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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 20.09.2006, RV/2256-W/05

"Großes" Pendlerpauschale bei einer Fahrtstrecke von 20 - 40 km und einer Fahrtdauer mit Massenverkehrsmitteln von weniger als 2 Stunden

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/15/0319 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren zur Zl. RV/3681-W/08, durch Zurücknahme der Berufung (§ 256 BAO) beendet.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/2256-W/05-RS1
Das "große" Pendlerpauschale steht bei einer Fahrtstrecke von 20 - 40 km auch dann zu, wenn die Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwar 2 Stunden unterschreitet, aber 1,5 Stunden überschreitet und mehr als drei Mal so lange dauert wie mit dem PKW.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Wohnungsadresse, gegen den Bescheid des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln, vertreten durch Hofrätin Mag. Melitta Schweinberger, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2004 sowie Festsetzung von Vorauszahlungen an Einkommensteuer für das Jahr 2005 und Folgejahre im Beisein der Schriftführerin Diana Engelmaier nach der am am Finanzamt Hollabrunn Korneuburg Tulln in Korneuburg durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind einerseits dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe und andererseits dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) reichte am ihre Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 ein.

Mit Datum erließ das Finanzamt Hollabrunn Korneuburg Tulln erklärungsgemäß den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 sowie einen Einkommensteuervorauszahlungsbescheid für das Jahr 2005 und Folgejahre, der Bw. zugestellt am .

Mit Schreiben vom erhob die Bw. Berufung gegen diese Bescheide mit dem Antrag, die Einkommensteuer 2004 sowie die Einkommensteuervorauszahlungen für 2005 und Folgejahre unter Berücksichtigung des nunmehr beantragten Pendlerpauschales neu festzusetzen, und führte dazu aus:

"... Am habe ich meinen Wohnsitz von Wien nach O. verlegt. Im Zuge der Einreichung der Einkommensteuererklärung 2004 habe ich es verabsäumt, das Pendlerpauschale für Mai bis Dezember 2004 zu beantragen.

Dies möchte ich mit gegenständlicher Berufung nachholen.

Begründung für das Pendlerpauschale:

Fahrstrecke zwischen Wohnort (...) und Arbeitsstätte (...): rd. 25 km.

Mit dem Kfz kann ich diese Strecke in rd. 20 bis 30 min. bewältigen.

Die Benutzung eines Massenbeförderungsmittels ist für mich unzumutbar, weil ich, wie auch nachfolgender Berechnung ersichtlich, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln mehr als 2 Stunden für die Fahrt in die Arbeit benötigen würde und damit mehr als vier mal so lange wie mit dem Kfz.


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Wegstrecke Wohnung - Bushaltestelle O.
25 min.
Wartezeit auf den Bus:
10 - 15 min.
Busfahrt O. - Bahnhof St.
15 - 20 min.
Umsteigen, Wartezeit auf den Zug:
20 - 25 min.
Fahrzeit Bahnhof St. - Praterstern
30 -35 min.
Umsteigen zur U1, Wartezeit
5 - 10 min.
U1 Praterstern - C.
5 min.
Wegstrecke U-Bahn-Station - Arbeitsplatz:
10 min
120 - 145 min.

Ich beantrage daher das große Pendlerpauschale gem. § 16 Abs 1 Z 6 lit c) EStG (EUR 972 pro Jahr, dh für 8 Monate EUR 648)."

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der Berufung vom Finanzamt Hollabrunn Korneuburg Tulln teilweise Folge gegeben und ein Pendlerpauschale von 256 € berücksichtigt.

Begründend wurde ausgeführt, dass die vom Finanzamt ermittelte Wegzeit unter 2 Stunden liege und die Benützung eines Massenbeförderungsmittels durchaus zumutbar sei.

Das Finanzamt ging von folgender Wegzeitermittlung aus:


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Wegstrecke Wohnung - Bushaltestelle O. 1,2 km
18 min.
Wartezeit auf den Bus:
13 min.
Abfahrt Bus 6.56 Uhr, Ankunft Bus Bahnhof G. 7.10 Uhr
14 min.
Wartezeit auf den Zug
8 min.
Zug G. bis Wien-Nord (7.18 Uhr - 7.42 Uhr)
24 min.
Umsteigen von Zug in U-Bahn
10 min.
U-Bahn Wien Nord bis C.:
5 min.
Wegstrecke U-Bahn-Station - Arbeitsplatz:
10 min
102 min.

Mit Schreiben vom beantragte die Bw. die Vorlage ihrer Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung und ergänzte ihr Vorbringen wie folgt:

"Die Abgabenbehörde 1. Instanz ermittelte die Wegzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zwischen meinem Wohnort (...) und meinem Arbeitsort (...) mit 102 Minuten. Demgegenüber hatte ich die Wegzeit in meiner Berufung mit 120 bis 145 Minuten ermittelt.

