Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 07.04.2011, RV/0156-I/08

Qualifikation der Einkünfte eines nach der Vollendung seines 70. Lebensjahres weiterhin aktiv tätigen Priesters (sonstige Einkünfte oder Pensionsbezüge)

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2011/15/0099 eingebracht (Amtsbeschwerde). Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0156-I/08-RS1
Wird ein Priester nach Vollendung seines 70. Lebensjahres mit Dekret der Diözese zum Aufshilfspfarrer bestellt, wird er mit diözesanem Auftrag tätig. Er übt diese Tätigkeit, die inhaltlich gegenüber seiner Zeit als "aktiver" Kleriker keine Änderung erfährt, nicht freiwilig aus. Die vom Pensionsfonds der Diözese abgerechneten Bezüge sind zur Gänze als sonstige Einkünfte im Sinne des § 29 EStG zu qualifizieren, weil auf den Inhalt der Tätigkeit und nicht auf dienst- oder kirchenrechtliche Vorschriften oder Abrechnungsmodalitäten abzustellen ist.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Berater, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ABC, vertreten durch Finanzanwalt, vom betreffend Einkommensteuer 2006 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Bw (Berufungsweber), ein Priester und A, erzielte im Jahr 2006 Pensionseinkünfte von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten sowie vom Pensionsfonds der Diözese B. Letztgenannte Bezüge erhält der am 456 geborene Bw seit .

Anlässlich der Veranlagung zur Einkommensteuer machte der Bw Werbungskosten (Fachliteratur, Bürobedarf, Fortbildung, Kilometergeld etc.) im Betrag von 1111 geltend. Im Einkommensteuerbescheid vom wurde vom Finanzamt ausgeführt, in den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit (Bezüge vom Pensionsfonds der Diözese B) seien Entschädigungen für Vertretungstätigkeiten enthalten. Diese würden analog zu den Vorjahren mit 2222 geschätzt. Die geltend gemachten Werbungskosten könnten nur in dieser Höhe berücksichtigt werden.

In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Berufung vom wurde zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, ein Priester würde nicht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehen, sondern sonstige Einkünfte im Sinne des § 29 EStG 1988 (Kongrua) erzielen.

Priester müssten auch nach Pensionsantritt in der Regel weiter kirchliche Aufgaben übernehmen. Abrechnungstechnisch erfolge die Auszahlung dieser Bezüge nach Pensionsantritt unter dem Titel "Pensionsfonds der Diözese B". Im Jahr 2006 seien 3333 auf die Vertretertätigkeit des Bw entfallen. Eine innerdiözesane Entgeltaufteilung könne kein adäquates Entgelt für einen Priester im "Unruhestand" sein. Das Arbeitspensum des Bw sei nicht viel geringer als vor der Pensionierung.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde vom Finanzamt die Entschädigung für Vertretertätigkeit [brutto 4444 € (5555 + 0111 Sonderzahlung)] von den Pensionsbezügen in Abzug gebracht und die Pensionseinkünfte des Pensionsfonds der Diözese B neu berechnet. Die Einnahmen aus der Vertretertätigkeit blieben ebenso wie die geltend gemachten Werbungskosten unberücksichtigt. Begründend wurde in der gesonderten Bescheidbegründung vom ausgeführt, der Bw habe aus seiner Tätigkeit als Aushilfspfarrer Einkünfte in Höhe von 4444 € erzielt. Diesen Einnahmen würden Werbungskosten in Höhe von 1111 gegenüber stehen. Auch in den Vorjahren seien aus dieser Tätigkeit nur Verluste erzielt worden. Bei Ausübung der Tätigkeit als Aushilfspfarrer stehe nicht das Gewinnstreben, sondern die Berufung als Priester im Vordergrund. Die Tätigkeit werde nicht aus erwerbswirtschaftlichen Gründen, sondern aus einer in der Lebensführung begründeten "Berufung" auch nach der Pensionierung als Pfarrer tätig werden zu können, ausgeübt. Steuerrechtlich sei eine derartige Tätigkeit unter § 1 Abs. 2 LVO einzustufen. Eine Berücksichtigung von Anlaufverlusten sei damit ausgeschlossen.

