Übertragung eines bloß buchmäßig überschuldeten Betriebes zwischen Ehegatten ist eine Schenkung
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Europa Treuhand Ernst & Young, 1021 Wien, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 9., 18., und 19. Bezirk und Klosterneuburg vom betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 1989 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw) betrieb als Einzelunternehmer bis zum Jahr 1989 ua eine Boutique mit zwei Betriebsstätten in Wien (an den Standorten B-Straße und T). Mit einem Notariatsakt vom errichteten der Bw und J, seine damalige Ehefrau, einen "Kaufvertrag", wonach ihr der Bw die Boutique Ja unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Teilbetrieb am Standort T verkauft werde, und um jenen Betrag verkaufe, welcher "dem Wert des Anlage- und den Einstandswerten des Umlaufvermögens" im Zeitpunkt eines vom Eintritt der Bedingung abhängigen, näher definierten Stichtages entspreche. Mit Notariatsakt vom schlossen der Bw und seine damalige Ehefrau eine Vereinbarung, wonach sie den bedingten Kaufvertrag vom einvernehmlich aufhoben und der Bw den Betrieb mit seiner Ehefrau "unentgeltlich nur gegen dem, dass diese sich verpflichtet, sämtliche in diesem Unternehmen begründeten Verbindlichkeiten welcher Art immer, insbesondere Betriebssteuern derart und aus eigenem zu entrichten, dass sie sich verpflichtet, den Bw hinsichtlich jeder Inanspruchnahme diesbezüglich vollkommen klag- und schadlos zu halten", veräußere. Die Feststellung dieser Verbindlichkeiten werde einer zum zu errichtenden Bilanz vorbehalten.
Strittig ist im Verfahren, ob diese Betriebsübertragung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgte.
Mit Beschluss vom wurde die Ehe zwischen dem Bw und J gem § 55a Ehegesetz einvernehmlich geschieden.
Der Bw erklärte mit seinen Abgabenerklärungen für 1989 ua Umsätze aus dem auch den Textileinzelhandel jenes Betriebs (Boutique) enthaltenden Unternehmen und (negative) Einkünfte aus Gewerbetrieb hinsichtlich der "Boutique Ja ". Der den Abgabenerklärungen angeschlossene Bericht über den Jahresabschluss 1989 der "Boutique Ja " führte in seinem Punkt I (Allgemeines) unter Tz 7 (rechtliche und betriebliche Veränderungen) an, dass die protokollierte Einzelfirma im Zuge der "Zerteilung" des ehelichen Vermögens anlässlich der Scheidung der Eheleute mit Notariatsakt vom an Frau J unentgeltlich übertragen worden sei. Anlässlich einer im Jahr 1992 durchgeführten Buch- und Betriebsprüfung für den Prüfungszeitraum 1988 und 1989 hinsichtlich Gewerbesteuer und Einheitswert des Betriebsvermögens stellte der Prüfer in seinem Bericht unter Tz 17 ("Steuerliche Auswirkung der Betriebsaufgabe zum ") ua fest, dass laut Bilanz zum eine Überschuldung des Unternehmens vorliege. Werde aber ein überschuldeter Betrieb gegen Übernahme der Schulden übertragen, ohne dass eine Zahlung erfolge, stellten die ohne andere Gegenleistung übernommenen Schulden den Veräußerungspreis dar. Ein steuerlicher Veräußerungsgewinn entstehe daher insoweit, als im Betriebsvermögen stille Reserven einschließlich Firmenwert enthalten seien. Der Veräußerungserlös unterliege weiters auch der Umsatzsteuer. Eine unentgeltliche Übertragung liege mangels Bereicherung des Erwerbers nicht vor. In der Folge stellte der Prüfer den Veräußerungsgewinn dar und gliederte die stillen Reserven in solche der Betriebsstätte T (1,891.398,75 ATS), der Betriebsstätte B -Straße (450.000 ATS) und in einen Firmenwert (901.856,17 ATS) auf, woraus sich als Summe der Betrag von ATS 3,243.254,92 ergab. Gegen die in weiterer Folge (nach Wiederaufnahme) des Verfahrens) erlassenen Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 1989 berief der Bw. Abgesehen davon, dass bei der Berechnung der Summe der Aktiva ein um 15.000 ATS zu niedriger Betrag angesetzt worden sie, weshalb sich als Differenz zwischen Schuldübernahme und Summe der Aktiva tatsächlich ein Betrag von ATS 3,228.254,92,-- ergebe, lasse das Zahlenmaterial des Prüfungsberichtes