Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 31.03.2011, RV/0810-W/11

Subsidiär Schutzberechtigter, keine Grundversorgung, Einkünfte aus Lehrlingsentschädigung und Sozialhilfe

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum bis laufend entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Für die den Zeitraum bis und bis laufend steht Familienbeihilfe zu.

Für den Zeitraum September 2010 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der im Dezember 1991 geborene Berufungswerber (Bw.) ist afghanischer Staatsbürger.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom wurde dessen Asylantrag abgewiesen. Dem Bw. wurde jedoch gemäß § 8 Abs. 1 Zi 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Das Finanzamt hat den Antrag des Bw. auf Familienbeihilfe mit Bescheid vom abgewiesen und auch die Berufung mittels BVE vom abgewiesen, da der Bw., trotz entsprechender Aufforderung, diesen Bescheid des Bundesasylamtes nicht vollständig vorgelegt hat. Diesen hat der Bw. erst im Zuge seines Vorlageantrages beigebracht.

Der Fond Soziales Wien bestätigt mit Schreiben vom , dass der Bw. ab keinen Anspruch auf Leistungen aus der Grundversorgung hat, da er ab diesem Zeitpunkt Einkünfte erzielt, die über dem Grundversorgungsrichtsatz liegen.

Die MA 40 stellte mit Bescheid vom die monatlichen Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit ein.

Gleichzeitig wurde dem Bw. vom Land Wien als zuständigen Sozialversicherungsträger, ab eine monatliche Geldleistung von € 297,11, zur Sicherung des Lebensunterhalts, bis zuerkannt.

Auf einen entsprechenden Vorhalt des teilte die MA 40 am mit:

Der Bw. bezieht laufend Sozialhilfe.

Ab wurde mit Bescheid vom eine bedarfsorientierte Mindestsicherung nach Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG) von monatlich € 253,65 und eine Mietbeihilfe von € 93,-- zuerkannt.

Da das Einkommen des Bw. den Grundversorgungsanspruch von € 290,-- übersteigt, wird dieses anstelle der Grundversorgung angerechnet.

Der derzeitige Richtsatz (Sozialhilfe) für Alleinunterstützte beträgt € 752,94. Davor und für den Bescheid des Bw. relevant, betrug er € 744,01. Dieser erhöht sich um einen allfälligen Mietmehrbedarf. Dieser beträgt für den Bw. € 93.

Der Sozialhilfeanspruch errechnet sich wie folgt:

Richtsatz Lebensunterhalt

+ Mietmehrbedarf

+ Heizbeihilfe (beim Bw. Null)

= Sozialhilfebedarf

- abzüglich Einkommen (beim Bw. Lehrlingsentschädigung von € 490,36)

= Sozialhilfeanspruch monatlich ( beim Bw. € 346,65)

Aufgrund geänderter Verhältnisse (nachträglich gemeldetes Einkommen) wurden mit Bescheid vom zu Unrecht bezogene Leistungen aus der Mindestsicherung für den Zeitraum bis in Höhe von € 656,91, im Wege der ratenweisen Aufrechnung mit bestehenden Ansprüchen, rückgefordert.

Der Bw. absolvierte von bis eine Lehre als Koch. Der Bw. brach die Lehre ab, um sich eine Tätigkeit mit höherem Einkommen zu suchen, da er seine Familie unterstützen wollte.

Er bezog bis Leistungen vom AMS.

Danach nahm der Bw. seine Lehrausbildung wieder auf. Von 13.10. bis und ab bis voraussichtlich , arbeitet der Bw. erneut als Kochlehrling.

Am langte beim UFS ein Schreiben einer H. ein, die sich als Patin des Bw. bezeichnete und im Wesentlichen vorbrachte, dass die Leistungen aus der Grundversorgung bereits im Februar 2010 eingestellt worden seien und er nunmehr als Kochlehrling tätig sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG besteht ein Familienbeihilfenanspruch für minderjährige Kinder.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG besteht ein Familienbeihilfenanspruch für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sofern sie sich in Berufsausbildung befinden.

Gemäß § 3 Abs. 4 FLAG haben Kinder, die nach Asylgesetz 2005 subsidiär Schutzberechtigte sind, einen Familienbeihilfenanspruch, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind.

Gemäß § 6 Abs. 5 FLAG haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten, selbst einen Familienbeihilfenanspruch.