Die Abgabenbehörde 1. Instanz vertritt in weiterer Folge die Auffassung, dass infolge Unterschreitens einer Dauer von 2 Stunden für die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln deren Benützung zumutbar sei. Daher stünde nur das "kleine", nicht aber das "große" Pendlerpauschale zu.

Dieser Auffassung der Abgabenbehörde 1. Instanz halte ich folgendes entgegen:

Die Zwei-Stunden-Untergrenze ergibt sich nicht aus dem Gesetz, sondern lediglich aus den Lohnsteuerrichtlinien. Nach § 16 Abs 1 Z 6 Iit c) EStG steht das "große" Pendlerpauschale zu, wenn dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke "nicht zumutbar' ist.

Der Begriff "Zumutbarkeit" ist ein unbestimmter; die Lohnsteuerrichtlinien gehen diesbezüglich von einer Zeitstaffel, gestaffelt nach Entfernungen aus. Demnach wird bei einer Fahrstrecke von unter 20 km eine Zeitdauer von 90 Minuten als Grenze erachtet; für eine Fahrtstrecke von 20 bis 40 km hingegen eine Zeitdauer von 120 Minuten.

Diese Zeitstaffel lässt sich nicht nachvollziehen. Warum soll eine Zeitdauer von 102 Minuten für eine Fahrstrecke von 25 km (wie in meinem konkreten Fall) zumutbar sein, für eine Fahrtstrecke von 19 km hingegen nicht? (vgl. dazu auch Doralt, EStG-Kommentar, Rd 107 zu § 16).

Auch die amtlichen Erläuterungen zum § 16 Abs 1 Z 6 EStG legen den Begriff der "Zumutbarkeit" anders aus: Demnach richtet sich die Zumutbarkeit nach der unterschiedlichen Fahrtdauer mit dem Massenbeförderungsmittel einerseits und mit dem Pkw andererseits. Unzumutbar ist die Fahrt mit dem Massenbeförderungsmittel insbesondere dann, wenn sie mehr als dreimal so lange dauert wie mit dem eigenen Kfz. Im Nahbereich von 25 km ist nach amtlichen Erläuterungen die Benützung eines Massenverkehrsmittels aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Strecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt.

Meiner Auffassung nach kann sich die Frage der Zumutbarkeit, wie in den amtlichen Erläuterungen vertreten, nur nach dem Unterscheid im Zeitaufwand richten, nicht jedoch nach der Länge der Fahrtstrecke.

In meinem Fall benötige ich für die Fahrt mit dem eigenen Kfz in der Regel nicht mehr als 20 Minuten, da

  • der Hauptteil der Strecke (ab Korneuburg-West) über die Autobahn (A 22) zurückgelegt werden kann,

  • meine Arbeitsstätte kurz nach der Autobahnabfahrt Kagran erreicht ist, wobei ich die Tiefgarage direkt im Gebäude nutzen kann und

  • auf es der von mir befahrenen Strecke praktisch nie zu Verkehrsstauungen kommt.

Selbst im (höchst seltenen) Fall widrigster Verkehrsverhältnisse kann ich mit dem Kfz meinen Arbeitsplatz in höchstens 30 Minuten erreichen.

Daraus ergibt sich im Einklang mit den amtlichen Erläuterungen ein maximaler zumutbarer Zeitaufwand von 60 (3 mal 20 Minuten) bis höchstens 90 Minuten (3 mal 30 Minuten). Selbst der von der Behörde festgestellte (gegenüber meiner Berechnung niedrigere) Zeitaufwand für die Benützung von Massenverkehrsmittel von 102 Minuten ist mir daher nicht zumutbar.

Ergänzend halte ich noch fest, dass ich aus beruflichen Gründen häufig von meiner Arbeitsstätte aus Fahrten mit dem Kfz zu Besprechungen mit Klienten durchführen muss. Auch aus diesem Grund ist es für mich unumgänglich, mit dem Kfz zu meiner Arbeitsstätte zu fahren.

Aus obigen Gründen ist mir die Benützung eines Massenverkehrsmittels iSd § 16 Abs 1 Z 6 lit c) EStG nicht zumutbar und steht mir daher die Berücksichtigung des "großen" Pendlerpauschales für 8 Monate, das sind EUR 560,-, zu."

Mit Bericht vom legte das Finanzamt Hollabrunn Korneuburg Tulln die Berufung der Bw. dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.

Dem Routenplaner http://www.viamichelin.com zufolge beträgt die Wegstrecke zwischen der Wohn- und der Büroadresse 24 km, davon 16 km auf Autobahnen, und sei diese in 22 Minuten zurückzulegen.

In der am am Finanzamt in Korneuburg abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung hielt der Referent den Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens vor, dass vor Beginn der Verhandlung von ihm die Wegstrecke zwischen Büroadresse und Wohnadresse mit dem Auto abgefahren wurde und die Fahrtzeit unter Berücksichtigung eines Staues von fünf Minuten in Wien und einer baustellenbedingten Geschwindigkeitsbegrenzung auf der A22 vor der Ausfahrt Korneuburg bei Einhaltung der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeiten unter 24 Minuten betragen habe.