ein "Überwiegen der stillen Reserven" erkennen, wodurch die Steuerbehörde rechnerisch eine tatsächliche Bereicherung der übernehmenden nahen Angehörigen festgestellt habe. Daher könne der einzig zulässige Schluss nur zu einer Schenkung des Unternehmens führen, nicht aber zu einer Betriebsveräußerung. Zur Umsatzsteuer führte der Bw unter Verweis auf die Ausführungen zum Einkommensteuerbescheid aus, dass keine Rede davon sein könne, dass der Unternehmer seine Leistungen gegen Entgelt ausführe, wenn Unentgeltlichkeit sein Handeln bestimme und er von vornherein eine Gegenleistung nicht anstrebe. Mit Schriftsatz vom ersuchte der Bw um Vorlage der "rechnerischen Ermittlung der Schätzung", weil er diese anlässlich einer Akteneinsicht nicht vorgefunden habe und sie benötige, um die "Rechenoperation" des Prüfers nachvollziehen zu können. Mit einem weiteren Schriftsatz vom hielt er seinen Antrag vom aufrecht, weil diesem noch nicht entsprochen worden sei, und legte verschiedene Unterlagen vor, welche er den Prüfungsorganen bereits bekannt gegeben habe und welchen zu entnehmen sei, dass er erstmals am eine Scheidung seiner Ehe in Erwägung gezogen habe. Der die Betriebsübertragung betreffende Notariatsakt sei schon am abgeschlossen und am beim FA für Geb und VSt angezeigt worden.
Die FLD für Wien, NÖ u Bgld, Berufungssenat V, wies mit Bescheid vom die Berufung als unbegründet ab.
Der VwGH hob diesen Bescheid mit Erkenntnis vom , Zl 95/13/020 auf und verwies auf § 24 Abs 1 Z 1 EStG 1988 und die dazu ergangene Rechtsprechung, wonach die Schenkung keine entgeltliche Übertragung und somit keine Veräußerung iS dieser Bestimmung ist. Zur Umsatzsteuer verwies der VwGH ebenso darauf, dass die Frage im Vordergrund stehe, ob eine Unternehmensübertragung gegen Entgelt oder ohne Gegenleistung stattgefunden hat. Die FLD hätte daher bei Beurteilung der Frage, ob steuerlich ein Veräußerungsgewinn und ein Umsatz zu erfassen waren, zu klären gehabt, ob das der Betriebsübertragung zu Grunde liegende Rechtsgeschäft entgeltlich oder unentgeltlich war, zumal ein Schenkungswille zumindest behauptet wurde. Auch die Annahme der FLD, es liege ein real überschuldeter Betrieb vor, trug nach Ansicht des VwGH zur Begründung der Entgeltlichkeit der zu Grunde liegenden Betriebsübertragung schon deshalb nichts bei, weil diese Annahme nicht auf nachvollziehbaren Feststellungen im Sachverhaltsbereich beruhte.
Im fortgesetzten Verfahren wiederholte der Bw im Schriftsatz vom , dass er seine frühere Ehefrau mit der Übergabe der Boutique habe bereichern wollen. Dies sei auch und bereits in Ansehung der erheblichen stillen Reserven im Betriebsstandort T klar erkennbar und belegbar. Eine mit diesem Schriftsatz vorgelegte "Mietvertragsvereinbarung" vom samt Zusatzvereinbarung über ATS 100.000,-- zuzüglich USt für Einrichtungsgegenstände zeigten, dass allein für die Mietrechte an dieser Lokalität ein Betrag von ATS 4,000.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer zeitnah erzielbar gewesen wäre. Lediglich das tragische Schicksal der Vertragsanbotstellerin (andauerndes Koma nach einem chirurgischen Eingriff) sei Ursache, dass diese Verträge "nicht vollzogen" worden seien. Überdies wären noch ein "good will" der beiden Geschäftsstandorte sowie zusätzliche stille Reserven in der noch voll brauchbaren Geschäftseinrichtung im Standort B -Straße zu ermitteln, um den tatsächlichen Wertverhältnissen zu entsprechen. Um diese Verfahrensschritte gemeinsam zu bewältigen, ersuche der Bw vorerst um Mitteilung der Berechnungsgrundlagen, welche die stillen Reserven des Lokals T beträfen und die laut Prüferbericht ATS 1,891.398,75,-- ausmachen sollten. In Ansehung des Standortes B -Straße gebe er zu bedenken, dass die zum Zeitpunkt der Übergabe noch voll funktionsfähige Geschäftsadaptierung einschließlich sehr kostspieliger Investitionen in die Infrastruktur (Licht- und Wärmeversorgung) ebenfalls nicht mit dem Buchwert von 0, sondern sachgerecht anhand der seinerzeitigen Anschaffungskosten aufzuwerten