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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 21.03.2012, RV/0608-W/12

Dienstgeberbeitrag für die wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2012/13/0052 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, in W, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) für die Jahre 2007 bis 2009 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Bw ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und wurde 1998 gegründet. An der Gesellschaft beteiligt waren im Streitzeitraum Herr Gesellschafter1 und Herr Gesellschafter2 zu jeweils 49,9 Prozent und Herr Minderheitsgesellschafter zu 0,2 Prozent. Die Geschäftsführung der Gesellschaft besorgten jeweils selbständig seit Gründung der Gesellschaft Herr Gesellschafter1 und Herr Gesellschafter2.

Im Zuge einer Lohnsteuerprüfung wurde festgestellt, dass die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer neben ihren ausgewiesenen Geschäftsführerbezügen weitere Einkünfte aus den Tätigkeiten im operativen Bereich der Gesellschaft erzielt hatten, welche als Einzelunternehmer der Gesellschaft in Rechnung gestellt wurden. Diese Einnahmen aus dem operativen Bereich waren nicht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag einbezogen worden. Die entsprechenden Dienstgeberbeiträge wurden mit Bescheiden festgesetzt.

Gegen diese Bescheide wurde Berufung erhoben. Die Bw führte darin aus, dass die in den Honorarnoten für steuerberaterische Leistungen ausgewiesenen Einnahmen keine Tätigkeiten im Sinne der Z 2 des § 22 EStG darstellten. Die steuerberatende Tätigkeit in den verfahrensrelevanten Honorarnoten sei ausschließlich für Klienten der Bw erfolgt. Beide Geschäftsführer seien auch als selbständige Steuerberater tätig. Die Bw habe auch andere freiberufliche Mitarbeiter, konkret selbständige Buchhalter, mit gleichem Aufgabengebiet beauftragt. Unstrittig sei, dass diese Honorarzahlungen der Bw nicht den strittigen Lohnnebenkosten unterlägen. Zwischen den Leistungen der freiberuflichen Mitarbeiter und den beiden beauftragten Steuerberatern sei kein Unterschied.

Die Finanzverwaltung bringe in den Lohnsteuerrichtlinien unter der Rz 5275 zum Ausdruck, dass bspw. wirtschaftstreuhänderische Leistungen eines beteiligten Steuerberaters nicht Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit gemäß § 22 Z 2 EStG 1988 darstellten, sondern solche aus selbständiger Arbeit gemäß § 22 Z 1 EStG 1988. Bei den beiden wesentlich beteiligten Personen liege kein einziges Merkmal eines Dienstverhältnisses vor. Die Rechtsprechung zu dem betreffenden Gesetzestext widerspreche dem eindeutigen Beschluss des Gesetzgebers. Es könne nicht sein, dass durch höchstgerichtliche Rechtsprechung Steuertatbestände geschaffen würden, die gesetzlich nicht gedeckt seien.

Gemäß Art. 7 B-VG müsse der Gesetzgeber Gleiches gleich behandeln. Zwischen der Leistungserbringung der selbständigen Buchhalter und den beiden Steuerberater-Gesellschafter bestünde kein Unterschied. Die Bw ersuche daher um Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes.

Auch im Abgabenrecht sei der Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten. Die in den Einkommensteuerrichtlinien abgegebene Rechtsansicht, dass wirtschaftstreuhänderische Leistungen unter § 22 Z 1 EStG 1988 fielen, sei eine richtige Rechtsauskunft. Diese Auskunft wurde von der zuständigen Abgabenbehörde erteilt und ist nicht offensichtlich unrichtig. Die Unrichtigkeit der Auskunft sei für die Partei nicht erkennbar gewesen. Im Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Auskunft seien Dispositionen getroffen worden. Im Falle der unrichtigen Rechtsanwendung und der Besteuerung der Beraterleistungen entstünde für die Bw nun ein Vertrauensschaden. Es werde daher die ersatzlose Aufhebung der bekämpften Bescheide beantragt.

Das Finanzamt legte die Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Unabhängige Finanzsenat ist bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt ausgegangen:

Herr Gesellschafter1 und Herr Gesellschafter2 waren an der Bw im Streitzeitraum zu jeweils 49,9 Prozent beteiligt. Sie nahmen die Aufgaben der Geschäftsführung seit der Gründung der Gesellschaft im Jahr 1998 selbständig wahr.


