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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 06.02.2013, RV/2548-W/12

Heilpraktiker als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Adr.Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gänserndorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerber (Bw.) beantragte in seiner Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2010 Aufwendungen in Höhe von € 8.146,30 als außergewöhnliche Belastungen, wie folgend:


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1) I. Naturprodukte, 50% anteilsmäßig
3.126,75
2) Dr. T.
477,07
3) Heilpraktiker M.
3.672,00
4) M.: Laborrechnungen
521,10
5) Süd-West-Labor A.
349,38
gesamt
8.146,30

Mit Einkommensteuerbescheid 2010 vom nahm das zuständige Finanzamt Kürzungen im Bereich der außergewöhnlichen Belastungen vor. Von den geltend gemachten Krankheitskosten in Höhe von € 8.146,30 hätten nur der Pauschbetrag für Diätverpflegung und der Freibetrag einer 70%igen Behinderung berücksichtigt werden können. Die Kosten für Nahrungsergänzung sowie für einen Heilpraktiker in X-Land wurden mangels ärztlicher Verschreibung und Kostenersätze der Krankenkasse nicht anerkannt.

Mit Eingabe vom wurde fristgerecht Berufung erhoben und wie folgt eingewendet. Die Leistung des deutschen Heilpraktikers wäre vom Hausarzt Dr. L. verordnet und in den vorangegangenen Jahren auch anerkannt worden, ebenso die Nahrungsmittelergänzungen als Teil des Therapieplanes. Die Arztbestätigung wäre auch der gegenständlichen Jahreserklärung beigelegt worden.

Über Vorhalt des Finanzamtes wurde bekannt gegeben, dass Ersätze der Krankenkasse nicht geleistet wurden und legte die Bw. eine ärztliche Verordnung und Bescheid des Bundessozialamtes zur Bestätigung vor. Die Bw. leide unter der Krankheit Hepatitis C mit Erscheinungen eines seltenen Virustypus.

Die Berufung wurde mit abweisender Berufungsvorentscheidung erledigt und fristgerecht der die Vorlage der Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung beantragt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gem. § 34 Abs.1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Absatz 2: Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.Absatz 3: Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Allgemein gilt für außergewöhnliche Belastungen iSd § 34 EStG, dass diese zwar grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen sind. Die Behörde ist jedoch nicht verpflichtet, von sich aus weitreichende Ermittlungen durchzuführen. Ein Vorhalt bezüglich der Beibringung von Beweisen ist in diesem Zusammenhang üblicherweise ausreichend. Der Nachweis oder die Glaubhaftmachung einer außergewöhnlichen Belastung obliegt also in erster Linie der Partei (vgl. Doralt, EStG, 11. Auflg., § 34 Tz 7, und die dort zit. Judikatur).

Der Steuerpflichtige, der eine abgabenrechtliche Begünstigung - wie z.B. eine außergewöhnliche Belastung - in Anspruch nimmt, hat selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen der Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Komm., § 34 Tz 5).

Was durch Krankheit verursachte Kosten im Speziellen anlangt, so gilt diesbezüglich nach herrschender Rechtsauffassung, dass derartige Kosten außergewöhnlich sind und auch aus tatsächlichen bzw. bei Unterhaltsverpflichteten aus rechtlichen Gründen zwangsläufig im o.a. Sinne erwachsen (vgl. Jakom/Baldauf EStG § 34 Rz 90 "Krankheitskosten"). Diese Aussage bezieht sich auch auf Kosten einer alternativmedizinischen Behandlung. Diese sind also grundsätzlich ebenfalls als außergewöhnliche Belastung absetzbar (vgl. Jakom/Baldauf EStG § 34 Rz 90 "Alternativmedizinische Behandlung").

Das eben Gesagte gilt allerdings nur für Krankheitskosten, die typischerweise mit einer Heilbehandlung bzw. -betreuung verbunden sind. Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit sind hingegen nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig (vgl. Doralt, EStG11, § 34 Rz 78 "Krankheitskosten").

Nicht abzugsfähig sind beispielsweise auch Kosten einer alternativmedizinischen Selbstbehandlung, denn der Nachweis der Zwangsläufigkeit ist grundsätzlich mittels Vorlage einer ärztlichen Verordnung zu erbringen. Es muss eine Maßnahme im Rahmen eines ärztlichen Behandlungsplans gegeben sein (vgl. ).