sei. Die frühere Ehefrau des Bw antwortete mit Schriftsatz vom auf ein Auskunftsersuchen der Behörde, dass sie den in Rede stehenden Betrieb am entgeltlich erworben habe. Auf Grund der hohen Verbindlichkeiten, die übernommen worden seien, sei darüber hinaus kein Entgelt vereinbart worden. Daher sei es zur Formulierung "veräußert unentgeltlich nur gegen dem, dass diese sich verpflichtet, sämtliche vom Unternehmen begründeten Verpflichtungen zu entrichten" gekommen. Die übernommenen Verbindlichkeiten seien der Kaufpreis des Unternehmens gewesen. Auf Vorhalt dieses Schriftsatzes durch die FLD antwortete der Bw mit Schriftsatz vom , dass die Behauptung seiner geschiedenen Ehefrau, sie hätte den in Rede stehenden Betrieb (die beiden Boutiquen) mit entgeltlich erworben, tatsachenwidrig sei. Zwar seien sämtliche Verbindlichkeiten aus den Geschäften von ihr übernommen worden. Dies ändere jedoch nichts daran, dass ein durchaus erheblicher positiver Verkehrswert der gesamten Unternehmung deren Negativa bei weitem überwogen habe. Die frühere Ehefrau des Bw habe stets die Absicht gehabt, den Standort in T zu verwerten. Dieses "Geschäft in der City" habe ihr allein von der Lage her sehr wertvoll erscheinen müssen. 1987 bis 1989 sei dann auch nur eine eingeschränkte Tätigkeit der früheren Ehefrau des Bw erfolgt. Zur Ermittlung eines nachhaltigen Zukunftserfolges seien die Jahre 1985 und 1986 heranzuziehen, in denen ein Durchschnittsertrag von rund ATS 420.000,-- erzielt worden sei. Dieser Betrag sei noch um die damaligen Bezüge der früheren Ehefrau des Bw samt Nebenkosten zu erhöhen, weshalb sich die Summe auf rund ATS 1,000.000,-- belaufe. Die Kapitalisierung dieses Betrages mit einem entsprechenden Abzinsungsfaktor führe zu Barwerten, deren Summe einen gerundeten Ertragswert von etwa 10 Millionen ATS ergebe. Dieser wiege das Negativkapital von (bereinigt) ATS 3,228.254,92,-- "spielend" auf. Zu den vorhandenen stillen Reserven verwies der Bw neuerlich auf das Kaufanbot betreffend den Standort T iHv 4,100.000 ATS netto. Die stillen Reserven betreffend den Standort T, hätten etwa ATS 2,200.000,-- betragen. Der Ertragswert des anderen Standortes (B-Straße) von nahezu 10 Millionen ATS, zu dem noch stille Reserven iHv außer Streit gestellten mindestens ATS 450.000,-- für das dortige Mietrecht hinzuzurechnen seien, sei ebenfalls zu berücksichtigen. Es habe sich daher um kein "wertloses" oder gar real überschuldetes Unternehmen gehandelt, welches auf die frühere Ehefrau des Bw übergegangen sei. Im Übrigen habe die frühere Ehefrau des Bw in der Folge rund ATS 900.000,-- brutto jährlich zur Deckung eines durch die eigenständige Haushaltsführung erhöhten Bedarfes für ihren Lebensaufwand iHv rund ATS 382.000,-- sowie für die durchschnittliche Schuldentilgung aus der Boutique in der B-Straße erwirtschaften müssen, was für einen entsprechend hohen Ertragswert des Standortes B-Straße spreche. Schließlich wies der Bw auf ein an ihn gerichtetes Schreiben des damaligen Rechtsvertreters seiner früheren Ehefrau vom hin, welches er dem Schriftsatz beilegte und wonach der Bw dem genannten Rechtsvertreter wiederholt versichert habe, dass er seiner damaligen Ehefrau die von ihr aufgebaute und auch tatsächlich geführte Boutique Ja habe übertragen wollen, nachdem der weitere Betrieb (Standort) T veräußert sein werde. Es sei wiederholt darüber gesprochen worden, dass die frühere Ehefrau des Bw von einer gewissen "Existenzangst" ergriffen worden sei, wenn sie daran gedacht habe, dass sie 17 Jahre lang ein Geschäft aufgebaut und erfolgreich geführt habe, ohne dieses Geschäft auch tatsächlich zu besitzen. Der Wunsch der früheren Ehefrau des Bw, ihr das Geschäft zu übertragen, resultiere aus dem durchaus legitimen Bedürfnis, nach außen hin auch den seit Jahren erarbeiteten Erfolg dokumentiert zu wissen. Es verstehe sich von selbst und sei vom Bw bestätigt worden, dass die Boutique Ja schuldenfrei ins Eigentum seiner früheren Ehefrau übergehen solle, habe der Rechtsanwalt geschrieben.
