Säumniszuschlag bei Terminverlust infolge Zusammentreffens von Zahlungserleichterung und von der Einhebung ausgesetzter Abgaben
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/1309-W/05-RS1 | Im Falle von nicht rechtzeitig oder nicht vollständig entrichteten Ratenzahlungen ist ein Säumniszuschlag erst im Zeitpunkt der Ausstellung eines den Terminverlust wahrnehmenden Rückstandsausweises verwirkt. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom betreffend Säumniszuschlag entschieden:
Der Berufung stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Mit Ansuchen vom beantragte der Berufungswerber (Bw.) die Gewährung von zwölf monatlichen Ratenzahlungen in der Höhe von € 5.000,00 zur Abstattung des damals in Höhe von € 60.000,00 aushaftenden Abgabenrückstandes.
Das Finanzamt bewilligte das Zahlungserleichterungsansuchen mit Bescheid vom , jedoch mit der Maßgabe, dass die im Bewilligungszeitraum in Höhe von jeweils € 4.667,00 fällig werdenden Einkommensteuervorauszahlungen, nämlich für 1-3/05, 4-4/05, 7-9/05 sowie 10-12/05, zu den Terminen 28. Februar, 28. Mai, 28. August und zusätzlich zu den in Höhe von € 5.000,00 angebotenen Raten zu entrichten wären.
Mit Bescheid vom bewilligte das Finanzamt gemäß § 212a BAO die Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuervorauszahlung 1-3/05 in Höhe von € 4.667,00.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt von der Einkommensteuer 2001 in Höhe von € 43.887,12 einen Säumniszuschlag in Höhe von € 877,74 fest, da die bewilligte Zahlungserleichterung durch Terminverlust erloschen oder auf Grund eines Vollstreckungsbescheides außer Kraft getreten wäre.
In der gegen diesen Bescheid am rechtzeitig eingebrachten Berufung wandte sich der Bw. gegen die Annahme des Finanzamtes, dass Terminverlust eingetreten wäre, da der am fällig gewesene Betrag von € 9.667,00 - auf Grund einer bewilligten Aussetzung der Einhebung - mit einem Betrag von € 4.667,00 am und mit einem Betrag von € 5.000,00 am dem Abgabenkonto gutgeschrieben worden wäre, wobei die Gutschrift vom trotz der am gegeben gewesenen Fälligkeit unter Bedachtnahme auf § 211 Abs. 1 lit. d iVm Abs. 2 BAO deshalb rechtzeitig erfolgt wäre, da die Gutschrift auf dem Postscheckkonto der empfangsberechtigten Kasse zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der zur Entrichtung zustehenden Frist durchgeführt worden wäre.
Das Finanzamt wies mit Berufungsvorentscheidung vom die Berufung ab und führte begründend aus, dass gemäß dem Bescheid über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen vom am der Betrag von € 9.667,00 zu entrichten gewesen wäre. Da tatsächlich nur € 5.000,00 entrichtet worden wären, wäre Terminverlust eingetreten.
Die Berufung wäre auch deshalb abzuweisen gewesen, da eine Anrechnung von Gutschriften - unabhängig vom Anlass ihres Entstehens - in die zu leistenden Raten nicht zulässig wäre.
Mit Bescheid vom bewilligte das Finanzamt gemäß § 212a BAO die Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuervorauszahlung 4-6/05 in Höhe von € 4.667,00.
Der Bw. beantragte nach wiederholten Fristverlängerungsansuchen am rechtzeitig die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und brachte ergänzend vor, dass das Finanzamt in den das Zahlungserleichterungsansuchen bewilligenden Bescheid die bis zum Ablauf der Zahlungserleichterung zu belastenden Quartalsfälligkeiten an Einkommensteuervorauszahlungen im Gesamtbetrag von € 18.668,11 einbezogen hätte, ohne dass dies beantragt gewesen wäre.
Hinsichtlich der in Rede stehenden Einkommensteuervorauszahlung für das 1. Quartal 2005 im Betrag von € 4.667,00 hätte der Bw. am gemäß § 212a BAO den Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt, weil der Einkommensteuervorauszahlungsbescheid vom für das Jahr 2004 und Folgejahre auf Grund der Berufung vom in Streit gestanden hätte und auch noch weiterhin in Streit stehen würde. Diesem Aussetzungsantrag wäre mit Bescheid vom auch entsprochen worden, sodass am selben Tag die Aussetzung der Einhebung hinsichtlich eines Betrages von € 4.667,00 verbucht worden wäre.
