Bewertung von Fahrnissen beim Erwerb von Todes wegen
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom betreffend Erbschaftssteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Am verstarb Frau Prof. EB (in der Folge kurz: Erbl.). Die Erbl. war ledig und hinterließ keine Kinder. Die erblichen Eltern waren vorverstorben. Der erbliche Bruder verstarb 2002 und es waren keine weiteren Geschwister vorhanden.
Mit mündlicher letztwilliger Anordnung einer besachwalteten Person errichtet von öffentl. Notar Dr. WS vom zu Geschäftszahl 3800 widerrief die Erblasserin sämtliche von ihr vor diesem Tage errichteten letztwilligen Verfügungen, setzte mehrere Personen zu bestimmten Quoten zu Erben ein und setzte verschiedene Legate aus.
In Punkt "Drittens" der letztwilligen Anordnung ist, soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung, ausgeführt:
" Über meine beweglichen Gegenstände verfüge ich wie folgt:
1. Instrumente:
a)....
......
e) Ein Orgelportativ, Kopie eines Portatives in Bardovice, Nicolei-Kirche, gebaut von Rainer Weber (Deutschland) geht an Herrn ...................... (der Berufungswerber).
2. Bilder
a) .......... "
Da einer der Testamentserben (der Sohn des Bw) minderjährig war, war in der Verlassenschaftssache gemäß § 165 AußStrG ein Inventar zu errichten. Mit der Schätzung der erbl. Fahrnisse wurde der Sachverständige GS beauftragt (vgl. Protokoll des Gerichtskommissärs vom , GZ. 41 A 157/05 w).
Die Fahrnisse wurden gemäß dem Schätzungsgutachten des Sachverständigen GS vom in das Inventar aufgenommen (vgl. Protokoll des Gerichtskommissärs vom ). Im Schätzungsgutachten, Nr. 66, wird der Verkehrswert des Orgelportatives mit € 1.000,00 angeführt.
Laut Schriftsatz des Gerichtskommissärs vom (Schlussanträge, Testaments- und Legatserfüllungsausweis) wurden die unter Punkt 1. a) bis e) genannten Gegenstände von den Legataren bereits angenommen und befinden sich diese Instrumente bereits in Verwahrung der jeweiligen Legatare.
Im angefochtenen Bescheid folgte das Finanzamt dieser Bewertung und setzte für den Legatserwerb des Berufungswerbers (kurz: Bw) die Erbschaftssteuer entsprechend (Steuerklasse V) fest.
Innerhalb offener Frist wurde Berufung erhoben und diese wie folgt begründet:
" Der geschätzte Wert ist viel zu hoch.
Es handelt sich um die stümperhafte Imitation eines kleinen Orgelportativs, das nicht spielbar ist. Auf einem Brett mit ein paar Tasten vorne daran sind Pfeifen darauf gesteckt zu einem 'hübschen Arrangement auf einen Tisch'. Man kann darauf nicht musizieren und es hat daher auch keinen praktischen Wert und wohl auch kaum einen künstlerischen Anspruch.
Als jahrzehnte lang tätiger Organist der F-Kirche und Mitglied der Orgelkommission glaube ich, ein fachlich der Sache gerecht werdendes Urteil über den Gegenstand abgeben zu können: Es handelt sich nur um einen ideellen Wert in Erinnerung an die verstorbene Freundin und Musikerkollegin.
Ich habe niemals einen schriftlichen Bescheid erhalten, dass dieser Gegenstand mir vererbt wird, sondern das wurde mir nur mündlich überbracht. Ebenso wurde mir gesagt, der Gegenstand wurde von einem Antiquitätenhändler begutachtet. Wenn dem so sein sollte, bezweifle ich die fachliche Kompetenz dieser Einschätzung und beantrage, dass ein kompetenter Orgelbaumeister zur Rate gezogen wird (........), wobei wohl der Aufwand in keinem Verhältnis zum geschätzten Werd stünde ... "
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab und begründete dies damit, dass die beweglichen Gegenstände lt. Gerichtsakt von einem Sachverständigen geschätzt wurden und dieser habe den Wert des Orgelportatives mit € 1.000,00 bestimmt. Das Finanzamt sei an diese Bewertung gebunden.
