1) Keine Sicherheitszuschläge bei lediglich nicht zeitgerechter Erfassung von Barausgängen 2) Nachweis von Betriebsausgaben (nachgebuchten Aushilfslöhnen) 3) Berechnung des Repräsentationsanteiles von Kfz-Aufwendungen 4) Nachweis der Nutzungsdauer von vermieteten Gebäuden
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1998 bis 2000, Umsatzsteuer für die Jahre 1999 und 2000 sowie Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Jänner bis August 2002 entschieden:
Die Berufung gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1998 wird als unbegründet abgewiesen. Dieser angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Der Berufung gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1999 und 2000, Umsatzsteuer für die Jahre 1999 und 2000 sowie Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Jänner bis August 2002 wird teilweise Folge gegeben. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben betragen:
Einkommen 1999: 59.409,24 €, Einkommensteuer: 21.565,66 €; Einkommen 2000: 17.665,46 €, Einkommensteuer: 2.920,36 €; steuerpflichtige Umsätze 1999: 640.590,70 €, Umsatzsteuerzahllast: 57.423,09 €; steuerpflichtige Umsätze 2000: 695.780,11 €, Umsatzsteuerzahllast: 40.594,68 €; steuerpflichtige Umsätze Jänner bis August 2002: 400.112,66 €; Umsatzsteuerzahllast: 38.030,10 €.
Die Fälligkeit der Abgaben bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) betreibt ein Handelsgewerbe. Daneben erzielt er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, und zwar aus der Vermietung eines Teiles des Betriebsgebäudes in X., Y.-Straße 109, sowie (seit 2001) aus der Vermietung des Gebäudes in X., Z.-Straße 23a. Im Bericht vom über eine die Veranlagungsjahre 1998 bis 2000 umfassende Buch- und Betriebsprüfung sowie eine das Folgejahr 2001 und die Monate Jänner bis August 2002 betreffende Umsatzsteuernachschau hielt der Prüfer unter Anderem fest:
Zum und zum stimme der Kassastand, der sich aus der laufenden Buchhaltung des Gewerbebetriebes und aus dem Kassabuch ergebe, mit dem in den Bilanzen ausgewiesenen Kassastand nicht überein, weil laut Umbuchungslisten verschiedene Ausgaben (1999: 141.808 S, 2000: 86.955,09 S) nachträglich als Kassaausgang gebucht worden seien. Die Buchhaltung sei daher nicht ordnungsmäßig im Sinne des § 163 BAO. Zur Erfassung möglicherweise nicht verbuchter Geschäftsfälle würden die erklärten Umsätze bzw. Einnahmen um Sicherheitszuschläge in Höhe von 58.333,33 S netto (1999) bzw. 37.500 S netto (2000) erhöht (Tz 17, Tz 20a und Tz 31a des Prüfungsberichtes).
Die bei Erstellung der Jahresabschlüsse eingebuchten Barausgaben betreffend Aushilfslöhne an Gelegenheitsarbeiter für Reparatur- und Aufräumarbeiten (1999: 45.200 S, 2000: 38.500 S) würden nicht als Betriebsausgaben anerkannt, weil über diese Ausgaben keine Aufzeichnungen vorlägen (Tz 31e des Prüfungsberichtes).
Im Mai 1999 habe der Bw. einen Leasingvertrag betreffend einen (gebrauchten) Pkw der Marke Mercedes S 320 mit einer Leasingfirma in der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen. Die Leasingraten der Monate Mai 1999 bis August 2002 seien gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 lit. d UStG 1994 der Umsatzsteuer zu unterziehen (wobei Umsatzsteuervorauszahlungen für 2001 nicht festgesetzt würden, weil die Jahreserklärung in den nächsten Tagen eingereicht werden solle; Tz 18 und Tz 20a des Prüfungsberichtes). Der Repräsentationsanteil der für die Prüfungsjahre 1999 und 2000 geltend gemachten Aufwendungen sei - ausgehend von den Anschaffungskosten eines Neufahrzeuges in Höhe von ca. 1,000.000 S brutto - neu zu berechnen und betrage 53,30 % (Tz 31c des Prüfungsberichtes).
