Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 23.03.2012, RV/1638-W/11

Keine außergewöhnliche Belastung bei Nachzahlung des aufgewendeten Unterhaltes an den Berechtigten gemäß § 1042 ABGB nach Kenntnis der Vaterschaft des Bw.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1638-W/11-RS1
Wird viele Jahre nachdem ein Kind bereits erwachsen ist, festgestellt, dass der bisher mutmaßliche Kindesvater tatsächlich nicht dessen Vater ist, sondern ein anderer, so kann die von diesem an den Berechtigten bezahlte Ersatzleistung gemäß § 1042 ABGB nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Es handelt sich auch bei dieser Zahlung um eine Unterhaltsleistung, welche gemäß den gesetzlichen Bestimmungen auch dann nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden kann, wenn der Bw. den Unterhaltsabsetzbetrag bisher nicht geltend machen konnte, weil er von der Existenz des Kindes nichts wusste (vgl. , ).
Folgerechtssätze
RV/1638-W/11-RS2
wie RV/0906-L/06-RS1
Auch Unterhaltsnachzahlungen (hier über 12 Jahre) sind durch den Unterhaltsabsetzbetrag im Jahr der Bezahlung ausreichend berücksichtigt. Eine darüberhinausgehende Berücksichtigung z.B. als a.g. Belastung ist nicht zulässig.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Hofrätin Dr. Gabriele Krafft und die weiteren Mitglieder Hofrätin Dr. Monika Kofler, Dr. Wolfgang Baumann und Friedrich Hagl im Beisein der Schriftführerin Monika Holub über die Berufung des XX, geb. GebDat, Adresse, vertreten durch Dr. Reinhard Lauer, Wirtschaftstreuhänder, 1050 Wien, Brandmayergasse 36/10, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23, vertreten durch AD Franz Danzinger, vom betreffend Einkommensteuer 2009 nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

XX, in der Folge Bw., machte in seiner Einkommensteuererklärung 2009 außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 50.821,09 € geltend. Diese wurden zunächst unter der KZ 734, "Kurkosten" ausgewiesen.

Über Vorhalt des Finanzamtes, die Kurkosten belegmäßig (in Kopie) nachzuweisen sowie bekannt zu geben, ob der Bw. von der Sozialversicherung oder von einer privaten Versicherung einen Kostenersatz erhalten habe, erklärte der Bw., es liege eine außergewöhnliche Belastung gemäß KZ 735 vor. Die Zahlung vom sei erforderlich gewesen für einen Ersatzanspruch gemäß § 1042 ABGB des unehelichen Kindes, von dem der Steuerpflichtige fast 30 Jahre lang nichts gewusst habe. Es werde ersucht um Berücksichtigung dieser außergewöhnlichen Belastung im Einkommensteuerbescheid 2009.

Vorgelegt wurden verschiedene Unterlagen in Kopie. Diesen ist zu entnehmen, dass an eine Anwaltsgemeinschaft ein Betrag von 71.994,55 € aus dem Titel "YY, unpräjudizieller Ersatzanspruch gemäß § 1042 ABGB vorbehaltlich Rückforderung zu viel bezahlter Beträge" bezahlt worden ist. Des Weiteren wurde auszugsweise Schriftverkehr vorgelegt, der aus Anlass der gestellten Rückforderungsansprüche des seinerzeit vermuteten Kindesvaters zwischen den Anwälten bzw. dem Anwalt und dem Bw. geführt wurde. Dem geführten Schriftverkehr ist zu entnehmen, dass die ursprüngliche Forderung 160.000,00 € betragen hat (Schreiben vom ) und dass die Unterhaltszahlungen des seinerzeit vermuteten Kindesvaters vom Pflegschaftsgericht bis 8/89 in Höhe von monatlich 3.600,00 ATS festgesetzt und bezahlt wurden, danach bis 11/91 in Höhe von monatlich 2.800,00 ATS. Darüber hinaus seien Zahlungen für Urlaube, Kleidung, Freizeit etc. aufgewendet worden. Die Kosten im Ehelichkeitsbestreitungsverfahren seien vom Bw. veranlasst. Dieser habe von der Unehelichkeit des YY gewusst, weil er die Vaterschaft nach fast 30 Jahren zu einer angeblich unbekannten Frau sofort zugegeben habe. Schließlich ist den Unterlagen zu entnehmen, dass sich die Parteien letztlich auf eine abschließende weitere Zahlung von 6.000,00 € geeinigt haben.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer des Bw. für das Jahr 2009 auf Basis eines steuerpflichtigen Einkommens von 48.301,50 €, welches mit einem Betrag von 46.931,49 € aus Einkünften von der Pensionsversicherungsanstalt stammte, in Höhe von 617,94 € fest. Eine außergewöhnliche Belastung wurde mit der Begründung nicht anerkannt, dass Unterhaltszahlungen keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988 seien. Für gesetzlichen Unterhalt könne nur ein Unterhaltsabsetzbetrag gewährt werden. Die Voraussetzungen für einen Unterhaltsabsetzbetrag könnten laut den vorgelegten Unterlagen nicht geprüft werden und seien auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen für das Jahr 2009 denkunmöglich. Für ein Kind, das älter als 30 Jahre sei, sei kein Bezug der Familienbeihilfe möglich und daher auch ein Unterhaltsabsetzbetrag nicht anzuerkennen.