Die FLD für Wien, NÖ und Bgld, Berufungssenat V, wies mit Bescheid vom die Berufung betreffend Umsatzsteuer erneut als unbegründet ab und gab der Berufung betreffend Einkommensteuer lediglich insoweit Folge, als sie den Wert der Aktiva entsprechend dem Berufungsvorbringen um ATS 15.000,-- erhöhte und somit bei Einkommensteuerfestsetzung von einem um diesen Betrag geringeren Veräußerungsgewinn ausging. Als Begründung wurde ua ausgeführt, es handle sich nach Ansicht der Behörde nach dem Wortsinn eher um einen Kauf. Dies gehe aus Punkt 2 der Vereinbarung vom hervor, wonach der Bw den Betrieb "veräußert". Die weitere Formulierung, dass dies "unentgeltlich" geschehe, sei insofern zu relativieren, als das Wort "unentgeltlich" im Vertrag selbst so interpretiert werde, damit "ohne Geldfluss" gemeint sei, dh "unentgeltlich" in dem Sinn, dass eben "nur" sämtliche Verbindlichkeiten übernommen würden. Es habe sich daher dem Wortsinn nach um eine Veräußerung gegen Schuldübernahme gehandelt. Im Zusammenhang damit sei auch der nächste Absatz im Vertrag zu sehen, wonach die Feststellung der Verbindlichkeiten auf Grund einer zu errichtenden Bilanz zu erfolgen habe. Dabei habe es sich um die Konkretisierung des Entgelts gehandelt. Auch die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche würden für einen Kauf sprechen. Beide Vertragsparteien seien Kaufleute, von denen anzunehmen sei, dass sie in kaufmännischer Art und Weise agierten. Es wäre - selbst bei aufrechter Ehe - ungewöhnlich für die Gepflogenheiten des geschäftlichen Verkehrs, ein Unternehmen zu verschenken. Der ursprüngliche Vertrag vom sei eindeutig ein Kaufvertrag. Die frühere Ehefrau des Bw habe nur die Boutique am Standort B -Straße erwerben und den Verkauf des Standortes T im Namen und auf Rechnung des Bw vornehmen wollen. Der Kaufpreis habe sich aus dem zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieses bedingten Kaufvertrages vorhandenen Anlagevermögens des Betriebes in der B -Straße und dem vorhandenen Warenlager zusammengesetzt. An Verbindlichkeiten sei ein Betrag übernommen worden, der den Anschaffungswerten der mitgenommenen Waren entsprochen habe. Der "modifizierte" Kaufvertrag vom habe den bedingten Kaufvertrag vom außer Kraft gesetzt, stünde aber in sachlichem Zusammenhang damit. Daher handle es sich auch bei dieser Vereinbarung um einen Kauf. Der Argumentation des Bw, es handle sich um eine Versorgung seiner Ehefrau bei aufrechter Ehe, könne nicht gefolgt werden. Seine Darstellung einer bis April 1989 intakten Ehe könne nicht aufrecht erhalten werden, weil er selbst vorgebracht habe, dass seine frühere Ehefrau vor der Betriebsübertragung mehrmals "ausgezogen und dann wieder zurückgekommen" sei und schon etwa zwei bis drei Jahre vor der Scheidung zielstrebig eine Trennung betrieben hätte. Dass die "Vermögensauseinandersetzung" anlässlich der Scheidung erfolgt sei, sei keinesfalls widerlegt, sondern im Gegenteil aus der Aktenlage ersichtlich. Im Scheidungsvergleich sei festgelegt, dass die Antragsteller festhielten, es sei ein Notariatsakt errichtet worden, wonach der Bw die Boutique Ja veräußert habe. Auch dabei sei die Textierung "veräußert" unmissverständlich und ein weiterer massiver Umstand, der für die Entgeltlichkeit des zu beurteilenden Rechtsgeschäftes spreche. Da der Bw zumindest jederzeit mit einer Trennung habe rechnen müssen, habe er als rational handelnder Kaufmann keinen ersichtlichen Grund gehabt, seiner damaligen Ehefrau den Betrieb zu schenken. Werde ein überschuldeter Betrieb lediglich gegen Schuldübernahme