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OGH vom 20.01.1988, 1Ob47/87

OGH vom 20.01.1988, 1Ob47/87

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wilhelmine B***, Gastwirtin, Bruck an der Mur, Unteraich 44, vertreten durch Dr. Heinrich Hofrichter und Dr. Erwin Bajc, Rechtsanwälte in Bruck an der Mur, wider die beklagte Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 1,760.324,-- samt Anhang infolge Rekurse der klagenden und der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom , GZ 5 R 138/86-38, womit das Zwischenurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 13 Cg 113/83-34 aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Eigentümerin der Grundstücke 1/1 und 1/2, EZ 50 KG Oberaich, Haus Unteraich 44, in dem sie ein Gasthaus betreibt. Die Grundstücke grenzen im Norden an die Bundesstraße 116. Ursprünglich hatten die Grundstücke der Klägerin und die Bundesstraße 116 etwa das gleiche Niveau. Im Jahre 1955 erhielt die Bundesstraße eine Betondecke; sie wurde dadurch um 50 bis 55 cm angehoben. Im Jahre 1979 wurde sie durch die Aufbringung einer neuen Schwarzdecke um weitere 20 cm erhöht. Östlich der Grundstücke der Klägerin liegt eine zur Bundesstraße hinführende Gemeindestraße, die vor 1955 ein Gefälle zur Bundesstraße hin aufwies. Nach Anhebung der Bundesstraße wurden die letzten 8 m dieser Gemeindestraße rampenartig erhöht. Östlich dieser Gemeindestraße liegt etwa auf dem Niveau der Grundstücke der Klägerin das Grundstück 508/1 (Barbolani). Unweit nördlich der Bundesstraße 116 fließt die Mur. Unter der Bundesstraße befindet sich nördlich der Grundstücke der Klägerin ein Durchlaß von 50 x 40 cm, nördlich des Grundstückes 508/1 ein Durchlaß von 30 x 30 cm. Etwa 500 m westlich der Grundstücke der Klägerin fließt der von Süden kommende Mühlgrabenbach zur Mur. Die südlich der Grundstücke der Klägerin befindliche Eisenbahntrasse der Südbahn verläuft etwa von diesem Bach bis zur beschriebenen Gemeindestraße in einem Einschnitt, weiter nach Osten sodann auf einem Damm.

Am und am gingen im Raum Bruck an der Mur schwere Unwetter mit starken Regenfällen nieder. Bei der Ausmündungsstelle des Mühlgrabenbaches in das ebene Murtal (rund 900 m von den Grundstücken der Klägerin entfernt) trat der Bach über seine Ufer. Das Wasser sammelte sich in dem Einschnitt der Eisenbahntrasse, die als Sammelgraben wirkte, und floß nach Osten. Dort, wo der Einschnitt endet, gelangte das Wasser auf das Grundstück 508/1. Mangels geeigneter Durchlässe unter der Bundesstraße 116 wurden die Wassermassen so weit aufgestaut, daß sich ein See bildete, der schließlich über die Gemeindestraße auf die Grundstücke der Klägerin floß und deren Gasthof überflutete. Der weitere Abfluß dieses Sees konnte infolge der raschen Verklausung und Verschlammung des Durchlasses nördlich der Grundstücke der Klägerin nur mehr über die Fahrbahnoberfläche der Bundesstraße erfolgen. Infolge des Aufstaues durch den von der Bundesstraße gebildeten Damm mit starker Verminderung der Fließgeschwindigkeit wurden nahezu alle mitgeführten Feststoffe auf den Grundstücken der Klägerin abgelagert. Die Wassermassen überschwemmten die Grundstücke der Klägerin derart, daß in den Räumen des Erdgeschoßes der Wasserpegel auf 90 cm anstieg. Dies entspricht einer Höhe von 65 cm an der Außenwand des Gebäudes.

