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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 12.04.2011, RV/0203-S/10

Gesetzliche Vermutung der überwiegenden Haushaltsführung durch die Mutter

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum bis entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die seit Juli 2009 geschiedene Ehegattin bezog für ihren 1992 geborenen Sohn D. bis inklusive Juli 2009 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Im August 2009 stellte der Kindesvater (Bw) den Antrag auf rückwirkende Gewährung der Familienbeihilfe für die Monate März bis Juli 2009: Die Ehe sei im Juli 2009 geschieden worden. Seine damalige Ehefrau hätte sich ab März 2009 nicht mehr um den gemeinsamen Sohn D. gesorgt. Es möge in diesem Zusammenhang Einsicht in den Akt der Mutter des Bw, Frau S A., genommen werden, welche damals den erstgeborenen Sohn M. aufgenommen habe und seither Familienbeihilfe für diesen beziehe.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag des Bw auf Gewährung der Familienbeihilfe für Sohn D. für den Zeitraum März bis Juli 2009 mit der Begrünung abgewiesen, dass bis ein gemeinsamer Haushalt mit der Kindesmutter vorgelegen sei, weshalb diese Anspruch auf Familienbeihilfe gehabt habe.

Dagegen wurde Berufung erhoben und ausgeführt, dass die Kindesmutter ab März 2009 nicht mehr da gewesen sei und für D. nicht mehr für Essen, Betreuung etc. gesorgt habe. Es habe kein gemeinsamer Haushalt mehr bestanden. Die Kindesmutter habe zu dieser Zeit in der Abwesenheit des Bw schon die Wohnung ausgeräumt. Aus dem Beihilfenakt der Großmutter sei zu ersehen, dass die Kindesmutter für M. eine Wohnungsabweisung erwirkt und auch damals die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen habe. Sohn M. lebe seit damals bei seiner Oma.

Über Vorhalt des Finanzamtes, wonach die Kindesmutter laut Vorbringen des Bw seit Ende Februar 2009 nicht mehr im gemeinsamen Haushalt in der XYStraße 13 wohnhaft gewesen sei, entgegnete diese, dort bis gemeldet gewesen zu sein. Sie habe jedoch seit dort nicht mehr geschlafen, da sie die Wohnung räumen musste.

Des Weiteren teilte die Kindesmutter mit weiterem Schreiben vom ergänzend mit:

"Ich wurde im Juli 2009 geschieden. Unsere gemeinsame Wohnung in der XY Straße bewohnte ich bis , dann musste ich auf Drängen meines Exmannes die gemeinsame Wohnung verlassen. Bis dahin kam ich für Miete, Strom etc. auf. Ende März kam es zu einer Auseinandersetzung mit meinem Sohn M. (er wollte mich schlagen, ich holte die Polizei zu Hilfe). Darauf hin bekam dieser ein Betretungsverbot und zog drauf hin zu seiner Großmutter. Ab diesem Tag hatte ich zu Hause die Hölle. Nähere Auskünfte können gern bei Frau XX vom Gewaltschutzopferverband eingeholt werden. Mein Mann verbot meinem Sohn D. auch etwas von mir zu essen und mit mir zu sprechen. Mein Exmann hat mir auch das Schlafzimmer zugesperrt, oft hatte ich nicht einmal etwas zum Anziehen. Im Mai habe ich dann die Scheidung eingereicht. Ich habe öfter bei meiner Mutter geschlafen, da ich vor meinem Mann Angst hatte (wenn er betrunken war, hat er öfter versucht mich zu schlagen, er machte auch immer wieder Aussagen, wie er mich entsorgen kann). Am habe ich dann meine Möbel aus der Wohnung bringen müssen. Seit 5. August bin ich in meiner neuen Wohnung angemeldet.

Am war ich mit meinem Exmann beim Finanzamt und habe dort zugestimmt, dass er ab die Familienbeihilfe bekommen soll."

Zum Beweis beigebracht wurden folgende Unterlagen:

1) Meldezettel, der die Abmeldung vom gemeinsamen Haushalt, XY Straße, und Anmeldung an der neuen Unterkunft, jeweils , ausweist.

2) Beschluss vom Juli 2009 des Bezirksgerichtes Salzburg, betreffend die Scheidung im Einvernehmen. Laut Gerichtsbeschluss ist der gewöhnliche Aufenthalt beider Elternteile bis zum Tag der Scheidung in XY Straße 13 und ist die Kindesmutter als alleinige Mieterin der Familienwohnung XY Straße 13 im Zuge der Ehescheidung verpflichtet, die eheliche Wohnung von eigenen beweglichen Gütern zu befreien und die Hauptmietrechte längstens an den Bw zu übertragen.

