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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 22.03.2012, RV/0082-I/07

Betriebsaufgabe: Kein Hälftesteuersatz gemäß § 37 Abs 5 EStG 1988 (außerordentliche Einkünfte) bei bloß unentgeltlicher Übergabe der Betriebsliegenschaft

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0082-I/07-RS1
Die Begünstigung nach § 37 Abs 5 EStG knüpft am Veräußerungsgewinn des § 24 EStG an. Ist ein Veräußerungsgewinn wie hier mangels Betriebsaufgabe nicht gegeben, kommt die Anwendung des § 37 Abs. 5 EStG nicht in Betracht.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch Stb, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend Feststellung von Einkünften 2001 gemäß § 188 BAO 2001 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Eheleute WV. und WM waren Eigentümer der Liegenschaft in S-Straße in K. Mit übertrug WV. den auf dieser Liegenschaft von ihm geführten Betrieb (Dachdecker und Spenglerei) an seinen Sohn. Die Liegenschaft wurde zurückbehalten und verblieb im Eigentum der Eltern. Um dem Sohn die Nutzung der Betriebsliegenschaft und damit die Fortführung des Betriebes zu ermöglichen, beteiligten sich die Eheleute als stille Gesellschafter am Unternehmen ihres Sohnes ("Vertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft" vom ) und leisteten ihre Einlage laut Pkt II des Vertrages, indem sie der Gesellschaft das Nutzungsrecht "an den schon vor Beginn dieses Vertragsverhältnisses betrieblich genutzten Räumlichkeiten und Freiflächen des Gebäudes K, S-Straße und am Gst 325/2 in EZNr.GB-K" einräumten. Lt. Punkt VII des Vertrages hat die Gesellschaft am begonnen und wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Mit "Beendigungsvereinbarung einer atypischen stillen Gesellschaft" (von den Gesellschaftern unterfertigt am ) erklärten die Vertragsparteien (Gesellschafter) die atypisch stille Gesellschaft mit Wirkung zum für beendet. Die Vereinbarung lautet auszugsweise:

"Beendigungsvereinbarung einer atypischen stillen Gesellschaft

I. Zwischen den Vertragsparteien wurde mit Datum ein atypisch stiller Gesellschaftsvertrag abgeschlossen, mit dem sich WV., geb. ... und WM , geb. ... als stille Gesellschafter am Unternehmen des WMjun. beteiligt haben.

II. WV. und WM - im folgenden kurz als stille Gesellschafter bezeichnet - haben in das Vermögen des WMjun . - im folgenden kurz Geschäftsherr genannt - eine Einlage in der Form der Einräumung des Nutzungsrechtes an den schon vor Beginn dieses Vertragsverhältnisses betrieblich genutzten Räumlichkeiten und Freiflächen des Gebäudes K, S-Straße und am Grundstück 325/2 der Liegenschaft in EZNr.GB-K geleistet.

III. Mit dieser Vereinbarung wird nunmehr einvernehmlich diese zwischen den Vertragsparteien am abgeschlossene atypische stille Gesellschaft rückwirkend zum für beendet erklärt.

Die Beteiligung der stillen Gesellschafter ist daher mit dem oben erwähnten Stichtag abzurechnen. Die stillen Gesellschafter verzichten ausdrücklich auf ein ihnen allenfalls zustehendes Auseinandersetzungsguthaben.

Mit ist auch das unter Pkt. II bezeichnete Nutzungsrecht an den Räumlichkeiten und Freiflächen des Gebäudes K, S-Straße und am Gst 325/2 der Liegenschaft in EZNr.GB-K wieder an die stillen Gesellschafter zurückgestellt. ..."

Im vorläufig ergangenen Feststellungsbescheid 2001 (ausgefertigt am ) wurde der mit 1.931.823,78 Schilling (140.391,13 €) erklärte Entnahmegewinn als "Veräußerungs- und Aufgabegewinn" dem Hälftesteuersatz gem. § 37 Abs. 5 EStG 1988 unterworfen. Im Anschluss an eine abgabenbehördliche Prüfung erging am ein endgültiger Feststellungsbescheid 2001. Den Prüfungsfeststellungen entsprechend wurde der Entnahmewert auf 2.031.861,16 Schilling (147.661 €) geändert und als laufender Gewinn aus Gewerbebetrieb besteuert. Dies mit der Begründung, dass "das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Mitunternehmerschaft nur bei Entgeltlichkeit einen Veräußerungstatbestand" darstelle. Laut Auflösungsvereinbarung hätten die Eltern aber auf ein ihnen zustehendes Auseinandersetzungsguthaben ausdrücklich verzichtet und seien deren Mitunternehmeranteile unentgeltlich auf den Sohn übergegangen (Bericht vom , AbNr. 122070/05, Tz 1).