Der Bw. hätte daher die Auffassung vertreten, dass auf Grund dieser bewilligten Aussetzung der Einhebung am lediglich eine Ratenzahlung von € 5.000,00 zu leisten gewesen wäre, die auch fristgerecht erfolgt wäre. Wie sich aus der Begründung der angefochtenen Berufungsvorentscheidung jedoch ergeben würde, vertrete das Finanzamt die Ansicht, dass es deshalb zum Terminverlust gekommen wäre, weil die Zahlung vom statt der tatsächlich geleisteten € 5.000,00 € 9.667,00 betragen hätte müssen.
Der Bw. wandte sich gegen die rechtliche Begründung des Finanzamtes, dass die Anrechnung von Gutschriften auf die zu leistenden Raten, unabhängig vom Anlass ihres Entstehens, nicht zulässig sei, und führte aus, dass die Bewilligung bzw. Verbuchung einer Aussetzung der Einhebung hinsichtlich von in die Zahlungserleichterung einbezogenen Abgabenschuldigkeiten nicht als derartige, nicht auf die Raten anzurechnende Gutschrift, zu qualifizieren wäre.
Die Richtigkeit seiner Rechtsansicht würde sich bereits aus dem Wortlaut des Spruches des Zahlungserleichterungsbescheides vom ergeben, wonach nicht auf die Raten im Sinne des § 213 Abs. 1 BAO anrechenbare Gutschriften nur solche Gutschriften wären, die rückstandsmindernd wirken würden. Durch eine Bewilligung der Aussetzung der Einhebung werde aber gerade nicht der Rückstand vermindert, sondern lediglich der Zahlungszeitpunkt bis zur Erledigung der zugrundeliegenden Berufung hinausgeschoben. Dies würde sich auch aus dem Wortlaut des § 212a Abs. 8 BAO ergeben, der zwischen Aussetzungen nach dieser Norm und Gutschriften nach § 213 Abs. 1 BAO expressis verbis differenzieren würde.
Aber auch unter Bedachtnahme auf den Sinn der in Rede stehenden Normen sowie auf den Zweck des Zahlungserleichterungsbescheides vom würde sich kein anderes Ergebnis zeigen, da sowohl eine Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO als auch Ratenbewilligung nach § 212 BAO der Zahlungserleichterung des Abgabepflichtigen dadurch dienen würden, dass sie den Zahlungstermin von grundsätzlich fälligen Abgaben hinausschieben würden. Auf Grund der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung der Einkommensteuervorauszahlung für das 1. Quartal 2005 wäre der diesbezüglich für den bewilligte Zahlungstermin gegenstandslos geworden, weil der Aussetzungsbescheid den Zahlungszeitpunkt länger hinausschieben würde (nämlich bis zur Erledigung der gegen den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid gerichteten Berufung) als der Ratenbescheid, da von zwei dem Rechtsbestand angehörenden Bescheiden, die jeweils einen anderen Zahlungstermin bewilligen würden, naturgemäß derjenige, der einen späteren Zahlungszeitpunkt normieren würde, vorgehen würde.
Die gegenteilige, offenbar vom Finanzamt vertretene Auffassung hätte nach Ansicht des Bw. nämlich zur Konsequenz, dass der Aussetzungsbescheid vom "kraftlos" wäre, was zum absurden Ergebnis führen würde, dass ungeachtet der bestehenden Bewilligung der Aussetzung der Einhebung der Zahlungstermin auf den nach dem Ratenplan sich ergebenden früheren Termin vorverlegt werden würde.
Über die Berufung wurde erwogen:
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages. Ein zweiter Säumniszuschlag ist gemäß Abs. 3 für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt ihrer Vollstreckbarkeit entrichtet ist. Ein dritter Säumniszuschlag ist für eine Abgabe zu entrichten, soweit sie nicht spätestens drei Monate nach dem Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung des zweiten Säumniszuschlages entrichtet ist. Der zweite und dritte Säumniszuschlag beträgt jeweils 1 % des zum maßgebenden Stichtag nicht entrichteten Abgabenbetrages. Die Dreimonatsfristen werden insoweit unterbrochen, als nach Abs. 4 Anbringen oder Amtshandlungen der Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen entgegenstehen. Diese Fristen beginnen mit Ablauf der sich aus Abs. 4 ergebenden Zeiträume neu zu laufen.