Gemäß § 1 Abs. 3 Zi 3 Wiener Grundversorgungsgesetz (WGVG) haben Fremde mit einem Aufenthaltsrecht gemäß § 8 iVm § 15 Asylgesetz Anspruch auf Leistungen aus der Grundversorgung.

Gemäß § 7 a Abs. 1 lit. c Wiener Sozialhilfegesetz (WSHG) haben, neben Staatsbürgern auch Fremde, denen nach den Bestimmungen des Asylgesetzes der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, Anspruch auf Sozialleistungen.

Da der Bw. bereits volljährig ist, besteht ein allfälliger Familienbeihilfenanspruch nur für jene Zeiträume, in denen der Bw. sich in Berufsausbildung befindet.

Der Bw. hat ab eine Lehre als Koch begonnen. Aus dem Bescheid der MA 40 vom ist zu entnehmen, dass der Bw. im Monat März 2010 keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten hat. Der Bw. hat daher gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG i.V.m. §§ 3 Abs. 4 und § 6 Abs. 5 FLAG Anspruch auf Familienbeihilfe. Es war daher insoweit spruchgemäß zu entscheiden.

Aus diesem Bescheid ergibt sich auch, dass der Bw. ab anteilige Sozialhilfeleistungen von € 297,11 monatlich erhält. Diese Leistungen gründen sich allerdings auf das damals in Geltung befindliche Wiener Sozialhilfegesetz (WSHG).

Wie sich aus dem Bescheid und der Vorhaltsbeantwortung der MA 40 ersehen lässt, erhält der Bw. ab Februar 2010 keine Leistungen aus der Grundversorgung gemäß Wiener Grundversorgungsgesetz (WGVG), da er Einkünfte erzielt, die über dem Grundversorgungsrichtsatz von € 290,-- liegen. § 3 Abs. 4 FLAG stellt aber ganz klar darauf ab, ob Leistungen aus der Grundversorgung bezogen werden, was ab März 2010 nicht der Fall ist. Leistungen aus der Sozialhilfe werden in dieser Bestimmung nicht genannt und sind daher nicht schädlich für den Familienbeihilfeanspruch. Dem Bw. steht daher Familienbeihilfe für jene Monate zu, in denen er eine Berufsausbildung absolviert (Lehre) und daneben keine Leistungen aus der Grundversorgung bezog. Es war daher insoweit spruchgemäß zu entscheiden.

Der Bw. brach seine Lehre am ab und nahm die Berufsausbildung erst am wieder auf. Er befand sich also in diesem Zeitraum nicht in Berufsausbildung, es besteht daher für den Monat September 2010 kein Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG. Es war daher insoweit spruchgemäß zu entscheiden.

Der Abweisungsbescheid des Finanzamtes erging am . Für danach liegende Zeiträume ist der UFS somit nicht berufen Änderungen der Sachverhalts- und Rechtslage erstmalig zu beurteilen. Unbeschadet dessen, ist der UFS der Ansicht, dass hinsichtlich des nunmehr gültigen Wiener Mindestsicherungsgesetztes (WMG) und Leistungen nach diesem, dasselbe gilt, wie für den Anwendungsbereich des davon geltenden WSHG.

Was das Schreiben der Patin des Bw., Frau H, anlangt, so ist festzuhalten, dass diese nicht Partei des Verfahrens ist und dieser auch keinerlei Vertretungsrecht für den Bw. eingeräumt wurde. Dieses Schreiben ist daher für die Entscheidungsfindung nicht heranzuziehen. Im Übrigen wäre es - wenn zulässig - auch deshalb unerheblich, da darin ohnedies nur bereits bekannte Sachverhalte wiederholt werden. Sollte Frau H weiterhin für den Bw. auftreten, wird sie mit Bescheid als Parteienvertreter abzulehnen sein.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 3 Abs. 4 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 6 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 1 Abs. 3 Z 3 WGVG, Wiener Grundversorgungsgesetz, LGBl. Nr. 46/2004
§ 7a Abs. 1 lit. c WSHG, Wiener Sozialhilfegesetz, LGBl. Nr. 11/1973
Schlagworte
subsidiär Schutzberechtigter
keine Grundversorgung
Einkünfte aus Lehrlingsentschädigung und Sozialhilfe

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at