Bei Ermittlung der AfA für den vermieteten Teil des im Jahr 1997 angeschafften Betriebsgebäudes in der Y.-Straße sei der Bw. von einer (Rest-)Nutzungsdauer von 25 Jahren ausgegangen. Ein Gutachten, in dem auf den konkreten Bauzustand des Gebäudes eingegangen und daraus die Restnutzungsdauer abgeleitet werde, liege nicht vor. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 sei daher die jährliche AfA mit 1,5 % der Anschaffungskosten anzusetzen (Tz 26 des Prüfungsberichtes).
Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an und erließ am (nach Wiederaufnahme der Verfahren) neue Bescheide betreffend Einkommensteuer 1998 bis 2000 sowie Umsatzsteuer 1999 und 2000. Mit weiterem Bescheid vom wurden die Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Jänner bis August 2002 festgesetzt.
Gegen die angeführten Bescheide erhob der Bw. durch seine steuerliche Vertreterin Berufung. Begründend wurde ausgeführt, die vom Prüfer festgestellten Buchführungsmängel könnten keinen Anlass für die Annahme bieten, dass Einnahmen nicht erfasst worden seien. Der Prüfer habe auch keine Kalkulationsdifferenzen festgestellt. Die Festsetzung von Sicherheitszuschlägen sei daher nicht gerechtfertigt. Für die laufend aus dem Privatvermögen des Bw. getätigten Ausgaben betreffend Aushilfslöhne an Gelegenheitsarbeiter für Reparatur- und Aufräumarbeiten seien zum Teil Belege aufgefunden worden (für 1999: über 18.000 S, für 2000: über 32.700 S). Insoweit seien Betriebsausgaben anzuerkennen. Die Eigenverbrauchsbesteuerung gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 lit. d UStG 1994 sei gemeinschaftsrechtlich bedenklich, der Ausgang des EuGH-Verfahrens Rs C-155/01, Cookies World, bleibe abzuwarten. Der Repräsentationsanteil der Leasingaufwendungen betreffend den Mercedes S 320 sei auf Basis jener Anschaffungskosten (von umgerechnet 825.000 S) zu berechnen, die auch dem Leasingvertrag zu Grunde lägen. Das Gebäude in der Y.-Straße sei 1961/62 als Lager in entsprechender Bauweise errichtet und erst später zu Büroräumen umgebaut worden, wobei die Bausubstanz nicht verbessert worden sei. Auch der nunmehr der Vermietung zugeführte Gebäudeteil unterliege daher einer erhöhten Abnutzung. Ein entsprechendes Gutachten werde nachgereicht. Zudem sei im Jahr 1998 die AfA für nachträgliche Anschaffungskosten (von 96.000 S, AfA 3.840 S) irrtümlich nicht geltend gemacht worden. Im Jahr 2000 seien Zinsen und Kontoführungsspesen sowohl beim Gewerbebetrieb als auch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung versehentlich außer Ansatz geblieben.
Über die Berufung wurde erwogen:
1. Sicherheitszuschläge:
Gemäß § 131 Abs. 1 Z 2 BAO (in der für die Streitjahre geltenden Fassung) sollen Eintragungen in die Bücher der Zeitfolge nach geordnet, vollständig, richtig und zeitgerecht vorgenommen werden. Bareingänge und Barausgänge sollen täglich in geeigneter Weise festgehalten werden. Unbestritten ist, dass nicht alle Barausgänge der Jahre 1999 und 2000 zeitgerecht erfasst, sondern einige Ausgänge erst bei Erstellung der Jahresabschlüsse nachgebucht wurden. Dem Finanzamt ist beizupflichten, dass insoweit formelle Mängel der Buchführung vorliegen.
Zur Schätzung ist die Abgabenbehörde nach § 184 Abs. 1 BAO jedoch nur insoweit berechtigt (und verpflichtet), als sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag (§ 184 Abs. 2 BAO); ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen (§ 184 Abs. 3 BAO).
Die im Zuge der Abschlussarbeiten nachgebuchten Barausgänge bzw. die Differenzen zum (laufend geführten) Kassabuch gliederte der Prüfer wie folgt auf:
1999: 45.200 S Nachbuchung Fremdarbeiten, -3.650 S Umbuchung Verrechnungsscheck, 65.258 S Eigenleistungen Ehegattin, 15.000 S Telefonaufwand, 20.000 S Zahlung Caterpillar (zusammen 141.808 S); 2000: 38.500 S Nachbuchung Fremdarbeiten, 50.000 S Buchhaltungsarbeiten, -1.544,91 S Umbuchung Verrechnungsscheck (zusammen 86.955,09 S).
