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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 23.03.2012, RV/1238-L/10

Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung bezieht sich auch auf Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Stb., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO für Abgaben der Firma XY GmbH i.L. entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die Haftungsinanspruchnahme wird auf folgende Abgabenschuldigkeiten eingeschränkt:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeit
Betrag in €
Dienstgeberbeitrag (DB)
01/09
87,44
Zuschlag zum DB
01/09
7,66
Umsatzsteuer
12/08
57,68
Lohnsteuer
02/09
106,71
Dienstgeberbeitrag (DB)
02/09
95,74
Zuschlag zum DB
02/09
7,66
Umsatzsteuer
01/09
341,71
Lohnsteuer
03/09
106,71
Dienstgeberbeitrag (DB)
03/09
95,74
Zuschlag zum DB
03/09
7,66
Umsatzsteuer
02/09
257,23
Körperschaftsteuer
04-06/09
437,00
Dienstgeberbeitrag (DB)
04/09
54,85
Zuschlag zum DB
04/09
7,66
Umsatzsteuer
03/09
339,52
Lohnsteuer
05/09
22,14
Dienstgeberbeitrag (DB)
05/09
134,10
Zuschlag zum DB
05/09
10,73
Dienstgeberbeitrag (DB)
06/09
11,16
Zuschlag zum DB
06/09
0,89
Umsatzsteuer
05/09
327,73
Körperschaftsteuer
07-09/09
437,00
Umsatzsteuer
06/09
130,76
Umsatzsteuer
07/09
272,10
Körperschaftsteuer
10-12/09
439,00
Umsatzsteuer
09/09
550,98
Umsatzsteuer
10/09
195,99
Dienstgeberbeitrag (DB)
11/09
115,52
Zuschlag zum DB
11/09
9,24
Summe
4.668,31

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin war seit Gründung der primärschuldnerischen Gesellschaft, die in Linz ein Gastlokal betrieben hat, deren alleinige Geschäftsführerin.

Über das Vermögen der Gesellschaft wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom das Konkursverfahren eröffnet. Der Masseverwalter stellte unter anderem fest, dass das gemeinschuldnerische Unternehmen bereits per geschlossen worden sei. Im Zuge der Unternehmensschließung wären sämtliche Dienstverhältnisse beendet, die Gewerbeberechtigungen zurückgelegt und das Mietverhältnis hinsichtlich des Gastlokals einvernehmlich beendet worden. Mit Beschluss vom wurde das Konkursverfahren nach Verteilung der Konkursquote von 5 % aufgehoben.

In einem Ergänzungsersuchen vom wies das Finanzamt die Berufungswerberin auf folgende bei der Gesellschaft nicht mehr einbringlich Abgabenschuldigkeiten hin:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeit
Betrag in €
Dienstgeberbeitrag (DB)
01/09
87,44
Zuschlag zum DB
01/09
7,66
Umsatzsteuer
12/08
57,68
Pfändungsgebühr
2009
10,00
Barauslage
2009
0,55
Lohnsteuer
02/09
106,71
Dienstgeberbeitrag (DB)
02/09
95,74
Zuschlag zum DB
02/09
7,66
Umsatzsteuer
01/09
341,71
Lohnsteuer
03/09
106,71
Dienstgeberbeitrag (DB)
03/09
95,74
Zuschlag zum DB
03/09
7,66
Umsatzsteuer
02/09
257,23
Körperschaftsteuer
04-06/09
437,00
Dienstgeberbeitrag (DB)
04/09
54,85
Zuschlag zum DB
04/09
7,66
Umsatzsteuer
03/09
339,52
Lohnsteuer
05/09
22,14
Dienstgeberbeitrag (DB)
05/09
134,10
Zuschlag zum DB
05/09
10,73
Dienstgeberbeitrag (DB)
06/09
11,16
Zuschlag zum DB
06/09
0,89
Umsatzsteuer
05/09
327,73
Körperschaftsteuer
07-09/09
437,00
Umsatzsteuer
06/09
130,76
Umsatzsteuer
07/09
272,10
Körperschaftsteuer
10-12/09
439,00
Umsatzsteuer
09/09
550,98
Pfändungsgebühr
2009
47,64
Barauslage
2009
0,55
Umsatzsteuer
10/09
195,99
Dienstgeberbeitrag (DB)
11/09
115,52
Zuschlag zum DB
11/09
9,24
Dienstgeberbeitrag (DB)
12/09
90,97
Zuschlag zum DB
12/09
7,28
Umsatzsteuer
11/09
165,31
Umsatzsteuer
12/09
551,92
Summe
5.542,53

