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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 30.04.2010, RV/0923-L/04

Vorsteuerabzug bei gemischt genutztem Gebäude

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Mag. xy, z00, vertreten durch KPMG Plan Treuhand GmbH, 4021 Linz, Kudlichstr. 41-43, gegen den Bescheid des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr betreffend den Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 BAO des Umsatzsteuerbescheides 1998 vom entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) betreibt eine Apotheke. In der Umsatzsteuererklärung für 1998 beantragte der Berufungswerber (Bw.) einen Gesamtbetrag der Vorsteuern (KZ 060) in Höhe von S 2.455,567,56. Das Finanzamt erließ erklärungsgemäß den Umsatzsteuerbescheid 1998 am .

Im Jahr 2000 erfolgte beim Bw. eine Betriebsprüfung (Bp.) für den Zeitraum 1996 bis 1998.

Das Verfahren betreffend Umsatzsteuer 1998 wurde mit Bescheid vom wiederaufgenommen; gleichzeitig wurde der Umsatzsteuerbescheid 1998 am 28. Juli2000 erlassen. Das Finanzamt ließ hinsichtlich des errichteten Gebäudes des Bw. nur jene Vorsteuern zum Abzug zu, die auf den unternehmerisch genutzten Teil entfielen. Die Vorsteuern in Höhe von 68.000 S betreffend den nichtausgebauten Dachboden wurden nicht anerkannt.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag gestellt, den bereits rechtskräftigen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1998 vom gemäß § 299 BAO iVm § 302 BAO wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben mit folgender Begründung:

"Im Rahmen einer vom Finanzamt im Jahr 2000 durchgeführten Betriebsprüfung wurde hinsichtlich des nicht ausgebauten Obergeschosses in der von unserer Mandantschaft betriebenen Apotheke in z eine Rückverrechnung der Vorsteuern iSd § 12 Abs 10 UstG in Höhe von 68.000 S vorgenommen. Das Gebäude wurde aber in seiner Gesamtheit (somit mit dem nicht ausgebauten Obergeschoß) dem Betriebsvermögen, dass heißt seinem Unternehmen iSd § 1 iVm § 2 UstG 1994 zugeordnet.

Da diese Vorgangsweise des Finanzamtes nicht im Einklang mit der 6. MwSt-Richtlinie steht - in diesem Zusammenhang verweisen wir auf das Judikat des Seeling - und beantragen wir den genannten Umsatzsteuerbescheid 1998 aufzuheben.

Eine Eigenverbrauchsbesteuerung im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 lit a UstG für die Jahre 1998 bis 2003 ist im konkreten Fall nicht vorzunehmen, da das Obergeschoß nicht für Zwecke verwendet wurde, die außerhalb des Unternehmens liegen.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 1998 abgewiesen, mit der Begründung, dass das "Seeling Urteil" für das Jahr 1998 lt. Ust Novelle vom nicht anzuwenden sei.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schreiben der steuerlichen Vertretung vom Berufung erhoben und gleichzeitig wurde der Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde II.Instanz mit folgender Begründung gestellt:

"Wir verweisen nochmals darauf, dass uE die Entscheidung der C - 269/00 in der Rechtssache Wolfgang Seeling auf den vorliegenden Fall zur Anwendung kommen muss, da das Gebäude in seiner Gesamtheit (somit mit dem nicht ausgebauten Obergeschoss) dem unternehmerischen Bereich iSd § 2 UstG zugeordnet wurde. Die Begründung aus dem gegenständlichen Bescheid, wonach Seeling somit nicht für das Jahr 1998 anwendbar sei, ist uE daher nicht zutreffend, da die Rechtslage ab 1998 dahingehend geändert wurde, dass auch der nicht unternehmerisch genutzte Teil dem Unternehmen zugeordnet werden konnte, was im konkreten Fall auch erfolgte. Ab 2000 war die Zuordnung zum Unternehmen ohnedies der Regelfall, sie konnte jedoch auf den unternehmerisch genutzten Teil eingeschränkt werden. Aufgrund welcher Ust Novelle vom das Urteil für das Jahr 1998 nicht anzuwenden sei, ist für uns nicht nachvollziehbar. Eine USt Novelle vom ist uns nicht bekannt, möglicherweise ist die Änderung des Umsatzsteuergesetzes im BGBl I, 27/2004, ausgegeben am gemeint. Darin wird normiert, dass es künftig zu einer Nichtbesteuerung des Eigenverbrauchs bei der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstücks für private Zwecke kommt und gleichzeitig ein Ausschluss vom Vorsteuerabzug vorliegt, soweit diese Steuer iZm der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes steht, obwohl dies grundsätzlich zu einem Verwendungseigenverbrauch führen würde. UE ist aber auch - ungeachtet der Tatsache, dass die Neuregelung wohl nur für Zeiträume nach dem gelten kann - die Neuregelung problematisch und steht uU im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht.

Die neue Rechtslage kann uE jedenfalls nicht zu einer Vorsteuerkorrektur gem § 12 Abs 10 UstG führen, da aus einem bislang steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz nunmehr ex lege ein nicht steuerbarer Umsatz geworden ist. Diese ergibt sich auch aus dem Schlussantrag vom in der Rs C-487/01 Gemeente Leusden zu Art 20 6. EG Richtlinie.

Letztendlich bleibt somit nur die Ausdehnung des Berichtigungszeitraums von derzeit 10 auf 20 Jahre für jene Grundstücke übrig, die nicht ausschließlich unternehmerischen Zwecken dienen und bei denen hinsichtlich des nicht unternehmerisch genutzten Teils ein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen werden konnte."

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom abgewiesen mit der Begründung, dass die auf den nichtunternehmerischen Teil eines gemischtgenutzten Grundstücks entfallende Vorsteuer weiterhin nicht abzugsfähig sei. Österreich habe von der Regelung des Art 17 Abs. 6 zweiter Unterabsatz der 6. EG.- RL Gebrauch gemacht, die besagt, dass alle Ausschlüsse beibehalten werden können, die zum Zeitpunkt des Inkrafttreten der 6. EG-RL bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen gewesen seien. Im UStG sei der Eigenverbrauch des nichtunternehmerischen Teiles ausgeschlossen worden.