Von beiden Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens wurde eine Fahrtzeit mit dem PKW zwischen 20 und höchstens 30 Minuten außer Streit gestellt.

Während der Umbauphase auf der A22 habe es einige Tage Verkehrsbehinderungen gegeben, ansonsten sei die Strecke problemlos zurückzulegen.

Die Berufungswerberin führte auf Befragen des Finanzamtes aus, dass sie mit dem Auto von ihrer Wohnung bis zum Park & Ride Parkplatz in Korneuburg ca. 15 Minuten benötigen würde.

Das Finanzamt hielt fest, dass die weitere Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln vom Park & Ride Korneuburg bis zur Arbeitsstätte noch 50 Minuten betrage.

Die Bw. verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass noch eine Wartezeit von 5 bis 10 Minuten berücksichtigt werden müsse und außerdem der Zug nur alle halben Stunden fahre. Im Optimalfall betrüge dann die Fahrtzeit 70 bis 75 Minuten.

Bei einer Fahrtzeit von ca 15 Minuten bis zum Park & Ride mit dem Auto sei sie schon fast bei ihrem Arbeitsplatz angelangt, während sie bei eine Kombination Auto / Massenverkehrsmittel noch über eine Stunde mit den öffentlichen Verkehrsmitteln weiterfahren müsste.

Die Bw. räumte ein, dass die Ermittlung der Fahrzeit der Massenverkehrsmittel durch das Finanzamtes mit 102 Minuten zutreffend sein dürfte, da das Finanzamt von den konkreten Fahrzeiten ausgegangen sei und die Bw. die Fahrtzeit geschätzt habe.

Die Bw. führte weiters aus, dass sie häufig von der Arbeitsstätte aus mit dem Auto zu Klienten fahre, dies werde an der Mehrzahl der Arbeitstage der Fall sein.

Das Finanzamt hielt in diesem Zusammenhang, dass es nach der Rechtsprechung unerheblich sei, ob vom Arbeitsplatz weg das Auto benötigt werde.

Beide Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens hielten die von ihnen schriftlich vertretenen Rechtsansichten aufrecht; die Bw. beantragte abschließend ihrer Berufung Folge zu geben.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 lautet auszugsweise:

(Werbungskosten sind auch...) "Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

a) Diese Ausgaben sind bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5) abgegolten.

b) Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann werden zusätzlich als Pauschbeträge berücksichtigt:

Bei einer Fahrtstrecke von

20 km bis 40 km: 450,- Euro jährlich

...

c) Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden anstelle der Pauschbeträge nach lit. b folgende Pauschbeträge berücksichtigt:

Bei einer einfachen Fahrtstrecke von

...

20 km bis 40 km: 972,- Euro jährlich

...

Mit dem Verkehrsabsetzbetrag und den Pauschbeträgen nach lit. b und c sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten. Für die Inanspruchnahme der Pauschbeträge hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auf einem amtlichen Vordruck eine Erklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen der lit. b und c abzugeben. Der Arbeitgeber hat die Erklärung des Arbeitnehmers zum Lohnkonto (§ 76) zu nehmen. Änderungen der Verhältnisse für die Berücksichtigung dieser Pauschbeträge muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb eines Monates melden. Die Pauschbeträge sind auch für Feiertage sowie für Lohnzahlungszeiträume zu berücksichtigen, in denen sich der Arbeitnehmer im Krankenstand oder auf Urlaub (Karenzurlaub) befindet. Wird der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend im Werkverkehr (§ 26 Z 5) befördert, dann stehen ihm die Pauschbeträge nach lit. b und c nicht zu. Erwachsen ihm für die Beförderung im Werkverkehr Kosten, dann sind diese bis zur Höhe der sich aus lit. b und c ergebenden Beträge als Werbungskosten zu berücksichtigen."

Unstrittig ist, dass die Entfernung zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte der Bw. rund 24 km beträgt und diese Strecke mit dem PKW in der Regel mit einer Fahrzeit von 20 bis 30 Minuten erreichbar ist.

Nach dem Internet-Routenplaner http://www.viamichelin.com ergibt sich eine standardisierte Fahrzeit von 22 Minuten.

Der Referent hat die Strecke Arbeitsstätte - Wohnung der Bw. am bei Einhaltung der jeweilig zulässigen Höchstgeschwindigkeiten mit dem PKW in einer Zeit von unter 24 Minuten zurückgelegt, wobei in dieser Zeit in Wien ein Stau mit einer Dauer von 5 Minuten enthalten ist und vor der Ausfahrt Korneuburg auf der A22 eine baustellenbedingte Geschwindigkeitsbegrenzung bestand. Außerdem erfolgte die Fahrt zwischen Autobahnabfahrt und Wohnung infolge langsamer Annäherung an die jeweiligen Straßenabzweigungen zur Prüfung des weiteren Weges sicherlich langsamer als durch einen Ortskundigen, der die Strecke kennt.

