Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 08.02.2013, RV/0033-G/13

Einstellen der Tätigkeit und Wohnsitzverlegung ins Ausland sind prima vista kein Verhalten, das auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit schließen lässt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten Stb, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes X vom betreffend Aussetzungsantrag gemäß § 212a BAO entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom beantragte der Berufungswerber (Bw.) gem. § 212 a BAO die Einhebung nachstehend angeführter Abgaben auszusetzen. Die Höhe der angeführten Abgaben sei von der Erledigung einer Berufung abhängig.

Darstellung des für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages:


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Abgabenart
Betrag
U 2006
74.377,28
U 2007
180.601,64
U 2008
104.166,60
U 2009
68.589,49
U 2010
64.668,13
U 2011
11.812,30
E 2006
832,43
E 2007
320,30
E 2008
9.690,29
E 2009
4.619,92
E 2010
2.385,92
Anspruchszinsen 2006
242,26
Anspruchszinsen 2007
155,22
Anspruchszinsen 2008
695,46
Anspruchszinsen 2009
221,97
Anspruchszinsen 2010
55,36
U 10-12/2009
7.566,67

Das Verhalten des Abgabepflichtigen sei bisher nicht auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben gerichtet gewesen.

Am erließ das Finanzamt einen Bescheid über die Abweisung eines Aussetzungsantrages mit folgender Begründung:

Gemäß § 212a (2) BAO ist eine Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen, wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe gerichtet ist.

Die Abgabenschuldigkeiten, deren Aussetzung Sie beantragt haben, sind innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten.

In der Berufung vom wurde durch die steuerliche Vertretung ausgeführt:

Bezeichnung des Bescheides:

Bescheid über die Abweisung eines Aussetzungsantrages vom

Punkte die angefochten werden:

Abweisung des Aussetzungsantrages vom

Beantragte Änderungen und Begründung:

Gemäß § 212 a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung Unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Gemäß § 212a Abs. 2 BAO ist die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen a) insoweit die Berufung nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder b) insoweit mit der Berufung ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtet ist.

Es handelt sich bei der Zuerkennung der Aussetzung der Einhebung durch das Finanzamt um keine Ermessensentscheidung, sondern der Abgabepflichtige hat einen Rechtsanspruch auf Gewährung einer Aussetzung der Einhebung solange ein Berufungsverfahren läuft.

Die im Bescheid als Begründung angeführte Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben ist nicht gegeben. Laut Richtlinien für die Abgabenerhebung ist der Umstand, dass die Einbringlichkeit der Abgabe an sich gefährdet ist oder durch die Bewilligung der Aussetzung gefährdet wird, außer Betracht zu lassen.

Nur wenn tatsächlich darauf abgezielt wird, das Vermögen dem Zugriff des Abgabengläubigers zu entziehen, etwa durch Vermögensverschiebung ins Ausland (), Übertragung des Vermögens an Verwandte oder Einräumung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes an Liegenschaften (), kann von einer objektiven Gefährdungseignung gesprochen werden.

Diese Meinung vertritt auch Ritz in seinem Kommentar zur BAO: "Im Unterschied zu Zahlungserleichterungen (§ 212), wo eine Gefährdung der Einbringlichkeit einer Bewilligung von Zahlungserleichterungen entgegensteht, ist eine Aussetzung nach § 212a grundsätzlich auch zulässig, wenn die Einbringlichkeit der Abgabe gefährdet ist. Ein der Aussetzung nach § 212a Abs. 2 lit c entgegenstehendes Verhalten des Abgabepflichtigen läge zB vor, wenn er sein Vermögen an nahe Angehörige überträgt (Bibus, RdW 1987, 276; ), (nach ) bei Verkauf von Mitunternehmeranteilen und Einräumung eines verbücherten Belastungs- und Veräußerungsverbotes an einer Liegenschaft, bei Verkauf einer Liegenschaft und von Wirtschaftsgütern sowie Überlassung der Erlöse ausschließlich an ihr nahe stehende Gesellschaften (), bei Übertragung des Vermögens an eine Stiftung (,0046).