3) Stellungnahme des Gewaltschutzzentrums (Interventionsstelle) Salzburg, einer gesetzlich anerkannten Opferschutzeinrichtung zur Beratung und Unterstützung von Opfern familiärer Gewalt, zum Thema Gewalterfahrungen von Frau C N (Kindesmutter) und der daraus resultierenden Wohnsituation im Jahr 2009:

Frau C N sei vom 30.März bis vom Gewaltschutzzentrum beraten worden, da es am zu einer Wegweisung für ihren Sohn M. durch die Polizei gekommen sei. Frau C N habe um eine Stellungnahme ersucht, da ihr nun vorgeworfen werde, schon im Februar 2009 aus der ehelichen Wohnung ausgezogen zu sein. Dazu werde bekannt gegeben, dass Frau N nach dem Betretungsverbot eine Verlängerung desselben durch einen Antrag auf einstweilige Verfügung beim Bezirksgericht erwirkt hat. Es folgte ein Gerichtsbeschluss und sei es dem gefährdenden Sohn verboten worden, in die Wohnung XY Straße zurückzukehren, da es Frau N nicht mehr zumutbar gewesen sei, mit dem Sohn dort zu leben. Frau N habe also im März noch die feste Absicht gehabt in der Wohnung zu bleiben, da sie keine andere Wohnmöglichkeit gehabt habe. Sie hatte jedoch in der Folge Angst, in ihrer Wohnung zu bleiben, da sich der in der Wohnung wohnende Ehemann gegen die Einstweilige Verfügung ausgesprochen und Frau N unter Druck gesetzt und beschimpft habe. Frau N habe damals einen Aufenthalt im Frauenhaus überlegt, sich letztendlich jedoch nicht dazu entschieden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und diese wie folgt begründet:

Da Sie laut Gesetz und den Angaben von Frau N (welche Angaben Sie auch immer gemacht hat ?) die Berufung als unbegründet abgewiesen haben, möchte ich Sie bitten, das Ganze von der menschlichen (Kindes)Seite zu sehen. Es ist richtig, dass Frau N bis in der XY Straße gemeldet war. Dass sie die Familienbeihilfe kassiert und dieses Geld für sich behalten habe, sei wohl nicht richtig! Frau N habe ihrem Sohn D. seit März keine Jause für die Arbeit und kein Essen nach der Arbeit mehr hergerichtet. Sie habe keine Lebensmittel bzw. keine Bekleidung mehr für den Sohn D. eingekauft. Wenn D. von seiner Mutter etwas (z.B. Essen oder Kleidung) verlangt habe, habe sie gesagt, "geh zu deinem Vater, der muss es für dich machen, der ist für dich verantwortlich".

Als Ergänzung führte auch Sohn D. auf dem Berufungsschreiben des Bw Folgendes aus: "Wie meine Mutter mich ab März behandelte entspreche nicht dem Ausdruck "Mutter", da sie mich nur als Geldquelle sah von der Familienbeihilfe, wie bei meinen zwei Brüdern! Und zum Abschluss möchte ich noch mitteilen, dass ich die Alimente, die mir von Seiten der Frau N zustehen, über ein Exekutionsverfahren erwirken lassen musste."

Mit Vorhalt des Finanzamtes vom wurde die Kindesmutter Frau N aufgefordert, mitzuteilen, wer in den Monaten März bis Juli 2009 überwiegend den Haushalt versorgte (Kochen, Waschen, Bügeln, Putzen...) und ebenso mitzuteilen, wer die laufenden Ausgaben für den Sohn D. geleistet hat (Ausgaben für Nahrung, Bekleidung und Dinge des täglichen Bedarfs). Des Weiteren wurde Sie ersucht, zum Vorwurf des Vaters Stellung zu nehmen, die bezogene Familienbeihilfe nur für sich selbst verwendet, jedoch für Sohn D. weder Lebensmittel noch Bekleidung gekauft zu haben, in diesem Zusammenhang den Sohn stets an den Vater verwiesen zu haben.

In Beantwortung dieses Vorhaltes führte die Kindesmutter mit Schreiben vom Folgendes aus:

"Ich möchte hiermit richtig stellen, dass ich von März 2009 bis Mitte Juli 2009 sehr wohl für meinen Sohn D. aufgekommen bin. Ich habe auch eingekauft und den Haushalt versorgt, selbst dann noch, als mein Exmann meinem Sohn verbot, etwas von mir zu essen. Bis Ende August 2009 bin ich auch für Miete, Betriebskosten und Strom aufgekommen, obwohl ich nicht einmal alle Räume in meiner Wohnung betreten durfte (Herr N baute nach Lust und Laune Zusatzschlösser zu Hause ein). Ich habe die Familienbeihilfe sicher zweckmäßig verwendet und bin mir keiner Schuld bewusst. Ich habe meinen Sohn D. sicher nicht an seinen Vater verwiesen, wenn er etwas benötigt hat."

