Erbringung gemeinnütziger Leistungen anstelle des Vollzuges von (Ersatz)Freiheitsstrafen
Entscheidungstext
Beschwerdeentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 3, Dr. Wilhelm Pistotnig, in der Finanzstrafsache gegen A, geboren am xxxxx, wohnhaft in Adresse, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt, 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, über die Beschwerde der Bestraften vom gegen den Bescheid des Zollamtes Graz als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , StrNr. 700-2006/yyyyy-001, über die Abweisung des Antrages vom betreffend den Antrag um Erbringung gemeinnütziger Leistungen im Sinne von § 3a StVG
zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird Folge gegeben und festgestellt, dass § 175 Abs. 2 FinStrG so zu verstehen ist, dass auch der verurteilten Bf die in §§ 3 und 3a StVG eröffnete Option zukommt, gemeinnützige Leistungen zu erbringen.
Entscheidungsgründe
Mit Erkenntnis des Spruchsenates I beim Zollamt Graz als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom wurden über die Beschwerdeführerin (Bf) wegen der Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels nach § 35 Abs. 1 lit. a iVm § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG und der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a iVm § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG sowie des Finanzvergehens der vorsätzlichen Monopolhehlerei nach § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG eine Geldstrafe im Ausmaße von € 20.000,00 (im Uneinbringlichkeitsfall vier Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) und eine Wertersatzstrafe im Ausmaße von € 25.000,00 (im Uneinbringlichkeitsfall fünf Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
In der Eingabe vom stellte die Bf durch ihren Vertreter den Antrag auf Erbringung gemeinnütziger Leistungen im Sinne des § 3a StVG.
Mit dem Bescheid vom hat das Zollamt Graz als Finanzstrafbehörde erster Instanz den Antrag auf die Erbringung gemeinnütziger Leistungen im Sinne des § 3a StVG abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Bf durch ihren Vertreter das Rechtsmittel der Beschwerde. Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde mit Beschwerdeentscheidung vom , GZ. FSRV/vvvvv-G/11, entschieden, die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und den Antrag vom , die Ersatzfreiheitsstrafen durch die Erbringung gemeinnütziger Leistungen im Sinne des § 3a StVG zu vollziehen, zurückgewiesen.
Die Bf hat dagegen durch ihren Vertreter Beschwerde an den VfGH erhoben.
Der VfGH hat über die Beschwerde mit Erkenntnis vom , GZ. B 1070/11, entschieden.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Der VfGH hat mit dem erwähnten Erkenntnis zu Recht erkannt, dass die Bf durch den angefochtenen Bescheid in dem ihr verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden ist. Der VfGH hat die Beschwerdeentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates aufgehoben, weil die belangte Behörde der Vorschrift des § 175 FinStrG einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, der es rechtfertigen würde, § 175 Abs. 2 FinStrG so zu verstehen, dass die den von einem Strafgericht zu einer - maximal neunmonatigen - (Ersatz)Freiheitsstrafe Verurteilten in §§ 3 und 3a StVG eröffnete Option einer von den Finanzstrafbehörde mit einer - geringeren (höchstens dreimonatigen - § 20 Abs. 2 FinStrG) - Ersatzfreiheitsstrafe belegten Person nicht zukommt.
Weil § 175 Abs. 2 FinStrG so zu verstehen ist, dass auch der verurteilten Bf die in §§ 3 und 3a StVG eröffnete Option zukommt, gemeinnützige Leistungen zu erbringen, war sie berechtigt, mit Eingabe vom die Erbringung gemeinnütziger Leistungen (§§ 3 und 3a StVG) zu beantragen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 175 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 3 StVG, Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969 § 3a StVG, Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969 |
Schlagworte | Strafvollzug gemeinnützige Leistungen |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at