Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 29.07.2008, RV/0727-L/08

Vorsteuerabzug für die Errichtung einer Zufahrtsstraße durch einen Gemeindeverband

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/15/0261eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.


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Rechtssätze
Folgerechtssätze
RV/0727-L/08-RS1
wie RV/0237-L/07-RS1
Errichtet ein Gemeindeverband eine Zufahrtsstraße zu einem Betriebsansiedlungsgebiet, die normalerweise nicht von der Allgemeinheit, sondern nur von den dort angesiedelten Unternehmern sowie deren Kunden und Zulieferer benutzt wird und haben die angesiedelten Unternehmer hiefür anteilig die Straßenerrichtungskosten abzudecken, steht dem Gemeindeverband hinsichtlich der diesbezüglichen Vorleistungen (Straßenerrichtungskosten) der Vorsteuerabzug zu. Unmaßgeblich ist, ob es sich bei der Zufahrtsstraße um eine (im Sinn der jeweils gültigen Straßenverkehrsgesetze) öffentliche Straße oder um eine Privatstraße handelt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des RWDA, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend Umsatzsteuer 2007 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die Vorsteuern (ohne solche aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb) werden mit 13.796,84 € festgesetzt.

Die übrigen Bemessungsgrundlagen bleiben unverändert.

Die Umsatzsteuer beträgt daher -12.010,92 € (Gutschrift).

Entscheidungsgründe

Bestimmte Gemeinden haben sich zwecks Planung und Errichtung eines regionalen Betriebsansiedlungsgebietes zum berufungswerbenden regionalen Wirtschaftsverband zusammengeschlossen. Von den Errichtungskosten (u.a. Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Erschließungsstraße, Stromversorgung) wurden Vorsteuern geltend gemacht.

In Erläuterung zur Umsatzsteuererklärung wies der Berufungswerber darauf hin, dass die Erschließung des Betriebsbaugebietes nur in Form der Errichtung einer Privatstraße möglich war. Diese bildet einen Anschluss an die vorbeiführende Landesstraße und wird nur für Zu- und Abfahrten zum Betriebsbaugebiet benützt. Dem ansiedelnden Unternehmen wurde ein Erschließungsentgelt zuzüglich 20% Umsatzsteuer vorgeschrieben.

Nach Ansicht des Finanzamtes stehen jedoch aus den bereits für die Vorjahre dargelegten Gründen besagte Vorsteuern nicht zu.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde zur Begründung auf die diesbezüglichen Ausführungen für die Vorjahre verwiesen.

Der Unabhängige Finanzsenat hat am zu GZ. RV/0237-L/07 für die angeführten Vorjahre entschieden, dass der Vorsteuerabzug für die o.a. Errichtungskosten zusteht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Unabhängige Finanzsenat sieht keine Veranlassung, von seiner o.a. Entscheidung abzugehen. In dieser hat er ausgeführt:

Der Berufungswerber ließ eine Straße errrichten und erhält hiefür von jenen Unternehmern, die sich im fraglichen Gebiet ansiedeln, letztlich die Kosten abdeckende Erschließungsbeiträge. Die Ansicht des Finanzamtes, objektiv betrachtet diene die Straße nicht der nachhaltigen Umsatzerzielung (wohl richtig: Einnahmenerzielung), ist daher nicht zu teilen. Daran ändert auch nichts, dass für die Benützung der Straße kein Entgelt verlangt wird. Und dass der Berufungswerber die Kosten der Straßenerrichtung trägt, ist schlichtweg unzutreffend.

Fraglich ist allerdings, ob die Straßenerrichtung eine hoheitliche oder privatwirtschaftliche (und somit unternehmerische und demnach grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigende) Tätigkeit darstellt.

