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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 31.08.2007, RV/2215-W/07

Vorliegen eines ausnahmsweisen Säumnis

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2215-W/07-RS1
Für das Vorliegen einer ausnahmsweisen Säumnis im Sinne des § 217 Abs. 5 BAO ist es grundsätzlich unbeachtlich, ob die Nichteinhaltung der Zahlungsfrist zur Verhängung eines Säumniszuschlages führte.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der G-GmbH, vertreten durch P-GmbH, gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 3. und 11. Bezirk, Schwechat und Gerasdorf vom betreffend Säumniszuschlag entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Nebengebührenbescheid vom setzte das Finanzamt einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von € 2.857,55 fest, da die Umsatzsteuer 2/2007 in Höhe von € 142.877,49 nicht bis entrichtet wurde.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Berufungswerberin (Bw.) aus, dass sie mit Überweisung vom die Umsatzsteuer für den Zeitraum 2/2007 in Höhe von € 142.877,49 an das Finanzamt überwiesen habe. Der Zahlungseingang beim Finanzamt sei am erfolgt. Es bestehe somit eine Säumigkeit im Ausmaß von 5 Werktagen unter Nichteinrechnung des Samstages und des Sonntages.

Gemäß § 217 Abs. 5 BAO bestehe die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als 5 Tage betrage und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten 6 Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten zeitgerecht entrichtet habe. Diese Säumigkeit von 5 Werktagen beginne gemäß § 211 Abs. 2 BAO grundsätzlich erst nach Ablauf der zur Entrichtung zustehenden Toleranzfrist von weiteren 3 Werktagen.

Die Bw. habe zwar verspätet entrichtet, jedoch unter Beachtung der Toleranzfrist gemäß § 211 Abs. 2 BAO in Verbindung mit § 217 Abs. 5 BAO die dort genannten Fristen eingehalten. Weiters habe die Bw. innerhalb der letzten 6 Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgaben zeitgerecht entrichtet, sodass die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 5 BAO nicht eintrete.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab.

In dem dagegen eingebrachten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachte die Bw. vor, dass in der Berufungsvorentscheidung angeführt werde, dass die Gutschrift der Umsatzsteuer 2/2007 zwar nur 2 Tage nach Ablauf der dreitägigen Respirofrist erfolgt sei, jedoch lägen innerhalb der letzten sechs Monate zwei weitere Säumnistatbestände vor, und zwar seien die am fällige Körperschaftsteuer in Höhe von € 439,00 und die am fälligen Lohnabgaben in Höhe von € 399,79 nicht zeitgerecht entrichtet worden.

Diese Begründung impliziere, dass jede noch so geringfügige Säumnis, auch wenn sie unter die Bagatellgrenze des § 217 Abs. 10 BAO falle, § 217 Abs. 5 BAO ausschließe. Zu dieser Interpretation könne man gelangen, wenn man die Interpretation ausschließlich am Wortlaut ausrichte, weil dann hier jede nicht rechtzeitige Entrichtung einer Abgabe innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der wahrzunehmenden Säumnis die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlage nach sich ziehe, auch wenn die vorangegangene Säumnis unter die Bagatellgrenze des § 217 Abs. 10 BAO falle.

Aus dem erkennbaren Normzweck der Vereinfachung der Tolerierung von Bagatellversäumnissen scheine jedoch nach Ansicht der Bw. auch die Lösung vertretbar, dass als innerhalb der Beobachtungsfrist eingetretenen Säumnissen nur solche zu verstehen seien, die mit einer Festsetzung von Säumniszuschlägen zu verbinden gewesen seien und nicht auch solche, die das Gesetz durch § 217 Abs. 10 BAO hinsichtlich der Rechtsfolgen der Säumnis toleriere. Aus dieser normzweckorientierten Sicht würden somit innerhalb von sechs Monaten vor dem Eintritt der Säumnis eingetretene Entrichtungsmängel dann unschädlich, wenn sie je für sich zu einer Festsetzung des Säumniszuschlages, weil unter der Bagatellgrenze liegend, nicht geführt hätten.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.

Unbestritten ist, dass die am fällige Umsatzsteuer 2/2007 in Höhe von € 142.877,49 erst am entrichtet wurde und dass innerhalb der letzten sechs Monate vor Eintritt der dem Säumniszuschlag zugrunde liegenden Säumnis zwei weitere Säumnistatbestände vorliegen, und zwar wurden die am fällige Körperschaftsteuer in Höhe von € 439,00 und die am fälligen Lohnabgaben in Höhe von € 399,79 nicht zeitgerecht entrichtet.

Entgegen der von der Bw. vertretenen Meinung, dass als innerhalb der Beobachtungsfrist eingetretenen Säumnissen nur solche zu verstehen seien, die mit einer Festsetzung von Säumniszuschlägen zu verbinden gewesen seien, ist es grundsätzlich unbeachtlich, ob die Nichteinhaltung der Zahlungsfrist zur Verhängung eines Säumniszuschlages führte (vgl. Ritz, BAO-Kommentar³ § 217 Tz. 37). Zwar ist der von der Bw. vertretenen normzweckorientierten Sicht auch nach Stoll (vgl. Stoll, BAO 2336) der Vorzug zu geben, doch übersieht diese Meinung nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates, dass der äußerste mögliche Wortsinn die Grenze jeglicher Auslegung absteckt, welche auch mit den übrigen Interpretationsmethoden nicht überschritten werden darf (vgl. Koziol - Welser, Bürgerliches Recht¹² I 22).

Auf Grund der zwingenden Bestimmung des § 217 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Festsetzung eines Säumniszuschlages im Ausmaß von 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 217 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Toleranzfrist
Bagatellgrenze
Respirofrist
Säumnistatbestände
Normzweck
Beobachtungsfrist

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at