche für vier Stunden zur Dialyse; diese Behandlungen seien großteils während der Arbeitszeit erfolgt.

Auch während der Anwesenheitszeiten sei die Konzentration und Leistungsfähigkeit der Bw. infolge der herabgesetzten Sehleistung (Netzhautveränderungen, mehrmalige Lasertherapie auf beiden Augen, Kunstlinsenimplantation), der Störungen des Kurz- und Langzeitgedächtnisses ("nach mehrfach stattgefundenen diabetischen Comas"), Bewegungseinschränkungen, Kreislaufproblemen und Schmerzen sehr eingeschränkt gewesen, sodass die Bw. nicht imstande gewesen sei, eine entsprechende Arbeitsleistung zu erbringen. Das Beschäftigungsverhältnis sei (nach massivem Mobbing) einvernehmlich aufgelöst worden.

Die anlässlich der Niederschrift ebenfalls anwesende Mutter der Bw. ergänzt zudem sinngemäß, die Bw. sei nach der Meningitis schon als Kind bzw. Jugendliche nie wirklich gesund gewesen, sie habe sich aber, in der Annahme die Tochter könne trotz der massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen doch irgendwann ein "abgesichertes Leben" führen, lange Zeit bemüht, das Beschäftigungsverhältnis der Tochter aufrecht zu erhalten.

Die vorstehenden Aussagen bestätigen somit die in den Befundberichten und Krankheitsgeschichten sichtbar gewordenen Indizien für schwerste gesundheitliche Beeinträchtigungen der Bw. in Folge der meningo-cerebralen Erkrankung als Kind bzw. der seit dem zehnten Lebensjahr konstatierten schweren Zuckerkrankheit - und belegen auch die Aussage des Arztes im zuletzt von der Bw. vorgelegten Attest, dass das Bemühen der Bw. einer geregelten Arbeit nachzugehen, als misslungener Versuch ein normales Leben zu führen, gewertet werden muss .

Der Verwaltungsgerichtshof verwies im Hinblick auf das in der Berufungsvorentscheidung gebrauchte Argument bestandener Beschäftigungsverhältnisse der Bw. u.a. auf das Erkenntnis 2002/15/0167, wonach der Verwaltungsgerichtshof zwar wiederholt ausgesprochen habe, eine mehrjährige berufliche Tätigkeit des Kindes widerlege die für den Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit c (bzw. hier § 6 Abs. 2 lit d) FLAG 1967 notwendige Annahme, das Kind sei infolge seiner Behinderung nicht in der Lage gewesen, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen; der Gerichtshof habe aber ebenso ausgesprochen, dass von einer beruflichen Tätigkeit nicht gesprochen werden könne, wenn der "beruflich Tätige" keine (Arbeits)Leistungen erbringe, wenn also eine Person aus karitativen Überlegungen oder zu therapeutischen Zwecken ohne Erwartung ein Gegenleistung wie ein Dienstnehmer behandelt werde (vgl E. 96/14/0159 vom ; 95/14/0125 vom ).

Ebenso verwies der Verwaltungsgerichtshof auch auf das Erkenntnis (2002/15/0167), wonach aus einer über der Mindestleistungsfähigkeit (iSd § 2 Abs 2 lit d BEinstG) gelegenen Arbeitsfähigkeit nicht unmittelbar auf die Selbsterhaltungsfähigkeit iSd § 2 Abs 1 lit c (bzw. hier § 6 Abs. 2 lit.d) FLAG 1967 geschlossen werden könne. (Gemäß § 2 Abs 2 lit d BEinstG gelten Personen, die infolge des Ausmaßes ihres Gebrechens zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit(auch auf einem geschützten Arbeitsplatz o.ä. nicht geeignet sind, nicht als begünstigte Behinderte iSd BEinstG).

Das Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 enthält lediglich für den "Erhöhungsbetrag" nach § 8 Abs. 4 leg.cit. (hinsichtlich der Höhe des Behinderungsgrades bzw. hinsichtlich der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen) die Einschränkungen des Nachweises durch ein ärztliches Gutachten als Anspruchsvoraussetzung . Für die Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen auf den "Grundbetrag" an Familienbeihilfe nach § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 (Zeitpunkt des Eintrittes der Unfähigkeit, sich den Unterhalt zu verschaffen) gibt es keine feste Beweisregel; es ist jeglichesBeweismittel zulässig, sodass die Behörde gemäß § 167 Abs 2 BAO unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Zusammenfassend ergibt sich im Berufungsfall aus der Krankheitsgeschichte der Bw. jedenfalls sachlich nachvollziehbar die Begründung für die Annahme, dass die erhebliche Behinderung der Bw. bereits vor deren Eintritt in das Erwerbsleben vorlag und dass die von der Bw. im Zuge der Beschäftigung erzielten Einkünfte nicht aufgrund der von ihr erbrachten Arbeitsleistung zugeflossen sind. Da somit die Beschäftigung der Bw. als vergeblicher Versuch, sich in das Erwerbsleben einzugliedern, angesehen werden kann, spricht auch nichts gegen die Annahme, dass die Unfähigkeit der Bw., sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, bereits vor deren 21. Lebensjahr eingetreten ist.

Wenn aber die Bw. wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetretenen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und dieser Annahme die von der Bw. ausgeübte Tätigkeit nicht entgegensteht, liegen die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe vor.

Die teilweise Zurücknahme der Berufung (hinsichtlich des nach § 10 FLAG 1967 trennbaren und rechtlich selbständigen Anspruches für den Zeitraum bis ) hat somit zur Folge, dass die Berufungsbehörde über den Anspruch für diesen Zeitraum nicht mehr entscheiden darf.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Erhöhungsbetrag wegen erheblicher Behinderung
voraussichtlich dauernd außerstande sich den Unterhalt zu verschaffen
Eintritt vor dem 21. Lebensjahr
Zurücknahme der Berufung
Anspruchszeitraum
Verweise
VwGH, 92/14/0022
VwGH, 0338/79

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