übertragen, stellten nur die übernommenen Schulden den Veräußerungserlös dar. Dies gelte jedoch nur im Fall einer entgeltlichen Übertragung, die hier vorliege. Die Rechtsprechung, wonach bei Übertragung eines bloß buchmäßig überschuldeten Betriebes zwischen nahen Angehörigen id Regel ein unentgeltlicher Erwerb vorliege, sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil die Betriebsübertragung wie ein Rechtsgeschäft zwischen Fremden behandelt werde, es handle sich nämlich einerseits um eine "Vermögensauseinandersetzung" iZm der Ehescheidung, andererseits seien beide Ehegatten Kaufleute. Im Übrigen sei der Betrieb tatsächlich real überschuldet gewesen. Zur Ertragswertberechnung führte die Behörde aus, es seien die Verkehrswerte zum Stichtag der Veräußerung und nicht die kapitalisierten Ertragswerte heranzuziehen. Die Summe der stillen Reserven zum Stichtag betrage ATS 2,358.387,--. Dies ergebe sich aus der Differenz zwischen dem Betrag von ATS 3,800.000,--, um den der Standort T tatsächlich unmittelbar nach Übernahme verkauft worden sei, und den entsprechenden Buchwerten von ATS 1,891.613,--, somit von ATS 1,908.387,--, welche um den Wert des nicht aktivierten Mietrechtes in der B -Straße von ATS 450.000,-- zu erhöhen seien. Das unstrittig den Betrag von ATS 3,000.000,-- übersteigende Negativkapital sei deshalb eindeutig höher als die stillen Reserven einschließlich Firmenwerte. Der Betrieb sei also nicht nur buchmäßig überschuldet. Die Schätzung des Lebensaufwandes der früheren Ehefrau des Bw gehe von bloßen Vermutungen aus, berücksichtige nicht einen allfälligen Vermögensstand und konstruiere einen Ertragswert, der bei Ermittlung der stillen Reserven nicht zur Anwendung gelange. Überdies habe der Bw seiner früheren Ehefrau das Veräußerungsentgelt iHv ATS 6,220.511,53,-- zuzüglich 20% USt in Rechnung gestellt, was ebenfalls ein gewisses Indiz für eine Veräußerung darstelle. Da der Schenkungswille vom Bw weder habe nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden können, sei der Wille der Beteiligten vielmehr nach dem Wortlaut des Vertrages und nach den Umständen der Erklärung sowie nach den für den Rechtsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen als auf eine entgeltliche Übertragung gerichtet anzusehen. Damit habe der Bw auch als Unternehmer eine Leistung bewirkt, um eine Gegenleistung zu erhalten. Die Leistung sei in der entgeltlichen Übertragung des Betriebes mit seinen Aktiven und Passiven gelegen, die Gegenleistung in der Übernahme der Passiven. Zur Höhe des Veräußerungsgewinnes führte die FLD aus, dass diese als Differenz zwischen Aktiven und übernommenen Passiven zu ermitteln sei, wobei der Differenzbetrag die aufgedeckten stillen Reserven darstelle. Es sei dem Bw insoweit zu folgen, als die Betriebsübertragung so behandelt werde, wie wenn sie zwischen Fremden stattgefunden hätte. Demnach sei ohnehin nicht davon auszugehen, dass ein real überschuldeter Betrieb übertragen werde. Der Veräußerungsgewinn und damit die Aufdeckung der stillen Reserven sowie des Firmenwertes ergäben sich rein rechnerisch, sodass die Frage der realen oder buchmäßigen Überschuldung und damit die Höhe der einzelnen in den übertragenen Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven des Firmenwertes nicht mehr geprüft zu werden brauche. Hinsichtlich der Umsatzsteuer liege das steuerbare Entgelt iHd Schuldübernahme vor, wovon die auf die Übernahme von Geldforderungen und von Wertpapieren entfallenden Umsätze steuerfrei seien, weshalb die Bemessungsgrundlage mit ATS 6,431.823,45,-- anzusetzen sei.