Auch mit einer außerhalb eines ärztlichen Behandlungsplans stehenden bloßen ärztlichen Empfehlung wird den o.a. Anforderungen an die Nachweisführung bei Krankheitskosten nicht entsprochen; dies insbesondere auch bei von der allgemeinen Lebensführung schwer abgrenzbaren Kosten (vgl. -G/06).

Ausgehend von der o.a. Rechtslage wird daher Folgendes festgestellt:

In Streit steht die Anerkennung der in den Berufungsjahren als außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung geltend gemachten Aufwendungen.

Als Sachverhalt steht fest, dass die Bw. infolge einer Erkrankung an Hepatitis C mit Bescheid vom zu 70% behindert ist, wie aus dem Beiblatt zum Bescheid des Bundessozialamtes ersichtlich, mit dem Zustandsbild erhöhter Leberfunktionswerte und Beschwerden.

Die geltend gemachten Aufwendungen für Nahrungsmittelergänzungen wurden vom Finanzamt mit dem Pauschalbetrag für Krankendiätverpflegung anerkannt und die Kosten für denHeilpraktiker zur Gänze als außergewöhnliche Belastungen nicht anerkannt, da weder eine ärztliche Verschreibung noch Kostenersätze durch der Krankenkasse vorgelegt wurden.

Ad Nahrungsmittelergänzung)

Gemäß § 35 Abs.1 und 2 EStG 1988 steht einem Steuerpflichtigen, der außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung und bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des Ehegatten hat, auf Antrag ein Freibetrag zu. Die Höhe des Freibetrages (Abs. 3) bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit.

Gemäß Abs. 5 dieser Gesetzesstelle können an Stelle des Freibetrages auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden, wobei diese tatsächlichen Kosten gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 ohne Berücksichtigung eines Selbstbehaltes abgezogen werden können.

Ergänzend zu dieser gesetzlichen Regelung wurden mit Verordnung (VO) des Bundesministeriums für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 idF BGBl. II Nr. 416/2001, weitere Pauschbeträge festgesetzt, die als Abgeltung für bestimmte Mehraufwendungen ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten steuermindernd berücksichtigt werden können. § 2 dieser Verordnung gewährt als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten unter anderem bei Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit einen pauschalen Freibetrag von 42 € pro Kalendermonat. § 4 bestimmt: Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind in nachgewiesenem Ausmaß zu berücksichtigen.

Entsprechend der oben zitierten Regelungen wurde vom Finanzamt der allgemeine Freibetrag für eine 70%ige Behinderung nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 in Höhe von € 363,- und Belastungen wegen eigener Behinderung in Höhe von € 612,- berücksichtigt. Damit wurde für eine ausgewogene, nicht belastende Ernährung ohne Mangelerscheinungen eine Diätverpflegung wegen anderer innerer Krankheit (Hepatitis) ein Pauschbetrag berücksichtigt.

Bezüglich der Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel (Dr. T.) in Höhe von € 477,7 wird festgestellt, dass Aufwendungen für Stärkungsmittel generell zu den nichtabzugsfähigen Aufwendungen gemäß § 20 Abs. 1 Zi 1 und 2 EStG 1988 zählen, die lediglich im Rahmen einer ärztlich verordneten Diät abzugsfähig sein können. Die beantragten Aufwendungen sind somit nicht unter den Begriff Krankheitskosten zu subsumieren sind, selbst wenn sie sich auf den Krankheitsverlauf positiv auswirken können.

Ad Aufwendungen für den Heilpraktiker)

Die Kosten für die Konsultationen beimHeilpraktiker (und I. Naturprodukte ) werden aus folgenden Gründen nicht anerkannt . Die Bw. hat lediglich eine ärztliche Empfehlung des praktischen Arztes vom vorgelegt, wonach die Bw. und ihr Ehegatte an vielen Nahrungsmittelallergien mit schweren Krankheitssymptomen leiden. Eine Behandlung bei dem Heilpraktiker M. in X-Land sei angezeigt, welcher über einen speziellen Allergietest für rund 300 Lebensmittel verfügen wurde und die dafür nötigen Therapien durchführen könnte.

Aufwendungen für alternative Behandlungstherapien sind allerdings - wie obig bereits dargelegt wurde - nur dann als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, wenn die medizinische Notwendigkeit mittels einer vor der Behandlung erstellten ärztliche Verordnung nachgewiesen wird (siehe dazu Doralt, EStG13, § 34 Tz 78 "Alternativmedizinische Behandlung" sowie die dort angeführte Judikatur). Nicht ausreichend für die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung sind bloße ärztliche Empfehlungen.