Gegen diesen Bescheid hat der Bw. berufen und eingewendet, bei der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung handle es sich nicht um regelmäßige Unterhaltszahlungen. Die geleistete Zahlung sei erforderlich gewesen für den Ersatzanspruch gemäß § 1042 ABGB des unehelichen Kindes, von dem der Bw. fast 30 Jahre lang nichts gewusst habe. Kurz vor der Verjährungsfrist habe ein Anwalt diesen Anspruch geltend gemacht. Der Bw. hätte vorher keine Zahlungen leisten können, da er keine Kenntnis von dem Kind gehabt habe. Es sei ihm daher auch nicht möglich gewesen, Unterhaltsabsetzbeträge zu beanspruchen. Die Belastung sei außergewöhnlich, zwangsläufig und beeinträchtige die Leistungsfähigkeit des Bw. wesentlich. Der Bw. stellte daher den Antrag auf Anerkennung der Zahlung als außergewöhnliche Belastung. Weiters beantragte der Bw. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung und führte begründend aus, Unterhaltsnachzahlungen seien im Wege eines Unterhalsabsetzbetrages zu berücksichtigen, wenn sie bis zur Rechtskraft des betreffenden Einkommensteuerveranlagungsbescheides geleistet werden. Eine darüber hinausgehende Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung komme nach dem Gesetzeswortlaut nicht in Betracht. Das Finanzamt verwies begründend auf das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom , 2006/15/0108 sowie auf die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0906-L/06).

Der Bw. stellte einen Vorlageantrag und wiederholte sein Berufungsvorbringen.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wiederholten die Parteien ihre bisherigen Vorbringen.

Der steuerliche Vertreter des Bw. brachte ergänzend vor, dass seiner Ansicht nach die gegenständliche Zahlung ein Musterbeispiel für eine außergewöhnliche Belastung iSd. § 34 EStG darstelle. Die Zahlung sei deswegen auch außergewöhnlich, weil sie höher gewesen wäre, als das gesamte Jahreseinkommen des Bw. im Jahr 2009. Es sei daher systemwidrig, eine derartige Zahlung nicht als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Das Erkenntnis des VwGH, welches in der Berufungsvorentscheidung zitiert sei, sei mit dem gegenständlichen Fall nicht vergleichbar, da es im dort strittigen Verfahren um nachgezahlten Unterhalt an die Kindesmutter gegangen sei und nicht - wie im gegenständlichen Fall - um einen Ersatzanspruch nach § 1042 ABGB. Das Erkenntnis des VwGH sei eine Einzelfallentscheidung und überdies nach Ansicht des steuerlichen Vertreters des Bw. eine Fehlentscheidung.

Der steuerliche Vertreter beantragte die Stattgabe der Berufung.