Mit der am eingebrachten Klage begehrte die Klägerin von der beklagten R*** Ö*** vorerst den Zuspruch des Betrages von S 310.000,-- samt Anhang für Schäden am Gebäude, den Installationen, an den Fahrnissen und Maschinen sowie für Verdienstentgang. Der Gesamtverlust aus beiden Hochwasserschäden habe S 1,827.915,-- betragen. Die Klägerin habe auf Grund des Katastrophenfondsgesetzes S 466.000,-- erhalten, so daß sich ein restlicher Schaden von S 1,361.915,-- ergebe. Davon mache die Klägerin derzeit lediglich den Betrag von S 310.000,-- geltend. Durch die beiden Überschwemmungen seien sowohl der Mühlgrabenbach als auch der Ofenbach über ihre Ufer getreten und hätten letztlich die Liegenschaft der Klägerin überschwemmt. Durch das behördlich genehmigte Straßenprojekt der Niveauänderung der Bundesstraße 116 sei der natürliche Abfluß des Wassers geändert worden. Frühere Hochwasser hätten über die Fahrbahn der Bundesstraße zur Mur abfließen können. Die Gefahr von Überschwemmungen sei den Behörden bekannt gewesen. Die Durchlässe unter der Bundesstraße seien zu gering dimensioniert gewesen. Sie hätten sich bei Beginn der Überflutungen verlegt. Es habe sich bei den Überschwemmungen weder um einen außerordentlichen Zufall noch um sogenannte Jahrhunderthochwässer gehandelt. Die beklagte Partei hafte zumindest auf Grund nachbarrechtlicher Bestimmungen weil durch das behördlich genehmigte Straßenprojekt die natürlichen Ablaufverhältnisse von Gewässern im Bereich südlich der Bundesstraße verändert worden seien. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom dehnte die Klägerin unter Beibehaltung der einzelnen Schadenskategorien ihr Begehren auf den Betrag von

S 1.760.324,-- samt Anhang aus. Ihr Gesamtschaden aus beiden Überschwemmungen belaufe sich auf S 2,226.324.

Die beklagte Partei wendete Verjährung aller Schadensbeträge ein, die den Betrag von S 310.000,-- überstiegen. Der Höhe nach stellte sie jede einzelne Schadensposition mit dem Betrag von S 1,-- außer Streit. Sie treffe aber keine Haftung. Bei den Hochwassern habe es sich um 100jährige Ereignisse gehandelt. Solche Hochwasser seien nicht voraussehbar und könnten daher bei der Planung der Trassierung von Bundesstraßen nicht berücksichtigt werden. Der Austritt des Ofenbaches sei für die Schäden der Klägerin nicht kausal gewesen. Das Bachbett des Mühlgrabenbaches hätte sich rund 1 km von der Liegenschaft der Klägerin entfernt verlegt. Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, daß die Klagsforderung dem Grunde nach zu Recht besteht. Es stellte fest:

