Bewertung eines geringverzinslichen und langfristigen Darlehens
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Herrn J.R., E., vertreten durch Herrn D.T., gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Schenkungssteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Schenkungsvertrag vom wurde von Frau A.M. deren Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 1 an Herrn J.R., dem Berufungswerber, geschenkt. Laut Punkt "VIERTENS:" des Vertrages beträgt der Einheitswert für den geschenkten Liegenschaftsanteil € 9.411,--. Bei diesem Betrag handelt es sich um den nicht erhöhten Einheitswert. Der erhöhte Einheitswert beträgt anteilig € 12.681,41. In diesem Vertragspunkt wird auch festgehalten, dass der Geschenknehmer von der Geschenkgeberin in den letzten zehn Jahren keine anrechenbaren Vorschenkungen erhalten hat.
Vom Berufungswerber wird das Wohnbauförderungsdarlehen des Landes Burgenland im anteilig aushaftenden Betrag von € 24.398,77 und zwei Darlehen der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien AG im anteilig aushaftenden Betrag von € 4.605,75 zur alleinigen Rückzahlung übernommen. Er erklärte, die Geschenkgeberin bezogen auf eine Inanspruchnahme aus den genannten Darlehensforderungen schad- und klaglos zu halten. Die Verzinsung des Wohnbauförderungsdarlehens beträgt für das 1. bis 10. Jahr 0,5 %, für das 11. bis 22. Jahr 1,5 % und für das 23. bis 33. Jahr 3 %.
Vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien wurde dem Berufungswerber für diesen Erwerbsvorgang neben einer Grunderwerbsteuer mit Bescheid vom eine Schenkungssteuer in der Höhe von € 4.344,27 vorgeschrieben. Dabei wurde bei der Berechnung vom anteiligen Wert des Grundstückes eine grunderwerbsteuerpflichtige Gegenleistung in der Höhe von € 17.745,37 abgezogen. Diese grunderwerbsteuerpflichtige Gegenleistung setzt sich zusammen aus dem anteilig abgezinsten Darlehen des Landes Burgenland im Betrag von € 13.139,62 und den anteilig aushaftenden Darlehen der Raiffeisenlandsbank Niederösterreich-Wien AG in der Höhe von insgesamt € 4.605,75.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde vorgebracht, dass das Wohnbauförderungsdarlehen mit dem anteilig aushaftenden Betrag anzusetzen sei. Die Verzinsung sei marktkonform und es lägen keine besonderen Umstände für eine Abzinsung dieses Darlehens vor.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist nur, ob das Darlehen des Landes Burgenland mit einer Verzinsung von 0,5 % für die ersten 10 Jahre, einer Verzinsung von 1,5 % für die nächsten 12 Jahre und einer Verzinsung in der Höhe von 3 % für die restlichen 11 Jahre und einer Laufzeit von 33 Jahren mit dem anteilig aushaftenden Betrag von € 24.398,77 oder mit dem anteilig abgezinsten Betrag von € 13.139,62 vom anteiligen Wert des Grundstückes abzuziehen ist.
Verpflichtet sich der Erwerber eines Grundstückes dem Übergeber gegenüber eine Schuld zu übernehmen, so ist die Schuldübernahme eine sonstige Leistung im Sinn des § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG. Es bilden übernommene Darlehen als sonstige (zusätzliche) Leistung die Gegenleistung bzw. einen Teil derselben. Dabei ist das zwischen den Vertragsteilen bestehende Innenverhältnis maßgeblich, das heißt, die Schuldübernahme ist dann zu berücksichtigen, wenn sich der Erwerber vertraglich verpflichtet hat, den Übergeber bezüglich dieser Verbindlichkeit schad- und klaglos zu halten. Dass im gegenständlichen Fall eine Schuldübernahme vorliegt, wird nicht bestritten.
Gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG richtet sich die Bewertung, soweit nicht im Absatz 2 (die Bewertung des Grundstückes wird im gegenständlichen Verfahren nicht bestritten) etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften). Die Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes gelten nach § 1 Abs. 1 BewG auch für die Grunderwerbsteuer.
Nach § 14 Abs. 1 BewG sind Kapitalforderungen, die nicht im § 13 bezeichnet sind, und Schulden mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Auf Grund des § 14 Abs. 3 BewG ist der Wert unverzinslicher befristeter Forderungen und Schulden der Betrag, der nach Abzug von Jahreszinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen in Höhe von 5,5 v.H. des Nennwertes bis zur Fälligkeit verbleibt.
Bei Forderungen oder Schulden ist daher die Bewertung mit dem Nennwert die Regel, von der nur in Ausnahmefällen - nämlich wenn besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen - eine Abweichung zulässig ist. Als besondere Umstände sind solche anzusehen, die vom Normalfall - gemessen an den im Wirtschaftsleben durchschnittlich geltenden Konditionen - erheblich abweichen. Als besondere Gründe, die einen höheren oder geringeren Wert als den Nennwert begründen, kommen beispielsweise außergewöhnlich hohe oder geringe Verzinslichkeit, Unverzinslichkeit, lange Laufzeit in Betracht. Der Wert unverzinslicher befristeter Forderungen und Schulden ist nach § 14 Abs. 3 BewG zu ermitteln.
Nachdem gesetzlich festgelegt ist, dass unverzinsliche befristete Kapitalforderungen mit dem abgezinsten Betrag, d.h. dem entsprechend niedrigeren Gegenwartswert anzusetzen sind, ist es zwangsläufig, dass auch bei niedrig verzinsten befristeten Kapitalforderungen entsprechend zu verfahren und der dafür geltende niedrigere Gegenwartswert anzusetzen ist. Insbesondere dann, wenn es sich um langfristige Darlehen handelt, kann eine sehr niedrige Verzinsung einen Umstand darstellen, der gemäß § 14 Abs. 1 BewG einen niedrigeren Wert als den Nennwert begründet. Der Wert derartiger Forderungen und Schulden wird mit einem Betrag angesetzt, der nach Abzug von Jahreszinsen bis zur Fälligkeit verbleibt. Die Höhe der abzuziehenden Jahreszinsen ergibt sich sinngemäß zu § 14 Abs. 3 BewG als Differenz zwischen 5,5 % und dem jeweiligen Zinssatz.
Bei dem Wohnbauförderungsdarlehen handelt es sich nicht nur um ein gering verzinsliches, sondern auch um ein langfristiges (Laufzeit 33 Jahre!) Darlehen, was in Entsprechung des § 14 Abs. 1 BewG den Ansatz eines geringeren Wertes rechtfertigt. Als besondere Gründe, die einen geringeren Wert als den Nennwert begründen, kommt neben einer geringen Verzinsung auch eine lange Laufzeit in Betracht. Hier liegt ein Darlehen mit geringer Verzinsung und langer Laufzeit vor. Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien hat bei der Ermittlung der grunderwerbsteuerpflichtigen Gegenleistung, welche bei der Berechnung der Schenkungssteuer vom Wert des Grundstückes abgezogen wurde, das Darlehen des Landes Burgenland zu Recht mit dem abgezinsten Betrag in der Höhe von anteilig € 13.139,62 angesetzt.
Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 19 Abs. 1 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 § 14 Abs. 1 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 14 Abs. 3 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 |
Schlagworte | besondere Gründe geringverzinslich langfristig |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at