Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 21.03.2012, RV/1042-W/07

Grunderwerbsteueräquivalent auch bei Verkauf des erbl. Grundstückes durch die Verlassenschaft vertreten durch den erbantrittserklärten Erben.

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/1042-W/07-RS1
wie RV/0065-S/05-RS1
Die Erbschaftsteuerschuld entsteht grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers, soferne der Erbe vom Anfall durch Abgabe der Erbserklärung Gebrauch macht. Es ist daher von der Zusammensetzung und dem Wert des angefallenen Vermögens im Zeitpunkt des Todes des Erblassers auszugehen. Die Veräußerung einer Liegenschaft nach dem Tod des Erblassers und vor Einantwortung ist für die Erbschaftsbesteuerung irrelevant.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der D, vertreten durch T, gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom , Steuernummer, betreffend Erbschaftssteuer entschieden:

Die Berufung wird abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Einantwortungsbeschluss vom wurde die Verlassenschaft nach L, verst. am xxx, nach unbedingt abgegebener Erbantrittserklärung der erblasserischen Witwe sowie den erblasserischen Kindern zu je einem Drittel eingeantwortet.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid setzte das Finanzamt A gegenüber der Berufungswerberin (Bw.) die Erbschaftssteuer gemäß § 8 Abs. 5 ErbStG in Höhe von € 46,50 ausgehend vom steuerlich maßgeblichen Wert des erbl. Grundstückes Z, in Höhe von € 2.325,00, fest.

Fristgerecht wurde Berufung eingebracht.

Die Berufung richtet sich ausschließlich gegen den Zuschlag gemäß § 8 Abs. 5 ErbStG 1955 iVm § 8 Abs. 4 ErbStG 1955 mit der Begründung, der Zweck des Zuschlages gemäß § 8 Abs. 4 ErbStG sei als Ausgleich für die entfallende Grunderwerbsteuer vorgesehen (§ 3 Abs. 2 Z 2 GrEStG). Gemäß Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 437/61, Slg. 2732 F, sei die Erhöhung gemäß § 8 Abs 4 ErbStG nur dann vorzuschreiben, wenn ein Grundstück im Erbweg unmittelbar der steuerpflichtigen Person angefallen sei. Da im gegenständlichen Fall die Liegenschaft des Erblassers während des laufenden Verlassenschaftsverfahrens, also vor Einantwortung, veräußert worden sei, habe es kein unmittelbares Anfallen der Sache an die steuerpflichtige Person gegeben, da erst mit Einantwortung der Eigentumserwerb stattfinde. Da der Erwerber der Liegenschaft Grunderwerbsteuer bezahlt habe, sei der Zweck des § 8 Abs. 4 ErbStG als Grunderwerbsteueräquivalent nicht mehr gegeben und doppelt Steuer verrechnet worden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt führte unter anderem aus, die Veräußerung einer Liegenschaft nach dem Tod des Erblassers und vor Einantwortung sei für die Erbschaftssteuerberechnung irrelevant.

Gegen die abweisende Berufungsvorentscheidung brachte die Bw. einen Vorlageantrag ein.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß dem auf diesen Fall noch anzuwendenden § 1 Abs. 1 Z 1 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 (ErbStG) unterliegt der Erwerb von Todes wegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz.

Nach § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen u. a. der Erwerb durch Erbanfall.

Erbanfall bedeutet nach den §§ 536 und 545 ABGB die Entstehung des Erbrechts, das grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers eintritt (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 3 zu § 2 ErbStG).

Erbrecht ist gemäß § 532 ABGB das ausschließliche, dingliche und gegen jedermann wirkende Recht, die ganze Verlassenschaft oder einen Bruchteil der ganzen Verlassenschaft in Besitz zu nehmen.

Auf Grund des Erbrechtes entsteht für den zur Erbschaft Berufenen ein Rechtsanspruch auf die Inbesitznahme der Erbschaft, und zwar mit dem Anteil, der seinem Erbrechtstitel entspricht. Dieser Anspruch bezieht sich grundsätzlich nur auf den jeweils zustehenden ideellen Anteil selbst, nicht aber auf einzelne Gegenstände des Nachlassvermögens. Der Erbe übt sein Erbrecht auf Grund seines Erbrechtstitels (=Berufungsgrundes) durch die Abgabe der Erbantrittserklärung aus. Die Erbantrittserklärung ist die, gegenüber dem Abhandlungsgericht abgegebene, einseitige und unwiderrufliche Erklärung, eine Erbschaft anzunehmen (Fellner, a.a.O., Rz 11 zu § 2 ErbStG).