Im Vorlageantrag vom brachte die steuerliche Vertretung im wesentlichen ergänzend vor:

".....Gem Art 17 Abs. 6 Unterabsatz 2 der 6. EG- Richtlinie können die Mitgliedstaaten bis zum Inkrafttreten der in Unterabsatz 1 leg cit. bezeichneten Bestimmungen alle Vorsteuerausschlüsse beibehalten, die zum Inkrafttreten der Richtlinie in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften - dh für Österreich am - vorgesehen waren.

Im österreichischen UstG war im Beitrittszeitpunkt ein Vorsteuerabzug für Lieferanten und sonstige Leistungen iZm der Anschaffung, Errichtung und Erhaltung von Gebäuden gem § 12 Abs 2 Z 1 UstG nur insoweit zulässig, als die Entgelte nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften Betriebsausgaben oder Werbungskosten waren, wodurch der Eigenverbrauch des nichtunternehmerischen Teiles grundsätzlich ausgeschlossen war.

Der Ausschluß des Vorsteuerabzuges erfolgte seit 1998 durch die unechte Steuerbefreiung für den Eigenverbrbauch gem. § 6 Abs 1 Z 16 UStG, bei der gem § 6 Abs 2 UStG nicht zur Steuerpflicht optiert werden konnte.

Nach Ansicht des BMF habe Österreich daher von der Regelung des Art 17 Abs 6 Unterabsatz 2 der EG -Richtlinie Gebrauch gemacht. Diese Interpretation kann nur irrtümlich darauf beruhen, dass die unechte Steuerbefreiung des Eigenverbrauchs in § 6 Abs 1 Z 16 UstG idF des AbgÄG 1997 bezüglich des Vorsteuerausschlusses zum selben Ergebnis führt als die vorher bestehende Zuordnung nach einkommensteuerlichen Grundsätzen.

.....Die mit dem AbgÄG 1997 vorgenommene Angleichungsmaßname (schrittweise Anpassung der Regeln über die Unternehmenszuordnung durch § 12 Abs 2 Z 1 UstG 1994 idF des AbgÄG 1997 und der ex lege Zuordnung durch das Steuerreformgesetz 2000 BGBl I Nr. 106/1999) kann durch die gleichzeitige (europarechtswidrige) Steuerfreistellung des Verwendungseigenverbrauchs von Grundstücken nicht dahingehend interpretiert werden, dass diese "Neutralisierung" eine faktische europarechtskonforme Beibehaltung des Vorsteuerausschlusses für privat genutzte Gebäudeanteile darstelle. Da der Vorsteuerausschluss nur deshalb bestanden hat, weil der Eigenverbrauch unecht befreit war, kann nicht von einer Beibehaltung des Vorsteuerausschlusses gesprochen werden, da dieser nur auf einer eindeutigen europarechtswidrigen Gesetzesbasis gegeben war.

Dass die vom BMF vertretene Rechtsauffassungen auch innerhalb des BMF in Zweifel gezogen werden, zeigt sich uE auch in der als "Sicherheitsklausel" normierten Verlängerung des Vorsteuerberechtigungszeitraumes.

Zusammenfassend ist daher nach unserer Rechtsauffassung der Umsatzsteuerbescheid 1998 rechtswidrig, da das Recht zur Geltendmachung des Vorsteuerabzuges vom privat genutzten Teil des gemischt genutzten Gebäudes zustehen würde. Dies gilt unabhängig vom Ausmaß der unternehmerischen bzw privaten Nutzung. Ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung sei eine Eigenverbrauchsbesteuerung (Bemessungsgrundlage jährliche Afa der auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer verteilten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, insoweit eine Vorsteuerberechtigung bestanden hat) mit 20% vorzunehmen....."

Mit Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates vom wurde die Entscheidung über die Berufung im Hinblick auf das beim Verwaltungsgerichtshof unter Zl. 2006/15/0231 ua anhängige Verfahren (betreffend den Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Gebäuden) gemäß § 281 BAO ausgesetzt.

Aus Anlass des genannten Beschwerdeverfahrens hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Zl 2006/15/0056, ein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 234 EG an den EuGH gerichtet. Dazu ist am das Urteil des EuGH (Rs.C-460/07) ergangen. Mit Erkenntnis vom , 2009/15/0100, hat der VwGH die Beschwerde des Ausgangsverfahrens abgewiesen.

Im Vorhalt vom wurde der Bw. aufgefordert, im Lichte des Erkenntnisses des die vermeintliche Unrichtigkeit des Bescheides, dessen Aufhebung begehrt wird, so darzulegen, dass von einer Gewissheit der Unrichtigkeit des Spruches des Umsatzsteuerbescheides für 1998 ausgegangen werden kann

Der Bw. wurde darauf hingewiesen, dass im anhängigen Berufungsfall betreffend Aufhebung nach § 299 BAO in Zusammenhang mit der "Seeling-" Problematik ein 100 %-iger Vorsteuerabzug für nur teilweise betrieblich genutzte Gebäude geltend gemacht werde.

Der Antragsteller (Bw.) hätte im Antragsverfahren nach § 299 BAO aus eigenem Antrieb und zweifelsfrei darzulegen, dass der Spruch der aufzuhebenden Bescheide gewiss unrichtig ist. Die Aufhebung setze die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus; die bloße Möglichkeit reicht nicht. Die Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit setze daher grundsätzlich die (vorherige) Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes voraus, da nach § 299 Abs. 2 BAO der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid gleichzeitig mit dem Aufhebungsbescheid zu erlassen ist (vgl. Ritz, BAO³, § 299 Tz. Tz. 11 bis 13 und , RV/0442-L/07).

Die im Aufhebungsantrag aufgezeigte Unrichtigkeit des Umsatzsteuerbescheides für 1998 (100 %-iger Vorsteuerabzug bei teilweiser betrieblicher Nutzung) liege auf Grund des Erkenntnisses des gewiss nicht vor.

Aus der Stellungnahme der steuerlichen Vertretung des Bw. vom geht hervor:

"Bezugnehmend auf ihr Schreiben übermitteln wir die am gestellten Anträge auf Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide 2004 bis 2007, in dem dargelegt wird, dass das Gebäude unseres Mandanten vollständig dem Betriebsvermögen zugeordnet wurde und das Obergeschoß keinerlei Zwecken außerhalb des Unternehmens diente, da es noch nicht ausgebaut war und daher brach gelegen ist.

