Vertreterpauschale eines Bankangestellten
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/13/0032 eingebracht (Amtsbeschwerde). Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Adr.Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben ist dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe bzw. dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) bezieht als Bankangestellter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
In der elektronisch übermittelten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2011 beantragte der Bw. die Gewährung der pauschalierten Werbungskosten für Vertreter (sog. Vertreterpauschale). Über Vorhalteverfahren legte der Bw. eine Bestätigung des Arbeitgebers vor, dass der Bw. ausschließlich als Kundenbetreuer tätig ist, welche die Akquisition und Betreuung von Kunden vor Ort und nahezu ausschließlich außer Haus wahrgenommen wird, wobei die Außendiensttätigkeit zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften erfolgt.
Das Finanzamt versagte im Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2011 die Zuerkennung des Pauschales mit der Begründung, dem nichtselbständigen Bankangestellten stehe das Vertreterpauschale nicht zu, da dieser nur Verträge vermittelt und nicht selbst Geschäftsabschlüsse tätigt, wie dies für die Berufsgruppe der Vertreter typisch sei.
In der fristgerechten Berufung führte der Bw. begründend aus, dass § 17 Abs. 6 EStG die Vertretertätigkeit wie folgt definiere: "zur Tätigkeit als Vertreter zählen sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst, jedoch ist für eine Vertretertätigkeit erforderlich, dass der regelmäßige Außendienst vorrangig zum Zwecke der Anbahnung und es Abschlusses von Geschäften im Rahmen der Kundenbetreuung erfolgt." Da der Bw. ausschließlich als Firmenkundenbetreuer tätig sei, umfasse die Tätigkeit die Akqusition und Betreuung von Kunden vor Ort sowie die Anbahnung und den Abschluss von Geschäften und wird nahezu ausschließlich im Außendienst wahrgenommen. Die Tätigkeit des Bw. als Kundenbetreuer wäre seitens der Bank AG durch die zuständige Stadtdirektion auch bestätigt worden. Die Begründung des Finanzamtes sei daher nachvollziehbar.
Mit Eingabe vom legte der Bw. den Dienstvertrag vom sowie die Verlängerung des Dienstvertrages vom August 2011 zum Nachweis vor.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl 32/1993 idF BGBl. II 382/2001, lautet auszugsweise:
"Auf Grund des § 17 Abs. 6 des EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, wird verordnet:
§ 1. Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß
§ 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:
Z. 9. Vertreter
5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich.
Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden."
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom , 2885, 2994/80, mit dem Begriff "Vertreter" in der zu § 17 Abs. 4 EStG 1972 ergangenen Verordnung betreffend Durchschnittssätze für Werbungskosten BGBl 597/1975 idF BGBl 49/1979 befasst. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt, die Verordnung definiere den Begriff nicht. Es würde den Erfahrungen des täglichen Lebens und auch der Verkehrsauffassung widersprechen, wenn Personen nur dann als Vertreter angesehen werden könnten, wenn sie ausschließlich mit dem auswärtigen Kundenbesuch befasst seien. Vielmehr werde sich bei fast allen Vertretern, je nach ihrer Verwendung im Verkaufsapparat ihres Unternehmens und auch nach den branchenbedingten Besonderheiten und der betriebsinternen Organisation des Unternehmens, in mehr oder weniger zeitaufwendigem Umfang die Notwendigkeit einer Tätigkeit im "Innendienst" ergeben. Abrechnungen mit Kunden, Nachweis des Arbeitseinsatzes, Einholung von Weisungen, Entgegennahme von Waren seien beispielsweise solche Tätigkeiten, die in den Geschäftsräumlichkeiten des Dienstgebers abgewickelt zu werden pflegten, ohne dass deshalb der grundsätzlich zum Kundenverkehr im Außendienst Angestellte seine Berufseigenschaft als Vertreter verliere. Der Verwaltungsgerichtshof teile aber die Ansicht, dass es zum Beruf eines Vertreters gehöre, regelmäßig im Außendienst tätig zu sein.