Berücksichtigt man, dass gerade bei der Fahrt nach Wien bzw. von Wien nicht immer optimale Fahrbedingungen herrschen, wird nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenats im Durchschnitt von einer Fahrzeit von knapp unter 20 Minuten (ohne Verkehrsbeschränkungen) bis 25 Minuten mit dem PKW auszugehen sein.

Hinsichtlich der Fahrzeit mit Massenbeförderungsmitteln geht die Bw. von einer Fahrzeit von 120 bis 145 Minuten, das Finanzamt hingegen von 102 Minuten aus.

Der Unabhängige Finanzsenat folgt bei der Fahrzeitenermittlung grundsätzlich den detaillierten Angaben des Finanzamtes, gegen die die Bw. im Vorlageantrag auch keine konkreten Einwendungen vorgebracht hat.

Die Bw. hat auch in der mündlichen Berufungsverhandlung eingeräumt, die Fahrzeitenermittlung durch das Finanzamt werde zutreffend sein.

Jedenfalls vermag der Unabhängige Finanzsenat auf Grund des Vorbringens der Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens nicht festzustellen, dass die Fahrzeit mit Massenbeförderungsmitteln in eine Richtung 2 Stunden übersteige oder 90 Minuten unterschreite.

Hieraus ergibt sich, dass die durchschnittliche Wegzeit für den Arbeitsweg mit dem PKW weniger als ein Drittel der durchschnittlichen Wegzeit mit Massenbeförderungsmitteln beträgt.

Würde die Bw. nach Korneuburg zum Park & Ride-Parkplatz (und von dort weiter mit dem Zug) fahren, wäre hierfür ein Zeitaufwand von ca. 15 Minuten mit dem Auto, eine Warte- bzw. Pufferzeit von ca. 5 - 10 Minuten und dann eine weitere Fahr- und Gehzeit von 50 Minuten, erforderlich, sodass sich insgesamt eine Fahrzeit von 70 bis 75 Minuten ergäbe. Demgegenüber benötigt die Bw. mit dem Auto nur einige Minuten länger als bis zum Park & Ride und ist schon an ihrem Arbeitsplatz.

Abgesehen davon, dass das Finanzamt dieser Darstellung nicht widersprochen hat, erscheint sie im Hinblick auf die unterschiedlichen Fahrtstrecken bei Verwendung von "Park and Ride" einerseits und der direkten Fahrt nach Wien andererseits glaubhaft.

Laut Routenplaner beträgt diese Fahrtstrecke 9 km und sei in 11 Minuten zurückzulegen, wobei bei dieser pauschalierten Berechnung zu berücksichtigen ist, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Strecke durch Ortsgebiet führt.

Schließlich hat die Bw. an der Mehrzahl der Arbeitstage von ihrer Arbeitsstätte aus Klientenbesuche zu absolvieren, wofür das Auto erforderlich ist.

Der Unabhängige Finanzsenat geht somit zusammenfassend davon aus, dass

  • die Bw. im Berufungszeitraum die Strecke Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung regelmäßig mit dem eigenen PKW zurückgelegt hat,

  • hierfür eine Gesamtfahrzeit von im Durchschnitt (knapp unter) 20 bis 25 Minuten (je Richtung) benötigt hat,

  • bei Zurücklegung der gesamten Wegstrecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine Gesamtzeit von 102 Minuten (je Richtung) benötigt hätte,

  • bei Kombination Auto/öffentliche Verkehrsmittel (Park & Ride) eine Gesamtzeit von 70 bis 75 Minuten erforderlich gewesen wäre und

  • die Bw. an der Mehrzahl der Arbeitstage von der Arbeitsstätte aus mit dem Auto zu Klienten gefahren ist.

In rechtlicher Hinsicht ist strittig, wie der Begriff der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels auszulegen sei.

Die Lohnsteuerrichtlinien (LStR) stellen seit jeher nicht auf die Relation der Fahrzeit mit einem PKW zu jener mit Massenbeförderungsmitteln ab, sondern halten die Benutzung eines Massenbeförderungsmittels für dann nicht zumutbar, wenn in Relation zur Wegstrecke eine bestimmte Zeit überschritten wird, und zwar bei einer Wegstrecke zwischen 20 und 40 km eine Zeit von 2 Stunden (Rz. 152 ff LStR 2002), wobei eine optimale Kombination aller Verkehrsmittel und Arbeitszeiten zu unterstellen sei.

Dieser Auffassung ist ein Teil der Literatur (Quantschnigg/Schuch, EStHB, § 16 Tz. 52; Zorn in Hofstätter/Reichel/Fellner/Fuchs/Zorn/Büsser, Die Einkommensteuer, EStG 1988, Kommentar, § 16 Abs 1 Z 6 EStG 1988, Tz. 1) gefolgt.