Die fristgerecht eingebrachte Berufung richtet sich gegen "die Nichtgewährung des beantragten Hälftesteuersatzes". Beim vorliegenden Entnahmegewinn handle es sich um außerordentliche Einkünfte iSd § 37 (5) EStG, da eine den Veräußerungsgeschäften gleichgestellte Betriebsaufgabe vorgelegen habe. Das aufgegebene Sonderbetriebsvermögen sei im konkreten Fall gleichzusetzen mit dem aufgegebenen Betrieb. Da auch die übrigen Voraussetzungen, nämlich die Vollendung des 60. Lebensjahres und die Einstellung der Erwerbstätigkeit zu diesem Zeitpunkt gegeben seien, stehe die Begünstigung des § 37 (5) EStG zu.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung vom wurde begründend ausgeführt, dass die Entnahme von Sonderbetriebsvermögen in das Privatvermögen ohne gleichzeitige Veräußerung des Mitunternehmeranteiles nur dann eine Betriebsaufgabe darstelle, wenn dem Sonderbetriebsvermögen (Teil)Betriebseigenschaft zukomme. Dass der Liegenschaft ohne Betriebseinrichtung keine Betriebseigenschaft zukomme, werde "wohl unbestritten sein". Darüber hinaus seien seit Gründung () bis zur Auflösung der Gesellschaft keine sieben Jahre vergangen.

Der Berufungswerber beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1988, zweiter Teilstrich ermäßigt sich der Steuersatz für außerordentliche Einkünfte (Abs. 5) auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.

Gemäß § 37 Abs. 5 leg.cit sind außerordentliche Einkünfte Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn der Betrieb deswegen veräußert oder aufgegeben wird, weil der Steuerpflichtige - gestorben ist, - erwerbsunfähig ist oder - das 60. Lebensjahr vollendet hat und seine Erwerbstätigkeit einstellt.

Veräußerungsgewinne sind Gewinne, die u.a. erzielt werden bei der Aufgabe des Betriebes (§ 24 Abs. 1 Z 2 EStG). § 24 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 definiert den Begriff der Betriebsaufgabe nicht. Nach einhelliger Auffassung liegt eine Betriebsaufgabe vor, wenn sich der bisherige Betriebsinhaber im Rahmen eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorganges mit der Aufgabe der betrieblichen Tätigkeit in einem Zuge der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens begibt oder sie in sein Privatvermögen überführt. Durch die Aufgabe des Betriebes muss der Betrieb als lebender selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu bestehen aufgehört haben. Es kommt zur Zerschlagung einer betrieblichen Einheit in der Form, dass der Betrieb als solcher zu bestehen aufhört ( mwH; vgl. auch Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 24 Tz 28).

Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass die Liegenschaft mit Beendigung der Stillen Gesellschaft in das Privatvermögen der bisherigen Hälfteeigentümer überführt wurde und ein Entnahmegewinn zu versteuern ist. Auch der im Zuge der Betriebsprüfung mit 2.031.861,16 Schilling (147.661 €) ermittelte Entnahmegewinn wird nicht bestritten. Unterschiedlicher Auffassung sind die Parteien über die Rechtsfolgen der Entnahme der Betriebsliegenschaft ins Privatvermögen. Der Berufungswerber begründet seine Ansicht, auf den Entnahmegewinn sei der Hälftesteuersatz gem. § 37 Abs. 5 EStG 1988 anzuwenden, damit, dass "eine - den Veräußerungsgeschäften gleichgestellte - Betriebsaufgabe" vorgelegen habe. Das aufgegebene Sonderbetriebsvermögen sei gleichzusetzen mit dem aufgegebenen Betrieb.

Im gegenständlichen Fall ist weder eine (Teil)-Betriebsveräußerung noch eine (Teil)-Betriebsaufgabe, sondern eine unentgeltliche Übergabe der Betriebsliegenschaft an den Sohn erfolgt. Nach Entnahme der Liegenschaft ins Privatvermögen haben die Eltern die Liegenschaft im Schenkungswege an den Sohn übertragen (laut Grundbuch mit Schenkungsvertrag vom ). Der Sohn hat den Betrieb ohne Unterbrechung am bisherigen Standort mit den bisherigen Betriebsgrundlagen unverändert weitergeführt und mit "Erklärung über die Errichtung einer Gesellschaft mit Beschränkter Haftung und Sacheinlagevertrag" vom in eine neu gegründete GmbH "auf Grund des Art III UmgrStG unter Inanspruchnahme aller Begünstigungen dieses Gesetzes" eingebracht (Pkt "V. Sacheinlage" des Vertrages). Die beantragte Steuerbegünstigung nach § 37 Abs. 5 EStG 1988 knüpft aber am Veräußerungsgewinn im Sinne des § 24 EStG 1988 an. Ist ein Veräußerungsgewinn, wie hier mangels Betriebsaufgabe, nicht gegeben, scheidet eine Anwendung des § 37 Abs. 5 EStG 1988 jedenfalls aus. Das Finanzamt hat daher auf den für die Entnahme angesetzten Betrag zu Recht nicht den Hälftesteuersatz gemäß § 37 EStG 1988 angewendet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at