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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 26.06.2009, RV/0178-I/08

Anwendbarkeit der Steuerklasse IV

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0178-I/08-RS1
Die Vermächtnisnehmerin, eine leibliche Tochter des halbbürtigen Bruders der Erblasserin, ist als deren Nichte ein Abkömmling ersten Grades von Geschwistern. Das Gesetz macht zwischen voll- und halbbürtigen Geschwistern keinen Unterschied. Auf den gegenständlichen Erwerb der Nichte ist somit die Steuerklasse IV (und nicht V) anzuwenden.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der H.D., Adresse, vertreten durch RA.X, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Erbschaftssteuer entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Erbschaftssteuer wird festgesetzt mit 239,68 €. Auf die bereits eingetretene Fälligkeit wird hingewiesen. Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die Berechnung der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Laut Abhandlungsprotokoll nach der am mit Hinterlassung von letztwilligen Anordnungen (Testament und mehrere Vermächtnisse) verstorbenen I.S. setzte diese zugunsten H.D. ein Vermächtnis aus. Dieses Legat umfasste den gesamten Schmuck, dessen Wert im Abhandlungsprotokoll mit 3.436 € angegeben war.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber H.D. (im Folgenden: Bw) von einem steuerpflichtigen Erwerb von 3.326 € (= Legat 3.436 € minus Freibetrag gemäß § 14 Abs. 1 Z 3 ErbStG) gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG (Steuerklasse V, Steuersatz 14%) die Erbschaftssteuer mit 465,64 € fest.

Die gegen diesen Erbschaftssteuerbescheid erhobene Berufung wendet sich zum einen gegen die angewandte Steuerklasse V mit dem Argument, die Bw. sei die Nichte der Verstorbenen, weshalb die Steuerklasse IV (Steuersatz 8 %) zum Tragen komme. Zum anderen wurde der mit 3.436 € angesetzte Wert des Schmuckes mit dem Argument bekämpft, "der von Fachleuten überprüfte Schmuck hat keinen Wert von 3.436,-- €. Die reale Summe beträgt 800,-- €. Z. B. die mit 2.000,-- € angegebene Cartier- Uhr ist eine Imitation und lediglich das Armband hat einen Goldwert von 100,- €".

Die abweisende Berufungsvorentscheidung wurde, ohne dabei auf den Streitpunkt "Steuerklasse" einzugehen, wie folgt begründet:

"Für die Bewertung der erblichen Fahrnisse wurde vom Gericht ein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger beauftragt. Diese Bewertung ist auch für die Bemessungsgrundlage der Erbschaftssteuer maßgebend. Der Berufung konnte somit kein Erfolg beschieden sein."

Die Bw. stellte daraufhin den Antrag auf Vorlage ihres Rechtsmittels zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Darin wird ergänzend noch vorgebracht, die Bewertung durch den Sachverständigen sei offenbar überhöht erfolgt. Die Bw. habe bislang keine Möglichkeit gehabt, diese Schätzung zu überprüfen bzw. dagegen Einwendungen zu erheben. Es hätte sich herausgestellt, dass die vom Sachverständigen mit 2.000 € bewertete Cartier- Uhr keinesfalls diesen Wert habe, da sie nur eine Imitation sei. Selbst wenn sie ein Original wäre, hätte sie niemals diesen Handelswert. Der Gesamtwert des Schmuckes liege daher maximal bei 800 €. Hinsichtlich der strittigen Steuerklasse wurde zur Darlegung des Verwandtschaftsverhältnisses unter Vorlage des Heiratsscheines ihrer Eltern, ihrer Geburtsurkunde und einer Ahnentafel ausgeführt, I.S. sei die Halbschwester des Vaters der Bw. gewesen. Somit sei die Bw. die Nichte der Verstorbenen gewesen, weshalb die Steuerklasse IV und damit der Steuersatz von 8 % zur Anwendung hätte kommen müssen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Streitpunkt: "Wert des Schmuckes"

Gemäß § 19 Abs. 1 ErbstG richtet sich die Bewertung, soweit nicht im Abs. 2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften). Nach § 10 Abs. 1 BewG ist bei Bewertungen, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrunde zu legen. Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

Im vorliegenden Berufungsfall besteht im Wesentlichen Streit darüber, ob der im Abhandlungsprotokoll angeführte Wert des Schmuckes von 3.436 € dem gemeinen Wert entspricht. Die Bw. bestreitet dies im Wesentlichen mit dem Argument, bei der mit 2.000 € bewerteten Cartier- Uhr handle es sich um eine Imitation, weshalb der Wert des gesamten Schmuckes lediglich 800 € betrage.