Hingegen gehen die bei Doralt, EStG, 9. Auflage, § 16 Tz. 105 zitierten Erläuterungen zur Regierungsvorlage des EStG 1988 davon aus, dass sich die Zumutbarkeit nach der unterschiedlichen Fahrtdauer mit dem Massenbeförderungsmittel einerseits und mit dem PKW andererseits richte. Unzumutbar sei die Fahrt mit dem Massenverkehrsmittel insbesondere dann, wenn sie mehr als dreimal so lange dauere wie mit dem eigenen Kfz. Allerdings sei im Nahebereich von bis zu 25 km die Benützung des Massenverkehrsmittels auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Strecke nicht mehr als 90 Minuten betrage.

Danach wäre, so Doralt aaO, zB bei einer Gesamtfahrzeit von 20 Minuten mit dem eigenen PKW und von 75 Minuten mit dem Massenverkehrsmittel das Massenverkehrsmittel im Nahebereich zumutbar, außerhalb des Nahebereichs nicht.

Doralt, aaO, § 16 Tz. 107 verweist darauf, dass sich dem Gesetz eine Zeitstaffel wie in den LStR angewendet nicht entnehmen lasse. Eine Wegstrecke von etwa 2 Stunden werde allgemein als unzumutbar empfunden, auch wenn sie gelegentlich in Kauf genommen werden müsse; sie könne dem Gesetz daher kaum als zumutbar unterstellt werden. Wenn das Gesetz für die Wegzeit eine Zumutbarkeitsgrenze aufstelle, müsse die Zumutbarkeit für jeden Dienstnehmer gleich auszulegen sein. Ob die Wegzeit zumutbar oder unzumutbar ist, sei nicht von der Entfernung, sondern allein von der Zeit abhängig und könne nicht für jeden Dienstnehmer neu definiert werden. Daher sei dem Gesetz eine einheitliche Zumutbarkeitsgrenze zu unterstellen; die gesetzliche Entfernungsstaffel pauschaliere nur die Fahrtkosten.

Aus § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. b EStG 1988 ergibt sich, dass der Gesetzgeber des EStG 1988 grundsätzlich für Fahrten des Dienstnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte - im öffentlichen Interesse - nicht den Individualverkehr unter Benützung des Kfz, sondern die Benützung eines Massenbeförderungsmittels steuerlich berücksichtigt wissen will. Nur wenn die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht möglich bzw. nicht zumutbar ist, können im Wege der Pauschbeträge nach § 16 Abs. 1 Z. 6 lit. c EStG 1988 Kosten des Individualverkehrs geltend gemacht werden ().

Soweit ersichtlich, hatte der VwGH bislang noch nicht zu entscheiden gehabt, wie der Zumutbarkeitsbegriff in § 16 Abs. 1 Z 6 lit b und c EStG 1988 auszulegen ist.

Hingegen hat der Unabhängige Finanzsenat bereits über eine Vielzahl von Fällen zur Frage, ob die Benutzung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar sei, abgesprochen.

Hierbei lassen sich zwei Entscheidungslinien unterscheiden:

Zum einen folgt der Unabhängige Finanzsenat der Zeitstaffel der LStR 2002, ohne sich mit der Frage eines alternativen Zumutbarkeitsansatzes zu befassen, zumal in diesen Verfahren ein Vergleich der Wegdauer mit öffentlichen Verkehrsmitteln einerseits und mit dem PKW andererseits nicht oder nicht konkret angestellt wurde.

Hier sind etwa die Entscheidungen UFS [Linz], Senat 7 [Referent], , RV/1481-L/02; UFS [Wien], Senat 17 [Referent], , RV/0647-W/04; UFS [Wien], Senat 17 [Referent], , RV/1187-W/05; UFS [Innsbruck], Senat 2 [Referent], , RV/0463-I/02; UFS [Linz], Senat 2 [Referent], , RV/0171-L/03; UFS [Feldkirch], Senat 1 [Referent], , RV/0073-F/03; UFS [Feldkirch], Senat 1 [Referent], , RV/0286-F/05; UFS [Feldkirch], Senat 1 [Referent], , RV/0231-F/05; UFS [Feldkirch], Senat 1 [Referent], , RV/0192-F/05; UFS [Feldkirch], Senat 1 [Referent], , RV/0195-F/05; UFS [Innsbruck], Senat 2 [Referent], , RV/0064-I/06; UFS [Innsbruck], Senat 2 [Referent], , RV/0486-I/02; UFS [Graz], Senat 6 [Referent], , RV/0463-G/02; UFS [Wien], Senat 11, , RV/0957-W/06; UFS [Wien], Senat 18 [Referent], , RV/0890-W/06; UFS [Salzburg], Senat 2 [Referent], , RV/0204-S/06 zu nennen.