Alternative Heilmethoden sind - neben dem Vorliegen der sonstigen Merkmale von außergewöhnlichen Belastungen - dann als Heilbehandlungen iSd. § 4 der Verordnung des Bundesministers für außergewöhnliche Belastungen absetzbar, wenn ihre medizinische Notwendigkeit nachgewiesen wird. Dies erfordert keinen wissenschaftlich gesicherten Nachweis, wohl aber, dass hinsichtlich der betreffenden Maßnahmen zumindest auf einen gewissen Heilungserfolg in breiten Kreisen der Bevölkerung, d.h. jedenfalls in einer für die Bildung eines Erfahrungssatzes ausreichenden Zahl von Fällen, verwiesen werden kann, dass also der Erfolg typischerweise erzielt wird und sich nicht nur auf eine bloß subjektive Besserung der Beschwerden beschränkt (-G/06).

Der Nachweis oder die Glaubhaftmachung obliegt in erster Linie der Partei ().

Im vorliegenden Fall wurden die durch die Krankheit bedingte Zwangsläufigkeit und Notwendigkeit weder durch ärztliche Verordnungen nachgewiesen noch Kostenersätze durch die Krankenkasse gewährt. Aufwendungen, die lediglich auf eine Verbesserung des Allgemeinzustandes abzielen, sind selbst wenn sich die betreffende Maßnahme auf den Verlauf der konkreten Krankheit positiv auswirken können, nicht davon erfasst (vgl. ).

Laut Internetseite M. "Experte für Cellsymbiosistherapie" hat die Therapie zum Ziel chronische Krankheiten gezielt und nachhaltig zu heilen und wirkungsvoll vorzubeugen.

Häufige Ursachen für chronische Krankheiten sind: Ernährungsfehler (Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Eiweißmangel), Zellatmungsstörungen, Zellentgiftungsstörungen, Darmstörungen, Immunsystemschwächen (Folge von bakteriellen, viralen und Pilzbelastungen), Schwermetallbelastungen, fehlerhaft durchgeführte Schwermetallentgiftungen, Störungen des Wasserhaushaltes, psychische Belastungen und Krisen, dauerhaft mentale Überstressung, Elektrosmog, Chronische Entzündungen, Bewegungsmangel oder sportliches Übertraining, Mangel an Polyphenolen, Spurenelementen, Vitaminen und dergleichen durch reduzierte Aufnahme der Schleimhaut des Darmes oder übermäßiger Medikamentenkonsum oder Medikamentenabhängigkeit.

Ziel sei es, durch den individuellen Einsatz die systematische Verbesserung der Zell- und Organleistungen. Ernährungsbegleitend würden Mikro und Makronährstoffpräparationen von Tisso-Naturprodukten verwendet, zur Kontrolle der Behandlungserfolge. Weiters erfolgen Qualitätssicherungskontrollen in Bezug auf die Freiheit von Schwermetallen, Leichtmetallen, Landwirtschaftsgiften, Radioaktivität sowie Medikamentenrückständen.

Aus dieser Beschreibung lässt sich ersehen, dass diese Therapie bei einer Vielzahl von Erkrankungen zum Einsatz gelangen kann und Krankheiten "durch die Einnahme derselben positiv beeinflusst werden können".

Für den Unabhängigen Finanzsenat ist zwar verständlich, dass die Bw. bei ihrer Erkrankung jedes nur erdenkliche Mittel in der Hoffnung verwendet, dieser beizukommen. Die vorgelegte Bestätigung des praktischen Arztes stammt aus dem Jahr 2007 und beinhaltet zudem lediglich eine Empfehlung, die als Nachweis für die medizinische Notwendigkeit der in Rede stehenden Aufwendungen nicht geeignet ist.

Selbst wenn in diesem Zusammenhang sich der Allgemeinzustand und Hepatitis(werte) gebessert haben, was in der Berufung gar nicht vorgebracht wurde, kann dies in Anbetracht der geschilderten Voraussetzungen für die Anerkennung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung keine Berücksichtigung finden.

Somit können die Kosten für die Behandlungen in X-Land in Höhe von € 3.672,- inkl. Laborrechnungen in Höhe von € 521,- und € 349,38 und I. Naturprodukte in Höhe von €°3.126,75 steuerlich nicht berücksichtigt werden.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Heilpraktiker

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at