Dagegen wurde fristgerecht der Antrag gestellt, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.
Das Finanzamt legte die Berufung und den Verwaltungsakt an den Unabhängigen Finanzsenat vor (Vorlagebericht vom ).
Im Zuge des von der Berufungsbehörde durchgeführten Vorhalteverfahrens wurden vom Berufungswerber keine weiteren Nachweise oder Stellungnahmen vorgelegt. Auf das diesbezügliche Ermittlungsverfahren wird ausdrücklich verwiesen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (kurz: ErbStG) unterliegt der Erwerb von Todes wegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz.
Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 54/06 ua., kundgemacht unter BGBl I 2007/9, wurde § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung trat mit Ablauf des in Kraft.
Die Aufhebung der genannten Gesetzesstelle bedeutet, dass sie auf die Sachverhalte, die sich vor dem ereignet haben, abgesehen von den Anlassfällen weiterhin anzuwenden ist (vgl. zB ).
Bei Erwerben von Todes entsteht die Steuerschuld mit dem Tod des Erblassers, soweit nicht einer der in den lit. a bis h des § 12 Abs. 1 Z 1 ErbStG angeführten Sondertatbestände in Betracht kommt (vgl. zB ).
Auch bei Vermächtnissen ist die Steuerschuld nach Grund und Betrag auf den Zeitpunkt des Erbfalls zurückzubeziehen (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, § 12 ErbStG Rz 8).
Der Bw hat das Vermächtnis nicht ausgeschlagen, der vermachte Gegenstand wurde nachweislich ausgehändigt (siehe Testaments- und Legatserfüllungsausweis).
Im konkreten Fall ist daher die Steuerschuld im Jahre 2005 (am Todestag der Erbl.) entstanden, weshalb die aufgehobene Gesetzesstelle (§ 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG 1955) weiterhin anzuwenden ist.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Vermächtnis.
Gemäß § 18 ErbStG ist für die Wertermittlung, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld maßgeblich.
Gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG richtet sich die Bewertung, soweit nicht im Abs. 2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften).
Nach § 10 Abs. 1 Bewertungsgesetz (kurz: BewG) ist der gemeine Wert grundsätzlicher Maßstab der Bewertung. Der gemeine Wert zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld bildet daher - sofern nicht ein anderer Wertmaßstab zur Anwendung kommt - grundsätzlich die Bemessungsgrundlage für die Erbschafts- und Schenkungssteuer (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, § 19 ErbStG Rz 19).
Beim gemeinen Wert handelt es sich um eine fiktive Größe, die mit Hilfe der Preisschätzung zu ermitteln ist, und zwar ausgehend von einem objektiven Maßstab. Der gemeine Wert ist also eine fiktive Größe, die nach objektiven Gesichtspunkten zu bestimmen ist (vgl. zB ).
Im konkreten Fall wurden die einzelnen Vermächtnisgegenstände im Verlassenschaftsverfahren geschätzt und inventarisiert. Der Verkehrswert der Fahrnisse wurde vom gerichtlich beeideten Sachverständigen GS geschätzt. Im Schätzungsgutachten vom wurde das Orgelportativ, unter Nr. 66, mit einem Wert von € 1.000,00 beziffert. Die Fahrnisse wurden mit den Werten laut Schätzungsgutachten inventarisiert.
Das Finanzamt hat das erworbene Orgelportativ daher zu Recht mit € 1.000,00 bewertet, zumal der Bw keine anderen Nachweise vorgelegt hat.
Der angefochtene Bescheid entspricht daher der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 19 Abs. 1 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at