Zum anderen hält der Unabhängige Finanzsenat die Relation der Fahrzeit mit dem Kfz zu jener mit Massenbeförderungsmitteln im Sinne der Erläuterungen zur Regierungsvorlage des EStG 1988 (und im Sinne von Doralt) für maßgebend und geht bei einer dreimal so langen Wegzeit mit dem Massenbeförderungsmittel als mit dem Kfz - außerhalb der 90-Minuten-Grenze im Nahebereich von 25 km - im Sinne der Erläuterungen von einer Unzumutbarkeit der Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel aus:

"Aus diesen Erläuternden Bemerkungen ist abzuleiten, dass der Gesetzgeber des EStG 1988 Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bei einem Arbeitsweg bis zu 25 km erst dann bejaht wissen will, wenn die Gesamtfahrzeit bei Benützung öffentlicher Verkehrsmittel mehr als 1,5 Stunden beträgt. Liegen Wohnung und Arbeitsstätte hingegen mehr als 25 km von einander entfernt, dann soll die gesamte Wegzeit (vom Verlassen der Wohnung bis zum Ankommen an der Arbeitsstätte) bei Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zur Fahrzeit bei Benützung des KfZ in Relation gesetzt werden. Nur wenn diese Verhältnisrechnung eine gegenüber der Fahrzeit mit dem KfZ mehr als dreimal so lange Wegzeit im Falle der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ergibt, ist nach Intention des Gesetzgebers von Unzumutbarkeit im in Rede stehenden Sinn auszugehen. Der Vergleich der Ausführungen in den Gesetzesmaterialien mit den in der Verwaltungspraxis regelmäßig herangezogenen entfernungsabhängig gestaffelten Zumutbarkeitsgrenzen zeigt, dass der historische Gesetzgeber die zeitliche Zumutbarkeitsgrenze - jedenfalls was Arbeitswege außerhalb des Nahbereiches von 25 km betrifft - nicht anhand von Entfernungen, sondern durch Gegenüberstellung der Fahrzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln einerseits und Individualverkehrsmittel andererseits ermittelt wissen wollte. Für den Nahebereich bis 25 km sieht er dagegen eine entfernungsabhängige zeitliche Zumutbarkeitsgrenze von 1,5 Stunden vor" (UFS [Linz] Senat 7 [Referent], , RV/2083-L/03).

"In historischer und teleologischer Interpretation der in Rede stehenden Bestimmung geht die Rechtsmittelbehörde daher davon aus, dass bei 25 km überschreitenden Arbeitswegen, wie er auch im Berufungszeitraum unstrittig vorlag, eine Unzumutbarkeit wegen langer Anfahrtsdauer erst dann gegeben ist, wenn die bei Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgewendete Gesamtwegzeit das Dreifache der Fahrtzeit mit dem Kfz übersteigt. Sind die Wegzeiten bei Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bei der Hin- und Rückfahrt unterschiedlich lang, dann ist für die Frage der (Un-)Zumutbarkeit die längere Wegzeit heranzuziehen. Ist im Einzelfall danach festzustellen, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar (gewesen) ist, so bemisst sich die für das kleine Pendlerpauschale maßgebliche Weg-(Fahrt)strecke nach den Tarifkilometern der in Betracht kommenden Massenbeförderungsmittel zuzüglich Anfahrts- oder Gehwegen zu den öffentlichen Verkehrsmitteln. Wird die Benützung von Massenbeförderungsmitteln nach der Sachlage jedoch als unzumutbar erachtet, so gilt als Wegstrecke jene kürzeste Straßenverbindung, die ein Arbeitnehmer für tägliche Fahrten vernünftigerweise wählt. Bei dieser Streckenauswahl ist nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung auf öffentliche Interessen, und zwar auf die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs bzw. die Vermeidung von Lärm und Abgasen in Wohngebieten, Bedacht zu nehmen (, 0003). Unter Weg- bzw. Anfahrtszeit ist im gegebenen Zusammenhang die gesamte Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn bzw. vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung zu verstehen. Sie inkludiert also die Geh- oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, die Fahrzeit mit dem (den) Massenbeförderungsmittel(n), Wartezeiten (auf Anschlüsse) und bei zu früher Ankunft am Arbeitsort und fixer Dienstzeit gegebenenfalls auch die Wartezeit bis zum Arbeitsbeginn. Stehen verschiedene öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung, dann ist bei Ermittlung der Wegzeit stets von der Benützung des schnellsten Massenbeförderungsmittels (Schnellzug anstatt Regionalzug, Zug anstatt Bus) auszugehen. Außerdem ist dabei eine optimale Kombination von Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel zu unterstellen" (UFS [Linz] Senat 7 [Referent], , RV/2084-L/03).

Was die Frage der Unzumutbarkeit infolge fallweiser Nutzung des PKW für Dienstfahrten anlangt, bestehen unterschiedliche Auffassungen.