Auch die im gegenständlichen Fall anzuwendende Verordnung BGBl II 2001/382 enthält keine Definition des Begriffs "Vertreter". Sie legt lediglich fest, dass von der Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden muss, sohin der Außendienst den Innendienst zeitlich überwiegen muss, und der Innendienst die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit umfassen darf.
Wenn der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom bei den Innendiensttätigkeiten die Entgegennahme von Waren erwähnt, ist daraus zu folgern, dass ein Dienstnehmer auch dann (noch) als Vertreter angesehen wird, wenn er Waren zustellt, solange der Kundenverkehr im Außendienst in Form des Abschlusses von Kaufgeschäften im Namen und für Rechnung seines Arbeitgebers im Vordergrund steht. Der Vertretertätigkeit für den Verkauf von Waren ist es gleichzuhalten, wenn Rechtsgeschäfte über Dienstleistungen im Namen und für Rechnung des Arbeitgebers abgeschlossen werden ().
Vertreter sind nach übereinstimmender Lehre (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Tz. 6 zu § 17 EStG), Verwaltungsübung (LStRL Rz 406) und Entscheidungspraxis des Unabhängigen Finanzsenates (siehe ua. -F/03) Personen, die regelmäßig im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Eine andere Tätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, zählt nicht als Vertretertätigkeit (zB Kontrolltätigkeit oder Inkassotätigkeit).
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die vom Bw. ausgeübte Tätigkeit die Pauschalierungsvoraussetzungen im dargelegten Sinn erfüllt oder nicht.
Das Berufsbild der vom Bw. ausgeübten Tätigkeit stellt sich in freier Beweiswürdigung wie folgt dar: Der Bw. ist in der Akquisitions-, Betreuungsfunktion bei der Bank tätig. Seine Aufgaben sind ua. neben Vorbereitung und Durchführung von Akquisitionsgesprächen und Betreuung von Kunden vor Ort zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften.
In der vorgelegten "Bestätigung des Arbeitgebers für pauschalierte Werbungskosten" führt die Bank wie folgt aus:
Der Bw. "ist ausschließlich als Kundenbetreuer tätig. Die Tätigkeit des Kundenbetreuers umfasst die Akquisition und Betreuung von Kunden vor Ort und wird nahezu ausschließlich außer Haus wahrgenommen (Außendiensttätigkeit), wobei diese Außendiensttätigkeit zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften erfolgt.
Die Tätigkeit umfasste im Kalenderjahr 2011 folgende Zeiträume: bis "
Der Bw. wurde laut Dienstvertrag zwar vorerst zur Ausbildung für kaufmännische Dienstleistungen in der Bank aufgenommen, erklärte sich jedoch auch mit einer allfälligen Verwendung in zum Konzern der Bankengruppe gehörigen Unternehmen einverstanden.
Auf Grund der vorliegenden Aktenlage steht für den Referenten außer Zweifel, dass der Bw. im Jahr 2011 überwiegend im Außendienst im Bereich der Akquisition, Kundenbetreuung und im Verkauf tätig war. Die Bw. war "im regelmäßigen Außendienst vorrangig zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften im Rahmen der Kundenbetreuung tätig". Er betreute seine Kunden in Vermögensbelangen, bahnte im Rahmen dieses Kundenverkehrs Aufträge an und tätigte im Namen und auf Rechnung seines Arbeitgebers Bank Vertragsabschlüsse. Die Aufgabe des Bw. war sohin vorrangig auf die Betreuung und Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ausgerichtet. Die Tätigkeit des Bw. erfüllte somit das Berufsbild eines Vertreters im Sinne der genannten Verordnung.
Wie vom Bw. glaubhaft dargelegt, verbrachte dieser mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit im Außendienst zum Zwecke des Kundenverkehrs in Form von Vertragsanbahnungen und Vertragsabschlüssen im Namen und für Rechnung seines Arbeitgebers, sodass von einer Vertretertätigkeit des Bw. auszugehen ist.
Die Berechnung der Einkommensteuer für das Jahr 2011 ergibt sich aus dem beiliegenden Berechnungsblatt, das insofern Bestandteil dieser Entscheidung wird.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 16 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Zitiert/besprochen in | StExp 2014/85 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at