Die Berufungsentscheidung der FLD für Wien, NÖ und Bgld wurde mit Erkenntnis des Zl 2001/13/0156 wegen unschlüssiger Beweiswürdigung aufgehoben.
Über die Berufung wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt steht fest.
Der Bw betrieb als Einzelunternehmer bis zum Jahr 1989 ua eine Boutique mit zwei Betriebsstätten in Wien an den Standorten B -Straße und T. Mit einem Notariatsakt vom errichteten der Bw und seine damalige Ehegattin, Fr J, einen "Kaufvertrag", wonach ihr der Bw die Boutique "Ja " unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Teilbetrieb am Standort T verkauft werde, und um jenen Betrag verkauft, welcher "dem Wert des Anlage- und den Einstandswerten des Umlaufvermögens" im Zeitpunkt eines vom Eintritt der Bedingung abhängigen, näher definierten Stichtages entspreche. Mit Notariatsakt vom schlossen der Bw und seine damalige Ehegattin eine Vereinbarung, wonach sie den bedingten Kaufvertrag vom einvernehmlich aufhoben und der Bw den Betrieb mit seiner Ehegattin "unentgeltlich nur gegen dem, dass diese sich verpflichtet, sämtliche in diesem Unternehmen begründeten Verbindlichkeiten welcher Art immer, insbesondere Betriebssteuern derart und aus eigenem zu entrichten, dass sie sich verpflichtet, (Anm: den Bw) hinsichtlich jeder Inanspruchnahme diesbezüglich vollkommen klag- und schadlos zu halten", veräußere. Die Feststellung dieser Verbindlichkeiten werde einer zum zu errichtenden Bilanz vorbehalten. Die Betriebsübertragung wurde am vom die Vereinbarung beglaubigenden Notar dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien als Schenkung zur Bemessung der Gebühren bzw Schenkungssteuer angezeigt. Der Bw erklärte in seinen den Abgabenerklärungen für 1989 angeschlossenen Bericht über den Jahresabschluss 1989 der Boutique "Ja ", dass diese an Fr J unentgeltlich übertragen worden sei.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts vom wurde die Ehe zwischen dem Bw und Fr J gem § 55a Ehegesetz einvernehmlich geschieden.
Die Betriebsübertragung ist unentgeltlich erfolgt. Es war der Wille beider Vertragsparteien, eine Schenkung durchzuführen. Bei Abschluss der Vereinbarung über die Betriebsübertragung am lag Schenkungsabsicht vor. Die Parteien wollten keinen Kaufvertrag, sondern einen Schenkungsvertrag schließen. Es handelte sich um eine Vereinbarung zwischen nahen Angehörigen, die zu einer tatsächlichen Bereicherung der damaligen Ehegattin des Bw führte. Der Betrieb war bloß buchmäßig überschuldet; der reale Wert des Betriebes war positiv.
Die Feststellung der Verbindlichkeiten in einer zu errichtenden Bilanz (s o) hatte den Zweck, die Kenntnis der Verbindlichkeiten durch die damalige Ehegattin des Bw zu erreichen und den Wert des unentgeltlich übertragenen Betriebes zu beschreiben.
Der Bw wollte zum Zeitpunkt der Übertragung des Betriebes seine damalige Ehefrau zum Verbleib in der Wohnung bewegen und von einer Trennung abbringen. Aus diesem Zweck führte er auch vom bis eine Fernostreise mit seiner damaligen Ehegattin und der gemeinsamen Tochter durch. Die Absicht des Bw, sich von seiner damaligen Ehegattin scheiden zu lassen, bestand erst durch das Ende April 1989 erlangte Wissen um außereheliche Beziehungen seiner damaligen Ehefrau.
Die damalige Ehefrau des Bw hatte 17 Jahre lang die Boutique selbständig geführt und aufgebaut. Als Art Anerkennung für bisherige Leistungen wollte sie bereits Ende November 1988 die Boutique unentgeltlich übertragen erhalten. Die unentgeltliche Übertragung des Betriebes steht daher nicht im Zusammenhang mit der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung anlässlich der Ehescheidung, sondern erfolgte bereits vorher und davon unabhängig.