Aus dem Schreiben vom geht auszugsweise folgendes hervor:

".....Das Gebäude wurde von unserem Mandanten in seiner Gesamtheit dem Betriebsvermögen zugeordnet. Eine Eigenverbrauchsbesteuerung ist uE im konkreten Fall nicht vorzunehmen, da das Obergeschoß nicht für Zwecke verwendet wurde, die außerhalb des Unternehmens liegen.

Für iZm der Errichtung oder Erhaltung von Gebäuden stehende Leistungen galt bis zum die teilweise Zuordnung zum unternehmrischen Bereich als Regelfall. Dem Unternehmer stand jedoch auch die Möglichkeit zu, das Gebäude in vollem Umfang dem Unternehmensbereich zuzuordnen. (von diesem Recht machte unser Mandant auch Gebrauch).

Mit Wirkung ab wurde die unechte Befreiung für den Eigenverbrauch gestrichen..........

Aufgrund der in den USTR 2000 Rz 2003 manifestierten Auffassung der Finanzverwaltung, dass zunächst (wenn auch nur für die ersten vier Monate) der volle Vorsteuerabzug zu gewähren ist folgt, dass iSd EuGH Rechtsprechung in der Rs Metropol Treuhand und Stadler das Beibehaltunsrecht des Art 17 Abs. 6 der 6. MwstR hionsichtlich gemischt genutzter Gebäude (§ 12 Abs. 2 Z 2 lit a UstG) endgültig aufgegeben worden ist.

§ 12 Abs. 2 Z 2 lit a UstG kann somit ab dem keine Anwendung mehr auf den Vosteuerausschluß bei gemischt genutzten Gebäuden finden.

Mit Wirkung ab wurde § 3a Abs 1a Z 2 UstG um einen letzten Satz erweitert. Demnach soll die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstücks nicht einer entgeltlichen Leistung gleichgestellt sein. Die Nichsteuerbarkeit des Eigenverbrauchs soll zur Folge haben, dass wiederum für den privat genutzten Teil kein Vorsteuerabzug zusteht.

Die private Verwendung eines gemischt genutzten Gebäudes ist daher ab dem als steuerpflichtige Leistung zu behandeln.

Da nach den Ausführungen des Eugh in der Rs Charles und Charles-Tijmens für die Neuregelung des § 3a Abs 1a Z 2 letzter Satz UstG keine gemeinschaftsrechtliche Deckung besteht und § 12 Abs 2 Z 2 lit a UstG ab dem keine Anwendung mehr findet (zumindest hinsichtlich gemischt genutzter Gebäude), ergeben sich für den Zeitraum ab folgende Kosequenzen:

Für ein vor dem errichtetes gemischt genutztes Gebäude stand - insoweit abgrenzbare Räumlichkeiten überwiegend privat genutzt wurden - kein Vorsteuerabzug für den privat genutzten Anteil zu. Da mit eine Eigenverbrauchsbesteuerung für den privat genutzten Anteil vorzunehmen ist, tritt damit eine Änderung der Verhältnisse iSd § 12 Abs. 10 UstG ein, womit - bei voller Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen - eine positive jährliche Vorsteuerkorrektur von einem Zehntel vorzunehmen ist (§ 12 Abs. 10 UstG). Gleichzeitig stellt die private Nutzung einen steuerpflichtigen Eigenverbrauch dar. Demzufolge beantragen wir ab dem Veranlagungsjahr 2004 eine jährliche positive Vorsteuerberichtigung gem. § 12 Abs 10 UstG iHv 494,18 €."

Aus dem E-mail vom geht im wesentlichen folgendes hervor:

"Herr Mag. xy hat im Ortszentrum von z im Jahr 1993 ein Apothekengebäude errichtet. Im Erdgeschoß ist die Apotheke untergebracht. Das Obergeschoß wurde zum damaligen Zeitpunkt der Errichtung noch nicht ausgebaut und lag brach. Somit konnte es keiner speziellen Nutzung unterzogen werden. Im Rahmen der im Jahr 2000 durchgeführten Betriebsprüfung war die Finanzverwaltung der Ansicht, dass aufgrund der fehlenden betrieblichen Nutzung das Obergeschoß aus dem Betriebsvermögen zu entnehmen sei und es wurde eine Vorsteuerrückrechung IHv S 68.000 und eine Nachversteuerung des IFB durchgeführt.

UE war die Zuordnung zum Betriebsvermögen jedenfalls gegeben, da Gewerbetreibende, deren Firma in das Firmenbuch eingetragen sind auch gewillkürtes Betriebsvermögen in die Bücher aufnehmen können. Herr Mag. xy war in das Firmenbuch eingetragen und auch wenn man unterstellt, dass es kein notwendiges Betriebsvermögen darstellt, so ist es aufgrund der Nichtnutzung auch kein notwendiges Privatvermögen gegeben.

Bis zum Innenausbau im Jahr 2005 wurde das 200m² große Obergeschoß keiner besonderen Verwendung zugeführt. Die Ausbaukosten in 2005 betrugen € 223.230,59. Diese betrafen im Wesentlichen Trockenausbauarbeiten, Elektro-, Wasser und Heizungsinstallation, Klimatisierung, Fenster und Türen.

Am wird das Obergeschoß von Herrn Mag. xy zu fremdüblichen Mieten an seinen Sohn MMM. vermietet."

Auf die Frage "für welchen konkreten Zweck das Obergeschoß genutzt werden sollte bzw welche Absicht bestand, das Obergeschoß unternehmerisch zu nutzen in Zusammenhang mit dem Apothekenbetrieb", gab der steuerliche Vertreter des Bw. im Schreiben vom an:

"....Aus den beiliegenden Fotos ist auch ersichtlich, dass das Obergeschoß aufgrund des flachen Dachwinkels des Walmdaches einem nicht ausgbeauten Dachboden gleichgesetzt werden kann. Die Fotos zeigen auch, dass eine nichtunternehmerische Nutzung als Wohnraum oder Lagerraum aufgrund des nicht befestigten Bodens (lose Dämmstoffmatten am Boden) und des nicht isolierten Daches nicht möglich gewesen wäre.