Gemäß § 217 Abs. 4 BAO sind für Abgabenschuldigkeiten Säumniszuschläge insoweit nicht zu entrichten, als
a) ihre Einhebung gemäß § 212a BAO ausgesetzt ist,
b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 BAO gehemmt ist,
c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz BAO nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises als beendet gilt,
d) ihre Einbringung gemäß § 231 BAO ausgesetzt ist.
Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229 BAO) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefasst verbucht wird, erstrecken.
Gemäß § 212 Abs. 2 zweiter Satz BAO gilt der Zahlungsaufschub im Sinn dieser Bestimmung im Fall eines Terminverlustes erst im Zeitpunkt der Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229 BAO) als beendet.
Dem Vorbringen des Bw., dass das Finanzamt in die Zahlungserleichterungsbewilligung auch die bis zum Ablauf der Zahlungserleichterung zu belastenden Quartalsfälligkeiten an Einkommensteuervorauszahlungen miteinbezogen hätte, ohne dass dies beantragt gewesen wäre, muss entgegengehalten werden, dass darüber mangels gegen den Zahlungserleichterungsbescheid eingebrachter Berufung bereits rechtskräftig abgesprochen wurde. Daher wird lediglich informativ festgestellt, dass zwar die Bewilligung von Zahlungserleichterungen nicht über den beantragten Rahmen hinausgehen, jedoch gemäß § 212 Abs. 1 letzter Satz BAO zusammengefasst verbuchte Abgaben wie die Einkommensteuervorauszahlungen grundsätzlich miteinbeziehen darf.
Zu prüfen war hingegen, ob die mit Bescheid vom bewilligten Raten rechtzeitig und vollständig entrichtet wurden, insbesondere daher, ob der Bw. die miteinbezogene Einkommensteuervorauszahlung für das erste Quartal 2005 zu dem angeführten Zahlungstermin entrichten hätte müssen.
Dabei war festzustellen, dass mit Bescheid vom die Aussetzung der Einhebung der gegenständlichen Einkommensteuervorauszahlung 1-3/2005 im Betrag von € 4.667,00 bewilligt wurde.
Bei einem Zusammentreffen von Zahlungserleichterungen gemäß § 212 BAO und Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO gilt aber Folgendes:
Wurden dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag sowohl eine Zahlungserleichterung als auch eine Aussetzung bewilligt, so tritt gemäß § 212a Abs. 5 letzter Satz BAO bis zum Ablauf der Aussetzung oder bis zu ihrem Widerruf der Zahlungsaufschub auf Grund der Aussetzung ein.
Hieraus ergibt sich, dass im Fall der Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung für den den Gegenstand der Zahlungserleichterung bildenden Abgabenbetrag dieser Bescheid den Zahlungserleichterungsbescheid insoweit und solange verdrängt, als eine Aussetzung wirksam ist.
Jedoch lässt sich daraus für den Bw. nichts gewinnen. Wurden dem Abgabepflichtigen nämlich Raten bewilligt und bezieht sich ein Aussetzungsantrag nur auf einen Teil der von der Ratenbewilligung umfassten Abgaben, so sind die Raten laut Tilgungsplan so lange weiter zu bezahlen, bis die Rückstandshöhe auf jenen Betrag sinkt, der seiner Höhe nach jener Abgabenschuldigkeit entspricht, deren Aussetzung angestrebt wird. Die am zu zahlende Rate hätte daher noch in der vollen Höhe von € 9.667,00 entrichtet werden müssen.
Dennoch erwies sich der angefochtene Säumniszuschlag als rechtswidrig, da gemäß § 212 Abs. 2 zweiter Satz BAO der Zahlungsaufschub im Sinn dieser Bestimmung im Fall eines Terminverlustes erst im Zeitpunkt der Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229 BAO) als beendet gilt und auch nach § 217 Abs. 4 lit. c BAO für Abgabenschuldigkeiten Säumniszuschläge insoweit nicht zu entrichten sind, als ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz BAO nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises als beendet gilt.
Daraus folgt, dass eine verspätet oder in zu geringer Höhe entrichtete Rate alleine noch keinen - Säumnisfolgen bedingenden - Terminverlust auslöst, da dieser erst durch die Ausstellung eines Rückstandsausweises wahrgenommen wird.
Da ein Rückstandsausweis nicht aktenkundig ist, erfolgte somit die Festsetzung des Säumniszuschlages nicht zu Recht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 212 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212a Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Säumniszuschlag Raten Zahlungserleichterung Aussetzung der Einhebung Terminverlust Rückstandsausweis |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at