Der Vertreter des Finanzamtes führte aus, dass er keinen Unterschied zwischen einem nachgezahlten Unterhalt und dem Ersatzanspruch nach § 1042 ABGB erkennen könne und beantragte daher die Abweisung der Berufung im Sinne der Berufungsvorentscheidung.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist gegenständlich, ob aufgrund von Zahlungen gemäß § 1042 ABGB eine außergewöhnliche Belastung im Jahr der Bezahlung vorliegt, wenn es sich dabei um Beträge handelt, welche der gesetzlich Unterhaltsverpflichtete, der von seiner Unterhaltspflicht keine Kenntnis hatte, an den Berechtigten leistet.

Die anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen lauten wie folgt:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: 1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2). 2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). 3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Gemäß § 34 Abs. 7 EStG gilt für Unterhaltsleistungen folgendes:

1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.

2. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind, das nicht dem Haushalt des Steuerpflichtigen zugehört und für das weder der Steuerpflichtige noch sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner Anspruch auf Familienbeihilfe hat, sind durch den Unterhaltsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 abgegolten.

3. Unterhaltsleistungen für den (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) sind durch den Alleinverdienerabsetzbetrag abgegolten.

4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.

5. (Verfassungsbestimmung) Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, sind außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen.

§ 33 Abs. 4 Z 3 EStG lautet wie folgt:

Darüber hinaus stehen folgende Absetzbeträge zu:

3. Steuerpflichtigen, die für ein Kind, das nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner Familienbeihilfe gewährt wird, den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu. Leisten sie für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 43,80 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 58,40 Euro monatlich zu. Erfüllen mehrere Personen in Bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, so steht der Absetzbetrag nur einmal zu.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem, vom Finanzamt angeführten Erkenntnis vom , 2006/15/0108, im Fall einer außerehelichen Tochter wie folgt ausgeführt:

"Der Beschwerdeführer bringt vor, erst im Jahr 2003 erfahren zu haben, dass er Vater einer bereits 20-jährigen Tochter sei. Die daraus resultierenden Zahlungen des Jahres 2003 führten zu außergewöhnlichen Belastungen. Er habe den Unterhalt nicht laufend zahlen können, sondern eine Nachzahlung leisten müssen. Damit könne der Unterhaltsabsetzbetrag seine pauschalierende Wirkung iSd § 34 Abs. 7 Z 2 EStG nicht erfüllen. Damit lägen die Voraussetzungen für die Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen vor.

Dem Beschwerdeführer gelingt es nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Mit dem angefochtenen Bescheid ist dem Beschwerdeführer der Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 lit. b EStG gewährt worden. Aus dem klaren Wortlaut des § 34 Abs. 7 EStG ergibt sich, dass das Gesetz eine darüber hinausgehende Berücksichtigung der (nachgezahlten) Unterhaltsleistungen nicht vorsieht.

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , B 1286/00, ausgesprochen, dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht gehalten ist, für den Fall getrennt lebender Eltern im Ergebnis höhere Leistungen vorzusehen als bei in Lebensgemeinschaft lebenden Eltern. Die zulässige Pauschalierung der Berücksichtigung von Kinderlasten nehme auf Unterschiede in der Belastung der Eltern, die sich aus deren jeweils gegebenen Lebensverhältnissen oder den individuellen Bedürfnissen der Kinder ergäben, keine Rücksicht. Es bestehe freilich auch kein verfassungsrechtliches Hindernis, dem nicht haushaltsführenden unterhaltspflichtigen Elternteil zusätzlich einen Unterhaltsabsetzbetrag zu gewähren und damit für nicht dem Haushalt des Unterhaltspflichtigen angehörende Kinder eine insgesamt höhere Leistung vorzusehen. Am verfassungsrechtlichen Gebot zureichender Entlastung habe sich eine solche zusätzliche Leistung aber nicht auszurichten.