Nach der Entscheidung UFS [Feldkirch], Senat 1 [Referent], , RV/0047-F/04, ist das Erfordernis, von der Arbeitsstätte weg den eigenen PKW verwenden zu müssen, irrelevant:

"Eine derartig weite Auslegung des Begriffes der Unzumutbarkeit kann dem Gesetz nach Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates jedoch nicht entnommen werden. Die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 stellt auf die durch die Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsort verursachten Aufwendungen ab und lässt deren Berücksichtigung nur in Form von Pauschbeträgen zu. Aus dem Regelungszusammenhang des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 ergibt sich, dass der Gesetzgeber für Fahrten des Dienstnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte grundsätzlich nicht den Individualverkehr unter Benützung eines Kfz, sondern die Benützung eines Massenbeförderungsmittels steuerlich berücksichtigt wissen will (vgl. ). Nur wenn die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar bzw. nicht möglich ist, können im Wege der Pauschbeträge nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 Kosten des Individualverkehrs geltend gemacht werden. Daraus erhellt aber, dass bezüglich der Beurteilung der Frage der Unzumutbarkeit auf die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels für die eigentliche Bewältigung der Fahrtstrecke zwischen Wohn- und Arbeitsort abzustellen ist und nicht etwa darauf, ob das Kfz am Arbeitsort für die Berufsausübung erforderlich ist."

Dagegen ist es nach UFS [Innsbruck], Senat 3 [Referent], , RV/0072-I/03, und UFS [Innsbruck], Senat 2 [Referent], , RV/0427-I/04 unzumutbar, bei beruflicher Notwendigkeit der Nutzung des eigenen PKW von der Arbeitsstätte weg auf ein Massenbeförderungsmittel zu verweisen:

"Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass in Fallkonstellationen, in welchen ein Steuerpflichtiger im Auftrag seines Arbeitgebers gegen Ersatz der Fahrtkosten durch den Arbeitgeber sein privates KFZ für ausschließlich beruflich veranlasste Fahrten vom Arbeitsplatz aus verwendet (verwenden muss), die Anfahrt zum Arbeitsort mit einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zumutbar sein kann, weshalb - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 - das "große" Pendlerpauschale als Werbungskosten berücksichtigt werden kann. Dies auch deshalb, weil durch das "große" Pendlerpauschale genau jene Mehraufwendungen abgegolten werden sollen, die einem Arbeitnehmer entstehen, weil er - ausschließlich beruflich veranlasst - sein privates Kraftfahrzeug für die Zurücklegung der Strecke Wohnung - Arbeitsstätte benützen muss, während andere Arbeitnehmer die kostengünstigeren öffentlichen Verkehrsmittel benützen können."

Der Referent kann es dahingestellt lassen, welcher dieser Auffassungen hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Verwendung von Massenbeförderungsmitteln bei beruflicher Notwendigkeit der Verwendung des eigenen Kfz von der Arbeitstelle aus zu folgen ist, da bereits ohne Prüfung dieser Frage der Berufung Folge zu geben ist:

Wie dargestellt, sieht der Unabhängige Finanzsenat mit den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum EStG 1988 und mit Doralt eine Unzumutbarkeit der Verwendung von Massenbeförderungsmitteln auch dann als gegeben an, wenn auf Grund erwiesenen Parteivorbringens - wie hier der Fall - innerhalb des Nahebereichs von 25 km einerseits die Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln 90 Minuten überschreitet und andererseits der Arbeitsweg mit dem PKW wenigstens dreimal so schnell wie mit den in Betracht kommenden Massenbeförderungsmitteln zurückgelegt werden kann.

Da der Referent dieser Entscheidungspraxis folgt - und die Entscheidungslinie, die auf eine Zeitstaffel abstellt, dieser Praxis nicht entgegen steht, da in den so entschiedenen Fällen kein Anlass für eine Prüfung der Relation der Fahrzeiten bestand bzw. offenkundig die Fahrzeit mit dem PKW nicht im Sinne der Erläuterungen zur Regierungsvorlage eklatant kürzer war - besteht kein Anlass zur Befassung des gesamten Berufungssenats nach § 282 Abs. 1 Z 2 BAO.

Gemäß § 6 ABGB darf einem Gesetze "in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorgeht".

Nun lässt sich, wie Doralt zutreffend ausführt, dem Gesetz die von den LStR 1992, 1999 und 2002, denen Teile der Literatur - begründungslos - gefolgt sind, aufgestellte Zeitstaffel nicht entnehmen.

Hingegen ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien die Absicht des historischen Gesetzgebers, hinsichtlich der Unzumutbarkeit auch auf eine Relation zwischen den Fahrzeiten mit dem PKW und den Massenverkehrsmitteln abzustellen.

Warum bei einer Fahrzeit mit dem PKW von 20 bis 25 Minuten erst die sechs- bis fünffache Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehr, nämlich mehr als 2 Stunden, relevant sein soll, lässt sich nach Ansicht des Referenten weder aus dem Gesetz noch aus dem offenkundigen Ziel des Gesetzgebers, den Individualverkehr gegenüber dem öffentlichen Verkehr nicht zu fördern, in dieser Form entnehmen.

Grundsätzlich kann die Formulierung in § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 sowohl im Sinne einer abstrakten Zumutbarkeitsregelung - wie mit der "Zeitstaffel" der Fall - als auch im Sinne einer Relation der jeweiligen Fahrzeiten verstanden werden.