Aus dem Einreichplan ist ersichtlich, dass das Obergeschoß als nicht ausgebauter Dachboden geplant und deklariert wurde. Eine andere als die gewählte Bauweise, hätte zu einer niedrigeren Bauhöhe des Gebäudes geführt, welche mit dem Ortsbild unvereinbar gewesen wäre. Es war von vornherein kein Ausbau zu einer privaten Nutzung beabsichtigt. Das Gebäude ist daher in seiner Gesamtheit dem Unternehmen zuzuordnen und der Vorsteuerabzug für das gesamte Gebäude zu gewähren."

In der Folge wurde zwecks Wahrung des Parteiengehörs der Stand des gesamten Ermittlungsverfahrens dem Finanzamt zur Kenntnis und zur Stellungnahme übermittelt.

Aus der am per E-mail bei der Referentin eingelangten Stellungnahme des Finanzamtes geht folgendes hervor:

"Unbestritten ist, dass im Zeitpunkt der ha. Bp. eine private Nutzung des strittigen Obergeschoßes nicht stattgefunden hat. Ebenso ist unstrittig, dass auch eine Nutzung für den Betrieb der Apotheke nicht erfolgt ist und auch nicht geplant war.

Aus dem Bauansuchen und dem dazu eingereichten Bauplan ist aber ersichtlich, dass ein Ausbau des Obergeschoßes (=Dachgeschoß) möglich, auf Grund der Grundfläche und Raumhöhe sinnvoll und daher offensichtlich auch vorgesehen war. Diesbezüglich wurde bereits im Zuge der Betriebsprüfung die Möglichkeit der Nutzung durch den Sohn des Bw. zum Ausdruck gebracht (s. Arbeitsbogen, S 13).

Aus dem Schreiben vom - Arbeitsbogen, S 13 - geht folgendes hervor:

"Anlagevermögen

.....Betriebsbesichtigung:

Es wurden besichtigt: Verkaufsraum EG, Labor und Lager EG, Nachdienstraum EG, Lagerräume Keller, Heizraum, etc Keller, OG leerstehend und unfertig.

Allgemeines: Die Apotheke wurde 1993 auf der Liegenschaft z zz neu errichtet. Auf diesem Grundstück gibt es keine privat genutzten Teile.

OG leerstehend: DasOG des Apothekengebäudes steht leer und ist auch noch nicht fertiggestellt: keine Zwischenräume, kein Boden, etc - nur Außenmauern mit Fenstern.

Laut Auskunft des Bw. ist geplant, in diesem OG eine Dienstwohnung für einen Arbeitnehmer zu errichten. Frühestens in zwei Jahren wird jedoch erst ein Weiterbau erfolgen. Bis ins Jahr 2006 bzw. 2007 muß der Bw. die Apotheke selbst führen, dann ist eine Übergabe der Konzession an den Sohn vorgesehen. Wenn der Sohn nun schon früher in der Apotheke arbeitet, so wird er als Angestellter beschäftigt, diese Wohnung steht ihm dann als Dienstwohnung zur Verfügung. Der Sohn hat im Mai 2000 sein Pharmaziestudium beendet und ein Dienstverhältnis in einer Wiener Apotheke begonnen. Er muß ein Jahr Aspirantenzeit absolvieren und 5 Jahre als angestellter Apotheker arbeiten, damit er die Konzession übernehmen kann. Daraus ergibt sich der Zeitrahmen bis 2007. Es ist jedenfalls nicht geplant, diese Wohnung an irgend jemand anderen als den Sohn zu übergeben bzw. zu überlassen. Der Bw. wird in der Folge voraussichtlich 2007 nach der Übergabe der Apotheke in den Ruhestand treten. Sollte der Sohn nicht nach Hause kommen wollen und die Apotheke nicht übernehmen, so ist jedoch auch der Verkauf der gesamten Liegenschaft möglich..".

Am wurde dem steuerlichen Vertreter des Bw. die Stellungnahme des Finanzamtes sowie der Auszug des Arbeitsbogens S 13 - Schreiben vom - per E-mail (mit Einverständnis des steuerlichen Vertreters) übermittelt.

Mit E-mail vom führte der steuerliche Vertreter aus:

"Das Apothekengebäude in z diente im Jahre 1998, ausschließlich zum Betrieb der Apotheke. Das Obergeschoss dieses Gebäudes (ein nicht ausgebauter Dachboden) stand zu diesem Zeitpunkt leer, eine private Nutzung war alleine schon vom Bauzustand her nicht möglich und war auch nicht geplant. Es bestand zwar die Überlegung, dass - für den Fall, dass der Sohn unseres Mandanten Dienstnehmer in der Apotheke wird - ihm die Wohnung als Dienstwohnung zur Verfügung gestellt wird, zum damaligen Zeitpunkt 1998 war dies aber noch überhaupt nicht absehbar (Beendigung des Studiums im Mai 2000).

Die Annahme einer gemischt genutzten Verwendung (teils betrieblich, teils privat) und die Entnahme des Obergeschoßes aus dem Betriebsvermögen im Zuge der Betriebsprüfung ist uE aus heutiger Sicht nach wie vor nicht schlüssig nachvollziehbar, da eine etwaige zukünftige Verwendung eines Gebäudeteiles zu einer Dienstwohnung für den Sohn eines Einzelunternehmers zwar ein Indiz für eine private Verwendung darstellen kann, aber eine konkrete Beurteilung zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht möglich war. So wird auch in Rz 562 EStR zur ertragsteuerlichen Behandlung eines unausgebauten Dachbodens festgehalten, dass dieser, wenn er auch mit ebenem Boden und Beleuchtung, aber ohne jede Isolierung und Verkleidung der Dachhaut versehen ist, schon mangels Schutzfunktion hinsichtlich Wärme, Kälte, Feuchtigkeit und Verschmutzung nur eine so geringfügige private oder betriebliche Verwendung zulässt, dass die Nutzfläche dieses Dachbodens für die Frage nach der privaten oder betrieblichen Nutzung von Gebäudeteilen vernachlässigt werden kann (vgl ).

Das Gesamtgebäude inkl. des Obergeschoßes / Dachbodens diente daher uE zum damaligen Zeitpunkt zu 100 % unternehmerischen Zwecken. Nur insofern eine gemischt genutzte Verwendung des Gebäudes zu unterstellen wäre, wäre im vorliegenden Fall eine Anwendung des , Seeling denkmöglich. Da eine gemischt genutzte Verwendung des Gebäudes mangels privater Nutzung jedoch nicht vorgelegen ist, steht uE - unabhängig von der Rechtsprechung zu gemischt genutzten Gebäuden - der Vorsteuerabzug für das Obergeschoss des Apothekengebäudes zu."