Der festgestellte Sachverhalt beruht auf folgender Beweiswürdigung.
Der (aufhebende) Vertrag vom ist derart unklar abgefasst, dass aus dem Vertragswortlaut nicht auf die Absicht der unentgeltlichen oder der entgeltlichen Übertragung des Betriebes geschlossen werden kann. Diese Absicht ist daher aus den Umständen der Erklärung und den im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen zu erkennen. Diese Umstände sprechen für unentgeltliche Übertragung. So ist insbesondere auf das glaubwürdige Vorbringen des Bw hinsichtlich des gesamten Zeitablaufs und der von ihm vorgelegten Unterlagen zu verweisen. Die Fernostreise ist durch eine Bestätigung des Reisebüros nachgewiesen. Dass der Bw erst Ende April 1989 den Entschluss fasste, sich von seiner damaligen Ehegattin zu trennen, ist durch das in diesem Zeitpunkt eintretende und glaubhaft geschilderte Ereignis, nämlich des Auftauchens eines Herrn im Büro des Bw, welcher außereheliche Beziehungen zur damaligen Gattin des Bw gestand, nachvollziehbar. Diese Tatsache wird auch durch das Schreiben des Rechtsvertreters des Bw an diesen vom glaubhaft, in dem bestätigt wird, dass "Sie mich telefonisch am erstmals mit der Durchführung einer einvernehmlichen Ehescheidung gem § 55a Ehegesetz betraut haben ...". Dass der Bw seine damalige Gattin in familienhafter Weise bei aufrechter Ehe mit der Boutique versorgen wollte, weil sie diese schon seit vielen Jahren selbständig führte, aber keine Eigentumsrechte daran besaß, ist glaubhaft, zumal der Rechtsvertreter der damaligen Gattin des Bw bereits im Schreiben an den Bw vom festhielt, dass "Sie, sehr geehrter Herr ..., haben ... mir ... wiederholt versichert, dass Sie Ihrer Frau die von ihr aufgebaute und auch tatsächliche geführte Boutique Ja ... übertragen wollen. ... Wir haben wiederholt darüber gesprochen, dass Ihre Frau natürlich von einer gewissen Existenzangst ergriffen ist, wenn sie daran denkt, dass sie 17 Jahre lang ein Geschäft aufgebaut und erfolgreich geführt hat, ohne dieses Geschäft auch tatsächlich zu besitzen. Der Wunsch Ihrer Frau, ihr das Geschäft zu übertragen, resultiert nicht aus einem Misstrauen Ihnen gegenüber, ..., sondern ist in dem durchaus legitimen Bedürfnis begründet, nach außen hin auch den seit Jahren fleißig erarbeiteten Erfolg dokumentiert zu wissen.... und wurde dies auch von Ihnen bestätigt, dass die Boutique "Ja " schuldenfrei ins Eigentum meiner Mandantin übergehen soll. ... ." Dieses Schreiben entspricht dem Vorbringen des Bw in einer Gedächtnisnotiz vom , wonach die damalige Ehegattin des Bw diesen bedrängt habe, ihr die Boutique zu überschreiben, da sie Existenzangst hätte. Die damalige Gattin des Bw sei dann mehrmals ausgezogen und der Bw habe sie überreden können, wieder zurückzukommen.
Aus diesen Unterlagen und dem Parteienvorbringen ist ersichtlich, dass beide Vertragsparteien von einer unentgeltlichen Betriebsübertragung ausgegangen sind. Der Bw wollte die Boutique seiner damaligen Ehegattin unentgeltlich übertragen, um sie zu versorgen und von einer Trennung abzubringen und die damalige Ehegattin des Bw wollte die Schenkung des Betriebes gewissermaßen als Anerkennung für bisherige Leistungen.
Der UFS geht daher in freier Beweiswürdigung davon aus, dass auf beiden Seiten (sowohl des Bw als auch seiner damaligen Ehegattin) keine Gegenleistung beabsichtigt war und es sich daher um eine Schenkung handelt.
Es handelt sich um einen Vertrag zwischen Ehepartnern, daher zwischen nahen Angehörigen. Ob sie (auch) Kaufleute waren, ist irrelevant, da bei diesem Vertrag die Motive naher Angehöriger eindeutig im Vordergrund standen (s auch Erk d VwGH v , Zl 2001/13/0156).