Da die abstrakte Zeitstaffelauslegung keineswegs zwingend ist, ist nach Ansicht des Referenten - wie auch in den zitierten Entscheidungen des UFS zum Ausdruck kommend - der Absicht des historischen Gesetzgebers bei der Auslegung der Bestimmung zu folgen.

Dagegen spricht auch nicht das von Ryda/Langheinrich, Behandlung der Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie zwischen einem an der Arbeitsstätte begründeten Wohn- und dem Familienwohnsitz, FJ 2006, 271, 273, ins Treffen geführte Argument einer Ungleichbehandlung im großstädtischen Einzugsbereich wohnhafter Steuerpflichtiger, da im vorliegenden Fall eine im Einzugsbereich von 25 km wohnhafte Steuerpflichtige mit öffentlichen Verkehrsmitteln mehr als 90 Minuten Fahrzeit benötigen würde.

Allerdings erscheint dem Referenten das Verständnis, das Doralt in seinem Beispiel mit den 20-/75-Minuten-Fahrzeiten den Ausführungen der Gesetzesmaterialien beilegt, und zu der von Ryda/Langheinrich gerügten Ungleichbehandlung im und außerhalb des Nahebereichs Wohnhafter führt, in der Tat unzutreffend:

Unterstellt man dem Gesetzgeber keine gleichheitswidrige Vorgangsweise, können die Materialien (entgegen dem missverständlichen Wortlaut) wohl nur so verstanden werden, dass generell die Benützung von Massenverkehrsmitteln dann unzumutbar ist, wenn die Fahrt mit diesen einerseits 90 Minuten (1,5 Stunden) überschreitet und andererseits die Fahrt mit den Massenverkehrsmitteln mehr als drei Mal so lang dauert wie mit dem Auto. Der Hinweis auf den Nahebereich ist bei diesem Verständnis so zu interpretieren, dass die Materialien eine Zumutbarkeitsgrenze - im Sinne der Förderung des öffentlichen Verkehrs - von 90 Minuten Fahrzeit einziehen wollen und sich das Problem einer kürzeren Fahrzeit als 30 Minuten mit dem PKW - vor dem Hintergrund des vor mehr als 15 Jahren bestanden habenden Autobahn- und Schnellstraßennetzes - nur im Nahebereich stellen könne.

Nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen beträgt die durchschnittliche Wegzeit mit dem PKW auf der 24 km langen Strecke Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung weniger als ein Drittel der Wegzeit (nämlich ein Fünftel bis ein Viertel), die bei Benützung öffentlicher Verkehrsmittel anfallen würde; die Fahrzeit mit Massenverkehrsmitteln beträgt mit 102 Minuten mehr als 90 Minuten.

Es ist unzumutbar, die Bw. auf die Fahrt mit dem Massenverkehrsmittel zu verweisen, wenn diese 1,5 Stunden übersteigende Fahrt vier bis fünf Mal so lange dauern würde wie mit dem eigenen PKW.

Was die Möglichkeit der Verwendung von "Park and Ride" anlangt, genügt der Hinweis, dass gleichfalls unzumutbar ist, dem Steuerpflichtigen eine zusätzliche Fahrzeit von rund einer Stunde mit dem Zug und der U-Bahn aufzuerlegen, wenn er diese zusätzliche Strecke mit einer zusätzlichen Fahrzeit von fünf bis zehn Minuten mit dem Auto zurücklegen kann.

Der Berufung war daher Folge zu geben und das "große" Pendlerpauschale bei der Einkommensteuer 2004 zuzuerkennen.

Da die Bw. nur 8 Monate (Mai bis Dezember 2004) im Lohnzahlungszeitraum von O. nach Wien gependelt ist, war das Pendlerpauschale von 972 € entsprechend zu aliquotieren (972 : 12 x 8 = 648). Der beantragte Betrag von 648 € ist den Gewerkschaftsbeiträgen bzw. Beiträgen zu Berufsverbänden und Interessensvertretungen (Kennzahl 717 der Einkommensteuererklärung) i.H.v. 4.075 € hinzuzurechnen, sodass sich Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag von 4.723 € ergeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Einkommensteuer für das Jahr 2004 sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen.

Die Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 2005 und Folgejahre werden gemäß § 45 Abs. 1 erster Teilstrich EStG 1988 gemäß der sich aus dieser Berufungsentscheidung ergebenden Einkommensteuerschuld mit 1.181,38 €, gemäß § 45 Abs. 1 zweiter Teilstrich EStG 1988 entsprechend erhöht mit 4% (47,26 €), somit insgesamt mit 1.228,64 € festgesetzt.

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Pendlerpauschale
Verweise
Doralt, 9. Auflage, § 16 Tz. 105
Anmerkung
Zitiert/besprochen in
UFSaktuell 2006, 306
ARD 5723/15/2006
RdW 2006/721, 800
taxlex-SRa 2006/143

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at