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Die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer erhielten im Streitzeitraum neben der Geschäftsführungsvergütung folgende Vergütungen für ihre Tätigkeit im operativen Bereich der Bw:

Vergütungen
2007
2008
2009
Währung
Euro
Euro
Euro
Betrag
82.577,60
124.054,06
55.032,08

Dieser Sachverhalt gründet sich auf den Firmenbuchauszug und die Feststellungen im Rahmen der Lohnsteuerprüfung und ist insoweit nicht strittig.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Entsprechend der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG 1967 in der ab 1994 geltenden Fassung BGBl. Nr. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z 2 EStG 1988.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG 1967 idF BGBl. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z 2 EStG 1988.

Nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.

Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25 Prozent beträgt (§ 22 Z 2 EStG 1988).

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , G 109/00, darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis wären, im Falle der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung verlieren, gehören nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor allem Folgende (vgl. hierzu auch Arnold, ÖStZ 2000, 639f): fixe Arbeitszeit (, , und ), fixer Arbeitsort (), arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit (), Anwendbarkeit typisch arbeitsrechtlicher Vorschriften, wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz (, ), sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (). Der Verfassungsgerichtshof hat weiters aufgezeigt, dass dies insbesondere für die Merkmale der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Unternehmens und des Fehlens des Unternehmerwagnisses nicht zutreffe.

Bezug nehmend auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes kristallisierten sich danach in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor allem drei Merkmale eines Dienstverhältnisses heraus, nämlich

- die Eingliederung in den betrieblichen Organismus,

- das fehlende Unternehmerrisiko

- eine laufende, wenn auch nicht monatliche Entlohnung

Im Erkenntnis des verstärkten Senates vom (), stellte der Verwaltungsgerichtshof klar, dass bei der Frage, ob Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt werden, entscheidende Bedeutung dem Umstand zukommt, ob der Gesellschafter bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist. Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen des Unternehmerwagnisses oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, kann nur in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes nicht klar zu erkennen wäre.

Eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. des wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung dieser Aufgaben spricht für die Eingliederung (vgl. und 2001/14/0052). Unerheblich ist, ob der Gesellschafter im operativen Bereich der Gesellschaft oder im Bereich der Geschäftsführung tätig ist. Dies ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes deswegen unerheblich, weil die Bestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 an den Inhalt der Tätigkeit des an der Gesellschaft wesentlich Beteiligten und an seine handelsrechtliche Stellung nicht anknüpft. Deshalb steht der Annahme der Eingliederung in den Organismus des Betriebes auch nicht entgegen, wenn der Gesellschafter von der Tätigkeit der Geschäftsführung nur in geringem Umfang in Anspruch genommen wird ().

Entsprechend dem der Behörde vorliegenden Firmenbuchauszug waren die Herren Gesellschafter1 und Gesellschafter2 seit dem Jahr 1998 wesentlich beteiligte Gesellschafter der Bw und als Geschäftsführer der Bw seit dem Jahr 1998 eingetragen und übten diese Tätigkeit bereits vor dem Prüfungszeitraum aus. Sie bildeten in Erfüllung dieser Aufgaben einen Teil des rechtlichen und wirtschaftlichen Organismus der Bw und führten ihre Tätigkeit im Interesse der Bw aus. Vor dem Hintergrund des vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen funktionalen Verständnisses vom Begriff der Eingliederung in den Organismus des Betriebes ist für die beiden Gesellschafter durch die unbestritten kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung dieser Aufgaben das Merkmal der Eingliederung ohne Zweifel gegeben ().

Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass die Betätigung der Gesellschafter-Geschäftsführer auf Grund der zweifelsfreien Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Bw als eine Betätigung im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 zu qualifizieren ist. Die Vergütungen der Gesellschafter sind daher im Sinne der obigen Ausführungen in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag einzubeziehen.

Es mag wohl zutreffen, wie die Bw ausführt, dass zwischen den Leistungen der selbständigen Buchhalter und den Leistungen der Gesellschafter-Geschäftsführer kein Unterschied besteht. Es besteht jedoch ein Unterschied in der gesellschaftlichen Stellung der Gesellschafter im Verhältnis zur Bw, welcher die unterschiedliche Einordnung im Einkommensteuergesetz bewirkt. Es wird somit entgegen dem Vorbringen der Bw nicht Gleiches ungleich behandelt, sondern Ungleiches differenziert behandelt.

Die Bw bringt auch vor, einen Vertrauensschaden erlitten zu haben. Dies kann insofern nicht nachvollzogen werden, da wie oben ausgeführt, die höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der betreffenden Bestimmung im Einkommensteuergesetz seit November 2004 unverändert ist. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Bw im Streitzeitraum mit der Anwendung dieser höchstgerichtlichen Rechtsauslegung rechnen konnte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at