TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 23.07.2008, RV/0756-L/06

1) Anspruchszinsen 2) Zulässigkeit eines Vorlageantrages vor Ergehen einer Berufungsvorentscheidung

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/0756-L/06-RS1
Ein vor Zustellung der Berufungsvorentscheidung gestellter Vorlageantrag ist nur dann wirksam, wenn er nach Zustellung der (separaten) Begründung der Berufungsvorentscheidung eingebracht wird ().

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Stremitzer & Winkler Steuerberatung GmbH, 4020 Linz, Volksgartenstraße 26, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, vertreten durch HR Gottfried Buchroithner, vom betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2002 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 vom wurde die Einkommensteuer mit 49.677,06 € festgesetzt.

Das Finanzamt führte mit Bescheid vom eine auf § 293 BAO gestützte Berichtigung dieses Einkommensteuerbescheides für 2002 vom durch und setzte die Einkommensteuer für 2002 mit 60.614,43 € fest. Aus diesem Bescheid resultierte eine Nachforderung in Höhe von 10.937,06 €.

Das Finanzamt setzte mit dem angefochtenen Bescheid vom Differenzbetrag aus der Gegenüberstellung mit dem bisher vorgeschriebenen Betrag, also von der Nachforderung in Höhe von 10.937,06 € Anspruchszinsen für den Zeitraum vom bis , das sind 891 Tage, in Höhe von 925,79 € fest.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Berufung vom , in der im Wesentlichen vorgebracht wird, dass das Finanzamt keine Berechtigung hatte, einen auf § 293 BAO gestützten Berichtigungsbescheid hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2002 vom zu erlassen und daher auch der daraus abgeleitete Anspruchszinsenbescheid aufzuheben sei.

Das Finanzamt hat eine mit datierte Berufungsvorentscheidung erlassen, mit welcher die Berufung gegen den berichtigten Einkommensteuerbescheid für 2002 vom als unbegründet abgewiesen wurde. In diesem Zusammenhang hat das Finanzamt am gesonderte Begründungen zur Berufungsvorentscheidung betreffend den Einkommensteuerbescheid für 2002 und den Bescheid betreffend die Festsetzung von Anspruchszinsen an den Bw. zugestellt.

Der Vorlageantrag vom richtet sich darauf, sowohl die Berufung vom gegen den berichtigten Einkommensteuerbescheid 2002 vom als auch die Berufung gegen den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2002 dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorzulegen. Wiederholt wurde die Ansicht des Bw., wonach die Berichtigung des Einkommensteuerbescheides für 2002 nicht zulässig gewesen sei.

Das Finanzamt hat am eine Berufungsvorentscheidung hinsichtlich des Bescheides betreffend die Festsetzung der Anspruchszinsen erlassen. Darin wurde auf die gesondert ergangene Begründung vom verwiesen.

Die Berufung wurde am dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Bescheid vom hat der Unabhängige Finanzsenat das gegenständliche Berufungsverfahren ausgesetzt, da die Rechtsfrage, ob Bescheide betreffend Anspruchszinsen, die automatisiert ergehen, Bescheidqualität haben, in dem beim Verwaltungsgerichtshof zu Zl. 2005/14/0016 anhängigen Verfahren zu klären war. Diese Rechtsfrage war für den Ausgang des gegenständlichen Verfahrens von wesentlicher Bedeutung.

Der Verwaltungsgerichtshof har im Erkenntnis vom , 2005/14/0014 dargelegt, dass eine behördliche Entscheidung, die zu Gänze "automationsunterstützt, also maschinell und programmgesteuert (vgl. § 4 Z. 7 DSG 2000) erfolgt, dann (verfassungs-)rechtlich zulässig ist, wenn die Eingabe der entscheidungsrelevanten Daten (also sämtliche Sachverhalts- und Tatbestandselemente) und die Programmsteuerung (also der Subsumptionsvorgang) durch die zuständige Behörde oder einen von ihr Beauftragten (Dienstleister) erfolgt. Das Verwaltungsgerichtshofverfahren zu Zl. 2005/14/0016 wurde mit Erkenntnis vom im gleichen Sinne entschieden.

