Festsetzung einer Rechtsgebühr nach Einräumung eines Fruchtgenussrechtes
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2011/16/0125 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Z., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , Erfassungsnummer zzz, betreffend Rechtsgebühr entschieden:
1.) Die Festsetzung der Gebühr wird geändert auf € 2.358,19.
2.) Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Die Bemessungsgrundlage und die Abgabenberechnung sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Mit dem am abgeschlossenen Schenkungsvertrag übertrug die nunmehrige Berufungswerberin (Bw.), Frau Bw., ihrem Sohn den ideellen 1/3-Anteil an der bis zu diesem Zeitpunkt in ihrem Alleineigentum stehenden im Vertrag näher bezeichneten Liegenschaft.
Als Gegenleistung räumte der Sohn der Bw. seiner Mutter auf deren Lebensdauer die Dienstbarkeit der Fruchtnießung am gegenständlichem 1/3-Anteil ein. Gleichzeitig verpflichtete sich die Bw. in diesem Vertrag, als Gegenleistung ihrem Sohn die jährliche Substanzwertminderung zu ersetzen. Diesbezüglich vereinbarten die Vertragsparteien eine wertgesicherte Zahlung in der Höhe von € 8.000,00 pro Jahr.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien setzte für dieses Rechtsgeschäft mit Bescheid vom , Erfassungsnummer zzz, gemäß § 33 TP 9 GebG eine zu zahlende Gebühr in der Höhe von € 2.430,12 fest.
In der am gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung macht die Bw. geltend, dass sie vor Abschluss des Schenkungsvertrages Alleineigentümerin der Liegenschaft gewesen sei und durch die Liegenschaft einen jährlichen Mietertrag in der Höhe von € 21.469, 34 erzielt habe. Dieser Ertrag würde ihr durch das Fruchtgenussrecht auch weiterhin zufließen. Die Übernahme der Abgeltung der Substanzwertminderung stelle keinesfalls einen Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit dar, sondern eine Vereinbarung betreffend den Inhalt des Fruchtgenussrechtes. Es sei kein Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt worden. Daher sei im Streitfall keine Gebühr angefallen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom hat das Finanzamt die vorgeschrieben Gebührenschuld in Folge der Berichtigung der Bemessungsgrundlage auf € 2.358,19 herabgesetzt. Das Fruchtgenussrecht sei nicht vollkommen unentgeltlich eingeräumt worden. Daher sei vom entgeltlichen Teil eine Gebühr vorzuschreiben. Das Entgelt betrage € 8.000,00, woraus sich gemäß § 16 BewG ein Barwert von € 117.909, 45 ergebe, welcher die Bemessungsgrundlage für die Gebühr darstelle. Wofür dieses Entgelt geleistet werde, habe auf die Entstehung der Gebührenschuld keinen Einfluss.
Den am eingelangten Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz begründet die Bw. u.a. mit dem Einwand, der von ihr zu zahlende Ersatz der Substanzwertminderung stelle kein Entgelt zur Erwerbung einer Dienstbarkeit dar, da sich die Bw. das Fruchtgenussrecht vorbehalten habe. Weiters sei die Vorschreibung der Gebühr im Hinblick auf § 15 Abs. 3 GebG rechtswidrig, da für das gegenständliche Rechtsgeschäft auch Grunderwerbsteuer vorgeschrieben worden sei.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 33 TP 9 GebG unterliegen Dienstbarkeiten, wenn jemandem der Titel zur Erwerbung einer Dienstbarkeit entgeltlich eingeräumt oder die entgeltliche Erwerbung von dem Verpflichteten bestätigt wird, einer Gebühr von 2 v.H. von dem Werte des bedungenen Entgeltes.
§ 15 Abs. 3 GebG bestimmt, dass Rechtsgeschäfte, die unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Grunderwerbsteuergesetz, Kapitalverkehrsteuergesetz (I. Teil Gesellschaftsteuer und II. Teil Wertpapiersteuer) oder Versicherungssteuergesetz fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen sind.
Die Bw. hat mit dem o.a. Vertrag die dort genannte Liegenschaft an ihren Sohn übertragen und sich zusätzlich zur Leistung einer jährlichen Zahlung an ihn verpflichtet. Als Gegenleistung hat der Sohn seiner Mutter auf deren Lebensdauer das Fruchtgenussrecht eingeräumt.
Den Wert des Fruchtgenussrechts hat das Finanzamt auf der Grundlage der Angaben der Bw., wonach sie als Fruchtnießerin mit einem jährlichen Nettomietertrag in der Höhe von € 21.469,34 rechnen kann, im Berufungsverfahren mit € 327.910,77 bewertet.
Den kapitalisierten Wert des auf Lebenszeit zu zahlenden (im Vertrag ausdrücklich als Gegenleistung bezeichneten) Betrages von jährlich € 8.000,00 errechnete das Finanzamt mit € 121.505,90.