Die Gefährdung der Liegenschaft der Klägerin und der benachbarten Grundstücke durch Hochwasser (vor allem durch solche des östlichen der Grundstücke der Klägerin fließenden Ofenbaches) sei den Behörden bekannt gewesen. Der Abfluß des Ofenbaches habe aber nicht unmittelbar zu der Überschwemmung der Liegenschaft der Klägerin geführt. Auch in den Jahren 1951, 1955, 1961, 1965, 1970 und 1975 hätten sich starke Unwetter, die Hochwasser verursachten, ereignet. Auch damals hätten sich die Wassermassen auf dem Nachbargrundstück gesammelt, das Wasser sei aber über die Fahrbahn der Bundesstraße oder durch den dort befindlichen Wasserdurchlaß abgeflossen. Es habe sich daher um keine 100jährigen Hochwasser gehandelt. Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß die Bestimmungen des Nachbarrechtes auch im Verhältnis eines Privatgrundstückes zu einer öffentlichen Straße anzuwenden seien. Die nachbarrechtliche Haftung sei zu bejahen, wenn durch das behördlich genehmigte Straßenprojekt die natürlichen Abflußverhältnisse von sich südlich der Bundesstraße sammelnden Gewässern verändert worden seien. Es sei unerheblich, daß sich die Wassermassen auf dem der Klägerin benachbarten Grundstück gesammelt hätten, denn das Nachbarrecht schütze auch den Eigentümer einer Liegenschaft, der keine gemeinsame Grenze zu jenem Grundstück aufweise, von dem das schädigende Ereignis ausgehe, auf den sich aber diese Einwirkungen nachteilig auswirken. Von Bedeutung sei vielmehr, daß die Wassermengen deshalb auf die Grundstücke der Klägerin abgeflossen seien, weil bei Erhöhung des Straßenkörpers geeigneten Durchlässe zur Ableitung nicht errichtet worden seien. Obwohl der Straßenerhalter imstande gewesen wäre, die der Klägerin schädlichen Immissionen zu verhindern, habe er diese geduldet und sich somit in den Rechtswidrigkeitszusammenhang eingeschaltet. Auch bei Baumaßnahmen auf öffentlichen Straßen könnten die Nachbarn davon ausgehen, daß die getroffenen behördlichen Maßnahmen keine Schäden für sie zur Folge haben werden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge. Es hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf und trug ihm die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Die beklagte Partei wäre nur passiv legitimiert, wenn sie die Immission geduldet habe, obwohl sie sie zu hindern berechtigt und imstande gewesen wäre. Das setze Vorhersehbarkeit des Schadens voraus. Von ausschlaggebender Bedeutung sei somit die Beantwortung der Frage, ob der der Klägerin verursachte Schaden zumindest objektiv kalkulierbar gewesen sei oder ob es sich um höhere Gewalt gehandelt habe. Das Urteil des Erstgerichtes treffe keine konkreten Aussagen darüber, ob es schon vor dem Jahre 1982 zu Überschwemmungen der Nachbarliegenschaft durch den Mühlgrabenbach gekommen sei oder ob diese Überschwemmungen ausschließlich vom Ofenbach verursacht worden seien. Sollte der Mühlgrabenbach als Ursache für die bis 1982 aufgetretenen Hochwasser ausscheiden, und könnte die Klägerin keine weiteren konkreten Hinweise auf eine Vorhersehbarkeit unter Beweis stellen, wäre der Schluß auf eine objektiv kalkulierbare vom Mühlgrabenbach ausgehende Gefahr eines Hochwassers wohl nicht möglich. Sollte feststellbar sein, daß tatsächlich vor dem Jahr 1982 auch vom Mühlgrabenbach ausgehende Überflutungen des Nachbargrundstückes eingetreten seien, müßten auch Feststellungen darüber getroffen werden, welches Ausmaß sie allein oder im Zusammenwirken mit Wasser des Ofenbaches erreicht hätten. Ein Ausgleichsanspruch nach § 364 a ABGB komme deshalb nicht in Betracht, weil die Bundesstraße nicht als behördliche Anlage im Sinn dieser Bestimmung anzusehen sei. Selbst bei anderer Ansicht wäre aber zu prüfen, ob die von ihr ausgehenden Einwirkungen mit dem Betrieb dieser Anlage in unmittelbarem Zusammenhang stünden und für ihn typisch seien. Wenn durch die Straßenanlage der Abfluß von Hochwasser verhindert werde, dann sei dies nicht eine mit dem Betrieb der Straße verbundene typische Auswirkung. Die Prüfung der Vorhersehbarkeit eines möglichen Schadens im Sinne des § 364 Abs 2 ABGB sei somit unerläßlich. Entgegen den Ausführungen in der Berufung seien aber die Bestimmungen der §§ 24 Abs 2 und 5 BStG auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Da die beklagte Partei der Höhe nach jede einzelne Schadensposition mit dem Betrag von S 1,-- außer Streit gestellt habe, sei damit die Grundlage für das gefällte Zwischenurteil geschaffen worden. Wäre ein Teilbetrag der erhobenen Ansprüche bereits verjährt, werde dies erst bei der Entscheidung über die Höhe zu beachten sein. Lediglich für den Fall, daß die gesamte Forderung oder ein ganzer Teilanspruch bereits verjährt seien, könnte ein Zwischenurteil nicht mehr gefällt werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse beider Parteien sind dem Ergebenis nach nicht berechtigt.