Als Geschäftsführerin sei die Berufungswerberin für die Entrichtung der Abgaben aus den Gesellschaftsmitteln verantwortlich gewesen. Sie möge darlegen, weshalb sie nicht dafür Sorge tragen habe können, dass die Abgaben entrichtet wurden (z.B. Fehlen ausreichender Mittel, Zessionsvereinbarung, Einstellung der Überweisungen durch die Hausbank, Weisungen der Gesellschafter usw.). Die entsprechenden Unterlagen zum Beweis ihrer Rechtfertigung wären vorzulegen. Falls vorhandene Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden wären, sei dies durch geeignete Unterlagen zu belegen. Schließlich wurde die Berufungswerberin um Darlegung ihrer aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse ersucht.

In einer Stellungnahme vom wurde dazu nur ausgeführt, dass sich nach anfänglich guten Umsätzen der Geschäftsgang der Gesellschaft mit Eröffnung der Baustelle X immer weiter verschlechtert habe, bis schließlich keine kostendeckenden Umsätze mehr erzielt werden hätten können. Im Zuge der Abwicklung der Zahlungen seien alle Gläubiger gleichmäßig befriedigt bzw. bei Eintreten der Zahlungsunfähigkeit infolge fehlender Mittel keine Gläubiger mehr befriedigt worden.

Mit Haftungsbescheid vom nahm das Finanzamt die Berufungswerberin für folgende aushaftende Abgaben der Gesellschaft in Anspruch:


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Abgabenart
Zeitraum
Fälligkeit
Betrag in €
Dienstgeberbeitrag (DB)
01/09
87,44
Zuschlag zum DB
01/09
7,66
Umsatzsteuer
12/08
57,68
Lohnsteuer
02/09
106,71
Dienstgeberbeitrag (DB)
02/09
95,74
Zuschlag zum DB
02/09
7,66
Umsatzsteuer
01/09
341,71
Lohnsteuer
03/09
106,71
Dienstgeberbeitrag (DB)
03/09
95,74
Zuschlag zum DB
03/09
7,66
Umsatzsteuer
02/09
257,23
Körperschaftsteuer
04-06/09
437,00
Dienstgeberbeitrag (DB)
04/09
54,85
Zuschlag zum DB
04/09
7,66
Umsatzsteuer
03/09
339,52
Lohnsteuer
05/09
22,14
Dienstgeberbeitrag (DB)
05/09
134,10
Zuschlag zum DB
05/09
10,73
Dienstgeberbeitrag (DB)
06/09
11,16
Zuschlag zum DB
06/09
0,89
Umsatzsteuer
05/09
327,73
Körperschaftsteuer
07-09/09
437,00
Umsatzsteuer
06/09
130,76
Umsatzsteuer
07/09
272,10
Körperschaftsteuer
10-12/09
439,00
Umsatzsteuer
09/09
550,98
Umsatzsteuer
10/09
195,99
Dienstgeberbeitrag (DB)
11/09
115,52
Zuschlag zum DB
11/09
9,24
Dienstgeberbeitrag (DB)
12/09
90,97
Zuschlag zum DB
12/09
7,28
Umsatzsteuer
11/09
165,31
Umsatzsteuer
12/09
551,92
Summe
5.483,79

In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Abgaben bei der Gesellschaft im Hinblick auf das bereits beendete Konkursverfahren uneinbringlich seien. Das Unternehmen sei bis zur Konkurseröffnung geöffnet gewesen, der Geschäftsbetrieb sei erst während des Konkursverfahrens eingestellt worden. Es sei daher davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgaben zwar Gesellschaftsmittel (noch) vorhanden gewesen wären, diese aber nicht zur (zumindest anteiligen) Entrichtung der Abgabenschulden verwendet worden seien. Da bei der Tilgung der Schulden der Gesellschaft die Abgabenschulden offenbar schlechter als die übrigen Verbindlichkeiten behandelt worden wären, sei von einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes auszugehen. Die haftungsgegenständliche Lohnsteuer sei vom Gleichbehandlungsgebot ausgenommen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Vertreter (der Gesellschaft) darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei. Ein diesbezüglicher Fragenvorhalt des Finanzamtes sei nur unzureichend beantwortet worden, weshalb von einem Verschulden an den angeführten Pflichtverletzungen auszugehen sei. Die Geltendmachung der Haftung sei eine geeignete Maßnahme um den Abgabenausfall zu verhindern. Die Berufungswerberin sei 49 Jahre alt und werde voraussichtlich noch etliche Jahre am Erwerbsleben teilnehmen können. Es sei daher nicht von vornherein davon auszugehen, dass die Abgaben auch beim Haftungspflichtigen uneinbringlich wären.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom Berufung erhoben und die Festsetzung des Haftungsbetrages mit 0,00 € beantragt. In der Begründung wurde ausgeführt, dass hinsichtlich der erst nach Konkurseröffnung fällig gewesenen Abgaben (Dienstgeberbeitrag 12/2009, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2009, Umsatzsteuer 11/2009 und Umsatzsteuer 12/2009) keine schuldhafte Pflichtverletzung durch die Berufungswerberin vorliegen könne. Jedoch auch hinsichtlich der anderen Verbindlichkeiten sei festzuhalten, dass das Unternehmen zwar formal erst nach Konkurseröffnung eingestellt worden sei, tatsächlich wäre die Geschäftstätigkeit schon vor Weihnachten 2009 eingestellt worden. Verbindlichkeiten wären bereits während der vorangegangenen sechs Monate nicht mehr befriedigt worden, es seien lediglich Zug-um-Zug Geschäfte abgewickelt worden, weshalb auch hinsichtlich der restlichen Abgaben eine Haftung der Berufungswerberin nicht in Frage komme.