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 2 Abs.2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs.1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört.

Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind nach § 2 Abs. 5 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit einer Person teilt. Nach dem letzten Satz des § 2 Abs.5 FLAG 1967 gilt ein Kind bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht nach § 2a Abs.1 FLAG 1967 der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt.

Gemäß § 10 Abs.2 FLAG erlischt ein Familienbeihilfenanspruch mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 167 Abs.2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist.

Nach Aktenlage des gegenständlichen Berufungsfalles ist die Kindesmutter die Hauptmieterin der ehelichen Wohnung XY Straße 13 bis zum Zeitpunkt der Scheidung im Juli 2009. Sowohl der Bw als auch die Kindesmutter hatten bis zum Zeitpunkt der Scheidung im Juli 2009 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dieser Wohnung, und ist der durch die Kindesmutter angegebene Zeitpunkt des Auszuges aus der ehelichen Wohnung erst nach der Scheidung im Juli 2009 durch den Inhalt der Scheidungsurkunde des Bezirksgerichtes gedeckt.

Sohn D. wohnt mit den Eltern im Streitzeitraum im gemeinsamen Haushalt.

Die Kindesmutter hat - vom Bw unbestritten - bis Juli 2009 Familienbeihilfe für Sohn D. bezogen. Der Bw stellte erstmals nach dem Auszug der Kindesmutter im August 2009 einen Antrag auf rückwirkende Gewährung der Familienbeihilfe zu seinen Gunsten, weshalb es seine Aufgabe gewesen wäre, einwandfrei und ohne Zweifel das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf die diese Zuerkennung gestützt werden könnte ( vgl. ).

Das Vorbringen des Bw, dass im Berufungszeitraum kein gemeinsamer Haushalt mehr bestanden hätte, ist durch die Aktenlage nicht gedeckt. Denn wenn die Kindesmutter im Streitzeitraum auf Grund der gegebenen familiären Situation (vgl. Stellungnahme des Gewaltschutzzentrums Salzburg, wonach die Kindesmutter auf Grund von Beschimpfungen und Drohungen des Bw zeitweise Angst gehabt habe, in ihrer Wohnung zu bleiben) auch einzelne Nächte außer Haus bei ihrer Mutter verbracht hat, bedeutet das keineswegs eine Aufhebung der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft. Es wird vielmehr durch die Kindesmutter für den UFS durchaus glaubwürdig dargelegt, dass sie, soweit es ihr trotz der schwierigen Verhältnisse in der Familie möglich war, den Haushalt und den Sohn versorgt hat. Insbesondere fungierte die Mutter auch als Hauptmieterin der gemeinsamen Wohnung, wohingegen der Bw nicht einmal behauptet hat, für Miete und Betriebskosten und Strom aufgekommen zu sein. Auch der Verweis auf den Familienbeihilfenakt des Sohnes M., aus dem ersichtlich ist, dass der offensichtlich die Mutter gefährdende Sohn M. (vgl. Beschluss des Bezirksgerichtes Salzburg, Einstweilige Verfügung vom ) auf Grund einer Wohnungswegweisung seit April 2009 bei seiner Großmutter A. S im gemeinsamen Haushalt lebt, erweist sich gegenständlich für die Untermauerung des Berufungsbegehrens nicht als hilfreich. Ebenso geht das Vorbringen allgemeiner Natur, der Kindesmutter wäre die Familienbeihilfe nur zugestanden, wenn sie tatsächlich ihren Aufgaben als "Mutter" nachgekommen wäre, insofern ins Leere, als die Rechtslage des § 2 Abs. 5 FLAG nur auf den gemeinsamen Haushalt abstellt.

Gemäß § 2 a Abs.1 FLAG 1967 geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteiles wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt. Dass aber der Bw selbst im Streitzeitraum den Haushalt überwiegend geführt hätte, lässt sich aus der Aktenlage nicht entnehmen und wurden auch dementsprechende Nachweise der überwiegenden Haushaltsführung durch den Bw nicht erbracht.

Es war somit auf Grund der Haushaltszugehörigkeit beider Elternteile von einem Anspruch der Kindesmutter in Bezug auf die Familienbeihilfe bis einschließlich Juli 2009 auszugehen, welcher wegen der gesetzlichen Vermutung des § 2 a Abs.1 FLAG dem Anspruch des Bw vorgeht. Diese gesetzliche Vermutung konnte nicht widerlegt werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Salzburg, am

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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at