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OGH vom 31.01.2013, 1Ob53/12v

OGH vom 31.01.2013, 1Ob53/12v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Grohmann, Dr. Brenn, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** K*****, vertreten durch Prunbauer Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei S*****gesellschaftmbH, *****, vertreten durch Mag. Johannes Sykora, Rechtsanwalt in Tulln und die Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei 1. F***** gemeinnützige Bau und Siedlungsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Walter Lichal, Rechtsanwalt in Wien, und 2. I***** AG, *****, vertreten durch Neudorfer Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 28.003,95 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 40 R 325/11g 31, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Favoriten vom , GZ 5 C 695/10s 25, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, binnen 14 Tagen der beklagten Partei sowie der Erstnebenintervenientin die mit je 1.610,64 EUR (darin enthalten 268,44 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war Mieter einer im Eigentum der beklagten GmbH stehenden Wohnung. Der Mietvertrag vom hielt fest, dass der Mieter einen Baukostenbeitrag und einen anteiligen Grundkostenbeitrag zu leisten habe und dieser Finanzierungsbeitrag bei Auflösung des Mietvertrags nach § 69 WWFSG 1989 zurückzuzahlen sei. Über das Vermögen der beklagten Vermieterin wurde am der Konkurs eröffnet, der mit rechtskräftiger Bestätigung des Zwangsausgleichs am aufgehoben wurde. Während des Insolvenzverfahrens erklärte der Kläger die Kündigung des Mietverhältnisses zum . Die vom Kläger vor Eröffnung des Konkursverfahrens geleisteten Finanzierungsbeiträge wurden (bei Berücksichtigung einer jährlichen Abschreibung von 1 %) im Ausmaß der Zwangsausgleichsquote von 20 % zurückerstattet. Die Wohnung wurde neu vermietet. Die Nachmieter zahlten ihrerseits Finanzierungsbeiträge an die Vermieterin.

Der Kläger begehrt die (nicht durch die Zwangsausgleichsquote gedeckten) restlichen 80 % der ihm nach Auflösung des Bestandverhältnisses zu refundierenden Finanzierungsbeiträge. Zunächst stützte er seinen Anspruch ausschließlich auf eine unrichtige Auskunft der vom Masseverwalter beauftragten Hausverwaltung, nach der dem Kläger im Fall der Aufkündigung des Mietverhältnisses der gesamte abgezinste Finanzierungsbeitrag zurückerstattet werde. Im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Information habe er die Kündigung ausgesprochen. Eine (allenfalls) rechtlich verfehlte Auskunft der Hausverwaltung sei nach § 1313a ABGB dem Masseverwalter und letztlich der beklagten Partei zuzurechnen. Damit machte er inhaltlich nur einen Schadenersatzanspruch geltend, den er im Revisionsverfahren aber nicht mehr aufrecht erhält. In seinem ergänzenden erstinstanzlichen Vorbringen verwies er auf eine Bereicherung der beklagten Partei, die von den Nachmietern den vollen Finanzierungsbeitrag erhalten, dem Kläger dessen Finanzierungsbeiträge aber nur entsprechend der Zwangsausgleichsquote refundiert habe.

Die beklagte Partei erachtete den Rückforderungsanspruch als bereits berichtigte Konkursforderung.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es teilte die Ansicht des Klägers zur schadenersatzrechtlichen Haftung der beklagten Partei für eine unrichtig erteilte Auskunft.

Das von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und ließ nachträglich die ordentliche Revision zu. Nach den Feststellungen sei eine ungekürzte Rückzahlung der Finanzierungsbeiträge nicht für den Fall des Zwangsausgleichs zugesichert worden. Der rückforderbare Finanzierungsbeitrag sei als bedingte Konkursforderung iSd §§ 16 und 51 KO anzusehen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.

Die hier relevanten insolvenzrechtlichen Bestimmungen sind in ihrer Fassung vor dem Insolvenzrechtsänderungsgesetzes (IRÄG) 2010, BGBl I 2010/29 anzuwenden, weil das Konkursverfahren vor dem eröffnet wurde (§ 273 Abs 1 IRÄG 2010).

Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass Ansprüche des Mieters auf Rückzahlung der an den Vermieter geleisteten Finanzierungsbeiträge, die sich (wie hier unstrittig ist) auf die Festsetzung des Mietzinses betragsmindernd auswirken und deshalb als Mietzinsvorauszahlungen angesehen werden (RIS-Justiz RS0020422; vgl 5 Ob 98/04d = RS0119018) keine Masseforderungen, sondern bedingte Konkursforderungen iSd §§ 16 und 51 KO sind (8 Ob 166/06d = SZ 2007/137 = ZIK 2007/325, 202 [ Roehlich aaO 187] = wobl 2008/41, 114 [ Engelhart ]; 8 Ob 74/09d = wobl 2010/102, 219).

Der Kläger bekämpft diese bereits vom Berufungsgericht zitierte Judikatur in der Revision nicht, vermisst aber eine ausdrückliche Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs zu Bereicherungsansprüchen sowie Aussonderungsansprüchen des Mieters, wenn (wie in diesem Fall) die in Insolvenz verfallene Vermieterin von Nachmietern Finanzierungsbeiträge erhalten hat.