Die Differenzen zwischen den Kassaständen laut Kassabuch und laut Bilanz konnten bei der abgabenbehördlichen Prüfung demnach im Einzelnen nachvollzogen werden. Die Ausgaben für "Fremdarbeiten" wurden, wie oben bereits ausgeführt, infolge des Fehlens von Aufzeichnungen vom Prüfer nicht anerkannt. Auch die Ausgaben für "Eigenleistungen" der Ehegattin des Bw. wurden in Ermangelung von Aufzeichnungen bzw. fremdüblicher Vereinbarungen nicht zum Abzug zugelassen (Tz 31d des Prüfungsberichtes). Hinsichtlich des nachgebuchten Betrages für Buchhaltungsarbeiten stellte der Prüfer fest, dass kein Beleg vorliege und nach den Angaben des Bw. auch keine solche Zahlung erfolgt sei (Tz 31f des Prüfungsberichtes), weshalb dieser Betrag nicht abzugsfähig sei. Damit ist, soweit die nachgebuchten Ausgaben nicht nachgewiesen werden konnten, eine rechnerische Korrektur der erklärten Gewinne bereits erfolgt (zu den strittigen "Fremdarbeiten" siehe auch die nachfolgenden Ausführungen unter Punkt 2). Darüber hinaus sind jedoch Umstände, die zu Zweifeln an der Richtigkeit des Rechenwerkes und in weiterer Folge zur Schätzung Anlass geben könnten, nicht erkennbar. Insbesondere lassen die festgestellten Mängel in keiner Weise auf nicht verbuchte Vorgänge bei der Einnahmenerfassung schließen. Ist aber eine rechnerische Korrektur des Rechenwerkes möglich, ohne dass nach der Art der festgestellten Aufzeichnungsmängel noch Unsicherheiten verbleiben, so durfte eine Zurechnung von Sicherheitszuschlägen (als Element der Schätzung) nicht mehr erfolgen.
2. Ausgaben für "Fremdarbeiten":
Die nicht laufend aufgezeichneten Ausgaben für gelegentliche "Aushilfslöhne" (1999: 45.200 S, 2000: 38.500 S) seien nach den Angaben des Bw. zunächst aus dem Privatvermögen (bzw. aus vorangegangenen Privatentnahmen) bezahlt worden. Bei der Betriebsprüfung wurden Belege (über insgesamt 18.000 S für 1999 bzw. 32.700 S für 2000) vorgelegt, in denen die von den Zahlungsempfängern erbrachten Leistungen wie folgt umschrieben wurden:
Beleg vom über 10.000 S: "Reparaturarbeiten an diversen Installationen im Objekt Y.-Straße 109" (Unterschrift A.);
Beleg vom über 8.000 S: "Isolierarbeiten in Y.-Straße 109" (Unterschrift B.);
Beleg vom über 3.500 S: "Schneeräumungen in Y.-Straße 109" (Unterschrift B.);
Beleg vom über 9.200 S: "Reinigungsarbeiten Lager und Hof" (Unterschrift C.)
Beleg vom über 4.500 S: "Baumschnitt in Y.-Straße 109" (Unterschrift B.);
Beleg vom November 2000 über 6.000 S: "Staplerservice, Ölaustausch, Hydraulik-Öl-Austausch, Kühlwasserkontrolle" (lautend auf D., ohne Unterschrift)
Beleg vom Dezember 2000 über 9.500 S: "Elektroinstallation sowie Heizungssteuerung in X., Y.-Straße 109" (lautend auf E., ohne Unterschrift)
Im Verfahren vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz erläuterte der Bw., er habe mitunter Gelegenheitsarbeiter beschäftigt. Der Beleg über "diverse Installationen" durch A. betreffe die Erneuerung von WC-Anlagen. B., der damals arbeitslos gewesen und mittlerweile im Betrieb des Bw. angestellt sei, sei mit dem Umschneiden von zwei Bäumen beauftragt worden; weiters habe er im Winter 1999/2000 bei Bedarf die Schneeräumung besorgt, wofür nachträglich ein Pauschalbetrag von 3.500 S vereinbart worden sei. Herr C. habe eine Generalreinigung des Hofes durchgeführt. E. sei ein Pensionist, der ab August 1999 eine Erneuerung der Steuerungsanlage der Heizung vorgenommen habe, wobei die Zahlung nach Abschluss der Arbeiten im Dezember 2000, möglicherweise aber auch in mehreren kleineren Beträgen (die im Beleg vom Dezember 2000 zusammengefasst wurden), erfolgt sein könne (Erörterungsgespräch vom und Besprechung vom ).
