OGH vom 23.04.1986, 1Ob5/86
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl T***, Volksschuldirektor, Wartberg ob der Aist 124, vertreten durch Dr. Otto Rolle, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei L*** O***, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 94.759,- samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom , GZ 3 R 226/85-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom , GZ 1 Cg 6/85-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben, die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Prozeßgericht ersper Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Prozeßkosten.
Text
Begründung:
In den Jahren 1979 und 1980 war der Kläger Direktor der Volksschule Tragwein, an der auch die Volksschulhauptlehrerin Gisela H*** tätig war. Infolge Depressionen war sie ab Beginn des Schuljahres 1978/79 im Krankenstand. Am empfahl der behandelnde Arzt ihre Versetzung in den zeitlichen Ruhestand. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt griff diese Empfehlung erst am auf und beantragte beim Landesschulrat für Oberösterreich die amtswegige Quieszierung. Der Landesschulrat sprach darauf mit Bescheid vom gemäß § 82 Abs 1 Z 1 Lehrerdienstpragmatik 1917, RGBl Nr. 319 idF BGBl 1977/329 (im folgenden LDP), die Versetzung der Volksschulhauptlehrerin Gisela H*** in den zeitlichen Ruhestand mit Wirkung vom aus.
Der Kläger hatte u.a. in der Zeit vom September 1979 bis Ende Mai 1980 in der Klasse der Volksschulhauptlehrerin Gisela H*** Vertretungsstunden zu übernehmen. Eine Mehrdienstleistungsvergütung erhielt er für diese Zeit nur für seine Lehrverpflichtung überschreitende Zeiten. Mit Bescheid des Landesschulrates für Oberösterreich vom , Zl. 1 P-8673/64-82, wurde festgestellt, daß die Summe der Nebengebührenwerte gemäß § 2 Abs 2 und 4 Nebengebührenzulagengesetz (im folgenden NGZ) für das Kalenderjahr 1980 273,622 beträgt. Nebengebührenwerte für die für Gisela H*** zu leistenden Überstunden werden nicht bzw. nur insoweit anerkannt, als sie über die Lehrverpflichtung hinaus geleistet wurden; da für die Zeit der Dienstverhinderung der Volksschulhauptlehrerin Gisela H*** eine Supplierklasse bestanden habe, hätte zuerst die Supplierreserve ausgeschöpft werden müssen. Der Berufung des Klägers gegen die Festsetzung der Nebengebührenwerte wurde mit Bescheid des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Schu-7461/2-1982, keine Folge gegeben, eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhob der Kläger nicht.
Der Kläger begehrt aus dem Titel der Amtshaftung den Zuspruch des Betrages von S 94.759,- samt Anhang. Die Versetzung der Volksschulhauptlehrerin Gisela H*** in den zeitlichen Ruhestand hätte schon vor Beginn des Schuljahres 1979/80 erfolgen müssen. In diesem Fall wäre die Bestimmung des § 35 Abs 4 des Landeslehrer-Dienstgesetzes nicht anzuwenden gewesen, so daß dem Kläger eine Mehrdienstleistungsvergütung von S 94.759,- zuerkannt worden wäre. Vorschriften über die Versetzung in den zeitlichen Ruhestand bezweckten den Schutz aller an derselben Schule tätigen Lehrer. Das schuldtragende Organ sei bei Versetzung der Volksschulhauptlehrerin Gisela H*** in den zeitlichen Ruhestand zumindest grob fahrlässig längere Zeit untätig geblieben. Die beklagte Partei wendete ein, es dürfe frühestens am 366. Tag nach Beginn der Dienstverhinderung ein Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand eingeleitet werden. Da zwischen dem frühestmöglichen Termin zur Einleitung des Verfahrens und dem Ausspruch über die Ruhestandsversetzung nur etwa mehr als acht Monate gelegen seien, könne schon aus dieser Sicht von einer Beeinträchtigung der Rechte des Klägers nicht gesprochen werden. Es bestehe aber auch zwischen einer allfällig verspäteten Versetzung der Volksschulhauptlehrerin Gisela H*** in den zeitlichen Ruhestand und dem vom Kläger behaupteten Schaden kein Rechtswidrigkeitszusammenhang. Da der Kläger gegen den Bescheid, mit dem seine Mehrdienstleistungsvergütung festgesetzt worden sei, keine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben habe, bestehe der behauptete Ersatzanspruch auch schon nach § 2 Abs 2 AHG nicht zu Recht. Der Klagsbetrag lasse sich an Hand der Klagserzählung nicht errechnen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, daß die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei.