Für den Tatbestand der unentgeltlichen Übertragung spricht auch die Anzeige des Notars als Schenkung beim zuständigen Finanzamt und die Bezeichnung des Rechtsgeschäfts als unentgeltliche Rechtsübertragung in den Beilagen der Jahresbilanz zum .
Das Vorbringen der damaligen Ehegattin des Bw, es habe sich um einen entgeltlichen Erwerb gehandelt, ist im Sachverhalt nicht gedeckt, zumal sie sich vor allem auf die unklare Formulierung im Vertragstext bezieht, aus der für gegenständliche Frage nichts zu gewinnen ist. Das weitere Argument, das Veräußerungsentgelt und die darauf entfallende Umsatzsteuer sei vom Bw in Rechnung gestellt worden, wurde vom VwGH widerlegt (s Erk 2001/13/0156), weil der Bw diese Rechnung "erst 1995, sohin nach Ergehen der Abgabenbescheide, denen eine entgeltliche Betriebsübertragung zu Grunde gelegt wurde, ausgestellt hat und dieser Umstand daher nichts über eine im Jahr 1989 bestandene Absicht zu einer entgeltlichen Betriebsübertragung aussagen kann." Auf den Zeitablauf betreffend die eheliche Gemeinschaft, die Fernostreise und die Ehescheidung wurde bereits ausführlich eingegangen; die Ausführungen der damaligen Ehegattin des Bw können diesbezüglich nichts beitragen.
Dass der Betrieb bloß buchmäßig und nicht real überschuldet ist, ergibt sich aus der Tatsache, dass ein insgesamt positiver Verkehrswert des Betriebes vorliegt. Bezüglich des Standortes T sind die hohen stillen Reserven (Firmenwert) evident durch die unmittelbar nach Übernahme erfolgte Veräußerung und betragen ca ATS 2,000.000,--. (S Berufungsentscheidung FLD v ). Bezüglich des hoch aktiven Standortes B -Straße ist auf den Ertragswert von nahezu ATS 10 Mio , der sich aus der nachvollziehbaren Berechnung des Bw (s Schriftsatz des Bw vom ), zu dem sich noch stille Reserven von ATS 450.000,-- für das dortige Mietrecht gesellen, zu verweisen. Die stillen Reserven (Firmenwert) beider Standorte sind demnach weit höher als das Nagativkapital von ca ATS 3,2 Mio, sodass es sich um die unentgeltliche Übertragung eines bloß buchmäßig überschuldeten, aber real positiven Betriebes zwischen nahen Angehörigen handelt.
In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen. Für das Vorliegen eines Veräußerungsgewinnes bei der Veräußerung des ganzen Betriebes oder eines Teilbetriebes nach § 24 Abs 1 Z 1 EStG 1988 ist die entgeltliche Übertragung des Eigentums am Betrieb Voraussetzung, welche bei einer unentgeltlichen Übertragung einer Schenkung) nicht gegeben ist. Das Kriterium der Entgeltlichkeit ist auch bei der Lösung der Frage ausschlaggebend, ob ein umsatzsteuerbarer Vorgang vorliegt (s Erk VwGH Zl 2001/13/0156). Im gegenständlichen Fall ist kein Veräußerungsgewinn anzusetzen und es liegt kein umsatzsteuerbarer Vorgang vor, da es sich um die unentgeltliche Übertragung des Betriebes handelte.
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betragen: Einkünfte aus Gewerbebetrieb ATS - 565.601,-- lt Erklärung (Nicht bekämpfte) Änderungen laut Bp:
ATS + 2.043,-- Nicht anerkannter Aufwand Tz 14 ATS + 15.000,-- Aktiv. Verpackung Tz 15 ATS + 303.666,-- Nicht geleistete Abfertigungsverpfl. Tz 16 Einkünfte aus Gewerbebetrieb lt BE ATS - 244.892,--
Die übrigen Bemessungsgrundlagen des Bescheids vom blieben unbekämpft.
Bei der Umsatzsteuer werden die Umsätze laut Erklärung herangezogen. Die Vorsteuer gem Betriebsprüfung beträgt -391.131,52,-- (Vorsteuerberichtigung lt. Tz. 14 Bp. Bericht).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Berechnung erfolgt in Euro und Schilling.
Beilage : 4 Berechnungsblätter
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 24 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Übertragung eines bloß buchmäßig überschuldeten Betriebes entgeltlich oder unentgeltlich Ehegatten als nahe Angehörige |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
TAAAD-03813