Über die Berufung wurde erwogen:

1) Zur Zulässigkeit der Berufung und des Vorlageantrages:

Der angefochtene automationsunterstützt erstellte Anspruchszinsenbescheid hat Bescheidqualität (vgl. ).

Gemäß § 276 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) kann gegen eine Berufungsvorentscheidung innerhalb eines Monats der Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt werden (Vorlageantrag). Ein vor Zustellung der Berufungsvorentscheidung gestellter Vorlageantrag ist nur dann wirksam, wenn er nach Zustellung der (separaten) Begründung der Berufungsvorentscheidung eingebracht wird (). Da der gegenständliche Vorlageantrag vom offenbar nach Zustellung der gesonderten Begründung vom , jedoch vor Ergehen der Berufungsvorentscheidung vom eingebracht wurde, ist dieser Vorlageantrag wirksam.

2) Zu den Anspruchszinsen:

Gemäß § 205 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) in der im gegenständlichen Fall anzuwendenden Fassung des BGBl. I 2001/59 sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (§ 205 Abs. 3 BAO), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieses Bescheides zu verzinsen (Anspruchszinsen). Dies gilt sinngemäß für Differenzbeträge aus

a) Aufhebungen von Abgabenbescheiden,

b) Bescheiden, die aussprechen, dass eine Veranlagung unterbleibt,

c) auf Grund völkerrechtlicher Verträge oder gemäß § 240 Abs. 3 erlassenen Rückzahlungsbescheiden.

Gemäß § 205 Abs. 2 BAO betragen die Anspruchszinsen pro Jahr 2 % über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 42 Monaten festzusetzen.

Nach dem Normzweck des § 205 BAO gleichen Anspruchszinsen die Zinsvorteile bzw. -nachteile aus, die für den Abgabepflichtigen dadurch entstehen, dass für eine bestimmte Abgabe der Abgabenanspruch immer zum selben Zeitpunkt - hier für die Einkommensteuer 2002 mit Ablauf des Jahres 2002 - entsteht, die Abgabenfestsetzungen aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten - hier mit Bescheid vom - erfolgte.

Der Bestreitung der Anspruchszinsen auf Grund der behaupteten Unrichtigkeit des Berichtigungsbescheides hinsichtlich der Einkommensteuer 2002 vom ist zu entgegnen, dass jede Nachforderung bzw. Gutschrift (gegebenenfalls) einen Anspruchszinsenbescheid auslöst. Es liegt je Differenzbetrag eine Abgabe vor. Der Zinsenbescheid ist an die im Spruch des zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheides ausgewiesene Nachforderung bzw. Gutschrift gebunden. Der Zinsenbescheid ist mit Berufung anfechtbar, etwa mit der Begründung, der maßgebende Einkommensteuer- (Körperschaftsteuer-) bescheid sei nicht zugestellt worden oder der im Zinsenbescheid angenommene Zeitpunkt seiner Zustellung sei unzutreffend. Wegen der genannten Bindung ist der Zinsenbescheid allerdings nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommensteuer- (Körperschaftsteuer-) bescheid sei inhaltlich rechtswidrig. Erweist sich der genannte Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig und wird er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben), so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen (zB Gutschriftszinsen als Folge des Wegfalles einer rechtswidrigen Nachforderung). Es ergeht ein weiterer Zinsenbescheid. Es erfolgt daher keine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides (vgl. Ritz, BAO³, § 205 Tz 33-35).

Aus diesem Grunde kommt eine Abänderung oder Aufhebung des gegenständlichen Anspruchszinsenbescheid selbst dann nicht in Betracht, wenn das Berufungsverfahren betreffend den Bescheid vom , mit dem eine auf § 293 BAO gestützte Berichtigung des Einkommensteuerbescheides für 2002 vom erfolgt ist, mit einer Herabsetzung der Abgabe oder einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides endet. Die gegenständliche Berufung war somit als unbegründet abzuweisen.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 276 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Vorlageantrag
Berufungsvorentscheidung
Verweise
Zitiert/besprochen in
UFS Newsletter 2008/05

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at