Beide Vorinstanzen bejahten zwar den Eintritt eines Schadens, die Kausalität, das Vorliegen eines rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens von Organen der beklagten Partei, verneinten aber den Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen Normverletzung und eingetretenem Erfolg. Gisela H*** sei erst nach 22 Monaten ununterbrochenen Krankenstandes pensioniert worden. Während der Zeit ihres Krankenstandes sei der Kläger vertretungsweise tätig geworden, so daß gemäß § 35 Abs 4 LDG zur Anwendung kam. HÄtte sich Gisela H*** bereits ab September 1979 im Ruhestand befunden, so wäre ihre Klasse ab diesem Zeitpunkt lehrerlos gewesen. Dies hätte bewirkt, daß § 35 Abs 4 LDG nicht zur Anwendung gekommen wäre; der Kläger hätte dann für alle Stunden, die er in ihrer Klasse unterrichtet hätte, Mehrdienstleistungsvergütungen bekommen. Damit sei die Kausalität zwischen der Säumnis der Behörde bei der amtswegigen Pensionierung Gisela H*** und dem behaupteten Verdienstentgang des Klägers gegeben. Ein Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens sei von der beklagten Partei in erster Instanz nicht erhoben worden. Die Prüfung der Voraussetzungen des § 82 Abs 1 Z 1 Lehrerdienstpragmatik hätte die Behörde schon im September 1979 vornehmen können, ohne daß es der Verzögerung der Quieszierung um zehn Monate bedurft hätte. Die Untätigkeit der Behörde sei daher auch rechtswidrig gewesen. Bei Aufbietung der gebotenen Sorgfalt hätte das zuständige Organ spätestens im August 1979 erkennen können, daß die im § 82 Abs 1 Z 1 Lehrerdienstpragmatik bestimmte Frist abgelaufen und Gisela H*** daher zu quieszieren sei. Der Schutzzweck der Bestimmung des § 82 Z 1 der Lehrerdienstpragmatik 1917, RGBl Nr 319, sei aber auf das Rechtsverhältnis der Schulbehörde zu dem betroffenen Lehrer begrenzt. Führe die verspätete Quieszierung zu einem Verlust von Mehrdienstleistungsvergütungen bei anderen Lehrern, so handle es sich hiebei um Schäden, die vom Schutzzweck der verletzten Norm nicht mehr erfaßt würden. Der Verdienstentgang dieser Lehrer stelle somit einen mittelbaren Schaden dar, der nicht zu ersetzen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist berechtigt.
Nach § 35 Abs 1 des für den maßgeblichen Zeitraum anzuwendenden Landeslehrer-Dienstgesetzes 1962, BGBl Nr 245, idF der Novelle BGBl 1978/261 (im folgenden LDG), betrug die Lehrverpflichtung der Lehrer an Volksschulen grundsätzlich 24 Wochenstunden. Nach § 35 Abs 4 LDG verminderte sich die Lehrverpflichtung der Leiter von Volksschulen gegenüber dem im Abs 1 angeführten Ausmaß um zwei Wochenstunden für die Leitung der gesamten Schule und um je eine weitere Wochenstunde für jede Klasse. Innerhalb dieser Lehrverpflichtung waren Leiter von Volksschulen mit einer bis acht Klassen zur Führung einer Klasse verpflichtet. Leiter von Volksschulen mit mehr als acht Klassen waren von der regelmäßigen Unterrichtserteilung befreit. Der Leiter einer Volksschule war aber verpflichtet, abwesende Lehrer seiner Schule im Bedarfsfalle bis zum Ausmaße seiner Lehrverpflichtung ohne Anspruch auf Mehrdienstleistungsvergütung zu vertreten. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl, 248/73 (Rechtssatz abgedruckt in Zach, Gehaltsgesetz, Band 3, § 61/3), ausgeführt, der Gesetzgeber habe durch § 35 Abs 4 dritter und letzter Satz LDG eindeutig zu erkennen gegeben, daß der Leiter einer mehr als achtklassigen Volksschule von der regelmäßigen Unterrichtserteilung befreit sei und nur abwesende Lehrer im Bedarfsfall zu vertreten habe. Wenn hingegen ein Lehrerposten unbesetzt sei, so sei die Unterrichtserteilung nicht für einen abwesenden Lehrer im Bedarfsfall erfolgt. Vielmehr habe der Beschwerdeführer Unterricht erteilt, um den unbesetzten Lehrerdienstposten auszufüllen. Hiefür gebühre ihm jedoch gemäß § 35 Abs 4 LDG in Verbindung mit § 61 GehG 1956 eine Mehrdienstleistungsvergütung, weil er gemäß § 34 Abs 4 letzter Satz LDG zu dieser Mehrdienstleistung ohne Vergütung nicht verpflichtet gewesen sei.