Über die Berufung wurde erwogen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Der Bw. errichtete eine Geschäftsgebäude und betreibt darin im Berufungsjahr eine Apotheke. Das über der Apotheke liegende Dachgeschoß wurde nicht ausgebaut. Strittig ist die Frage, ob und in welchem Ausmaß ein Vorsteuerabzug für das nicht ausgebaute Ober(Dach)geschoß zusteht. Die Feststellung des Finanzamtes bzw. der Betriebsprüfung bei der im Jahr 2000 durchgeführten Betriebsprüfung, dass das nicht ausgebaute Dach (Ober)geschoß des Gebäudes nicht betrieblich genutzt werde und daher zu entnehmen sei, blieb unwidersprochen.

Der Umsatzsteuerbescheid 1998 ist am ergangen und damit im Jahr 2000 wirksam geworden.

Es erfolgte keine Darlegung des Bw. darüber, inwieweit das Dachgeschoß des Gebäudes für das Unternehmen genutzt wird bzw werden soll und für welchen Zweck. Weiters sind auch Ausführungen darüber unterblieben, ob das nicht ausgebaute Dachgeschoß überhaupt betrieblich genutzt werden soll.

Mit Schreiben vom stellte der steuerliche Vertreter einen Antrag auf Bescheidaufhebung gem. § 299 BAO iVm § 302 BAO und begehrte die Berücksichtigung der anteiligen Vorsteuer für das gemischt genutzte Gebäude mit der Begründung, dass das Gebäude in seiner Gesamtheit dem Betriebsvermögen, dh seinen Unternehmen iSd § 1 iVm § 2 UstG 1994 zugeordnet worden sei und dass diese Vorgehensweise nicht im Einklang mit der 6. MwSt-Richtlinie stehe. In diesem Zusammenhang werde auf das Judikat des Seeling verwiesen.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt diesen Antrag ab mit der Begründung, dass das Seeling Urteil lt Ust Novelle vom das Jahr 1998 betreffend nicht anzuwenden sei.

Rechtslage zu § 299 BAO:

§ 299 ist eine Verfahrensvorschrift und somit ab In-Kraft-Treten (das ist der ) auch für vor dem erlassene Bescheide anzuwenden (Ritz, Kommentar zur BAO³, Rz 69 zu § 299 BAO).

§ 299 der Bundesabgabenordnung (BAO) i.dF BGBl. I Nr. 2002/97 lautet:

"(1) Die Abgabenbehörde erster Instanz kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden.

(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat."

Die Aufhebung setzt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 299 Abs. 1 BAO die (vorherige) Klärung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes und der Rechtslage voraus. Dies gilt umso mehr, als nach § 299 Abs. 2 BAO der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid gleichzeitig mit dem Aufhebungsbescheid zu erlassen ist (vgl. Ritz, BAO³, § 299 Tz. 11 bis 13). Die bloße Möglichkeit der Unrichtigkeit, sei es ob der angenommene Sachverhalt nicht richtig sein könnte, oder ob die zu Grunde gelegte Rechtsansicht nicht richtig sein könnte, reicht nicht aus.

Zu den allgemeinen Grundsätzen des Abgabenverfahrens gehört es, dass die Abgabenbehörde zwar die Feststellungslast für alle Tatsachen trägt, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend machen zu können, dies doch die Partei nicht von ihrer Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht befreit. Nach der Judikatur tritt die amtswegige Ermittlungspflicht gegenüber der Behauptungs- und Mitwirkungspflicht in den Hintergrund, wenn die Behörde nur auf Antrag tätig wird (vgl. Ritz, BAO³, § 115 Tz. 11).

§ 302 BAO i.d.F. BGBl. I Nr. 97/2002 lautet:

"(1) Abänderungen, Zurücknahmen und Aufhebungen von Bescheiden sind, soweit nicht anderes bestimmt ist, bis zum Ablauf der Verjährungsfrist, Aufhebungen gemäß § 299 jedoch bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe (§ 97) des Bescheides zulässig.

(2) Darüber hinaus sind zulässig:

a) Berichtigungen nach § 293 innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft des zu berichtigenden Bescheides oder wenn der Antrag auf Berichtigung innerhalb dieses Jahres eingebracht ist, auch nach Ablauf dieses Jahres;

b) Aufhebungen nach § 299 auch dann, wenn der Antrag auf Aufhebung vor Ablauf der sich aus Abs. 1 ergebenden Jahresfrist eingebracht ist;

c) Aufhebungen nach § 299, die wegen Widerspruches mit zwischenstaatlichen abgabenrechtlichen Vereinbarungen oder mit Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union erfolgen, bis zum Ablauf der Verjährungsfrist oder wenn der Antrag auf Aufhebung innerhalb dieser Frist eingebracht ist, auch nach Ablauf dieser Frist;

Die Bestimmung des § 302 Abs. 2 lit c BAO wurde durch BGBl I Nr.20/2009 aufgehoben (Inkrafttretensdatum: ab ).

Der Antrag des Bw. vom stützt sich ausdrücklich darauf, dass der Umsatzsteuerbescheid 1998 rechtswidrig sei, da der Spruch nicht im Einklang mit der 6. Mwst Richtlinie stehe und in diesem Zusammenhang werde auf das Judikat des Seeling verwiesen.

Nach der im Zeitpunkt der Antragstellung und des Ergehens des bekämpften Abweisungsbescheides geltenden Bestimmung des § 302 Abs. 2 lit. c BAO endete im Falle des Widerspruches eines Bescheidspruches zum Gemeinschaftsrecht die Frist zur Einbringung des Antrages auf Bescheidaufhebung mit Ablauf der Verjährungsfrist. Im Zeitpunkt der Antragstellung war die Verjährungsfrist hinsichtlich der Festsetzung der Umsatzsteuer 1998 noch nicht abgelaufen.

Gemäß § 289 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden und ist sie berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Die Abänderungsbefugnis ist durch die Sache beschränkt. "Sache" ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (vgl. mit Hinweis auf Stoll, BAO-Kommentar, S. 2793 zu § 289 BAO).