Im rechtzeitig gestellten Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom wurde ergänzend noch ausgeführt, das Lohnkonto des Bw sei detailliert in einzelne Bezugsteile aufgegliedert worden. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb einzelne Bezugsteile wie Zulagen für KV, Sachbez. Wohnung, UZ/WR insgesamt 8888 ausschließlich den Pensionsbezügen zugerechnet würden. Es handle sich um Bezugsteile, die dem Bw nur deshalb gewährt worden seien, weil dieser im maximal zumutbaren Ausmaß (nahe der Vollzeit im Aktivdienst) noch im Kirchendienst tätig sei. Der Bw habe diese Bezugsteile mit der Diözese B aufgrund seines intensiven klerikalen Einsatzes ausverhandelt. Die ausverhandelten Bezugsteile seien daher als Aktivbezüge anzusetzen. Der Aktivbezug betrage daher jedenfalls 9999. Die Liebhabereiproblematik sei daher vom Tisch.

Über die Berufung wurde erwogen:

1.) Aufgrund eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest.

Mit Vollendung des 70. Lebensjahres hat jeder Priester einen Anspruch auf Eintritt in den Ruhestand. Nach Eintritt in den Ruhestand ist eine freiwillige Mithilfe in der Seelsorge jedoch erwünscht (vgl. Richtlinien der Diözese B, Schreiben der Diözese B vom ).

Sobald der Priester im Ruhestand diese freiwillige Zusage macht, erhält er ein Bestellungsdekret, in dem eine bestimmte Verpflichtung festgeschrieben ist, die er in weitere Folge nicht nach eigenem Belieben einmal erfüllen kann, ein anderes Mal nicht (Schreiben der Diözese B vom ). Der Priester wird somit mit diözesanem Auftrag tätig.

Der Bw wurde mit Bestellungsdekret mit Wirkung zum Aushilfspfarrer für das U und mit zum HN bestellt (vgl. Schreiben der Diözese B vom , Bestellungsdekret vom ).

Der Seelsorgeraum UZ und JU umfasst x Pfarrgemeinden mit einem Priester als Leiter und dem Bw als x-ten Priester.

Bezüglich des zeitlichen Ausmaßes dieser Tätigkeit, der Arbeitszeit und des Urlaubsanspruches ist keine Änderung gegenüber der Tätigkeit des Bw als "aktiver" Priester eingetreten. Die Tätigkeit als Seelsorger muss der Bw nach wie vor in vollem Umfang wahrnehmen. Dies bedeutet, dass der Bw Sonn- und Feiertagsgottesdienste abzuhalten hat. Gleiches gilt für Gottesdienste unter der Woche sowie für diverse liturgische Feiern im Laufe des Kirchenjahres und bei speziellen Anlässen. Zu den Aufgaben des Bw gehören weiters die Kontaktaufnahme mit Familien, die Durchführung von Krankenbesuchen, die Begleitung von Trauernden und das Abhalten von Begräbnisgottesdiensten. Darüber hinaus vertritt der Bw den zuständigen Pfarrer in vollem Umfang. Der Bw steht aber auch in seelsorglichen Belangen (Aushilfen) anderen Priestern und Pfarrgemeinden des Dekanats RU zur Verfügung (vgl. Schreiben der Diözese B vom ).

Lediglich in bestimmten Bereichen (keine Verantwortung für die finanziellen Belange, keine Leitung von kirchlichen Gremien) hat sich das Aufgabengebiet des Bw gegenüber dem "Aktivstand" geändert (vgl. Schreiben der Diözese B vom , Vorhaltsbeantwortung vom ).

Der Pensionsbezug eines Priesters unterscheidet sich auch der Höhe nach nicht wesentlich von einem Aktivbezug. Es gelangen weiterhin der Grundbezug und die Biennien ungekürzt zur Auszahlung. Lediglich die funktionsbezogenen Zulagen eines Priesters werden um 50 % gekürzt (vgl. Berechnung laut Punkt 5 b des Schriftsatzes der Diözese B vom ).

