Gegenleistung, Bewertung eines Wohnrechtes
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Herrn H.S., G., vertreten durch RA, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid gemäß § 289 Abs. 2 BAO abgeändert wie folgt: Die Grunderwerbsteuer gemäß § 7 Z. 3 GrEStG wird festgesetzt mit € 2.539,31 (3,5 % von einer Bemessungsgrundlage von € 72.551,80).
Der festgesetzte Mehrbetrag war bereits fällig.
Entscheidungsgründe
Mit Übergabevertrag vom hat Frau F.E. die in ihrem Alleineigentum stehende Liegenschaft EZ x, auf welchem das Haus Y. errichtet ist, Herrn H.S., dem Berufungswerber, übergeben. Als Gegenleistung für die Übergabe wurde der Übergeberin auf deren Lebenszeit ein unentgeltliches Wohnungsrecht an dem übergebenen Haus samt Gartenbenutzung eingeräumt sowie eine Leibrente ab dem von monatlich € 250,-- vereinbart. Die Betriebskosten des Hauses hat die Übergeberin zu tragen. Das Wohnungsrecht wurde im Vertrag mit jährlich € 1.000,-- bewertet und der Einheitswert wurde mit € 7.630,65 bekannt gegeben. Für diesen Erwerbsvorgang erfolgte eine Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer mit € 1.594,41.
Anlässlich einer Betriebsprüfung wurde das Wohnungsrecht mit monatlich € 127,-- bewertet. Mit Bescheid vom wurde vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien dem Berufungswerber ausgehend von der erhöhten Gegenleistung die Grunderwerbsteuer mit € 1.895,69 (3,5 % von einer Bemessungsgrundlage von € 51.162,43) vorgeschrieben.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde vorgebracht, dass die Bewertung überhöht ist, da die Übergeberin die gesamten Betriebskosten und mit dem Wohnen verbundenen Kosten weiterhin selbst zu tragen hat. Die seinerzeitige Bewertung des Wohnrechtes mit € 1.000,-- jährlich entspricht den tatsächlichen Gegebenheiten.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien die Berufung als unbegründet abgewiesen und die Grunderwerbsteuer mit € 2.539,31 festgesetzt. Dabei wurde vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien das Wohnungsrecht in Anlehnung an die Sekundärmarktrendite für Bundesanleihen mit € 255,-- pro Monat bewertet. Durch den Ansatz des Wohnungsrechtes mit monatlich € 255,-- erfolgte eine Erhöhung der Gegenleistung auf € 72.551,80.
In dem von der Berufungswerberin eingebrachten Vorlageantrag wird ausgeführt, dass eine Bewertung aus der Verzinsung des seinerzeitigen Kaufpreises ebenso wie eine Bewertung nach dem Richtwertgesetz unzulässig ist. Bei letzterem handelt es sich um eine absolute Obergrenze, die für die entlegene Lage des Hauses auch nicht annähernd in Frage kommen kann. Die ursprünglich vorgenommene Bewertung von € 83,--/Monat (€ 1.000,-- pro Jahr) ist angemessen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Nach § 1 Abs. 1 erster Satz GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.
Die Grunderwerbsteuer ist nach § 4 Abs. 1 GrEStG vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt. Dass es sich bei der Leibrente und dem eingeräumten Wohnungsrecht um Gegenleistungen im Sinne des § 4 Abs. 1 GrEStG handelt, wird nicht bestritten. Strittig ist die Bewertung des Wohnungsrechtes.
Gemäß § 17 Abs. 2 BewG sind Nutzungen oder Leistungen, die nicht in Geld bestehen (Wohnung, Kost, Waren und sonstige Sachbezüge) mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen. Eine in Sachwerten bestehende Leistung ist nach dem Wert zu beurteilen, den sie objektiv gesehen, für den Leistungsempfänger hat. Der Wortlaut des Gesetzes "ortsübliche Mittelpreise" weist darauf hin, dass der Wert nach objektiven Kriterien zu ermitteln ist, das heißt, es muss der Betrag errechnet werden, den der Leistungsempfänger aufwenden müsste, um sich die Leistung am Verbrauchsort zu beschaffen.