Die Vorschriften des Nachbarrechtes gelten auch für das Verhältnis öffentlicher Straßen zu Privatgrundstücken (JBl 1987, 381; JBl. 1986, 719 = SZ 59/53; SZ 58/121; SZ 55/105; SZ 54/137 uva). Der Auffassung der Revision der beklagten Partei, daß das Nachbarrecht bei Bundesstraßen schon grundsätzlich dann nicht gilt, wenn es sich um Schäden handelt, die mit dem Straßenbau zusammenhängen, auch wenn die Bauführung längst abgeschlossen ist, ist nicht beizutreten. Die Bestimmung des § 24 Abs 5 BStG in der für den Schädigungszeitpunkt geltenden Fassung laut BGBl. 1975/239 gilt nur für beim Bau einer Bundesstraße ausgehende Einwirkungen, also für Einwirkungen, die während des Baus einer Bundesstraße auftreten, nicht aber für später aufgetretene, auch wenn die Schäden durch die Bauführung veranlaßt wurden; so waren auch die in der Revision der beklagten Partei zitierten Ausführungen in der Regierungsvorlage zur BStG-Novelle 1975, 1459 BlgNR 13. GP nicht gemeint. Dies stellte der Verfassungsgerichtshof in seinem den § 24 Abs 5 BStG interpretierenden Erkenntnis vom , G 63/81, Slg 9663/1983, eindeutig klar, indem er ausführte, nicht § 24 Abs 5 BStG, sondern die allgemeinen nachbarrechtlichen Bestimmungen des ABGB seien maßgeblich für Immissionen, die von Bundesstraßen ausgehen, sobald deren Bauführung abgeschlossen ist. Die Bestimmungen der §§ 364 ff ABGB regeln Kollisionen zwischen gleichrangigen Eigentumsrechten. Sie sehen Einschränkungen der Befugnisse jedes Eigentümers im Interesse eines friedlichen Zusammenlebens der Nachbarn vor (SZ 55/28; SZ 53/11 ua; Koziol-Welser7 II, 38; Pimmer in Schwimann, ABGB, Rz 1 zu § 364). Die einen verschuldensunabhängigen Schadenersatzanspruch normierende Bestimmung des § 364 a ABGB wird von der Rechtsprechung mit Billigung der Lehre auf jene Fälle analog angewendet, in denen die Abwehr eines Eingriffes nach § 364 ABGB zwar zulässig blieb, der Unterlassungsanspruch aber infolge der mit der behördlichen Genehmigung zunächst verbundenen Annahme der Gesetzmäßigkeit und Gefahrlosigkeit der bewilligten Maßnahmen praktisch erschwert oder gar unmöglich gemacht wird. In solchen Fällen hat jede behördliche Genehmigung die tatsächliche Wirkung, daß der Grundnachbar die anscheinend gefahrlose Maßnahme hinnehmen muß (JBl. 1986, 782; SZ 58/121; SZ 56/158 uva).

Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 364 a ABGB sind aber entgegen den Ausführungen im Rekurs der Klägerin im vorliegenden Fall nicht gegeben. Jede Analogie zu § 364 a ABGB muß auf das Wesen dieser Bestimmung Bedacht nehmen; es muß sich um unmittelbar von der Anlage ausgehende Einwirkungen, sogenannte Emissionen, die für den Betrieb der Anlage typisch (SZ 37/75) sind, handeln (Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 1 und 2 zu § 364 a). In den bisher entschiedenen, die Analogie bejahenden Fällen war der Schaden auch ausschließlich von der Anlage ausgegangen (JBl. 1986, 782: Tunnelbau, der zu Setzungen führte; SZ 55/172:

Austreten von Ammoniakgas beim Betrieb einer Kunsteisbahn; SZ 55/28:

Fundierungsarbeiten auf einer Baustelle durch Einschlagen von Rammpfählen; SZ 54/137: Erweiterung der Einzugsflächen von Oberflächenwasser und dessen Ableitung durch einen Rohrdurchlaß unter einer Landesstraße; JBl. 1982, 595: Moto-Cross-Veranstaltung, deren Lärm zur Verletzung eines Stieres führte; SZ 51/47: Setzungen auf Nachbargrundstück durch Aushubarbeiten). Im vorliegenden Fall nahm aber die schädliche Einwirkung nicht von der Bundesstaße, sondern von der von der Schadensstelle rund 900 m entfernten Ausmündungsstelle des Mühlgrabenbaches in das Murtal ihren Ausgang. Ohne weitere Änderungen der Abflußverhältnisse des nördlich führenden Mühlgrabenbaches hätte dessen Wasser- und Geröllmassen weit von den Grundstücken der Klägerin entfernt die Trasse der Bundesstraße und in der Folge die dort ganz nahe der Bundesstraße und in der Folge verlaufende Mur erreicht. Der Großteil der Abflüsse sammelte sich aber in einem noch immer rund 500 m von den Grundstücken der Klägerin entfernten Einschnitt der ÖBB-Trasse, die, wie der weitere Abfluß zeigt, offensichtlich nach Osten zu geneigt war. Dies hätte noch immer nicht zu Überschwemmung des Gasthauses der Klägerin geführt, wenn nicht gerade bei der Unterführung der östlichen davon verlaufenden Gemeindestraße der Einschnitt der Bahntrasse in einen Damm überging, wodurch die Wasser- und Geröllmassen auf das Nachbargrundstück gelangten. Die schädliche Einwirkung ging daher nicht wie in den bisherigen Fällen durch Erschütterung, Setzen, Lärm, Gasaustritt und direkte Zuleitung von einer auf der Nachbarliegenschaft befindlichen Anlage aus. Zeitlich vorgelagerte Ursachen waren der Austritt des Mühlgrabenbaches, die Wirkung der ÖBB-Trasse als Sammelgraben, die gerade in der Nähe der Liegenschaft der Klägerin gegebene Abflußstelle auf das Nachbargrundstück und der für diesen Hochwasserfall unzureichend dimensionierte Wasserdurchlaß auf diesem Grundstück. Bei einem solchen Sachverhalt ist eine analoge Heranziehung der Vorschrift des § 364 a ABGB nicht mehr gerechtfertigt. In anderen Fällen steht dem Eigentümer aber neben dem im § 364 ABGB normierten Unterlassungsanspruch nur unter den Voraussetzungen der §§ 1295 ff ABGB ein vom Verschulden abhängiger Schadenersatzanspruch zu (SZ 58/195; MietSlg. 37.020; JBl. 1982, 595; SZ 50/160; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rz 18 zu § 364; Pimmer in Schwimann, ABGB, Rz 53 zu § 364; Koziol-Welser7 II 39; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 318). Die Klägerin hat sich entgegen den Ausführungen der beklagten Partei in ihrem Rekurs nicht ausschließlich auf den Rechtsgrund des Nachbarrechtes berufen. Sie wies vielmehr immer darauf hin, daß auf die bekannte Hochwassergefahr nicht gebührend Rücksicht genommen worden sei. Ob ein solcher Schadenersatzanspruch zu Recht besteht, kann aber noch nicht abschließend beurteilt werden. Daß die Wasserdurchlässe nicht ausreichten, um sich normalerweise ansammelndes Niederschlagswasser abzuleiten, wurde nicht behauptet. Keine Rolle kann es auch, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, spielen, ob die Durchlässe, die nach dem Vorbringen der Klägerin zu gering dimensioniert seien, Überschwemmungen durch den Ofenbach nicht hintanhalten könnten. Das Erstgericht stellte zwar, von der beklagten Partei in ihrer Berufung bekämpft, fest, daß die Gefährdung der Liegenschaft der Klägerin und der benachbarten Grundstücke durch Hochwasser vor allem durch den Ofenbach den Behörden seit langem bekannt gewesen sei. Alle behaupteten Überschwemmungen führten aber zu keiner Schädigung der Klägerin, weil das Wasser auch nach der Niveauänderung der Bundesstraße durch den beim Nachbargrundstück angebrachten Durchlaß abfloß. Daß an den bisherigen Überschwemmungen der relativ weit entfernte Mühlgrabenbach beteiligt gewesen sei, steht nicht fest. Bei den Überschwemmungen des Jahres 1982 waren aber die ausgetretenen Wasser- und Geröllmassen des Mühlgrabenbaches ursächlich für die Überschwemmung des Gasthauses der Klägerin. Selbst wenn, zur Hintanhaltung von durch den Ofenbach hervorgerufenen Schäden die Schaffung größerer Wasserdurchlässe oder sogar einer Straßenbrücke erforderlich gewesen wäre und die Unterlassung solcher Maßnahmen der beklagten Partei als Verschulden vorzuwerfen wäre, mangelte es noch immer an dem notwendigen Rechtswidrigkeitszusammenhang, wenn die Erforderlichkeit solcher Maßnahmen wegen der durch den Mühlgrabenbach tatsächlich bewirkten Überschwemmung nicht vorhersehbar gewesen wäre. Es entspricht übereinstimmender Rechtsprechung und Lehre, daß auf Grund eines rechtswidrigen Verhaltens nur für jene verursachten Schäden zu haften ist, die vom Schutzzweck der Verbotsnorm umfaßt werden, die die Norm nach ihrem Schutzzweck gerade verhindern wollte (SZ 57/173; SZ 55/190; SZ 54/108 uva; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 I 151). Wäre nach dem normalen Lauf der Dinge eine Schädigung der Klägerin durch eine Überschwemmung des Mühlgrabenbaches nicht zu erwarten, sondern nur auf Grund der festgestellten Hochwasser des Ofenbaches eine andere Dimensionierung der Wasserdurchlässe oder der Bau einer Straßenbrücke erforderlich gewesen, dann wäre Schutzzweck der übertretenen Verhaltensnorm die Hintanhaltung von Schäden durch den Ofenbach gewesen. Es bedarf daher zur Beurteilung, ob nach den für § 1315 ABGB maßgeblichen Grundsätzen vertretungsbefugten Organen der beklagten Partei oder Personen, die in ihrer Organisation leitende Stellung innehatten und dabei mit eigenverantwortlicher Entscheidungsbefugnis ausgestattet waren (SZ 51/80 mwN; Koziol, ÖHR2 II 377; Koziol-Welser8 I 66 f; Ostheim in Gschnitzer GS 330 f; Gschnitzer, Schuldrecht, Besonderer Teil und Schadenersatz 190) ein Vorwurf gemacht werden kann, der Prüfung, ob sie nicht erkannten, daß Hochwasser des Mühlgrabenbaches zu befürchten waren, durch die die Grundstücke der Klägerin in Mitleidenschaft hätten gezogen werden können. Die Anwendung eines erweiterten Organbegriffes im Sinne des § 1 Abs 2 AHG, wie ihn der Gesetzgeber auch für den § 24 Abs 5 BStG anerkannte, indem er für den Anwendungsbereich dieser Gesetzesbestimmung auf den § 1315 ABGB verzichtete (so VfSlg 9663/1983), kommt für den vorliegenden Fall, in dem § 24 Abs 5 BStG nicht gilt, nicht in Betracht.