Der Kläger begründet seinen Amtshaftungsanspruch damit, daß bei rechtmäßigem Verhalten der Dienstbehörde Volksschulhauptlehrerin Gisela H*** mit Wirkung in den zeitlichen Ruhestand zu versetzen gewesen wäre. Dann hätte er aufgrund der Bestimmungen der §§ 35 Abs 4 LDG und § 61 Abs 1 GehG eine Mehrdienstleistungsvergütung von S 94.759,- erhalten. Daß der Kläger eine Mehrdienstleistungsvergütung erhalten hätte, wäre Gisela H*** früher in den Ruhestand versetzt worden und deren Planstelle unbesetzt geblieben, wird von der beklagten Partei nicht bestritten. Der Kläger wirft den zuständigen Organen der beklagten Pratei eine rechtswidrige Unterlassung vor. Das Schadenersatz auslösende Verhalten von Organen im Sinne des § 1 AHG kann, wenn eine Pflicht des Organs zum Tätigwerden bestand, auch in einer Unterlassung bestehen (SZ 55/161; SZ 52/182; Loebenstein-Kaniak, AHG 2 129). Die beklagte Partei bestritt, daß ihr eine rechtswidrige Unterlassung anzulasten sei. Nach dem von ihr eingenommenen Rechtsstandpunkt hätte frühestens am 366. Tag nach Beginn der Dienstverhinderung Gisela H*** ein Verfahren zur Versetzung in den zeitlichen Ruhestand eingeleitet werden dürfen. Berücksichtige man, daß zwischen diesem frühesten Termin und dem Ausspruch über die Ruhestandsversetzung nur etwas mehr als acht Monate gelegen seien, könne von einer Beeinträchtigung von Rechten des Klägers nicht gesprochen werden.
Diese Auffassung entspricht nicht der Rechtslage. Nach § 82 Abs 1 Z 1 LDP, welche Vorschrift gemäß § 24 LDG ungeachtet ihrer Aufhebung für Bundesbedienstete durch § 185 Abs 2 Z 2 BDG 1979 auf das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis von Landeslehrern im Jahr 1980 noch anzuwenden war, war ein Lehrer von Amts wegen in den zeitlichen Ruhestand zu versetzen, wenn er infolge Krankheit länger als ein Jahr vom Dienst abwesend war. Die Vorschrift des § 82 Abs 1 Z 1 LDP gewährte der Behörde keinen Ermessensspielraum. Die Behörde war vielmehr verpflichtet, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Versetzung in den zeitlichen Ruhestand auszusprechen ( ZfVB 1980/431). Zur Bestimmung der an die Stelle des § 82 Abs 1 Z 1 LDP getretenen Vorschrift des § 12 Abs 1 Z 2 LDG 1984, die die Unterscheidung zwischen zeitlichem Ruhestand (Quieszierung) und dauerndem Ruhestand (Pensionierung) nicht aufrecht erhielt, wird die Auffassung vertreten, daß das Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand zwar erst nach einem Jahr der Abwesenheit vom Dienst abgeschlossen werden darf, jedoch bereits früher eingeleitet werden kann (Jonak-Reut-Nicolussi-Holubetz-Melichar, Landeslehrerdienstrecht, Anm 3 zu § 12 LDG; vgl. Gullner-Hofbauer, Dienstrecht der Bundeslehrer, Anm 8 zu § 14 BDG; RV 11 BlgNR 15. GP S. 11). Nichts anderes hatte nach der früheren Rechtslage zu gelten. Stellte sich demnach schon innerhalb der Jahresfrist der durch Krankheit bedingten Dienstabwesenheit heraus, daß diese ein Jahr übersteigen werde, hatte die Behörde das Verfahren gemäß §§ 87 f LDP einzuleiten. Nach dem vorliegenden Sachverhalt war einem Organ der beklagten Partei aufgrund des Attestes des behandelnden Arztes vom bereits lange vor Ablauf des einjährigen Krankenstandes der Gisela H*** deren dauernde Dienstunfähigkeit bekannt. Einer Versetzung in den Ruhestand nach einjährigem Krankenstand stand damit nichts im Wege. Der Hinweis der beklagten Partei auf § 73 Abs 1 AVG muß versagen, weil das Organ von Amts wegen tätig zu werden katte, die genannte Bestimmung aber die Entscheidungspflicht über Anträge von Parteien betrifft. Bei pflichtgemäßer rechtzeitiger Einleitung des Verfahrens zur Versetzung in den Ruhestand (amtsärztliche Untersuchung