Nach Stoll, Kommentar zur BAO, S. 2796, ist Sache der Gegenstand des Verfahrens der Vorinstanz, soweit der ergangene Bescheid darüber abgesprochen hat. Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war im vorliegenden Fall der Antrag des Bw. auf Aufhebung des Bescheides gemäß § 299 BAO iVm § 302 BAO.

Mit dem Spruch des bekämpften Bescheides hat das Finanzamt diesen Antrag abgewiesen mit der Begründung, dass das Seeling Urteil für das Jahr 1998 nicht anzuwenden ist.

Beantragt wurde die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 1998 nach § 299 iVm§ 302, da der Bescheidspruch des antragsgegenständlichen Umsatzsteuerbescheides dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere dem Judikat des Seeling, widersprechen würde. Dazu reiche aus, dass der Spruch per se unrichtig sei.

Die innerstaatliche Norm des § 12 Abs. 1 UStG 1994 bestimmt:

Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: 1. die von anderen Unternehmen in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.

Auf Grund dieser innerstaatlichen gesetzlichen Bestimmung ist der Vorsteuerabzug nicht von Amts wegen vorzunehmen, sondern auf Antrag zu gewähren. Es liegt also beim Unternehmer, das Recht auf Vorsteuerabzug in Anspruch zu nehmen (Ruppe UstG § 12, Tz 14).

Art. 17 der 6. MWST-RL lautet - auszugsweise - :

Abs. 1: Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Vorsteuer entsteht.

Abs. 2: Soweit Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:lit. a die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden, . . . .

Abs. 6:...Bis zum Inkrafttreten der vorstehend bezeichneten Bestimmungen können die Mitgliedstaaten alle Ausschlüse beibehalten, die in den in ihrem zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind.

Art. 18 der 6. MWSt-RL bestimmt die Einzelheiten der Ausübung des Rechtes auf Vorsteuerabzug und legt fest:

Abs. 1: Um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, muss der Steuerpflichtige

a) über die nach Artikel 17 Abs. 2 Buchstabe a abziehbare Steuer eine nach Artikel 22 Abs. .3 ausgestellte Rechnung besitzen; . . . .

Abs. 2: Der Vorsteuerabzug wird vom Steuerpflichtigen global vorgenommen, indem er von dem Steuerbetrag, den er für einen Erklärungszeitraum schuldet, den Betrag der Steuer absetzt, für die das Abzugsrecht entstanden ist, und wird nach Absatz 1 während des gleichen Zeitraums ausgeübt.

Abs.3: die Mitgliedstaaten legen die Bedingungen und Einzelheiten fest, nach denen einem Steuerpflichtigen gestattet werden kann, einen Abzug vorzunehmen, den er nach den Absätzen 1 und 2 nicht vorgenommen hat.

Demnach gewähren sowohl die innerstaatliche Norm als auch das Gemeinschaftsrecht einem Unternehmer das Recht auf Geltendmachung des Vorsteuerabzuges aus Umsätzen an sein Unternehmen bei Vorliegen festgelegter formaler Voraussetzungen. In Umsetzung der Bestimmungen der 6. MWSt-RL hat der nationale - österreichische - Gesetzgeber richtlinienkonforme inhaltsgleiche Regelungen normiert.

Art.18 Abs. 3 räumt den Mitgliedstaaten nun die Befugnis ein, jene Bedingungen festzulegen, nach welchen Steuerpflichtigen gestattet werden kann, einen Vorsteuerabzug vorzunehmen, den sie nach den Absätzen 1 und 2 des Artikels 18 nicht vorgenommen haben. Das bedeutet, dass es der nationalen Gesetzgebung der Mitgliedstaaten obliegt die zu Grunde liegenden Rechtsmittel- und Verjährungsfristen nach nationalem Recht festzulegen, also auch jene Fristen für die Geltendmachung eines unterbliebenen Vorsteuerabzuges zu bestimmen. Für solche Bescheidänderungen gemäß § 299 BAO legte nun § 302 Abs. 1 eine einjährigeAntragsfrist fest.

Räumen nun sowohl das nationale Recht als auch das Gemeinschaftsrecht ein Recht auf Geltendmachung des Vorsteuerabzuges ein, welches nicht ausgeübt wird, und legt der nationale Gesetzgeber eine - hier einjährige - Frist für die Nachholung des unterbliebenen Vorsteuerabzuges fest, so kann in einer derartigen Regelung und ihrer Anwendung kein Widerspruch zu Gemeinschaftsrecht erblickt werden. Das Vorliegen einer solchen stellt aber wiederum eine unabdingbare Voraussetzung für die beantragte Bescheidaufhebung § 299 BAO iVm § 302 Abs. 2 lit. c BAO dar.

Hinsichtlich der Berufungsbegründung, dass der Spruch des Umsatzsteuerbescheides 1998 gegen die 6. MwStRL verstoße und in diesem Zusammenhang auf das Judikat des verwiesen werde wird folgendes ausgeführt:.

Sowohl die innerstaatliche Norm des § 12 Abs. 1 UStG als auch Art. 17 der 6. MWSt-RL "berechtigen" bzw. "befugen" den Unternehmer den Vorsteuerabzug geltend zu machen

Weiters wird angemerkt, dass nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates für die begehrte Bescheidaufhebung nach § 299 BAO iVm § 302 Abs. 2 lit. c BAO nicht nur gemäß § 299 BAO erforderlich war, dass sich der Bescheidspruch als nicht richtig erwies, sondern insbesondere andererseits iVm § 302 Abs. 2 lit. c BAO auch, dass der Bescheidspruch infolge der Anwendung eines sich als gemeinschaftswidrig erweisenden nationalen - österreichischen - Gesetzes oder einer gemeinschaftswidrigen Auslegung eines solchen als gemeinschaftswidrig anzusehen war, also im Widerspruch zu Gemeinschaftsrecht stand. Nur dann eröffnete § 302 Abs. 2 lit. c iVm § 299 BAO die Möglichkeit einer Bescheidaufhebung innerhalb der Verjährungsfrist nach Ablauf eines Jahres nach Ergehen des antragsgegenständlichen Bescheides.