Auf Grund des § 8 Abs. 4 lit. a ErbStG erhöht sich die nach den Abs. 1 und 2 oder nach dem Abs. 3 ergebende Steuer bei Zuwendungen an den Ehegatten, einen Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, ein Stiefkind, ein Wahlkind oder ein Schwiegerkind des Zuwendenden um 2 v. H. des Wertes der durch die Zuwendung erworbenen Grundstücke.

Gemäß § 8 Abs. 5 ErbStG darf die sich nach den Abs. 1, 2 und 4 oder nach den Abs. 3 und 4 ergebende Steuer im Falle des Abs. 4 lit. a nicht weniger als 2 v.H. des Wertes der erworbenen Grundstücke betragen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Tatbestand des Erwerbes durch Erbanfall iSd § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG mit der Annahme der Erbschaft, also der Abgabe der Erbserklärung (Erbantrittserklärung) erfüllt. Mit der Abgabe der Erbantrittserklärung ist der Erwerb durch Erbanfall erbschaftssteuerrechtlich vollzogen.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 ErbStG entsteht die Erbschaftssteuerschuld grundsätzlich zwar schon durch den mit dem Tod des Erblassers eintretenden Anfall an den Bedachten, aber nur sofern er vom Anfall durch Abgabe der Erbantrittserklärung Gebrauch macht (siehe ).

Umfang und Zusammensetzung des erworbenen Vermögens sind im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld zu beurteilen (Fellner, a.a.O., Rz 4 zu § 12 ErbStG; , 0362).

Nach § 20 Abs. 1 ErbStG gilt als Erwerb, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gesamte Vermögensanfall an den Erwerber.

Der dem Erbteil entsprechende Anteil am steuerlich bewerteten Nachlassvermögen und nicht der effektiv zugeteilte Vermögensgegenstand gilt als angefallen (Fellner, a.a.O., Rz 23 zu § 2; , 0022, und , 95/16/0191).

Nach dem Erbschaftssteuergesetz ist mit der Abgabe der Erbantrittserklärung der Erwerb des Nachlasses durch den Erben vollzogen, wobei es hinsichtlich des Zeitpunktes des Erwerbes keinen Unterschied macht, ob zum Nachlass auch Liegenschaften gehören. Erbschaftssteuerrechtlich hat daher die Bw. durch die Abgabe der Erbantrittserklärung den gesamten Nachlass, zu dem auch die Liegenschaft gehörte, von Todes wegen erworben, wenngleich sie auch das Eigentum an der Liegenschaft erst mit der Einantwortung und der nachfolgenden Eintragung in das Grundbuch erworben hätte. Das erworbene Vermögen gilt erbschaftssteuerrechtlich dem Erben bereits im Zeitpunkt des Todes des Erblassers als zugekommen. Ab diesem Zeitpunkt ist der Erbe bereits als Erwerber des gesamten Nachlasses anzusehen. Das bedeutet, dass es für die steuerliche Behandlung nicht auf die Einantwortung und die nachfolgenden für die Erwerbung des Eigentums erforderlichen Rechtsakte ankommt, diese also für Zwecke der Erbschaftssteuer unbeachtlich sind. Da im vorliegenden Fall kein nach dem Grunderwerbsteuergesetz zu behandelnder Erwerb von Liegenschaften vorliegt, muss der Einwand, der Erwerb der Liegenschaften sei nach dem Grunderwerbsteuergesetz noch nicht eingetreten, ins Leere gehen. Dazu kommt aber noch, dass die Rechtfertigung der Erhebung des Zuschlages nach § 8 Abs.4 und 5 ErbStG beim Erwerb von Liegenschaften, nämlich als Äquivalent für die auf Grund der Grunderwerbsteuerbefreiung des § 3 Z 2 Grunderwerbsteuergesetz entgangene Grunderwerbsteuer, bloß ein Motiv des Gesetzgebers darstellt, das im Gesetzeswortlaut nicht, zum Ausdruck kommt. Derartige Motive des Gesetzgebers dürfen aber bei im Übrigen eindeutigem Gesetzeswortlaut bei der Gesetzesanwendung nicht berücksichtigt werden (siehe ; Fellner, a.a.O., Rz 37 zu § 8 ErbStG).

Der gegenständliche Sachverhalt ist nicht mit jenem, welcher dem in der Berufung zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes vom , 437/61 zu Grunde lag, vergleichbar.

Dort war Gegenstand des Erwerbes von Todes wegen kein Grundstück, sondern der Anteil an einer Personengesellschaft des Handelsrechtes, welche Eigentümerin eines Grundstückes war. Da der Erwerb von Todes wegen das Eigentumsrecht der Personengesellschaft an dem Grundstück nicht berührte, konnte auch kein Grunderwerbsteueräquivalent erhoben werden.

Da die Bw. das Grundstück im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG erworben hat, war die Steuer nach § 8 Abs 5 zu erheben (vgl. ).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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