Entscheidend ist die objektive Gefährdungseignung, die mit dem Verhalten verbunden ist, nicht die Motivation des Abgabepflichtigen (; , 98/14/0123; , 94/14/0088; , 2010/15/0044). Bedeutsam ist nicht nur ein im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Aussetzungsantrag stehendes Verhalten des Abgabepflichtigen, sondern auch ein zeitlich davor liegendes Verhalten ()."

Der Bw. hat keine Vermögensverschiebungen vorgenommen, seiner Berufung liegt eine vertretbare Rechtsansicht zu Grunde. Daher bin ich der Meinung, dass die Aussetzung der Einhebung gemäß unserem Antrag vom 8. Oktober zu bewilligen ist.

Das Finanzamt legte diese Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem UFS zur Entscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.

Gemäß § 212a Abs. 2 BAO ist die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen,

a) insoweit die Berufung nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint, oder

b) insoweit mit der Berufung ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder

c) wenn das Verhalten des Abgabepflichtigen auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtet ist.

Dem Einwand des Bw., dass die bloße Gefährdung der Einbringlichkeit einer Abgabe die Aussetzung der Einhebung noch nicht unzulässig mache, sondern erst ein bestimmtes, auf die Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtetes Verhalten, ist beizupflichten, da der Gesetzeswortlaut des § 212a Abs. 2 lit. c BAO dies eindeutig normiert.

Das Finanzamt hat lediglich unter Zitierung des § 212a Abs. 2 lit. c BAO im angefochtenen Bescheid den Antrag auf Aussetzung der Einhebung abgewiesen, ohne darzutun, worin ein die Einbringlichkeit der Abgaben gefährdendes Verhalten des Bw. zu erblicken sei.

Im Gegensatz dazu legte der Bw. in der Berufung dar, dass er keinerlei Handlungen setzte, die auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtet seien.

Diesem Vorbringen in der Berufung trat das Finanzamt nicht entgegen.

Lediglich im Vorlagebericht führte das Finanzamt aus, dass aus dem Umstand, dass der Bw. seine Tätigkeit in Österreich mit eingestellt habe und er in Österreich nur mehr einen Nebenwohnsitz habe, während sein Hauptwohnsitz in Deutschland gelegen sei, die Zugriffsmöglichkeiten der österreichischen Finanzverwaltung eingeschränkt seien, weshalb eine objektive Gefährdungseignung vorliege.

Abgesehen davon, dass diese Ausführungen den Charakter eines Aktenvermerkes haben, die dem Bw. nicht zur Stellungnahme vorgehalten wurden und auch nicht als Begründung für den angefochtenen Bescheid herangezogen werden können, wird damit auch kein Verhalten des Bw. aufgezeigt, dass auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit schließen lässt.

Aus der Einstellung der Tätigkeit auf ein Verhalten zu schließen, dass auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtet ist, um mit diesem Argument einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung abzuweisen, kann der UFS nicht folgen. Sollte das Finanzamt tatsächlich um die Einbringlichkeit der Abgaben fürchten, so hätte es mittels z. B. Sicherstellungsauftrag (bei Vorliegen der vom Gesetz geforderten Voraussetzungen) vorgehen können.

Auch die behaupteten eingeschränkten Zugriffsmöglichkeiten durch die Hauptwohnsitzverlegung nach Deutschland vermögen nicht zu überzeugen.

Einerseits hat der Bw. noch einen Wohnsitz in Österreich, andererseits wird auf den Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen vom (ratifiziert am ), BGBl. 1955/249 (in der derzeit gültigen Fassung), und dort vor allem auf die Art. 3 und 11, verwiesen.

Da ein aussetzungsschädliches Verhalten des Bw. nicht vorlag, war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 212a Abs. 2 lit. c BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at