Ein Priester mit diözesanem Auftrag erhält zu seinem Pensionsbezug noch eine Zulage für diese Tätigkeit und eventuell eine Entfernungszulage (im Streitfall Mitprovision 002 €/Monat und eine Entfernungszulage 004 €/Monat, vgl. Punkt 6 des Schreibens der Diözese B vom ).

Mit der Priesterweihe entsteht ein Dienst- und Treueverhältnis eigener Prägung. Der Kleriker wird rechtlich auf lebenslange Verfügbarkeit für den Dienst der Kirche in Unterstellung unter die zuständige Autorität, der er Gehorsam schuldet, verpflichtet. Der Priester hat einen Anspruch auf eine seinen Fähigkeiten entsprechende Verwendung, auf angemessenen Urlaub, Unterhalt und Sozialvorsorge. Kirchenrechtlich ist der Bischof verpflichtet, für einen angemessenen Unterhalt seiner Kleriker zu sorgen. Der Priester erwirbt mit der Priesterweihe einen Anspruch darauf, dass er im Alter angemessen versorgt wird. Diese Verantwortung ist vom zuständigen Bischof wahrzunehmen (vgl. Punkt 4 des Schreibens der Diözese B vom ).

2.) Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Dazu zählen auch Pensionszusagen, wenn sie ganz oder teilweise anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder der Lohnerhöhungen, auf die jeweils ein Anspruch besteht, gewährt werden, ausgenommen eine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 sieht dies vor.

3.) Der Begriff des Dienstverhältnisses iS des § 47 Abs. 2 EStG 1988 ist ein eigenständiger Begriff des Steuerrechts; er deckt sich weder mit dem Arbeitsrecht noch mit Sozialversicherungsrecht.

Daher besteht keine formelle Anknüpfung etwa an die Sozialversicherungspflicht. Für ein steuerrechtliches Dienstverhältnis ist nicht maßgebend, ob auch ein Dienstverhältnis iS des bürgerlichen Rechts vorliegt; auch ohne übereinstimmende Willenserklärung oder bei unfreiwilligen Leistungen kann ein steuerliches Dienstverhältnis vorliegen, daher ist auch der Abschluss eines formellen Dienstvertrages nicht Voraussetzung für ein steuerrechtliches Dienstverhältnis. Auch die Rechtsfähigkeit, das Alter und die Geschäftsfähigkeit sind für den Arbeitnehmerbegriff ohne Bedeutung, ebenso ein gesetzliches Beschäftigungsverbot (Doralt, Einkommensteuergesetz, Band III, § 47 Rz 14 ff und die dort angeführte Judikatur).

4.) Ein Dienstverhältnis liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dazu muss der Arbeitnehmer "unter der Leitung des Arbeitgebers stehen oder im geschäftlichen Organismus eingegliedert und dessen Weisungen zu folgen verpflichtet" sein. Weisungsgebundenheit und organisatorische Eingliederung im Betrieb sind Kriterien nach der Legaldefinition (, , 95/13/0289).

Der Verwaltungsgerichtshof hat bei Beurteilung der Frage, ob bei einem im Ruhestand befindlichen Beamten ein bestehendes oder früheres Dienstverhältnis anzunehmen ist, die Ansicht vertreten, dass nicht von dienstrechtlichen Vorschriften, sondern vom Dienstverhältnisbegriff des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auszugehen ().

Die angeführten Grundsätze sind nach Meinung der Referentin auf den Berufungsfall übertragbar. Dies bedeutet, dass zur Lösung der Frage, ob die vom Pensionsfonds der Diözese B ausbezahlten Bezüge ungekürzt als "Aktivbezüge" (Kongrua) zu qualifizieren sind, auf den Inhalt der Tätigkeit und nicht etwa auf dienst- und kirchenrechtliche Vorschriften abzustellen ist.