Den Feststellungen der Vorinstanzen und den Revisionsausführungen sind zwar die Zeitpunkte, zu denen der Mietvertrag mit den Nachmietern geschlossen wurde und diese die Finanzierungsbeiträge an die Vermieterin geleistet haben (vor oder nach rechtskräftiger Beendigung des Konkursverfahrens), nicht zu entnehmen. Dies hat aber auf die Beurteilung des behaupteten Bereicherungs und „damit einhergehenden“ Aussonderungsanspruchs keinen Einfluss:

Ansprüche aus einer grundlosen Bereicherung der Masse sind Masseforderungen (§ 46 Abs 1 Z 6 KO). Die Judikatur (RIS Justiz RS0065108) nimmt eine Bereicherung im Sinn der zitierten Bestimmung an, wenn nach der Konkurseröffnung irgendein fremdes Vermögensobjekt rechtsgrundlos in die Konkursmasse gelangt und ein Bereicherungstatbestand des ABGB verwirklicht ist.

Waren die Nachmieter aufgrund ihres Vertragsverhältnisses zur Vermieterin zur Leistung der Finanzierungsbeiträge verpflichtet (Gegenteiliges behauptet der Revisionswerber nicht), muss nicht weiter erörtert werden, dass keine rechtsgrundlose Vermögensverschiebung im Verhältnis zwischen Vermieterin (während des aufrechten Insolvenzverfahrens: der Masse) und leistenden Nachmietern erfolgte. Nach den Bestimmungen des von ihm abgeschlossenen Mietvertrags steht dem Kläger gegen die Vermieterin ein vertraglicher Anspruch auf Rückerstattung der „abgezinsten“ Finanzierungsbeiträge zu. Dass ein derartiger vertraglicher Rückforderungsanspruch als Grundlage der Konkursforderung keinen Raum für einen bereicherungsrechtlichen Tatbestand lässt, hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 8 Ob 166/06d (zust Engelhart aaO) bereits dargelegt. Welcher nach dem ABGB zu beurteilende bereicherungsrechtliche Tatbestand dem Kläger im Verhältnis zur beklagten Partei als seiner (ehemaligen) Vermieterin zu Gute kommen sollte, lässt er in seiner Revision auch völlig offen. Die Kürzung seines vertraglichen Anspruchs auf Rückzahlung geleisteter Finanzierungsbeiträge ist durch das Ergebnis des Insolvenzverfahrens (Zwangsausgleichsquote) bedingt.

Voraussetzung für einen Aussonderungsanspruch nach § 44 KO ist, dass sich in der Konkursmasse eine „Sache“ befindet, die dem Schuldner nicht (oder teilweise nicht) gehört und deshalb nicht zur Sollmasse zählt. Der Aussonderungsanspruch kann sich auf Sachen und Rechte im weiteren Sinn beziehen und ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu beurteilen (8 Ob 131/07h mwN = RIS Justiz RS0123755; vgl 8 Ob 593/86 = SZ 59/228 = RIS Justiz RS0009743). Woraus der Revisionswerber einen solchen Anspruch ableiten will, wird in der Revision in keiner Weise dargelegt.

Auf die Anspruchsgrundlage Schadenersatz nimmt der Kläger in seiner Revision nicht mehr Bezug, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist (vgl RIS Justiz RS0043605 [T2]).

Der Kläger meint zuletzt noch, ihm stehe eine Masseforderung zu, weil zwar der Mietvertrag schon am unterzeichnet wurde, aber das Mietverhältnis erst mit Übergabe des Mietobjekts am , also nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der beklagten Vermieterin begonnen habe. Forderungen aus einem nach der Konkurseröffnung rechtswirksam gewordenen Mietverhältnis müssten jedenfalls Masseforderungen sein. Auf den Beginn des Mietverhältnisses erst nach Konkurseröffnung hat er sich aber in seinem Vorbringen erster Instanz nie berufen. Erstmals in seiner Berufung befasst er sich mit dieser Frage. Seine Ausführungen sind also unzulässige Neuerungen (§ 482 Abs 2, § 504 Abs 2 ZPO).

Der Vollständigkeit halber ist aber anzumerken, dass auch die vom Kläger in der Revision gewünschten ergänzenden Feststellungen zu keinem anderen Ergebnis führten.

Der Mietvertrag ist als Konsensualvertrag grundsätzlich bereits mit Einigung der Parteien zustandegekommen (RIS Justiz RS0020342; RS0020394). Seine Unterzeichnung bereits am , also vor Eröffnung des Konkursverfahrens gesteht der Revisionswerber selbst zu. Zu diesem Zeitpunkt wurde die vertragliche Verpflichtung der Vermieterin begründet, die vom Mieter geleisteten Finanzierungsbeiträge im Fall der Auflösung des Mietvertrags („abgezinst“) zurückzuzahlen. Eine nach Eröffnung des Konkurses erfolgte Übergabe des Bestandobjekts könnte für das (hier aber nicht zu beurteilende) Recht des Masseverwalters, vom Bestandvertrag nach § 21 Abs 1 KO zurückzutreten (vgl zum Verhältnis der insolvenzrechtlichen Sonderregelungen der §§ 23 und 24 KO zu § 21 KO Widhalm - Budak in Konecny / Schubert , Insolvenzgesetze, § 21 KO Rz 48 mwN; vgl zu § 23 KO 2 Ob 228/01w mwN = SZ 74/190) eine Rolle spielen. Sie ändert aber nichts daran, dass die vor Eröffnung des Konkurses begründeten Forderungen des Klägers auf Rückzahlung der vor Konkurseröffnung geleisteten Finanzierungsbeiträge Konkursforderungen sind, wie der Oberste Gerichtshof schon in der mehrfach zitierten Entscheidung 8 Ob 166/06d klargestellt hat.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO.