Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 28.08.2007, RV/2027-W/07

Ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht auch dann nicht, wenn die Familienbeihilfe an den primär Anspruchsberechtigten weitergegeben wird

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der M D, X, gegen den Bescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum bis  entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) bezog für ihren Sohn Y, geb. , im strittigen Zeitraum (Jänner 2006 bis August 2006) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Laut Niederschrift des Magistrates der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, vom wurde die Pflege und Erziehung des Sohnes mit vorläufig bis von der Bw. auf den Vater übertragen und wird die Familienbeihilfe von der Mutter ab Jänner 2006 monatlich an ihn überwiesen.

Auf Grund des vom Kindesvater gestellten Antrages und der Niederschrift des BG Leopoldstadt vom (Auszug: "Hiermit wird ab die Pflege und Erziehung über unseren Sohn YD vorläufig bis von der Mutter auf den Vater übertragen...") erließ das Finanzamt am an die Bw. einen Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge für obigen Zeitraum und führte zur Begründung aus, dass der Sohn seit nicht mehr bei ihr haushaltszugehörig sei.

Die Bw. erhob gegen den Bescheid fristgerecht Berufung und führte darin aus, dass Du P (Kindesvater) von ihr von Jänner bis August 2006 monatlich die Familienbeihilfe bekommen hätte. Sie habe ihm das Geld auf sein Konto gezahlt oder persönlich gegeben. Ihr Sohn sei bei jeder Geldübergabe dabei gewesen und könnte dies bezeugen. Als Beweis lege sie einen Zahlschein bei. Diese Zahlungsvereinbarung sei mit dem Jugendamt besprochen und schriftlich festgelegt worden. Herr P habe also monatlich die ihm zustehende Kinderbeihilfe von 180 € bezogen.

Das Finanzamt erließ am eine abweisende Berufungsvorentscheidung:

"Mit Niederschrift vom beim Amt für Jugend und Familie in 1210 Wien, ... wurde vereinbart, dass Y ab in Pflege und Erziehung zu seinem Vater kommt. Diese Vereinbarung regelt den Aufenthalt im Haushalt des Vaters vorläufig für 6 Monate.

Mit Beschluss ...des BG Leopoldstadt wurde die alleinige Obsorge für Y dem Vater übertragen.

Die Haushaltszugehörigkeit von Y beim Vater ab bis laufend wurde verfahrensgegenständlich nicht bestritten.

Rechtsgrundlagen

Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 in der jeweiligen Fassung.

Gemäß § 2 (2) hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält...

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

§ 2a (1) Gehört ein Kind zu gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt.

Rechtliche Würdigung:

Wie aus den zitierten Rechtsgrundlagen ersichtlich ist, besteht vorrangig nur für haushaltszugehörige Kinder Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag. Erst wenn ein Kind bei keinem Elternteil haushaltszugehörig ist, kann über den Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag wegen überwiegender Kostentragung für den Unterhalt des Kindes befunden werden. Davon kann im gegenständlichen Fall abgesehen werden, da sich Y seit im Haushalt des Vaters befindet und daher der Vater den Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag verwirklicht.

Da somit eine der elementaren Anspruchsvoraussetzungen für die Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bei der Berufungswerberin (= Kindesmutter DM) nicht vorliegen, musste der Berufung ein Erfolg versagt bleiben.

Der Vollständigkeit halber wird noch festgehalten, dass Vereinbarungen über die Weitergabe eines Geldbetrages (Familienbeihilfe) keine Anspruchsvoraussetzung für die Familienbeihilfe im Sinne des FLAG darstellt und auch keine Bindungswirkung im Vollzug des FLAG entfaltet."

Die Bw. erhob gegen die Berufungsvorentscheidung "Berufung", die als Vorlageantrag zu werten ist, und führte begründend Folgendes aus:

"Es wurde mit dem zuständigen Jugendamt vereinbart, dass die Familienbeihilfe von mir monatlich an den Kindesvater gezahlt wird für die Dauer eines halben Jahres (Probezeit). Das dies nicht rechtens ist, war mir nicht bekannt. Habe mich auf das Jugendamt verlassen, welches diese Zahlungsvereinbarung getroffen hatte.

Ich kann nicht nachvollziehen, dass Herr P die Kinderbeihilfe ab Jänner 2006 beantragt hat, wo er doch bis August 2006 monatlich 180 Euro Kinderbeihilfe von mir bekommen hat. Dies würde bedeuten, dass er doppelte Beihilfe bezogen hat.