5.) Dem Finanzamt wurde das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu Kenntnis gebracht. Darüber hinaus wurde der Abgabenbehörde erster Instanz mitgeteilt, dass aufgrund des geschilderten Sachverhaltes die gesamten Bezüge des Bw im Jahr 2006 als "Aktivbezüge" zu werten seien. Das Finanzamt hat sich mit der Tätigkeit des Bw inhaltlich nicht auseinandergesetzt, sondern eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen eingeholt (vgl. Stellungnahme des Finanzamtes vom ). Das Bundesministerium für Finanzen stützt seine Argumentation im Wesentlichen auf dienst- bzw. kirchenrechtliche Vorschriften.

6.) Zutreffend ist, dass in einer Richtlinie der Diözese B der Eintritt eines Priesters in den Ruhestand geregelt ist.

Zutreffend ist weiters, dass mit Vollendung des 70. Lebensjahres der Priester der Diözese einen Anspruch auf Eintritt in den Ruhestand hat.

Zutreffend ist ferner, dass die Bezüge des Bw nach dem als Pensionsbezüge abgerechnet worden sind.

Allein aus diesen Umständen kann nach Meinung der Referentin noch nicht geschlossen werden, dass der Bw vom Pensionsfonds der Diözese B nahezu ausschließlich Pensionsbezüge erhalten hat.

Unbestritten ist nämlich, dass die Tätigkeit des Bw gegenüber dem Zeitraum vor dem keine wesentlichen Änderungen (in Bezug auf das zeitliche Ausmaß der Tätigkeit, die Besoldung, den Urlaubsanspruch, den Umfang der übernommenen Verpflichtungen, der Zuweisung eines Arbeitsortes) erfahren hat.

Darüber hinaus wird vom Finanzamt nicht bestritten, dass der Bw der Diözese B nach wie vor seine Arbeitskraft schuldet. Auch wurde vom Finanzamt nicht dargelegt, aus welchen Gründen, der Bw ab nicht mehr in den geschäftlichen Organismus der Diözese B eingegliedert und damit nicht mehr der Autorität des Bischofs von B unterstellt sein soll, sowie weshalb er ab diesem Zeitpunkt keine Weisungen mehr zu befolgen habe.

7.) Das Dekret mit dem der Bw mit Rechtswirksamkeit vom zum Aushilfspfarrer für das U bestellt worden ist, weist nachstehenden Inhalt auf:

"Lieber Mitbruder,

im Sinn der mit dir geführten Gespräche bestelle ich dich kraftdieses Dekretes mit Rechtswirksamkeit vom zum

Aushilfspfarrer1 für das U .

Für die Bereitschaft, diese Aufgabe zu übernehmen, danke ich dir herzlich.

In mitbrüderlicher Verbundenheit

RB
(hhhB)"

Allein aus der informellen Formulierung des Bestellungsdekretes lässt sich nach Meinung der Referentin für den Rechtsstandpunkt des Finanzamtes nichts gewinnen. Gleiches gilt für Punkt 7 der Richtlinie der Diözese B für den Eintritt der Diözesepriester in den Ruhestand. Punkt 7 der angeführten Richtlinie lautet wie folgt:

"Nach Eintritt in den Ruhestand ist eine freiwillige Mithilfe in Teilbereichen der Seelsorge in Absprache zwischen den Betroffenen, Diözesanleitung und zuständigen Seelsorgern vor Ort erwünscht."

Im Schreiben der Diözese B vom wird dezidiert ausgeführt, dass der Bw zum Aushilfspfarrer1 diözesan bestellt wurde und diese Tätigkeit nicht freiwillig ausübt. Darüber hinaus wurden im Schreiben vom die Pflichten des Bw, die er als Aushilfspfarrer2 wahrzunehmen hat, eingehend dargelegt (vgl. auch Punkt 1 dieser Berufungsentscheidung).

Im Schreiben der Diözese B vom wird noch dazu Folgendes festgehalten:

"Sobald ein Priester im Ruhestand diese freiwillige Zusage gemacht hat, erhält er ein Bestellungsdekret in dem eine bestimmte Verpflichtung festgeschrieben ist, die er in der Folge nicht nach eigenem Belieben einmal erfüllen kann, ein anderes Mal nicht. Es handelt sichdann nicht mehr um eine gelegentliche, freiwillige Aushilfe, die er frei gestalten kann".