Diese Betrachtungsweise wird auch in den erläuternden Bemerkungen in Z 78 zur Aufhebung des § 302 Abs. 2 BAO durch BGBl. I 20/2009 zum Ausdruck gebracht, welche auszugsweise lauten:

§ 302 Abs. 2 lit. c BAO erlaubte einen Eingriff in die Rechtskraft von Bescheiden wegen Widerspruchs mit zwischenstaatlichen abgabenrechtlichen Vereinbarungen oder mit Gemeinschaftsrecht bis zum Ablauf der Verjährungsfrist, also im Allgemeinen bis zu fünf Jahre nach Ablauf des Jahres des Entstehens des Abgabenanspruchs. Dadurch waren Rechtsunrichtigkeiten, die auf falschen DBA-Auslegungen oder falschen Gemeinschaftsrechtsauslegungen beruhten, für die Abgabenbehörden und die Abgabenpflichtigen selbst dann noch über lange Zeit aufgreifbar, wenn sie im Zuge des Abgabenverfahrens keinerlei Rechtsmittel erhoben haben. Dies wirkte sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten von Abgabepflichtigen, die mit Gemeinschaftsrechtsverstößen konfrontiert waren.

Ein derart weit reichender Eingriff in die Rechtskraft wird rechtspolitisch als problematisch angesehen (Klecatsky, DÖV 1967, 593), weil er das Rechtsgut der Rechtssicherheit zu Gunsten des Rechtsgutes der Rechtsrichtigkeit zu weitgehend aushöhlt. Mit der Novellierung werden die Fristen für Rechtskrafteingriffe nach § 299 BAO im Sinne des europarechtlichen Äquivalenzprinzips auf ein Jahr vereinheitlicht, wogegen auch keine Bedenken vor dem Hintergrund des Effektivitätsprinzips bestehen (Griller, in Holoubek/Lang, Rechtkraft, 2008, 45, GA Ruiz-Jarabo Colomer, , C-30/02, Recheio Rz 41 f). . . . .

Diese Ansicht wird ebenso von Biebl/Krickl vertreten ( vgl.: Aufhebungsfristen des § 302 BAO, SWK 23/24/2005, S 710, Pkt. 2.3.1).

Auch Ritz verweist betreffend der weiteren (längeren) Antragsfrist des § 302 Abs. 2 lit. c BAO hinsichtlich von Bescheidaufhebungen wegen Widerspruchs mit Gemeinschaftsrecht auf Anbringen im Sinne des § 209 a Abs. 2, von welchen unmittelbar eine Abgabenfestsetzung (z.B. aufgrund eines EUGH Urteils) abhängen kann.

Soweit der Bw. berufungsbegründend Bezug auf die Richtlinien zur Aufhebung von Bescheiden gem. § 299 BAO nimmt, wonach ein Bescheidspruch u.a. dann rechtswidrig sei, wenn entscheidungserhebliche Tatsachen oder Beweismittel nicht berücksichtigt worden seien und dies auch dann anzunehmen sei, wenn die Nichtberücksichtigung auf mangelnde Kenntnis der Abgabenbehörde (z.B. als Folge mangelnder Offenlegung durch die Partei) zurückzuführen und ein Verschulden des Steuerpflichtigen an der Rechtswidrigkeit des Bescheides einer Bescheidaufhebung nicht hinderlich (Pkt. 6 age. der zit. RL) sei, ist grundsätzlich festzustellen, dass die genannten Richtlinien für die entscheidende Behörde keinerlei Bindungswirkung zu entfalten vermögen. Die Entscheidung ist auf Basis der angeführten Normen zu treffen, wobei auf die obigen Ausführungen verwiesen wird.

Soweit die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides für 1998 vom wegen unrichtiger Sachverhaltsannahme -Vorsteuer für das nichtausgebaute Dachgeschoß ja oder nein - beantragt wird, ist darauf hinzuweisen, dass der Aufhebungsantrag vom nicht innerhalb der Jahresfrist eingebracht wurde und insoweit unzulässig ist. Es erfolgte kein Widerspruch gegen die abgeschlossene Bp. und den dadurch ergangenen Umsatzsteuerbescheid 1998.

Wenn der Bw. die Berufung damit begründet, dass der Spruch des Umsatzsteuerbescheides für 1998 (per se) gegen Gemeinschaftsrecht verstoße und insbesondere auf die Entscheidung des Rs Wolfgang Seeling verwiesen worden sei, so ist dazu folgendes auszuführen:

Der Aufhebungsantrag hinsichtlich der Umsatzsteuer für 1998 ist zulässig, da gemäß § 302 Abs. 2 lit c BAO Anträge nach § 299 BAO, die wegen Widerspruches mit Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union erfolgen, innerhalb der Verjährungsfrist eingebracht werden können.

Für gemischt, d.h. teilweise unternehmerisch und teilweise privat genutzte Grundstücke bestand die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 zwar grundsätzlich nur im Ausmaß der unternehmerischen Nutzung. Mit dem Abgabenänderungsgesetz 1997 mit Wirkung ab bestand aber die Möglichkeit, auch den nichtunternehmerisch genutzten Teil dem Unternehmen zuzuordnen (§ 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 idF BGBl. I 1998/9). Ab dem Jahr 2000 war die gänzliche unternehmerische Zuordnung gemischt genutzter Grundstücke der gesetzliche Regelfall (vgl. § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1999 idF BGBl. I 1999/106). Dennoch stand der Vorsteuerabzug nur für den unternehmerisch genutzten Teil des Grundstückes zu, weil die nichtunternehmerische Verwendung eines Grundstückes gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 einer unecht steuerbefreiten Vermietung gleichgesetzt wurde und insoweit den Vorsteuerabzug ausgeschloss.

Die Gleichstellung des Eigenverbrauches in Bezug auf Grundstücke mit einer steuerfreien Vermietung gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 wurde vom Seeling für gemeinschaftswidrig erklärt. Aufgrund der Rückwirkung von EuGH-Urteilen entstand nun die Streitfrage, ob damit der Vorsteuerabzug ab dem Jahr 1998 für das gesamte Gebäude zustand oder ob der Vorsteuerausschluss für den nichtunternehmerischen Teil vom Beibehaltungsrecht des Art 17 Abs. 6 der 6. EG-RL umfasst war und damit trotz des EuGH-Urteils in der Rechtssache Seeling zur Anwendung gelangte.