Es erhebe sich allerdings - so der Verfassungsgerichtshof weiter - die Frage, ob und gegebenenfalls wie der Gesetzgeber die bei gemeinsamer Haushaltsführung im Ergebnis durch Transferleistungen eintretende Entlastung des einkommensbeziehenden Elternteils auch im Falle des Geldunterhaltes sicherzustellen hat. Würde die Transferleistung, insbesondere die Familienbeihilfe, wegen der getrennten Haushaltsführung zu keiner oder nur zu einer unzureichenden Entlastung des zum Geldunterhalt Verpflichteten führen, wäre das nicht durch eine private Lebensentscheidung oder die Verwirklichung eines persönlichen Risikos bedingt. Wenn der Gesetzgeber die Transferleistungen auch bei getrennten Haushalten grundsätzlich dem das Kind betreuenden Elternteil zukommen lasse und - in dem in der Folge ohnedies mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 7/02 , als verfassungswidrig aufgehobenen - § 12a FLAG eine Anrechnung auf den Unterhalt verbiete, so müsse das im Lichte der verfassungsrechtlich gebotenen steuerlichen Entlastung so verstanden werden, dass die für das Kind zu verwendenden Transferleistungen zwar in der Regel (soweit als möglich) den Unterhalt des Kindes fördern und nicht den Unterhaltspflichtigen entlasten sollten, dass aber der im Einzelfall doch nötige Ausgleich für die überhöhte Steuerbelastung ebenso wenig behindert werde wie im gemeinsamen Haushalt. Ob und in welchem Ausmaß bei gegebenen Einkommensverhältnissen und angesichts der durch die getrennte Haushaltsführung verwirklichten Risken und in Kauf genommenen Nachteile die Transferleistungen über den Unterhaltsabsetzbetrag hinaus zur Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen berücksichtigt werden müssten, hätten die Gerichte bei der Unterhaltsbemessung im Einzelfall zu entscheiden. Sie hätten dabei jenes Maß an Entlastung herbeizuführen, das - unter Außerachtlassung der die Belastung des Unterhaltspflichtigen erhöhenden Folgen der getrennten Haushaltsführung - den Kriterien entspreche, die von der Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Unterhaltsleistung für haushaltszugehörige Kinder entwickelt worden seien.

Das verfassungskonforme Ergebnis einer hinreichenden Berücksichtigung der Kinderlasten wird somit dadurch erreicht, dass der Geldunterhaltspflichtige einerseits durch eine Kürzung seiner Unterhaltspflicht (teilweise Anrechnung der Transferleistungen) und andererseits durch die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages insgesamt jene Entlastung erfährt, die erforderlich ist, um die Steuermehrbelastung abzugelten, die im jeweiligen Fall durch die Nichtabzugsfähigkeit der Hälfte des Unterhaltes entsteht.

Aus den vorstehenden Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1286/00, und vom , G 7/02, ergibt sich, dass in Fällen getrennter Haushaltsführung die aufgrund der Unterhaltszahlungen erforderliche steuerliche Entlastung im Wesentlichen nicht im Steuerrecht und nicht im Zuge der Transferleistungen besorgt wird. Die den konkreten Verhältnissen gerecht werdende Zuordnung der Transferleistungen ist daher im Fall getrennter Haushaltsführung der Eltern eine Frage der Bemessung des Geldunterhaltes. Solcherart ergibt sich auch für den Beschwerdefall, dass sich die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Nachzahlung des Unterhaltes in einem Ausmaß verringert hat, welches betragsmäßig die erforderliche steuerliche Entlastung sicherstellt. Ob der Beschwerdeführer allenfalls darauf verzichtet hat, im Rahmen der Ausmessung des nachzuzahlenden Betrages diese Verringerung der Unterhaltspflicht geltend zu machen, ist vor dem Hintergrund des ausschließlich auf zwangsläufige Aufwendungen abstellenden Rechtsinstituts der außergewöhnlichen Belastungen nach § 34 EStG nicht von Bedeutung."

Entgegen der vom steuerlichen Vertreter des Bw. in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung liegt dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Neben der Unterhaltsnachzahlung an die Kindesmutter machte der Bf. im damaligen Verfahren auch Zahlungen für Ersatz von Unterhaltsleistungen an den bisher mutmaßlichen Vater als außergewöhnliche Belastung geltend. Für das Berufungsjahr, in welchem der Bf. ebenfalls unterhaltspflichtig war, war der Unterhaltsabsetzbetrag gewährt worden, für die Nachzahlung für die Vorjahre war aufgrund der Interpretation der gesetzlichen Vorschriften durch den Unabhängigen Finanzsenat und den Verwaltungsgerichtshof hingegen kein Abzug vorgenommen worden. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerde in vollem Umfang abgewiesen.