Diesen Ausführungen vom MTH (Personalservice der Diözese B) hält das Finanzamt nichts Stichhältiges entgegen. Gegenteilige Sachverhaltsfeststellungen wurden von der Abgabenbehörde erster Instanz nicht getroffen.

Allein der Umstand, dass sich ein Priester nach Vollendung seines 70. Lebensjahres bereit erklärt, seine bisherige Tätigkeit in nahezu unveränderten Form weiterhin auszuüben, kann nach Ansicht der Referentin nicht dazuführen, dass nur ein verschwindet geringer Teil seiner als "Pensionsbezüge" abgerechneten Bezüge als Aktivbezüge zu werten sind.

8.) Insoweit das Finanzamt die Ansicht vertritt, aus dem Schreiben vom gehe eindeutig hervor, dass nur ein Betrag von 4444 € als Entschädigung für Vertretertätigkeit anzusetzen sei, der Restbetrag einen Pensionsbezug darstelle, ist zu erwidern, dass dieses Schreiben in Beantwortung eines Vorhaltes des Finanzamtes (Vorhalt vom ) ergangen ist. Das Finanzamt hat im Streitfall lediglich eine kurze Anfrage an die Diözese B gerichtet und sodann eine Berufungsvorentscheidung erlassen. Weitere Sachverhaltsfeststellungen wurden vom Finanzamt nicht getroffen, obwohl im Vorlageantrag vom substantiierte Einwendungen erhoben worden sind.

Im Vorlageantrag vom wurde ausgeführt, dass nicht nachvollziehbar sei, wieso Bezugsteile wie Zulagen für KV, Sachbezug Wohnung, UZR. + ant. ZU/WR ausschließlich den Pensionsbezügen zugerechnet würden. Es handle sich hiebei unzweifelhaft um Bezugsteile, die deshalb gewährt würden, weil der Bw im maximal zumutbaren Ausmaß (nahe der Vollzeit im Aktivdienst) noch im Kirchendienst integriert sei.

Dieses Vorbringen wurde von der Diözese B als richtig bestätigt. Über Vorhalt der Referentin wurde im Schreiben der Diözese B vom ausgeführt, dass der Bw nach wie vor in vollem Umfang (40 Stunden/Woche) tätig sei. In diesem Sinne sei die Behauptung des steuerlichen Vertreters zutreffend, dass sämtliche Bezugsteile wie eine Kongrua-Ergänzung zu werten seien.

Auch im Schriftsatz der Diözese B vom wird diese Rechtsansicht zum Ausdruck gebracht (vgl. Punkt 7 a und b des Schreibens vom ).

Aufgrund des geschilderten Verfahrensablaufs kann nach Meinung der Referentin dem Schreiben der Diözese B vom keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden.

9.) Soweit in der Stellungnahme vom auf eine Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenat, Außenstelle Wien () verwiesen wird, ist festzuhalten, dass diese keine Bindungswirkung entfaltet.

10.) Unzutreffend ist nach Meinung der Referentin, dass sich aus der Rechtlinie der Diözese B für den Eintritt der Diözesepriester in den Ruhestand ergebe, dass der Bezug des pensionierten Priesters nicht als Gegenleistung für eine konkrete Tätigkeit ausbezahlt werde (vgl. Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom , Seite 2 Absatz 2).

In der Richtlinie werden lediglich die Möglichkeiten, die einem katholischen Priesters ab dem 60. Lebensjahr (also auf den Weg in den Ruhestand) offen stehen, aufgezeigt (vgl. die angeführte Richtlinie der Diözese B).

Zutreffend ist, dass der Bischof nach Eintritt eines Priesters in den Ruhestand für einen angemessenen Unterhalt zu sorgen hat. Ein katholischer Priester hat aber auch während seiner aktiven Zeit keinen Anspruch auf ein Gehalt, sondern lediglich einen Anrecht auf eine seinen Fähigkeiten entsprechende Verwendung, auf einen angemessenen Urlaub, auf Unterhalt und Sozialvorsorge. Diese kirchenrechtliche Verpflichtung trifft für Priester im "Aktivstand" ebenfalls den Bischof (vgl. Schreiben der Diözese Innsbruck vom , Punkt 4).