Nach dem Erkenntnis des , kommt es auf die Ausübungsmodalitäten der Tätigkeit an. Unbestritten sind die Erschließungsbeiträge auf zivilrechtlicher Basis vereinbart und in Rechnung gestellt worden. Dies spricht für eine privatwirtschaftliche Betätigung. Die Ausführungen des Finanzamtes, es stünde kein Vorsteuerabzug zu, wenn die Straße gegen (offenbar gemeint: hoheitliche) Vorschreibung von Kostenbeiträgen errichtet worden wäre, sind daher hypothetisch und daher nicht geeignet, den Standpunkt des Finanzamtes zu stützen. Überdies hätte eine Gemeinde keine Veranlassung, eine Straße hoheitlich zu errichten, obwohl sie (wie nachstehend dargelegt) von der Allgemeinheit nicht benötigt wird.

Das Finanzamt hat auch angedeutet, dass die Wahl der privatrechtlichen Form missbräuchlich erfolgt und damit nicht anzuerkennen sei (siehe , Halifax). Ein Missbrauch liegt jedoch im konkreten Fall nicht vor: Nach den unbestrittenen Berufungsausführungen hat die gegenständliche Straße nur Bedeutung für die angesiedelten Unternehmen sowie deren Kunden bzw. Zulieferer. Alle anderen Personen könnten zwar auch die Straßé benutzen, wenn sie dies tun, dann aber offensichtlich deswegen, weil sie sich verfahren haben. Daraus ist jedoch nicht zu schließen, dass der Berufungswerber die Straße für die Allgemeinheit gebaut hat.

Das Motiv des Berufungswerbers, die Straße zu bauen, lag letztlich darin, Anreize für Unternehmen zu schaffen, sich im betreffenden Gebiet anzusiedeln. Die Schaffung solcher Anreize ist jedoch keine hoheitliche Aufgabe.

Hätten die angesiedelten Unternehmer die Straße errichten lassen, dürften sie zweifelsfrei die diesbezüglichen Vorsteuern abziehen (insofern sie nicht steuerfreie Umsätze tätigen). Dies selbst dann, wenn ihnen der hiefür nötige Grund und Boden nicht gehört. Eine daran anschließende Übertragung der Straße ins öffentliche Gut würde auch keine sonstige Leistung im Sinn des § 3a Z 1 UStG 1994 darstellen, weil die Straße nicht deshalb errichtet worden wäre, um sie ins öffentliche Gut zu übertragen (dies würde eine unternehmensfremde Verwendung darstellen), sondern damit die übrigen Grundstücke des Betriebsansiedlungsgebietes zugänglich und damit unternehmerisch nutzbar werden (vgl. auch GZ. RV/0884-L/04) .

Im Endeffekt ist daher kein Unterschied, ob der Berufungswerber die Straße errichten läßt, Vorsteuern geltend macht und den angesiedelten Unternehmern für die Errichtung der Straße Umsatzsteuern in Rechnung stellt, die diese (insofern sie nicht steuerfreie Umsätze tätigen) als Vorsteuer abziehen dürfen, oder ob die angesiedelten Unternehmer die Straße selbst errichten lassen und die diesbezüglichen Umsatzsteuern als Vorsteuer abziehen (insofern sie nicht steuerfreie Umsätze tätigen).

Aus all diesen Gründen hat der Berufungswerber nicht missbräuchlich privatwirtschaftlich gehandelt. Somit ist kein hoheitliches Handeln zu unterstellen. Ob die Straße eine private oder öffentliche ist ist demnach (wie auch das Finanzamt richtig erkennt) nicht von Bedeutung.

Nach den Berufungsausführungen sind die straßenbaulichen Maßnahmen Voraussetzung dafür, dass überhaupt Grundstücke verkauft werden können. Dies trifft zwar zu, ein für den Vorsteuerabzug maßgeblicher Zusammenhang zwischen der Straßenerrichtung und den Grundstücklieferungen besteht jedoch nicht, weil Letztere nicht durch den Berufungswerber erfolgt sind. Dies ändert aber nichts daran, dass aus den oben dargelegten Gründen (privatwirtschaftliche Errichtung einer Straße gegen Erschließungsbeiträge) der Vorsteuerabzug zusteht.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Betriebsansiedlungsgebiet
Zufahrtsstraße
Straßenerrichtung
Vorsteuerabzug
Gemeindeverband
öffentliche Straße
Privatstraße

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at