Als Wert eines Wohnrechtes kann dabei ein Wert angesetzt werden, der auch unter Fremden im Fall einer Vermietung zu erzielen ist. Maßstab für die Bewertung des Wohnrechtes ist daher der ortsübliche Mietzins am Verbrauchsort, den der Begünstigte als Miete aufwenden müsste, um in der gegenständlichen Wohnung wohnen zu können. Um zu einer gleichmäßigen Behandlung der Steuerfälle zu kommen, kann im Wege der Schätzung des Wohnrechtes (§ 184 BAO) auf die Richtwerte nach dem Richtwertgesetz (RichtWG) zurückgegriffen werden.
Gemäß § 1 Abs. 1 RichtWG ist der Richtwert jener Betrag, der für eine mietrechtliche Normwohnung festgesetzt ist. Er bildet die Grundlage für die Berechnung des angemessenen Hauptmietzinses nach § 16 Abs. 2 Mietrechtsgesetz. Die mietrechtliche Normwohnung ist nach § 2 Abs. 1 RichtWG eine Wohnung mit einer Nutzfläche zwischen 30 m² und 130 m² in brauchbarem Zustand, die aus Zimmer, Küche (Kochnische), Vorraum, Klosett und einer dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit (Baderaum oder Badenische) besteht, über eine Etagenheizung oder eine gleichwertige stationäre Heizung verfügt und in einem Gebäude mit ordnungsgemäßem Erhaltungszustand auf einer Liegenschaft mit durchschnittlicher Lage (Wohnumgebung) gelegen ist. Die Richtwerte für die Neuvermietung von Wohnungen, die unter das Richtwertsystem fallen (eingeführt mit durch das 3. WÄG, § 16 Abs. 2 - 4 MRG in Verbindung mit dem Richtwertgesetz) wurden durch Verordnungen des BM für Justiz erstmals mit Wirkung ab pro Bundesland je m² Nutzfläche und Monat für die "mietrechtliche Normwohnung" festgesetzt. Nach der Verordnung der Bundesministerin für Justiz, kundgemacht durch BGBl. II 37/2005, beträgt der Richtwert für Wohnungsmieten im Zeitraum - für Niederösterreich € 4,61/m².
Damit steht fest, dass es sich bei den Richtwerten nach dem RichtWG nicht, wie im Vorlageantrag behauptet, um absolute Obergrenzen handelt. Dass sich das Haus in einem ordnungsgemäßen Erhaltungszustand befindet, ergibt sich aus dem Übergabevertrag, in welchem in dem Zusammenhang, dass die Erhaltung des Hauses dem Übernehmer obliegt, festgehalten wird, dass keine Instandhaltungsarbeiten anstehen. Auch handelt es sich bei diesem Haus nicht um ein allein stehendes Haus, sondern befinden sich in der unmittelbaren Umgebung dieses Hauses weitere Häuser. Dass die Nutzfläche des Hauses 99,98 m² beträgt, wird nicht bestritten.
Wendet man auf diese Wohnnutzfläche von 99,98 m² die Richtwerte für Wohnungsmieten nach dem Richtwertgesetz für Niederösterreich im Zeitraum - von € 4,61/m² an, so ergibt sich ein Monatsbetrag von € 461,91. Daraus ist ersichtlich, dass der vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien in der Berufungsvorentscheidung angesetzte Monatsbetrag von € 255,-- einem objektiven Vergleichswert sicherlich deutlich näher kommt, als der im Übergabevertrag vom genannte Betrag von jährlich € 1.000,-- (monatlich ca. € 83,--). Aus diesen Gründen wird den Angaben in der Berufungsvorentscheidung gefolgt und der Wert des Wohnungsrechtes mit € 255,-- pro Monat geschätzt. Bei einem Ansatz des Wohnungsrechtes mit € 255,-- pro Monat beträgt die Gegenleistung, wie in der Berufungsvorentscheidung berechnet, € 72.551,80. Von diesem Betrag ist die Grunderwerbsteuer nach § 7 Z. 3 GrEStG mit 3,5 % zu berechnen. Diese beträgt € 2.539,31.
Bemerkt wird, dass zum Vorhalt vom , mit welchem dem Berufungswerber diese Erledigung bekannt gegeben wurde, bis zum heutigen Tag keine Stellungnahme abgegeben wurde.
Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 4 Abs. 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 17 Abs. 2 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 |
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