Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 15.02.2013, RV/1878-W/09

Verspätete Erklärungsvorlage bei Übertragung eines landwirtschaftlichen Betriebes

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Notar, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Übergabsvertrag vom hat Frau R. ihren landwirtschaftlichen Betrieb in O.mit dem gesamten Gutsbestand an den Sohn L. (= Berufungswerber, Bw) ins Eigentum übertragen. Gemäß Punkt Sieben des Vertrages erfolgte die Übergabe und Übernahme des landwirtschaftlichen Betriebes in den tatsächlichen Besitz des Übernehmers am .

Dieser Vertrag wurde am dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien angezeigt.

Mit Schreiben vom übermittelte der vertragserrichtende Notar den amtlichen Vordruck NeuFö 3, betreffend die Erklärung zur (Teil-) Betriebsübertragung (§ 5 a iVm § 4 Neugründungs-Förderungsgesetz) im Original.

Nach einem Ermittlungsverfahren setzte das Finanzamt gegenüber dem Bw. die Grunderwerbsteuer gemäß § 7 Z. 2 GrEStG mit 2% vom Gesamtwert der Grundstücke mit € 2.897,98 fest.

Eine Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 5a NeuFöG wurde mangels rechtzeitiger Vorlage (des Originals), nämlich innerhalb der Anzeigefrist, des Vordruckes NeuFö 3 nicht gewährt.

Gegen die Nichtgewährung der Befreiung gemäß § 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG erhob der Bw. durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter Berufung und führte aus, dass die Anwendung der Befreiungsbestimmung bei der Anzeige beantragt worden, ein Nachbesserungsauftrag mit Aufforderung zur Vorlage des Formulars, wie sonst üblich, sei nie erfolgt.

Mit Übergabsvertrag vom sei vereinbart worden, dass der landwirtschaftliche Betrieb mit Stichtag übergeben werde (Punkt 7.) Da es sich hier um eine aufschiebende Bedingung handle, sei die Steuerschuld für den gegenständlichen Erwerbsvorgang richtigerweise erst am entstanden. Die Vorlage des Formulars NeuFö 3 sei am und somit rechtzeitig an das Finanzamt versendet worden.

Der Steuerfreibetrag in der Höhe von € 75.000,00 gelange daher zur Anwendung und die Steuer sei daher von der entsprechend geringeren Bemessungsgrundlage festzusetzen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und führte aus, dass gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG die Steuerschuld entstehe, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht sei. Sei die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung oder der Genehmigung einer Behörde abhängig, so entstehe die Steuerschuld mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung. Verwirklicht werde ein Erwerbsvorgang bereits durch das Verpflichtungsgeschäft, d.h. sobald die Parteien in der Außenwelt ihren Willen, ein Rechtsgeschäft abzuschließen, z.B. durch Unterfertigung der Vertragsurkunde kundgetan haben und nicht erst durch ein allenfalls nachfolgendes Erfüllungsgeschäft.

Im gegenständlichen Fall sei mit der Unterfertigung des Übergabsvertrages am die Steuerschuld entstanden. Das für eine eventuelle Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 5a erforderliche Formular NeuFöG 3 hätte somit bis spätestens (innerhalb der Anzeigefrist) dem Finanzamt vorgelegt werden müssen.

Eingelangt sei dieses Formular jedoch erst Anfang März 2009.

Der im Vertrag vereinbarte Übergabetermin stelle keine aufschiebende Bedingung oder Befristung dar, wodurch die Entstehung der Steuerschuld beeinflusst werden könnte.

Dagegen beantragte der Bw. die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz, ohne seine bisherige Berufung zu ergänzen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die einen Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sich diese Rechtsvorgänge auf inländische Grundstücke beziehen. Ein Übergabsvertrag ist ein "anderes Rechtsgeschäft".

Gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 GrEStG 1987 ist die Steuer vom (einfachen) Einheitswert zu berechnen, wenn ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück an ein Kind des Übergebers zur weiteren Bewirtschaftung gegen Sicherung des Lebensunterhaltes des Übergebers überlassen wird. Bei der Grunderwerbsteuer entsteht gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG 1987 die Steuerschuld mit dem Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes bzw. wenn das Verpflichtungsgeschäft von einer aufschiebenden Bedingung oder Genehmigung abhängt, in diesem Zeitpunkt. Der Zeitpunkt, an dem die Steuerschuld grundsätzlich entsteht, ist auch für die Beurteilung der Voraussetzungen einer Steuerbefreiung von Bedeutung.

Der Bw. hat für den Übergabsvertrag vom die Befreiung von der Grunderwerbsteuer für Betriebsübergaben nach § 5a Neugründungsförderungsgesetz beantragt.