Am wurde die Firma der primärschuldnerischen Gesellschaft im Firmenbuch gelöscht.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 leg. cit. haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Die haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen des Abgabengläubigers gegen die Primärschuldnerin sind im vorliegenden Fall ebenso unstrittig wie die Stellung der Berufungswerberin als für die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Pflichten verantwortliche Geschäftsführerin der Gesellschaft seit deren Gründung.

Ferner steht die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Gesellschaft im Hinblick auf das bereits beendete Konkursverfahren fest; die Firma der Gesellschaft wurde auch bereits im Firmenbuch gelöscht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen ist, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO annehmen darf. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Dabei ist zu beachten, dass sich der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auch auf Zahlungen bezieht, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter. Auf diesem, nicht aber auf der Behörde, lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote. Vermag der Vertreter nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ( mwN).

Die Berufungswerberin wurde vom Finanzamt im Ergänzungsersuchen vom ausdrücklich aufgefordert, die Gründe für die Nichtentrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben nicht nur darzulegen, sondern auch glaubhaft zu machen. Ferner wurde die Berufungswerberin aufgefordert, eine allfällige anteilige Mittelverwendung (Beachtung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung) durch geeignete Unterlagen zu belegen.

In der Stellungnahme vom wurden jedoch nur die Gründe für den Umsatzrückgang erläutert und lediglich behauptet, dass im Zuge der Abwicklung der Zahlungen alle Gläubiger gleichmäßig befriedigt bzw. bei Eintreten der Zahlungsunfähigkeit infolge fehlender Mittel keine Gläubiger mehr bedient worden seien.

Wenngleich im Haftungsverfahren die den Vertreter treffende besondere Behauptungs- und Beweispflicht einerseits nicht überspannt und andererseits nicht so aufgefasst werden darf, dass die Behörde jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre, obliegt es dem (potentiell) Haftungspflichtigen, nicht nur ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete, sachbezogene Behauptungen aufzustellen. Die bloße Behauptung, Abgabenverbindlichkeiten nicht schlechter gestellt zu haben, stellt ein derartiges Vorbringen nicht dar () und löst keine (weitere) Ermittlungspflicht der Behörde aus (vgl. auch mit Hinweis auf ; ; ).

Das Vorbringen in der Stellungnahme vom geht über die bloße Behauptung der Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes bzw. des Fehlens ausreichender Gesellschaftsmittel nicht hinaus. Der Aufforderung des Finanzamtes, zur Glaubhaftmachung der Verantwortung entsprechende Unterlagen vorzulegen, wurde nicht entsprochen.

In der Berufung wurde ergänzend vorgebracht, dass die Geschäftstätigkeit schon vor Weihnachten 2009 eingestellt worden sei. Verbindlichkeiten wären bereits während der vorangegangenen sechs Monate nicht mehr befriedigt worden, es seien lediglich Zug-um-Zug Geschäfte abgewickelt worden, weshalb eine Haftung der Berufungswerberin nicht in Frage komme.