gemäß § 87 LDP) wäre zu erwarten gewesen, daß die durch das Gesetz zwingend vorgeschriebene Versetzung in den zeitlichen Ruhestand der Gisela H*** mit Ablauf des Monates September 1979 (vgl. VwGH 7991/A) ausgesprochen worden wäre. Es liegt damit nicht nur rechtswidrige Untätigkeit von Organen der beklagten Partei vor, es ist auch deren Verschulden zu bejahen. Der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichtes, daß bei Aufbietung der gebotenen Sorgfalt das zuständige Organ rechtzeitig im August 1979 erkennen hätte könne, daß die im § 82 Abs 1 Z 1 LDP bestimmte Frist ablaufen werde und Gisela H*** daher zu quieszieren sei, wird in der Revisionsbeantwortung nicht mehr entgegengetreten.
In erster Instanz zog die beklagte Partei die Kausalität der ihr vorgeworfenen Unterlassung für den behaupteten Schaden nicht in Zweifel. Wenn die Revisionsbeantwortung darlegt, es wäre unwahrscheinlich, daß bei einer Versetzung Gisela H*** in den zeitlichen Ruhestand im August 1979 die bisher von ihr geführte Volksschulklasse nicht lehrerlos geblieben wäre, weil mit großer Wahrscheinlichkeit bereits mit Beginn des Schuljahres 1979/80 ein neuer Lehrer zur Verfügung gestanden wäre, handelt es sich um eine im Revisionsverfahren unbeachtliche Neuerung, die selbst bei ihrer Richtigkeit einen Ersatzanspruch des Klägers nicht hindern könnte, hätte doch der Kläger dann zwar keine Mehrdienstleistungsvergütung erhalten, aber auch keine Mehrdienstleistung erbringen müssen. Es besteht aber entgegen der Ansicht der Vorinstanzen auch der erforderliche Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen dem kausalen, rechtswidrigen und schuldhaften Verhalten von Organen der beklagten Partei, in deren Bereich gemäß Art 14 Abs 2 B-VG die Vollziehung in Angelegenheiten des Dienstrechtes der Lehrer für öffentliche Pflichtschulen fällt, und dem vom Kläger behaupteten Schaden. Aufgrund jedes rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens ist für jene verursachten Schäden zu haften, die die übertretene Verhaltensnorm nach ihrem Schutzzweck gerade verhindern sollte (SZ 55/190; SZ 52/44; SZ 49/96 uva; Koziol aaO I 274; Loebenstein-Kaniak aaO 123). Auch die Haftpflicht des Rechtsträgers nach dem Amtshaftungsgesetz tritt nur ein, wenn die verletzte Rechtsnorm gerade auch den Sinn hatte, den Geschädigten vor Nachteilen, wie sie eingetreten sind, zu schützen (SZ 57/149;
JBl 1984, 373; SZ 55/190; SZ 53/12; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundes-Verfassungsrechts 5 383;
Loebenstein-Kaniak aaO 123 f). Besteht kein Zusammenhang zwischen Normzweck und eingetretenem Schaden, liegt nur ein mittelbarer, grundsätzlich nicht ersetzungsfähiger Schaden vor (SZ 55/190;
SZ 52/44; SZ 49/46 ua; Koziol aaO I 152). Der Normzweck ist durch Auslegung im Sinne einer wertenden Beurteilung des Sinnes der Norm zu ermitteln (Koziol in JBl 1986, 105; Welser in ÖJZ 1975, 43;
Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 10 zu § 1311; Grunsky in Münchener Kommentar 2 vor § 249 BGB Rz 44; Heinrichs in Palandt 45 251). Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen erschöpfte sich der Zweck der Norm des § 82 Abs 1 Z 1 LDP nicht darin, allein den Dienstgeber und die Dienstnehmer in den sich aus dem zwischen ihnen bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ergebenden Rechten zu schützen. Im privaten Arbeitsvertragsrecht trifft den Dienstgeber gemäß § 1157 ABGB und zahlreichen, in sondergesetzlichen Vorschriften enthaltenen Normen die zugunsten seines Dienstnehmers bestehende Fürsorgepflicht. Der Grund für die Anordnung dieser Fürsorgepflicht liegt in der durch die persönliche Abhängigkeit des Dienstnehmers