Dem Bw. obliegt es, die von ihm geltend gemachten Betriebsausgaben nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen (§ 138 BAO). Die vorgelegten Belege reichen hiezu jedoch nicht aus: So weisen die Belege vom "November 2000" und "Dezember 2000" weder eine Unterschrift des Zahlungsempfängers noch das genaue Zahlungsdatum auf. Darüber hinaus ist die Leistungsbeschreibung in den Belegen durchwegs ungenau bzw. fehlen Angaben über den Leistungszeitraum, sodass die aufgewendete Arbeitszeit nicht nachvollzogen werden kann. Im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 167 Abs. 2 BAO) durfte das Finanzamt auch der Tatsache Bedeutung beimessen, dass die (nach dem Vorbringen des Bw. "pauschal" vereinbarten) Barzahlungen im Kassabuch nicht zeitgerecht erfasst wurden. Die behaupteten Ausgaben und deren zeitliche Zuordnung zu den Streitjahren 1999 bzw. 2000 konnten daher nicht als erwiesen angesehen werden.
3. Pkw-Leasing:
a) Wie sich aus dem , Cookies World Vertriebsgesellschaft mbH i.L., ergibt, ist die Norm des § 1 Abs. 1 Z 2 lit. d UStG 1994 (in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung) im Hinblick auf entgegenstehende, unmittelbar anwendbare und unmittelbar wirksame Bestimmungen der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG verdrängt (). Eine Eigenverbrauchsbesteuerung nach § 1 Abs. 1 Z 2 lit. d UStG 1994 durfte daher nicht mehr vorgenommen werden.
b) Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 dürfen betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen oder Ausgaben, die auch die Lebensführung des Steuerpflichtigen berühren, bei den einzelnen Einkünften insoweit nicht abgezogen werden, als sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung unangemessen hoch sind. Dies gilt unter Anderem für Aufwendungen in Zusammenhang mit Personenkraftwagen. Bei der Schätzung des "Repräsentationsanteiles" ist bei der Anschaffung bzw. beim Leasing von Gebrauchtwagen der Neupreis des Fahrzeuges heranzuziehen und mit dem Neupreis solcher Fahrzeuge zu vergleichen, die - ohne Repräsentationskomponente - den betrieblichen Erfordernissen gleichfalls gerecht würden (; ).
Beim Erörterungsgespräch am legte die steuerliche Vertreterin des Bw. eine Neuberechnung der abzugsfähigen Pkw-Aufwendungen vor, die - ausgehend von einem von ihr ermittelten Neupreis des Fahrzeuges in der Bundesrepublik Deutschland von umgerechnet rund 952.000 S (inklusive 16 % Umsatzsteuer) - zu einem Repräsentationsanteil der Aufwendungen von 50,95 % kommt. Der genannte Neupreis wurde auch von den Vertretern des Finanzamtes als zutreffend erachtet. Die Neuberechnung des Bw. wird der Berufungsentscheidung mit der Maßgabe zu Grunde gelegt, dass - dem Rechengang des Prüfers folgend - auch von den Prämien für die Kfz-Versicherung ein "Repräsentationsanteil" abgezogen wird.
4. AfA vom Gebäude Y.-Straße:
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 können bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage als Absetzung für Abnutzung (AfA) geltend gemacht werden. Dieser Bestimmung ist - in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise (siehe etwa , und den dort angeführten ) - eine Beweislastumkehr hinsichtlich einer kürzeren Nutzungsdauer zu entnehmen. Den Nachweis einer kürzeren als der vom Gesetz vermuteten Nutzungsdauer (von 67 Jahren) hat der Abgabepflichtige zu erbringen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe nochmals , und die dort zitierte Vorjudikatur) kann ein solcher Nachweis grundsätzlich nur durch ein Gutachten über den technischen Bauzustand erbracht werden. Ein vom Abgabepflichtigen vorgelegtes Gutachten unterliegt der freien Beweiswürdigung durch die Abgabenbehörde.