Im § 1 NeuFöG sind Steuerbefreiungen normiert, die nur unter den bestimmten Voraussetzungen gewährt werden können. Grundsätzlich sind für die Zuerkennung einer abgabenrechtlichen Begünstigung die Verhältnisse im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld maßgeblich zumal insbesondere bei den Verkehrsteuern der Grundsatz gilt, dass die einmal entstandene Steuerpflicht durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden kann. Die Begünstigungen des Neugründungsförderungsgesetzes kommen nicht nur bei der Neugründung von Betrieben zum Tragen, sondern in § 5a NeuFöG wird für Zwecke der Grunderwerbsteuer ein Freibetrag von 75.000 Euro gewährt, wenn ein Betrieb entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (siehe ; ; ; , 2003/16/0472; ) müssen dazu bestimmte formelle Voraussetzungen erfüllt sein: Die Vorlage des amtlichen Vordruckes NeuFö3 ist ein materiellrechtliches Tatbestandsmerkmal. Das vollständig und ordnungsgemäß ausgefüllte Formular NeuFö3 muss zum Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld dem Finanzamt vorgelegt werden. Liegen zu diesem Zeitpunkt nicht sämtliche Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Begünstigungen des Neugründungsförderungsgesetzes vor, wozu auch die Vorlage des amtlichen Vordrucks bei der in Betracht kommenden Behörde oder beim Selbstberechner zählt, so können die Begünstigungen nicht in Anspruch genommen werden. Eine nachträgliche Vorlage des amtlichen Vordrucks kann nicht zur Nichterhebung der Abgabe führen (vgl ; , 2000/16/0763). Wenn diese zwei Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zu den Gerichtsgebühren ergangen sind, so sind sie auch für den vorliegenden Fall aussagekräftig, weil es in ihnen grundsätzlich um die Formularvorlage als Anspruchsvoraussetzung für die Steuerbefreiung geht, die für die verschiedenen Abgaben in gleicher Weise besteht (-G/07).

In § 4 NeuFöG ist normiert, dass die Begünstigungen des Neugründungsförderungsgesetzes nur dann eintreten, wenn der Betriebsinhaber ein amtliches Formular erstellt (§ 4 Abs. 2 NeuFöG) und wenn der Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden einen amtlichen Vordruck vorlegt, in dem die Neugründung erklärt wird (§ 4 Abs. 1 NeuFöG). § 4 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen und des Bundesministers für Justiz zum Bundesgesetz, mit dem die Neugründung von Betrieben und die Übertragung von Klein- und Mittelbetrieben gefördert wird (Neugründungs-Förderungsgesetz - NeuFöG) (BGBl II 2002/483 in der Fassung des BGBl II 2003/593) regelt die Erklärung der Übertragung und bestimmt:

"Ab treten die Wirkungen des § 1 Z 1 und Z 3 bis 5 sowie des § 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG von vornherein ein, sofern der neue Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden den amtlichen Vordruck über die Erklärung der Übertragung (NeuFö3) vorlegt."

In der zitierten Norm ist also im Gegensatz zu den Bestimmungen des Abs. 2 leg. cit. (dort allerdings auch nur für vor dem gelegene Sachverhalte) die nachträgliche Vorlage des erwähnten amtlichen Vordrucks ab dem nicht vorgesehen.

Im gegenständlichen Fall wurde der Übergabsvertrag am errichtet, das Verpflichtungsgeschäft wurde an diesem Tag abgeschlossen.

Die Steuerschuld entstand daher gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG an diesem Tage.

Dem Vorbringen, dass mit dem Übergabsvertrag der Übergabestichtag vereinbart worden sei, ist entgegenzuhalten, dass die Befristung die Wirksamkeit des ganzen Rechtsgeschäftes betrifft und deshalb nicht mit einer Zeitbestimmung für die Leistung (=Übergabestichtag) verwechselt werden darf.

Die Wirksamkeit dieses Erwerbsvorganges war somit nicht vom Eintritt einer Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde abhängig, weshalb die Ausnahmebestimmung des § 8 Abs. 2 GrEStG nicht vorliegt. Die Anzeigefrist gemäß § 10 Abs. 1 GrEStG endete demnach am . Im vorliegenden Fall hat der Bw. zwar den Übergabsvertrag innerhalb der in § 10 GrEStG festgelegten Frist beim Finanzamt angezeigt, der amtliche Vordruck über die Erklärung der Betriebsübertragung (NeuFö 3) wurde, wie der Bw. selbst zugesteht, erst am , somit sogar erst nach Ende der Anzeigefrist dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien übermittelt.

Materielle Voraussetzung für eine Befreiung von den Gebühren und Verkehrsteuern nach dem NeuFöG ist die Vorlage des formgebundenen Antrages unter Verwendung des amtlichen Vordruckes nach § 4 NeuFöG (siehe ; , 2000/16/0362; , 2000/16/0763 und , 2007/16/0095).

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2004/16/0193, dargetan, dass es sich bei der Vorlage des amtlichen Vordruckes (§ 4 NeuFöG) bei der Behörde gemeinsam mit dem Befreiungsantrag um ein materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal für die Befreiung handelt. Dieses muss, wie die übrigen vom Gesetz geforderten Voraussetzungen für die Befreiung, im Zeitpunkt der - rechtzeitigen - Antragstellung vorliegen.

Das Finanzamt hat diese Vorlage im Lichte der vorstehenden Ausführungen daher zu Recht als verspätet gewertet. Die Nachreichung der ordnungsgemäßen und vollständigen Vorlage der Erklärung NeuFÖ 3 kann den materiellen Mangel einer nicht rechtzeitigen Vorlage nicht mehr sanieren (-I/05; , RV/0847-L/05; , RV/0175-L/06). Daher kann der Bw. mit seinem Einwand, er habe die Anwendung der Befreiungsbestimmung beantragt und ein Nachbesserungsauftrag mit der Aufforderung zur Vorlage des Formulars sei nicht erfolgt, nichts gewinnen.

Es ist daher festzustellen, dass im gegenständlichen Fall die Inanspruchnahme der begehrten Begünstigung schon daran scheitert, dass die Berufungswerberin den amtlichen Vordruck (NeuFÖ 3) verspätet vorgelegt hat.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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