Ich verstehe nicht, dass ich die Beihilfe jetzt zurückzahlen muss, wo ich sie schon einmal bezahlt habe.

Daher sollte Herr P die Beihilfe an das Finanzamt zurückzahlen, die er doppelt erhalten hat.

Wie schon bereits erwähnt ist es nicht mein Verschulden, sondern das Jugendamt denn dieses hätte wissen müssen, dass die Kinderbeihilfe nicht weitergegeben werden darf. Bin bereit den Kinderabsetzbetrag in Raten zurückzuzahlen, aber sehe keinen Grund für die Beihilfe. Es kann nicht sein, dass Herr P doppelt kassiert, falsche Angaben macht und das Finanzamt belügt und beträgt...".

Über die Berufung wurde erwogen:

Das Finanzamt hat die im Berufungsfall anwendbaren Rechtsvorschriften ausführlich dargestellt. Auf die Begründung zur Berufungsvorentscheidung wird daher verwiesen.

Das Gesetz räumt den Anspruch auf Familienbeihilfe also primär demjenigen ein, zu dessen Haushalt das Kind gehört. Voraussetzung für eine solche Haushaltszugehörigkeit ist eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft.

Die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten ( mwN), wobei der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe der Monat ist (§ 10 Abs. 2 und 4 FLAG). Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind ist damit ständig neu zu beurteilen und kann je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat variieren (siehe etwa ). Da die Familienbeihilfe für ein Monat nicht geteilt werden kann und nur einmal pro Monat (§ 10 Abs. 4 FLAG) an eine einzige Person (§ 7 FLAG) gewährt werden kann, ist zu beurteilen, wer diese Person ist. Der Anspruch auf Familienbeihilfe setzt nämlich voraus, dass nicht jemand anderer zu deren Bezug berechtigt ist.

Sachverhaltsmäßig steht fest, dass der Sohn seit beim Vater haushaltszugehörig ist (Niederschrift des BG Leopoldstadt vom ). Dies wird von der Bw. auch nicht bestritten. Damit scheidet auch ein Familienbeihilfenanspruch aus dem Titel der überwiegenden Unterhaltsleistung aus, da ein solcher nur dann gegeben wäre, wenn keiner Person wegen Haushaltszugehörigkeit Familienbeihilfe zustünde.

Für die Bw. ist es - wie sie in ihrem Vorlageantrag ausführt - jedoch unverständlich, dass sie für die Monate Jänner 2006 bis August 2006 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge an das Finanzamt zurückbezahlen muss, wo sie doch gemäß der im Zuge der beim Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, am getroffenen Vereinbarung im selben Zeitraum monatlich 180 € unter der Bezeichnung "Familienbeihilfe" an den Kindesvater überwiesen hat und der Kindesvater somit den Betrag doppelt erhalten hat.

Wenn die Bw. angibt, sie hätte sich auf das Jugendamt verlassen, so ist zum einen darauf hinzuweisen, dass zivilrechtliche Vereinbarungen - wie die zwischen den Kindeseltern beim BG Leopoldstadt getroffene - für das Familienlastenausgleichsgesetz keine Bindungswirkung entfalten. Es kann also ein bestehender Familienbeihilfenanspruch durch Parteienvereinbarung nicht abgeändert werden (sh. ). Zum anderen ist aus der zitierten Vereinbarung ersichtlich, dass der Vater bis auf weiteres auf Alimentationszahlungen der Mutter verzichtet. Die Weitergabe der Familienbeihilfe hatte somit offensichtlich die Funktion, die bestehende Unterhaltsverpflichtung seitens der Bw. abzudecken. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts an nicht haushaltszugehörige Kinder werden aber nur insoweit steuerlich berücksichtigt, als hierfür der Unterhaltsabsetzbetrag des § 33 Abs. 4 Z 3 lit. b EStG gewährt wird.

Die Rückzahlungspflicht gemäß § 26 Abs. 1 FLAG trifft ausschließlich den Bezieher der Familienbeihilfe. Diese Bestimmung normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (). Die Abgabenbehörde kann zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe somit auch dann zurückfordern, wenn die bezogene Familienbeihilfe zur Gänze dem anderen Elternteil überwiesen worden ist (sh. ).

Der angefochtene Bescheid ist somit zu Recht ergangen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Unterhaltsleistung
Haushaltszugehörigkeit
Erstattungspflicht
Verweise



Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at