Absetzbeträge für Unterhaltsleistungen an Kinder wurden eingeführt, nachdem der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "und gleichen Familienstandes" in § 34 Abs. 2 und Abs. 7 EStG 1988 wegen Verletzung des Gleichheitssatzes mit Erkenntnis vom G 290/91 aufgehoben hat. Davor konnten Unterhaltszahlungen an minderjährige Kinder nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden (vgl. ).

Dem Unabhängigen Finanzsenat sind zwar keine Details bekannt hinsichtlich des Kindes, für welches die Zahlungen des vermuteten Kindesvaters geleistet wurden, insbesondere das Geburtsdatum sowie die Dauer der Unterhaltszahlungen, für welche Ersatz geleistet wurde, noch die jeweiligen seinerzeitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des vermuteten Kindesvaters im Verhältnis zu jenen des Bw. bekannt, weil sie von diesem im Verfahren nicht bekannt gegeben wurden. Im Hinblick darauf, dass jedoch bereits der vermutete Kindesvater Zahlungen aufgrund eines Gerichtsbeschlusses geleistet hat, ist davon auszugehen, dass dieser nicht im gemeinsamen Haushalt mit dem Kind gelebt und daher den im jeweiligen Zeitraum zustehenden Unterhaltsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG in Anspruch genommen hat. Diese steuerliche Entlastung war bei der Bemessung des Ersatzanspruches gemäß § 1042 ABGB zu berücksichtigen und wirkte daher mindernd auf die Zahlungsverpflichtung des Bw..

Es trifft zwar zu, dass der Bw. die Unterhaltsaufwendungen nicht kontinuierlich geleistet hat, sondern auf einmal mit einer relativ hohen Nachzahlung konfrontiert worden ist. Bei dieser handelt es sich allerdings um eine pauschale Vergleichszahlung. Geht man davon aus, dass die vom Bw. erhaltenen Pensionszahlungen geringer sind als das seinerzeit erzielte Einkommen, so ergibt sich folgender Prozentsatz der Unterhaltszahlungen vom Einkommen bei einer angenommenen Unterhaltspflicht von 18 Jahren bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit:


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€ 71.994,55
€ 77.994,55
€ 46.931,49
€ 6.000,00
durch 18
€ 4.333,03
€ 77.994,55
€ 4.333,03
9,23%

Aus dieser Berechnung ist ersichtlich, dass die Nachzahlung selbst, gemessen am (geringeren) Pensionseinkommen, zu einem wesentlich geringeren Prozentsatz vom Einkommen führt, als dies bei regelmäßigen Unterhaltszahlungen der Fall gewesen wäre, obwohl die spätere Entrichtung zu einer Verzinsung führen musste, sodass die eigentliche Belastung noch geringer ist.

Der Nachzahlung, welche das Einkommen des Berufungsjahres belastet, steht eine Entlastung des Einkommens des Bf. in den Jahren gegenüber, in welchen der vermutete Kindesvater die Unterhaltszahlungen leistete. Eine Berücksichtigung des Unterhaltsabsetzbetrages einerseits (durch die Minderung des Ersatzanspruches des vermuteten Kindesvaters) und eine weitere Überwälzung eines Teiles der Unterhaltskosten auf die Allgemeinheit, welche Vätern, die ihren Unterhaltspflichten zeitgerecht und regelmäßig nachkommen, nicht zusteht, würde zu einer sachlich ungerechtfertigten Bevorzugung jener Väter führen, die ihren Unterhaltspflichten zunächst nicht nachkommen.

Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates sind daher die gemäß § 1042 ABGB dem Berechtigten ersetzten Unterhaltsaufwendungen ungeachtet deren nachträglicher Entrichtung nicht aus dem Titel der außergewöhnlichen Belastung bei der Bemessung der Einkommensteuer zu berücksichtigen. Auch diese Aufwendungen wurden bereits im Wege des Unterhaltsabsetzbetrages berücksichtigt. Die mangelnde steuerliche Entlastung des Bw. ist bzw. war bei der Bemessung des zu ersetzenden Unterhalts zu berücksichtigen.

Der Berufung konnte daher keine Folge gegeben werden.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
UFS Newsletter 2012/02
StExp 2012/172

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at