bedingten besonderen Schutzbedürftigkeit (Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 5 zu § 1157). Historischer Ausgangspunkt und Kernbereich der Fürsorgepflicht war zwar der Schutz von Leben und Gesundheit des Dienstnehmers; es ist aber heute anerkannt, daß die Fürsorgepflicht des Dienstgebers sich auch auf vermögensrechtliche Interessen des Dienstnehmers erstreckt (SZ 56/86 mwN; Krejci aaO Rdz 39); die materiellen und die immateriellen Interessen des Dienstnehmers haben im Rahmen des Dienstverhältnisses durch den Dienstgeber gewahrt zu werden (Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht 2 I 172). Die Fürsorgepflicht trifft auch den öffentlich-rechtlichen Dienstgeber nicht nur bei vertraglicher Gestaltung des Dienstverhältnisses (ZAS 1968/14 mit zustimmender Glosse von Dittrich, ZAS 1968, 107), sondern ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung auch dann, wenn das Dienstverhältnis durch Ernennungsakt begründet wurde (Just, Die Fürsorgepflicht im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, JBl 1959, 405 ff; Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten 275). Der dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wesenseigenen besonderen Treuepflicht des Beamten (Adamovich in Engelmayer, Die Diener des Staates 26) enspricht die Fürsorgepflicht des öffentlich-rechtlichen Dienstgebers seinen ernannten Beamten gegenüber (Just aaO; vgl. VwSlg 1446/A). Auch die jüngere Dienstrechtsgesetzgebung hat es zwar verabsäumt, die Fürsorgepflicht des Dienstgebers mit voller Eindeutigkeit in den einschlägigen Gesetzen zu verankern (vgl aber immerhin § 32 Abs 2 letzter Satz LDG 1984, welche Bestimmung den Leiter einer Schule und damit wohl auch seine Vorgesetzten verpflichtet, das dienstliche Fortkommen der Lehrer nach Maßgabe ihrer Leistungen zu fördern), sie ergibt sich jedoch unmißverständlich aus dem Bundes-Personalvertretungsgesetz, BGBl 1967/133 idgF (im folgenden PVG), das nach seinem § 42 Abs 1 in seinen wesentlichen Punkten auch auf Landeslehrer anzuwenden ist. Gemäß § 2 Abs 1 PVG hat die Personalvertretung nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die beruflichen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Interessen der Bediensteten zu wahren und zu fördern und in Erfüllung dieser Aufgabe dafür einzutreten, daß die zugunsten der Bediensteten geltenden Gesetze und sonstigen allgemeinen Regelungen eingehalten und durchgeführt werden. Die Mitwirkung der Personalvertretung beschränkt sich keineswegs auf Fälle, in denen schon den Bediensteten Ansprüche, die sie auch nach den Bestimmungen des Dienstrechtsverfahrensgesetzes durchsetzen könnten, zustehen, sondern geht, wie sich aus der (zudem noch nur beispielsweisen) Aufzählung der Mitwirkungsrechte im § 9 PVG ergibt, weit darüber hinaus; das Gesetz ist insbesondere nicht so eng zu verstehen, daß die Personalvertretung nicht auch die Interdependenzen gesetzlicher Bestimmungen und die sich daraus eventuell ergebenden Vor- und Nachteile für einzelne Bedienstete aufzeigen und auf die Vermeidung von Nachteilen drängen könnte. Die Personalvertretung hat also insbesondere auch dafür einzutreten, daß nicht durch Unterlassungen des Dienstgebers vermeidbare Belastungen von Dienstnehmern eintreten oder gar gehaltsrechtliche Ansprüche von Dienstnehmern, die bei Erfüllung der gesetzlichen Pflichten entstünden, vereitelt werden. Die Personalvertretung hat in Erfüllung ihrer Aufgaben auch dafür einzutreten, daß nicht durch Verzögerung der gesetzlich angeordneten Ruhestandsversetzung von Bediensteten andere Bedienstete unentgeltliche Leistungen erbringen müssen, die bei Wahrung des Gesetzes entweder nicht