In einer Beilage zur Einkommensteuererklärung 1997 führte der Bw. zu dem in diesem Jahr angeschafften Gebäude in X., Y.-Straße 109, aus:
"Das Gebäude wurde im Jahr 1961/62 errichtet und diente ursprünglich ausschließlich als Lager, somit in einer als Lager entsprechenden Bauweise errichtet. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde ein Teil des Gebäudes für Büroräume umgewidmet. Bei diesen Umbauarbeiten wurde die Substanz des ursprünglichen Gebäudes nicht verbessert. Der Gebäudeteil, der nun der Vermietung dient, ist auf Grund der o.a. Beschaffenheit einer höheren als sonst üblichen Abnutzung ausgesetzt.
Ein entsprechendes Gutachten kann vorgelegt werden.
Ich stelle daher den Antrag, die AfA für den Gebäudeteil, der der V+V dient, mit 4 % p.a. anzuerkennen."
Bei der Betriebsprüfung wurde ein mit datiertes Sachverständigengutachten über den Verkehrswert der Liegenschaft in X., Y.-Straße 109, vorgelegt. Darin wurde der Bodenwert auf Grund von Vergleichspreisen geschätzt; der Bauwert (Zeitwert des Gebäudes) wurde nach dem Sachwertverfahren ermittelt, indem vom Neubauwert ein Abschlag "für technisch-wirtschaftliche Abnutzung unter Berücksichtigung des Bau- und Erhaltungszustandes in Anlehnung an die Tabellen von Ross-Brachmann" von rund 38 % abgezogen wurde. Dazu ist im Gutachten (Punkt 2.1. Hauptgebäude) vermerkt: "Im Gegensatz zu sonstigen massiven Gebäuden beträgt die gewöhnliche Lebensdauer bei Betriebsgebäuden 50 bis maximal 60 Jahre. Gebäudealter: 40 Jahre, Restnutzungsdauer: 20 Jahre". Unter Punkt 6. des Gutachtens ist festgehalten: "Anlässlich des stattgefundenen Lokalaugenscheins waren am Objekt keine überfälligen Instandhaltungsarbeiten, die über den Ansatz der technisch-wirtschaftlichen Abnutzung hinausgehen, ersichtlich."
Ein Gutachten, das von der Nutzungsdauer zum Zeitpunkt seiner Erstellung ausgeht, das sich also nicht auf den für die Ermittlung der (Rest-)Nutzungsdauer maßgeblichen Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes bezieht, ist schon vom Ansatz her für einen Nachweis im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 ungeeignet (; ). Das vorliegende Gutachten behandelt außerdem nicht den Bauzustand bzw. dessen Einfluss auf die Restnutzungsdauer des Gebäudes. Die Annahme einer Restnutzungsdauer von 20 Jahren für das zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung (September 2002) 40 Jahre alte Gebäude stützt der Sachverständige, ohne auf den konkreten Bauzustand einzugehen, vielmehr nur ganz allgemein auf eine (nicht näher begründete) gewöhnliche Nutzungsdauer von Betriebsgebäuden von 50 bis 60 Jahren. Angemerkt sei, dass der Sachverständige bei der Berechnung des Altersabschlages offensichtlich die bei Ross-Brachmann-Holzner, Ermittlung des Bauwertes von Gebäuden und des Verkehrswertes von Grundstücken, 28. Auflage, Theodor Oppermann Verlag 1997, Seite 268, abgedruckte Tabelle für Wertminderungen bei "sehr guter" Instandhaltung angewendet hat.
Mit Fax vom wurden folgende Ergänzungen des Sachverständigen zum Gutachten übermittelt:
"Der im Gutachten vom angeführte Hinweis, dass sich das gegenständliche Betriebsgebäude in einem schlechten Bau- bzw. Erhaltungszustand befinde, resultiert daraus, dass sich das Gebäude vom Jahre 1962 (Baujahr) bis zum Jahre 1997 (Eigentümerwechsel) in permanentem Gebrauchszustand eines Großhandelsunternehmens (Firma J. - stark frequentierte, dynamische Belastung durch ständiges Be- bzw. Entladen mit Hubstaplern) befand und aus diesem Grund deutliche Gebrauchsspuren aufweist (Erschütterungsschäden durch Materialermüdung an tragenden Bauteilen).