Es trifft zu, dass das primärschuldnerische Unternehmen bereits per geschlossen wurde (vgl. dazu die eingangs erwähnte Feststellung des Masseverwalters). Dass bis dahin jedoch noch laufend Umsätze erzielt wurden, wird auch von der Berufungswerberin nicht in Abrede gestellt. So wurden laut der anlässlich der Konkurseröffnung durchgeführten Umsatzsteuerprüfung für November 2009 steuerbare Umsätze von 4.856,93 € und für Dezember 2009 von 6.757,94 € festgestellt. Bei dieser Sachlage kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Gesellschaft keinerlei Mittel mehr zur Verfügung gestanden wären; ein diesbezüglicher Nachweis wurde auch nicht erbracht.

Der Hinweis, dass es in den letzten Monaten vor Konkurseröffnung nur mehr Zug um Zug Geschäfte gegeben habe, vermag die Berufungswerberin nicht zu entschuldigen. Diese verkennt die Rechtslage, wenn sie meint, sie hätte die für die Aufrechterhaltung des Betriebes ihrer Meinung nach notwendigen Zahlungen leisten dürfen und erst danach allfällig übrige Beträge für die Abgabenentrichtung verwenden müssen. Damit benachteiligte sie offenkundig bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel bestimmte Gläubiger und verstieß gegen das Gleichbehandlungsgebot (). Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung bezieht sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch auf Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind. Eine Privilegierung von Gläubigern kann daher auch in der Barzahlung von Wirtschaftsgütern (Zug um Zug Geschäfte) bestehen (; vgl. auch ).

Hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Lohnsteuern wies bereits das Finanzamt zutreffend darauf hin, dass diese vom Gleichbehandlungsgebot ausgenommen sind. Reichen die einem Vertreter zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die Entrichtung der auf die ausbezahlten Löhne entfallende Lohnsteuer aus, darf der Geschäftsführer gemäß § 78 Abs. 3 EStG nur einen entsprechend niedrigeren Betrag zur Auszahlung bringen, sodass die davon einbehaltene Lohnsteuer auch abgeführt werden kann. Wird dagegen die auf ausbezahlten Löhne entfallende Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Primärschuldnerin - von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Die Verpflichtung eines Vertreters nach § 80 BAO geht hinsichtlich der Lohnsteuer über das Gebot der gleichmäßigen Behandlung aller Schulden (bzw. aller Gläubiger) hinaus (z.B. ).

Insgesamt gesehen ging daher das Finanzamt zu Recht vom Vorliegen schuldhafter Pflichtverletzungen im Sinne des § 9 BAO aus. Der Berufungswerberin ist allerdings insoweit zuzustimmen, als der zeitliche Umfang der Haftung mit der Eröffnung des Konkursverfahrens begrenzt ist. Die Haftung erstreckt sich nur auf Abgaben, deren Zahlungstermin (Fälligkeit) in die Zeit der Vertretungstätigkeit des Haftungspflichtigen fällt. Ab Konkurseröffnung ist jedoch der Masseverwalter gesetzlicher Vertreter der Gemeinschuldnerin (Gesellschaft). Die erst nach dem fällig gewesenen Abgaben waren daher aus der Haftung auszuscheiden. Die Haftung reduziert sich damit auf Abgaben, die Fälligkeiten bis zum (und damit noch vor der Betriebseinstellung am ) ausweisen.

Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht nach der ständigen Rechtsprechung eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung (Ritz, BAO4, § 9 Tz 24 mit Judikaturnachweisen). Es wurden keinerlei Gründe vorgebracht, die Anhaltspunkte für einen Ausschluss des Kausal- bzw. des Rechtswidrigkeitszusammenhanges bieten würden; solche sind auch nicht aktenkundig.

Die Geltendmachung der Haftung stellt die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel dann ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist. Dieser öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, überwiegt bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung meist auch allfällige Billigkeitsgründe, die für eine Abstandnahme von der Heranziehung zur Haftung ins Treffen geführt werden. Derartige Gründe wurden von der Berufungswerberin nicht vorgebracht und sind auch nicht aktenkundig. Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse legte die Berufungswerberin trotz Aufforderung seitens des Finanzamtes nicht näher dar. Im Einkommensteuerbescheid 2010 vom werden steuerpflichtige Einkünfte von 38.168,35 € ausgewiesen, die dem Finanzamt für 2011 übermittelten Lohnzettel weisen steuerpflichtige Bezüge von 46.740,01 und 444,00 € aus. Bei dieser Sachlage kann dem Finanzamt nicht entgegengetreten werden, wenn es - auch im Hinblick auf das Alter der Berufungswerberin (geb. 1961) - nicht von vornherein von einer Uneinbringlichkeit der Abgaben auch bei der Berufungswerberin als Haftungspflichtiger ausgeht. Die Geltendmachung der Haftung war daher zweckmäßig.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

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