Aus der Verpflichtung des Bischofs nach Eintritt in den Ruhestand für einen angemessenen Unterhalt der Kleriker zu sorgen, kann somit für die Lösung der streitgegenständlichen Frage nichts gewonnen werden.

11.) In der Berufungsvorentscheidung vom wird vom Finanzamt im Ergebnis zum Ausdruck gebracht, der Bw sei nach Vollendung seines 70. Lebensjahres lediglich seiner "Berufung" als Priester nachgekommen.

Diese Ansicht des Finanzamtes ist nach Meinung der Referentin nicht zutreffend. Offenkundig ist nämlich, dass die katholische Kirche an einem Priestermangel leidet. Der Priestermangel in der katholischen Kirche führt dazu, dass es immer mehr Pfarren ohne eigenen Pfarrer gibt - stattdessen kümmern sich viele Seelsorger um mehrere Pfarren. Der Nachwuchsmangel in der katholischen Kirche hat weiters zur Folge, dass Priester, sofern sie gesundheitlich dazu in der Lage sind, noch im hohen Alter seelsorgerische Tätigkeiten verrichten müssen.

Ein Weiterarbeiten eines Priesters nach Vollendung seines 70. Lebensjahres erfolgt somit keineswegs infolge einer " besonderen Berufung", sondern aufgrund einer schlichten Notwendigkeit. Andernfalls wären nämlich der Kirchenbetrieb und die seelsorgerische Betreuung der Gläubigen nicht mehr aufrecht zu halten.

12.) Mit Vorhalt des Referentin vom wurde das Finanzamt ersucht mitzuteilen, ob die geltend gemachten Werbungskosten der Höhe nach außer Streit gestellt würden. Verneinendenfalls wurde das Finanzamt gebeten, binnen einer Frist von vier Wochen die entsprechenden Ermittlungen zu tätigen. Das Ermittlungsverfahren des Finanzamtes hat sich im Wesentlichen auf das Anfordern von Belegen und das Aufstellen von Vermutungen beschränkt.

Nachstehende Positionen wurden vom Finanzamt außer Streit gestellt:

Fachliteratur 2/3: Betrag1,
Messbekleidung: Betrag2
Fortbildung, Seminare: Betrag3.

Hinsichtlich des Bürobedarfs (Betrag4) wurde die Ansicht vertreten, dass ein entsprechender Privatanteil (z.B: 20 %) auszuscheiden sei, weil der Bw auch ehrenamtlicher XA der Kleriker sei. Dieser Ansicht vermag sich die Referentin nicht anzuschließen. Das Finanzamt hat nämlich keine Feststellungen zur Art und zum Ausmaß der ehrenamtlichen Tätigkeit des Bw getroffen. Ebenso wenig festgestellt, ob der Bw überhaupt Büroartikel für seine ehrenamtliche Tätigkeit verwendet hat. Gleiches gilt für die geltend gemachten Telefonkosten.

Bezüglich der geltend gemachten Telefonkosten (pauschal Betrag6) wurde vom Finanzamt die Meinung vertreten, dass der Privatanteil von Betrag7 zu niedrig erscheine, da auch Telefongespräche in die K und nach L geführt worden sei. Eine Erhöhung des Privatanteiles hätte jedoch nur aufgrund von Sachverhaltfeststellungen erfolgen können. Diese sind im Streitfall jedoch unterblieben.

Was die geltend gemachten Kilometergelder und Diäten anbelangt, hat sich das Finanzamt ebenfalls auf das Aufstellen von Vermutungen beschränkt. Wörtlich wurde in der Stellungnahme vom hiezu ausgeführt:

"Nach ho. Ansicht liegen hier Fahrten zwischen Wohnung (RU) und Arbeitsstätte (UW, UE, UQ) und keine Reisen vor. Es stehen daher keine Kilometergelder, sondern maximal das (große) Pendlerpauschale zu.
...
Da, wie unter Pkt. h) ausgeführt, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitstätte vorliegen, können auch keine Reisediäten als Werbungskosten anerkannt werden."