Diesem Umstand wird einerseits in der ausgewiesenen Alterswertminderung unter Berücksichtigung des Bauzustandes Rechnung getragen, andererseits ist bei gewerblich genutzten, 40 Jahre alten Baulichkeiten eine aufwändige Sanierung gewisser tragender Teile nicht auszuschließen.
Aus rein wirtschaftlichen Erwägungen ist im gegenständlichen Fall eine Restnutzungsdauer von 20 Jahren ohne größere Sanierungsmaßnahmen mehr als fraglich. Im Übrigen würde die Tatsache einer durch Materialermüdung tragender Bauteile verkürzten Restnutzungsdauer bewertungsmäßig entsprechend niedriger ausfallen, jedoch würde sich der Wert des gebundenen Baugrundes durch Reduktion des negativen Exponenten bei der Diskontierung erhöhen.
Bei einer ausschließlichen Bewertung der Baulichkeit (ohne Berücksichtigung von Grund und Boden) wäre eine Reduktion der Restnutzungsdauer um ca. 25 - 30 % unter Berücksichtigung eines möglichen rückgestauten Reparaturbedarfes nicht auszuschließen, damit das Betriebsgebäude den zeitgemäßen Anforderungen entspricht und eine Verlängerung der wirtschaftlichen Restnutzungsdauer - die in der Regel kürzer als die technische Gesamtnutzungsdauer ist - erreicht werden kann."
In der "Gutachtensergänzung" bestätigt der Sachverständige zwar das Vorhandensein von Erschütterungsschäden durch Materialermüdung an tragenden Bauteilen. Dass diesem Umstand bei der ausgewiesenen Alterswertminderung Bedeutung beigemessen worden wäre, ist dem Gutachten vom freilich nicht zu entnehmen, hat der Sachverständige doch, wie ausgeführt, bei der Berechnung des Altersabschlags eine bei Betriebsgebäuden "gewöhnliche" Gesamtnutzungsdauer von 50 bis 60 Jahren und eine "sehr gute" Gebäudeinstandhaltung unterstellt. Einen nun als möglich erachteten "rückgestauten Reparaturbedarf" hat der Sachverständige laut Gutachten vom beim Lokalaugenschein nicht festgestellt. Soweit eine Verkürzung der bisher angenommenen Nutzungsdauer (lediglich) "nicht ausgeschlossen" sein soll, lässt sich daraus eine bestimmte Restnutzungsdauer auf Grund des vorgefundenen Bauzustandes des Gebäudes auch nicht schlüssig ableiten.
Den Beweis einer Restnutzugsdauer des Gebäudes von 25 Jahren (bezogen auf den Anschaffungszeitpunkt 1997) vermag das vorgelegte Gutachten (samt Ergänzung) somit nicht zu erbringen. Auf Grund der Regelung des § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988 war folglich der AfA-Satz von 1,5 % anzuwenden. Die in der Berufung angeführten nachträglichen Anschaffungskosten des Jahres 1998 (Grundbucheintragungsgebühr) wurden bei der vom Prüfer vorgenommenen Korrektur der erklärten AfA bereits berücksichtigt (siehe Tz 26 des Prüfungsberichtes).
5. Zinsen:
Die Zinsen des Jahres 2000 wurden antragsgemäß abgezogen (bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb: 44.532 S, bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung: 202.670 S).
6. Neuberechnung der Abgaben:
Die Gewinne aus Gewerbebetrieb für 1999 und 2000 errechnen sich wie folgt (Beträge in Schilling):
Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 2000 betragen -116.873 S (Einkünfte laut Prüfungsbericht: 85.797 S, abzüglich Zinsen: 202.670 S).
Die Neuberechnung der Einkommensteuer 1999 und 2000, der Umsatzsteuer 1999 und 2000 sowie der Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Jänner bis August 2002 ist den beiliegenden Berechnungsblättern zu entnehmen.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
Beilagen : 5 Berechnungsblätter
Innsbruck, am
Ergeht auch an: Finanzamt als Amtspartei
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Sicherheitszuschlag Aushilfslöhne Repräsentationsanteil Luxustangente Restnutzungsdauer Gutachten Bauzustand Beweiswürdigung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at