erbracht werden müßten oder zu entlohnen wären. Die Personalvertretung kann sich aber nur für etwas einsetzen, wozu der Dienstgeber bereits verpflichtet ist; das Bundes-Personalvertretungsgesetz hat den Pflichtenbereich des Dienstgebers nicht erweitert; die Beachtung seiner Bestimmungen kann also nur dazu dienen, den Pflichtenbereich des Dienstgebers, wie er auch ohne Personalvertretungsrecht bestünde, klarer zu erkennen; der Dienstgeber muß bereits von sich aus alles tun, wofür die Personalvertretung einzutreten hat. Auch der Dienstgeber hat also die Gesetze so anzuwenden, daß keine zugunsten von Bediensteten bestehenden Vorschriften unbeachtet bleiben; er ist jedenfalls dann, wenn im Gesetz präzise festgelegten Pflichten des Dienstgebers entsprechend präzise festgelegte Rechte von Bediensteten gegenüberstehen, nicht berechtigt, eine ihn treffenden Verpflichtung nicht zu erfüllen und die daraus entstehende Benachteiligung eines Bediensteten, etwa durch vermeidbare unentgeltliche Mehrdienstleistungen, in Kauf zu nehmen. Die Verpflichtung des Dienstgebers, dienstunfähige Bedienstete in den Ruhestand zu versetzen, soll auch vermeiden, daß sich die Vertretungsleistungen anderer Bediensteter, vor allem wenn sie unentgeltlich zu erbringen sind, in Grenzen halten. Die Gesamtheit aller Regelungen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses ist in diesem Sinne als geschlossenes System von Rechten und Pflichten anzusehen. Zwischen der Pflicht zur Ruhestandsversetzung eines Beamten und den aus der Verletzung dieser Pflicht entstehenden finanziellen Nachteilen anderer Bediensteter besteht daher sehr wohl Rechtswidrigkeitszusammenhang. Die schuldhafte Verletzung der Fürsorgepflicht durch Organe des Dienstgebers (Rechtsträgers) im Bereich des auf Ernennung beruhenden öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses löst dessen Schadenersatzpflicht nach § 1 AHG aus (Just aaO 407).
Der beklagten Partei kann auch nicht darin gefolgt werden, daß der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch schon nach § 2 Abs 2 AHG oder kraft Bindung der Gerichte an Bescheide über die Festsetzung der Nebengebührenwerte ausgeschlossen sei. Der Kläger behauptet nicht, durch Erlassung eines rechtswidrigen Bescheides in seinen Mehrdienstleistungsvergütungen verkürzt worden zu sein, der Schaden ist vielmehr dadurch eingetreten, daß die Behörde bei Versetzung Gisela H*** in den zeitlichen Ruhestand geraume Zeit schuldhaft und rechtswidrig untätig geblieben ist. Da Gisela H*** tatsächlich noch nicht in den Ruhestand versetzt war, hätte der Kläger einen Mehrdienstleistungsvergütungsanspruch im Dienstrechtsverfahren nicht durchsetzen können. Mit der Festsetzung der Nebengebührenwerte wurde demgemäß auch nur bindend festgestellt, welche tatsächlich bezogenen Nebengebühren (§ 2 Abs 2 NGZ) anspruchsbegründend eine Nebengebührenzulage u.a. zum Ruhegenuß zur Folge haben werden (§§ 4, 5 Abs 1 NGZ; Zach, Das Pensionsrecht II, § 4 Anm 1). Mit ihr konnte nicht festgestellt werden, ob dem Kläger ein Anspruch auf Mehrdienstleistungsvergütung zu Unrecht nicht entstanden ist.
Da dem Grunde nach alle anspruchsbegründenden Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Amtshaftungsanspruches gegeben sind, ist die Revision berechtigt. Die beklagte Partei hat aber auch die Höhe des geltend gemachten Anspruches bestritten, der Berechnung des Klägers kann auch nicht der Zeitraum ab , sondern erst ab als frühestem Termin der Quieszierung Gisela H*** zugrundegelegt werden. Gemäß § 510 Abs 1 ZPO sind die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an das Prozeßgericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.