Mit hat der VwGH dem EuGH gemäß Art. 234 EG u.a. folgende Fragen vorgelegt:

Entfaltet Art. 17 Abs. 6 der 6. RL weiterhin seine Wirkung, wenn der nationale Gesetzgeber eine Vorsteuerausschlussbestimmung des nationalen Rechts (hier § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994), die sich auf Art. 17 Abs. 6 der 6. RL stützen konnte, mit der ausdrücklichen Absicht ändert, diesen Vorsteuerausschluss beizubehalten, und sich aus dem nationalen UStG auch ein Beibehalten des Vorsteuerausschlusses ergäbe, der nationale Gesetzgeber aber aufgrund eines erst nachträglich erkennbaren Irrtums über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts (hier Art. 13 Teil B Buchstabe b der 6. RL) eine Regelung getroffen hat, die - isoliert betrachtet - nach dem Gemeinschaftsrecht (in der durch das Urteil Seeling getroffenen Auslegung des Art. 13 Teil B Buchstabe b der 6. RL) einen Vorsteuerabzug zulässt?

Falls diese verneint wird:

Kann es die auf die "Stand-still-Klausel" des Art. 17 Abs. 6 der 6. RL gestützte Wirkung eines Vorsteuerausschlusses (hier § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994) beeinträchtigen, wenn der nationale Gesetzgeber von zwei einander überlappenden Vorsteuerausschlüssen des nationalen Rechts (hier § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 und § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994) einen ändert und im Ergebnis deshalb aufgibt, weil er sich in einem Rechtsirrtum befunden hat?

Mit Urteil vom , C-460/07, "Sandra Puffer", nahm der EuGH zu diesen Fragen wie folgt Stellung: Die Neuregelung des § 12 Abs. 2 Z 1 UStG durch das AbgÄG 1997 könne den früheren Rechtsvorschriften, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der 6. MwSt-RL für die Republik Österreich am bestanden hätten, nicht gleichgestellt werden und falle somit nicht mehr unter die Stand-still-Klausel des Art 17 Abs. 6 6. MwSt-RL (Recht der Mitgliedstaaten auf Beibehalten ihrer bei EU-Beitritt bestehenden Vorsteuerausschlüsse). Ob auch der überlappende Vorsteuerausschluss des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG, an dem keine Änderungen vorgenommen worden sei, den Schutz der genannten Klausel verliere, hänge davon ab, ob diese nationalen Bestimmungen in einer Wechselbeziehung stünden oder autonom seien, was vom nationalen Gericht zu ermitteln sei.

Über diese Frage hat der VwGH mit Erkenntnis vom , 2009/15/0100 erkannt, dass der Vorsteuerausschluss für ertragsteuerrechtlich nichtabzugsfähige Aufwendungen gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 weiter autonom anzuwenden sei, also nicht in einer systematisch konsistenten Wechselbeziehung zur Mischnutzregel des § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 stehe.

Wörtlich führte der Verwaltungsgerichtshof aus:

"Soweit die gemischte Nutzung eines Gebäudes darauf zurückzuführen ist, dass ein Teil des Gebäudes als private Wohnung des Unternehmers Verwendung findet, ergibt sich der anteilige Vorsteuerausschluss (auch abschließend) aus § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994. Einer Bezugnahme auf § 12 Abs. 2 Z 1 leg. cit. bedarf es nicht."

Der VwGH kam weiters zum Ergebnis, dass der Vorsteuerabzug für Gebäude nach den Regeln des UStG 1972 vorzunehmen sei. Hiezu führte er aus:

"Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG gelten Lieferungen und sonstige Leistungen, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 sind, als nicht für das Unternehmen ausgeführt. Dieselbe Regelung fand sich in § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1972.

§ 20 Abs. 1 EStG 1988 erfasst in Z 1 die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge' und in Z 2 lit. a ,Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung'. Aufwendungen des Unternehmers für die seinen privaten Wohnzwecken dienende Wohnung stellen nicht abzugsfähige Aufwendungen der Lebensführung dar.

Dies bedeutet, dass der Vorsteuerabzug für den privat genutzten Teils eines gemischt genutzten Gebäudes ausgeschlossen ist und somit nur für den unternehmerisch genutzten Teil zusteht und die Aufteilung eines gemischt genutzten Gebäudes nach den einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen zu erfolgen hat.

Auf den Berufungsfall bezogen bedeutet dieses Erkenntnis somit, dass für die Investitionskosten, die auf den privat genutzten Anteil des Gebäudes entfallen, kein Vorsteuerabzug zusteht.

Wie bereits angeführt wurde, setzt die Aufhebung die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus; die bloße Möglichkeit reicht nicht. Bei der Klärung der Frage, was rechtswidrig ist, spielen die Erkenntnisse der Höchstgerichte und die Judikatur des UFS eine wesentliche Rolle. Aus den oben dargestellten Judikaten des Verwaltungsgerichtshofes ist nachzuvollziehen, in welchem Ausmaß der Vorsteuerabzug bei Errichtung von gemischt genutzten Gebäuden zusteht.

Selbst aus dem Vorbringen vom des Bw. " Nur insofern eine gemischt genutzte Verwendung des Gebäudes zu unterstellen wäre, wäre im vorliegenden Fall eine Anwendung des Seeling denkmöglich" lässt sich die Gewissheit der Rechtswidrigkeit nicht entnehmen.

Dass diese Rechtsauslegung des Verwaltungsgerichtshofes unter Berücksichtigung der vom Bw. dargestellten Argumente möglicherweise unzutreffend sein könnte, ist im gegenständlichen Fall nicht zu klären.

Die Höhe der Vorsteuern ist unstrittig, und der Bw. hat nicht behauptet, dass die Zuerkennung von Vorsteuern im Umsatzsteuerbescheid für 1998, dessenAufhebung begehrt wird, nicht der im Erkenntnis vom , 2009/15/0100 angeführten Rechtsansichten des Verwaltungsgerichtshofes entspricht.

Somit ist auch aus diesem Gesichtspunkt nicht von einer Unrichtigkeit des Spruches des Umsatzsteuerbescheides für 1998, dessenAufhebung begehrt wird, auszugehen.

Aus diesen Gründen war die gegenständliche Berufung als unbegründet abzuweisen

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 302 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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