Die Nichtbehandlung der Verjährungseinwendung durch das Berufungsgericht stellt keine Mangelhaftigkeit dar. Es ist zwar richtig, daß die Frage der Verjährung den Grund des Anspruches betrifft, weshalb im Verfahren über die Höhe des Anspruches in der Regel kein Raum mehr für die Verjährungseinwendung ist (ZVR 1959/49). Im vorliegenden Fall stellte aber die beklagte Partei außer Streit, daß der Höhe nach jeder einzelne geltend gemachte Schadenersatzanspruch der Klägerin mit dem Betrag von S 1,-- zu Recht besteht. Die Verjährungseinwendung wird nur für die im Rahmen der Klagsausdehnung geltend gemachten weiteren, denselben Schadenersatzkategorien unterliegenden Teilbeträgen erhoben. Wird die Verjährungseinwendung aber nicht gegen einen der Klagsansprüche insgesamt, sondern im Falle nachträglicher Ausdehnung der Schadenersatzansprüche gegen diese Teilbeträge erhoben, kann wenn der Klägerin jedenfalls aus dem übrigen Teil des Klagsanspruches bei Bejahung des Anspruchsgrundes ein Betrag zuzusprechen wäre, die Erledigung dieser Einwendung dem Verfahren über die Anspruchshöhe vorbehalten bleiben (vgl. BGHLM § 304 dZPO Nr. 27; Hartmann in Baumbach-Lauterbach ZPO46 904; Rosenberg-Schwab, Zivilprozeßrecht14, 333 f). Sollte das Berufungsgericht die Verjährungseinwendung der beklagten Partei für berechtigt gehalten haben und dennoch nicht mit Teilurteil vorgegangen sein, läge im übrigen in der Nichterledigung nur die Ablehnung der Fällung eines Teilurteiles. Eine solche Entscheidung des Berufungsgerichtes ist aber unanfechtbar (SZ 56/150; RZ 1982/4 mwN ua).

Das fortgesetzte Verfahren wird daher darauf zu beschränken sein, Feststellungen zu treffen, auf Grund derer beurteilt werden kann, ob leitenden Organen der beklagten Partei wegen der Niveauerhöhung der Bundesstraße ohne gleichzeitige Schaffung größerer als der bestehenden Durchlässe wegen einer nach dem gewÄhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Überschwemmung durch Austritt des Mühlgrabenbaches ein Verschulden anzulasten ist. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf §§ 50, 52 ZPO.