Nachdem vom Unabhängigen Finanzsenat mit Vorhalt vom der Bw. das Protokoll des gerichtlich beeideten Sachverständigen über die Bewertung der ihr vermachten Schmuckgegenstände (einem diesbezüglichen Vorbringen im Vorlageantrag folgend) erstmals zur Kenntnis gebracht worden ist, erfolgte die Einschränkung des Berufungsbegehrens dadurch, indem sich die Bw. mit dem ermittelten Wert der Schmuckgegenstände in Höhe von 3.436 € "einverstanden" erklärte und damit dieser Berufungspunkt nicht mehr streitgegenständlich war. Eine solche Einschränkung der Berufung führt zum Verlust des Anspruches auf Entscheidung im Umfang der Einschränkung (). Der vom Finanzamt vorgenommene Ansatz des Legates mit 3.436 € beruhend auf einer Bewertung durch einen gerichtlich beeideten Sachverständigen erscheint im Übrigen auch unter Würdigung der aus dem Abhandlungsprotokoll ersichtlichen durchaus gutsituierten Vermögenssituation der Verstorbenen sachlich angemessen und stellt einen unbedenklichen Wert dar, ist es doch eher unwahrscheinlich und würde wohl jeder Lebenserfahrung widersprechen, dass abweichend von den anderen unzweifelhaft werthaltigen Vermächtnissen (meist Bilder) ausgerechnet der der Nichte vermachte Schmuck und hier insbesondere die "goldene Armbanduhr Cartier mit Brillanten eingefasst" eine von der Bw. bloß behauptete und durch nichts bewiesene Imitationen sein sollte. Der Unabhängige Finanzsenat sieht deshalb keine konkrete Veranlassung, die Angemessenheit und Sachlichkeit des vom Sachverständigen geschätzten Wertes des Legates von sich aus gemäß § 279 Abs. 1 BAO iVm § 289 Abs. 2 BAO in Zweifel zu ziehen. Bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage wurde somit vom Finanzamt zu Recht das Legat mit diesem nunmehr unbestrittenen Wert von 3.436 € angesetzt.

Streitpunkt: "Steuerklasse IV oder V"

Nach § 7 Abs. 1 ErbStG gehören unter anderen zur Steuerklasse IV 3. die Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern. In die Steuerklasse V fallen alle übrigen Erwerber, somit alle Erwerber die nicht in den Steuerklassen I-IV genannt sind ().

Zur Steuerklasse IV zählen die Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern. Dabei ist auf § 41 ABGB zu verweisen, wonach sich der Grad der Verwandtschaft nach der Anzahl der sie vermittelnden Zeugungen richtet. Als Abkömmlinge sind nur leibliche Kinder, nicht aber Wahlkinder zu verstehen. Unter Abkömmlinge ersten Grades sind die Kinder des Bruders oder der Schwester, also die leiblichen Neffen oder Nichten des Erblassers zu verstehen.

Im vorliegenden Streitfall ist auf Grund der vorgelegten Unterlagen unbedenklich davon auszugehen, dass die verstorbene I.S. und K.S. (= Vater der Bw) die Mutter E.S. als gemeinsamen Elternteil hatten und damit sogenannte halbbürtige Geschwister waren. Die Mutter hat nämlich nach dem Tod ihres ersten Ehemannes (gemeinsames Kind: K.S.) nochmals geheiratet. Aus der zweiten Ehe entstammte I.S.. Wie aus Steuerklasse III Z 3 hervorgeht macht das Gesetz zwischen den voll- und den halbbürtigen Geschwistern keinen Unterschied. Die Bw. als leibliche Tochter des "Halbbruders" von I.S. ist somit als deren Nichte ein "Abkömmling ersten Grades von Geschwistern". Dem diesbezüglichen Berufungsbegehren war somit darin zu entsprechen, dass auf den gegenständlichen Erwerb die Steuerklasse IV und der Steuersatz von 8 % zur Anwendung gebracht wird. Bloß ergänzend bleibt noch Folgendes auszuführen. Nachdem in der Berufungsvorentscheidung auf den Berufungspunkt "Steuerklasse" in keinster Weise eingegangen worden ist, hat letztlich das Finanzamt die sachliche Richtigkeit des diesbezüglichen Berufungsvorbringens, nämlich die Bw. sei die Nichte der Verstorbenen, unwidersprochen gelassen.

Im Ergebnis war der Berufung teilweise stattzugeben und vom Wert des Legates von 3.436 € unter Anwendung der Steuerklasse IV die Schenkungssteuer wie folgt zu berechnen:

Ermittlung der Bemessungsgrundlage


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Legat
3.436 €
Freibetrag gemäß § 14 Abs. 1 Z 2 ErbStG auf Grund der Steuerklasse IV
- 440 €
steuerpflichtiger Erwerb
2.996 €

Berechnung der festgesetzten Erbschaftssteuer

Gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG (Steuerklasse IV) 8 % vom steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von 2.996,00 € ergibt eine Erbschaftssteuer (gerundet gemäß § 204 BAO) von 239,68 €.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Nichte
halbbürtige Geschwister

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at