Dienstgeberbeitragspflicht einer wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführerin
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., W.,T-Gasse, vertreten durch Dkfm. Marzi Steuerberatungs GmbH, Steuerberatungsgesellschaft, 2380 Perchtoldsdorf, Brunnergasse 1-9/Stg. 2/Top 4, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 23. Bezirk vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Rückerstattung des auf die Geschäftsführerbezüge entfallenden Dienstgeberbeitrags und Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum bis entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Schreiben vom stellte der steuerliche Vertreter der Berufungswerberin (Bw.) den Antrag auf Rückerstattung des in den Jahren 1998 bis 2002 überhöht abgeführten Dienstgeberbeitrags und Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag und führte begründend aus, diese Beiträge seien von den an die Geschäftsführerin bezahlten Provisionen berechnet worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe aber in seinem Erkenntnis vom , 2002/13/0186, entschieden, dass bei erfolgsabhängiger Geschäftsführervergütung ein die Dienstgeberbeitragspflicht ausschließendes Unternehmerrisiko vorliege.
Nach Ergehen eines Vorhaltes wies der steuerliche Vertreter darauf hin, es gäbe nur eine Aktennotiz über eine mündliche Provisionsvereinbarung, aber keinen Geschäftsführervertrag. Auf dem Verrechnungskonto seien die monatlichen Provisionen gutgeschrieben und von dort in unregelmäßigen Abständen entnommen worden. Die Geschäftsführerin habe sämtliche, im Rahmen ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin anfallende Kosten aus Eigenem zu tragen.
Mit Bescheid vom wurde das Ansuchen der Bw. abgewiesen und ausgeführt, im Erkenntnis vom , 2002/13/0186, habe der Verwaltungsgerichtshof von einer konkreten Vereinbarung ausgehen könne. Im vorliegenden Fall gebe es eine solche nicht, sondern lediglich eine Aktennotiz über eine mündliche Provisionsvereinbarung. Es sei nicht so, dass die Geschäftsführerin bei einem Negativergebnis eine Einzahlung leisten müsse bzw. keine Vergütung erhalte, wenn das erwirtschaftete Ergebnis "null" sei.
In der dagegen eingebrachten Berufung führte die Bw. aus, bei den an die Geschäftsführerin gezahlten Beträgen handle es sich nicht um Geschäftsführerbezüge, sondern um reine Provisionszahlungen, die in keinem Zusammenhang mit ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin stünden. Sie seien auch ausbezahlt worden als Frau R. weder Gesellschafterin noch Geschäftsführerin gewesen sei.
Ein Teil der Provisionen werde für Geschäfte bezahlt, die überhaupt nicht im Inland abgehandelt worden seien. Die Geschäftsführerin trage das volle Unternehmerrisiko und es bestehe keine Weisungsgebundenheit. Sie sei organisatorisch nicht in den Betrieb eingegliedert und es bestehe keine Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung, weshalb nicht vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses ausgegangen werden könne.
Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen.
Im Antrag auf Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde vorgebracht, es handle sich bei den Zahlungen an Frau R. nicht um Geschäftsführerbezüge, sondern um reine Provisionszahlungen. Dass diese Zahlungen in keinem Zusammenhang mit ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin stünden, beweise der Umstand, dass sie die Provisionen auch erhalten habe, als sie weder Gesellschafterin noch Geschäftsführerin gewesen sei.
Die Geschäftsführerin trage das volle Unternehmerrisiko und sei niemanden weisungsgebunden. Sie sei organisatorisch nicht in den Betrieb eingebunden und sei auch nicht zu einer persönlichen Leistungserbringung verpflichtet.
Im Ermittlungsverfahren vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde die Bw. ersucht, den Gesellschaftsvertrag vorzulegen und bekanntzugeben, ob der Geschäftsführerin neben den Provisionszahlungen Bezüge zugeflossen seien. Außerdem wurde um Bekanntgabe jenes Zeitraumes ersucht, in dem Frau R. weder Gesellschafterin noch Geschäftsführerin gewesen sei.
Der steuerliche Vertreter der Bw. gab bekannt, dass die Geschäftsführerin neben den angegebenen Provisionen keine weiteren Entschädigungen erhalten habe.
Über die Berufung wurde erwogen:
Frau R. war im Streitzeitraum zu 49% an der Bw. beteiligt und vertritt die Bw. als deren Geschäftsführerin seit . Sie ist nicht weisungsgebunden.
Frau R. erhielt im Streitzeitraum von der Bw. eine Umsatzprovision von 10% des monatlich fakturierten Nettoumsatzes zuzüglich S 10.000,- Fixprovision.
Die monatlichen Provisionen wurden dem Verrechnungskonto gutgeschrieben und von dort laufend entnommen.
Dieser Sachverhalt gründet sich auf die im Akt befindlichen Unterlagen und ist insoweit unstrittig.
In rechtlicher Hinsicht war der obige Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:
Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Entsprechend der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 geltenden Fassung BGBl. Nr. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis i.S.d. § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen i.S.d. § 22 Z 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl. Nr. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art i.S.d. § 22 Z 2 EStG 1988.
Nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden.
Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt (§ 22 Z 2 EStG 1988).
Die Regelung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet sich für das Jahr 1998 in § 57 Abs. 7 und 8 des Handelskammergesetzes (HKG) und für die Jahre 1999 bis 2002 in § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes 1998 (WKG).
Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , G 109/00, darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis wären, im Falle der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Der Verfassungsgerichtshof hat aufgezeigt, dass dies insbesondere für die Merkmale der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Unternehmens und des Fehlens des Unternehmerwagnisses nicht zutreffe. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung verlieren, gehören nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor allem folgende (vgl. hierzu auch Arnold, ÖStZ 2000, 639f): fixe Arbeitszeit (, , und ), fixer Arbeitsort (), arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit (), Anwendbarkeit typisch arbeitsrechtlicher Vorschriften, wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz (, ), sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten ().
Im Erkenntnis des verstärkten Senates vom , 2003/13/0018, stellte der Verwaltungsgerichtshof klar, dass bei der Frage, ob Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt werden, entscheidende Bedeutung dem Umstand zukommt, ob der Gesellschafter bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist. Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen des Unternehmerwagnisses oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, kann nur in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes nicht klar zu erkennen wäre.
Eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. des wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. und 2001/14/0052). Unerheblich ist, ob der Geschäftsführer im operativen Bereich der Gesellschaft oder im Bereich der Geschäftsführung tätig ist.
Entsprechend dem der Behörde vorliegenden Firmenbuchauszug übte Frau R. die Geschäftsführung seit dem aus.
Vor dem Hintergrund des vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen funktionalen Verständnisses vom Begriff der Eingliederung in den Organismus des Betriebes ist durch die unbestritten kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung sowie durch die sonstige Tätigkeit im Rahmen der Bw. für die Geschäftsführerin das Merkmal der Eingliederung ohne Zweifel gegeben (). Der Sachverhaltskomponente, dass die Geschäftsführerin nicht zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet ist, ist keine wesentliche Bedeutung beizumessen, da es nicht unüblich ist und einem Dienstverhältnis nicht entgegensteht, wenn sich leitende Angestellte, insbesondere Geschäftsführer, bei bestimmten Verrichtungen vertreten lassen können ().
Dem Vorbringen, die Provisionszahlungen stünden mit der Tätigkeit als Geschäftsführerin in keinem Zusammenhang, ist entgegenzuhalten, dass der Text der Bestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht zwischen der Tätigkeit als Geschäftsführer oder einer sonstigen Tätigkeit differenziert. Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisende Beschäftigung gewährt werden, sind unter die Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit zu subsumierten, ohne Rücksicht darauf, wofür diese Beträge vereinnahmt werden.
Darüberhinaus ist anzumerken, dass erst in der Berufung der Zusammenhang zwischen der Geschäftsführertätigkeit und den Provisionszahlungen bestritten wurde, die Bezüge in den der Behörde vorgelegten Berechnungen sehr wohl als Geschäftsführerbezüge bezeichnet wurden und mit Schreiben vom die Rückerstattung der DB- und DZ-Beiträge beantragt wurde, weil der "VwGH in seinem Urteil 2002/13/0186 vom entschieden hat, dass bei erfolgsabhängiger Vergütung an den Geschäftsführer ein die Dienstgeberbeitragspflicht ausschließendes Unternehmerrisiko vorliegt".
Das im oben zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes neben der Eingliederung in den betrieblichen Organismus genannte Kriterium des fehlenden Unternehmerwagnisses ist im vorliegenden Fall ebenfalls erfüllt. Ein Unternehmerwagnis ist nämlich nur dann zu bejahen, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss (vgl. und 2001/14/0052).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom , 99/14/0255, und vom , 2000/14/0061, ausgesprochen hat, steht im Vordergrund dieses Merkmales, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. In die Überlegungen einzubeziehen sind aber auch Wagnisse, die sich aus Schwankungen bei nicht überwälzbaren Ausgaben ergeben.
Entsprechend einer Aktennotiz erhält die Geschäftsführerin eine Umsatzprovision von 10% des monatlich fakturierten Nettoumsatzes zuzüglich S 10.000,- Fixprovision.
Schwankungen der Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers entsprechend der Ertragslage der Gesellschaft lassen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch keinen Rückschluss auf eine tatsächliche Erfolgsabhängigkeit der Entlohnung des Geschäftsführers in seiner Stellung als Geschäftsführer zu. Ein mit der Tätigkeit der Geschäftsführerin für die Bw. einnahmenseitig verbundenes Unternehmerwagnis kann in Anbetracht der obigen Ausführungen nicht bejaht werden.
Dass sich ein Unternehmerwagnis aus Schwankungen bei nicht überwälzbaren Ausgaben ergeben hätte, wurde in der Berufung nicht vorgebracht und ist auch den Einkommensteuererklärungen der Geschäftsführerin nicht zu entnehmen, da dort bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit neben den Beiträgen zur gewerblichen Sozialversicherung lediglich das Betriebsausgabenpauschale in Höhe von 6% in Abzug gebracht wurde.
Die Berufung war daher in Anbetracht obiger Ausführungen als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 57 Abs. 7 HKG, Handelskammergesetz, BGBl. Nr. 182/1946 § 57 Abs. 8 HKG, Handelskammergesetz, BGBl. Nr. 182/1946 § 122 Abs. 7 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 § 122 Abs. 8 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998 |
Schlagworte | Dienstgeberbeitrag Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag Provisionen Unternehmerrisiko Eingliederung in den geschäftlichen Organismus |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at