Diese Schlussfolgerungen des Finanzamtes stützen sich nicht auf Tatsachenfeststellungen. Das Finanzamt war offensichtlich nicht bereit, das gebotene (umfangreiche) Ermittlungsverfahren durchzuführen. Ein Aufstellen von Schlussfolgerungen reicht jedoch nicht aus, um den geltend gemachten Fahrtkosten und Diäten die steuerliche Anerkennung als Werbungskosten zu versagen.

Was die geltend gemachten Aufwendungen für eine Haushälterin anbelangt, enthält die Stellungnahme des Finanzamtes folgende Anmerkung:

"Laut tel. Auskunft des Steuerberaters wurden (angeblich im Einvernehmen mit dem FA UH) nur die Sachbezugswerte als Werbungskosten angesetzt. An die Haushälterin wurde kein Lohn ausbezahlt. Herrn MP sind damit keine Kosten entstanden. Der Ansatz von Sachbezugswerten als Werbungskosten ist nach ho. Ansicht nicht zulässig."

Diese Schlussfolgerung gründet sich ebenfalls nicht auf Tatsachenfeststellungen. Zutreffend mag sein, dass der Bw an die Haushälterin keine Lohnzahlungen geleistet hat. Ob und in welchem Ausmaß die Haushälterin dem Bw bei Ausübung seiner Tätigkeit als Aushilfspriester1 behilflich war und welche Kosten dem Bw hiefür tatsächlich erwachsen sind, wurde vom Finanzamt nicht erhoben. Derartige Erhebungen hätte das Finanzamt aber auch nach Meinung des Bundesministeriums für Finanzen tätigen müssen (vgl. Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom ).

Bezüglich der Zuwendungen an Ministranten, kirchliche Helfer etc (Betrag8) wurde vom Finanzamt unter Hinweis auf eine Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , RV/2185-W/06, die Ansicht vertreten, es handle sich um Aufwendungen, die vom Abzugsverbot des § 20 EStG 1988 umfasst seien.

Der angeführten Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein katholischer Priester hat Mitarbeiter der pfarrlichen Arbeit zum Teil in Gasthäusern und zum Teil im Pfarrhof bewirtet. Zur Bewirtung wurde nachstehendes Vorbringen erstattet: Der Bw habe die Gepflogenheit, Mitarbeiter ein- bis zweimal im Jahr zu einem besonderen Essen einzuladen. In kleinen Gruppen, damit bei Tisch, sei ein persönliches Gespräch möglich. So würde ein Bereich der besonderen Zuwendung geschaffen. Bei Aussprachen könnten die Mitarbeiter des Bw ihre Sorgen loswerden könnten. Diese Essen seien deshalb so werbewirksam, weil die Mitarbeiter spürten, wie wichtig sie in ihrer Arbeit für die Menschen der Pfarre seien.

Im Streitfall wurden aber auch hinsichtlich der unter dem Titel "Zuwendungen Ministranten, kirchliche Helfer etc" geltend gemachten Werbungskosten keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Es kann daher nicht davon beurteilt werden, ob ein mit der zitierten Entscheidung vergleichbarer Sachverhalt vorliegt.

Nachdem das Finanzamt keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen hat, ist das Vorbringen im Schriftsatz vom nicht geeignet einzelnen Ausgabenpositionen die Abzugsfähigkeit zu versagen.

Die Werbungskosten wurden daher erklärungsgemäß mit 1111 berücksichtigt, zumal glaubhaft ist, dass diese im Zusammenhang mit der aktiven Tätigkeit des Bw als Aushilfspfarrer2 stehen. Die Einkünfte, die dem Bw vom Pensionsfonds der Diözese B ausbezahlt worden sind, waren ungeachtet der Abrechnung und Bezeichnung als "Pensionsbezüge" zur Gänze als Bezüge im Sinne des § 29 EStG 1998 (Kongrua) zu werten.

Der Berufung war somit Folge zu geben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Anmerkung
abweichend (bei ähnlichem Sachverhalt)
Zitiert/besprochen in
ARD 6141/10/2011
Stöger-Frank in UFSjournal 2011, 247

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at