Im Rahmen der abgabenrechtlichen Würdigung hat das Finanzamt in der Übernahme dieser Zahlungsverpflichtung die von der Dienstbarkeitsberechtigten für die Einräumung des Dienstbarkeitsrechtes zu erbringende Leistung erblickt und insofern das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 33 TP 9 GebG für gegeben erachtet. Als Bemessungsgrundlage für die nach der zitierten Norm festgesetzte Rechtsgebühr hat das Finanzamt das erwähnte Entgelt in der Höhe von € 121.505,90 herangezogen.
Von dem mit insgesamt € 327.910,77 bewerteten Fruchtgenussrecht hat das Finanzamt schließlich das vertraglich vereinbarte Entgelt in Abzug gebracht und den sich daraus ergebenden Differenzbetrag der Grunderwerbsteuer unterzogen.
Gegenstand des vorliegenden Abgabenverfahrens ist ausschließlich die Festsetzung der Gebühr.
Nach ständiger Rechtsprechung zu § 15 Abs. 3 GebG (vgl. etwa ) unterliegt im Falle eines Rechtsgeschäftes, das teils unter das Grunderwerbsteuergesetz, teils unter das Gebührengesetz fällt, das die Bemessungsgrundlage der Gebühr darstellende Entgelt nur soweit nicht der Gebühr, als es der Grunderwerbsteuer zu unterziehen ist. Von der Bemessungsgrundlage der Gebühr (dem Entgelt) ist demnach jener Teil auszuscheiden, von dem Grunderwerbsteuer zu erheben ist. Der Rest unterliegt der Gebühr.
Dem Einwand der Bw., die Gebührenvorschreibung sei bereits im Hinblick auf die Bestimmung des § 15 Abs. 3 GebG gesetzwidrig, da zum gegenständlichen Rechtsgeschäft auch Grunderwerbsteuer vorgeschrieben worden sei, kann daher nicht gefolgt werden.
Unter Bedachtnahme auf die erwähnte höchstgerichtliche Rechtsprechung und dem vorliegenden Sachverhalt, kann dem Finanzamt somit kein berechtigter Vorwurf gemacht werden, wenn es das verfahrensgegenständliche Rechtsgeschäft zum Teil der Grunderwerbsteuer und zum Teil der Gebühr unterworfen hat.
Aus dem Regelungszweck des § 15 Abs. 3 GebG ergibt sich nämlich die Intention des Gesetzgebers, eine Belastung ein und desselben Rechtsgeschäftes mit Rechtsgebühr und einer Verkehrsteuer zu vermeiden; zur Verwirklichung dieses Ziels ist es jedoch weder erforderlich noch folgerichtig, Teile des Entgeltes weder der Verkehrsteuer noch der Rechtsgebühr zu unterziehen, wie dies die Bw. im Ergebnis anstrebt.
Zum Einwand, die Zahlung von jährlich € 8.000,00 sei nicht das Entgelt zur Erwerbung des Titels einer Dienstbarkeit wird auf den Wortlaut des o.a. Schenkungsvertrages hingewiesen, in dem diese Zahlung ausdrücklich als Gegenleistung für die Einräumung des Fruchtgenussrechts bezeichnet wird.
Entgeltlichkeit iSd GebG und nicht iSd ErbStG liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn nach dem Willen der Parteien eine Leistung im Sinne einer subjektiven Äquivalenz abgegolten werden soll ().
Im vorliegenden Vertrag kommt u.a. der Wille der Vertragsparteien zum Ausdruck, eine Leistung (Einräumung einer Dienstbarkeit) im Sinne einer subjektiven Äquivalenz durch eine andere Leistung (Verpflichtung zu einer wertgesicherten jährlichen Zahlung in der Höhe von € 8.000,00) abzugelten.
Bemessungsgrundlage der Gebühr nach § 33 TP 9 GebG ist nicht der Wert der Dienstbarkeit, sondern der Wert des bedungenen Entgeltes. Zur Auslegung des Begriffs des Wertes des bedungenen Entgeltes können grundsätzlich dieselben Überlegungen wie für den "Wert" im Sinne des § 33 TP 5 Abs. 1 GebG gelten (), ohne dass aber die Sonderbestimmungen insbesondere der Abs. 2 und 3 des § 33 TP 5 GebG zur Anwendung gelangen könnten (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 14 zu § 33 TP 9 GebG).
Zum "Wert", von dem die Gebühr zu berechnen ist, zählen somit alle Leistungen, die im Austauschverhältnis für die Einräumung des Dienstbarkeitsrechtes vom Dienstbarkeitsberechtigten zu erbringen waren. Dass die Einräumung des Fruchtgenussrechtes zum Teil die (im Vertrag ausdrücklich als solche bezeichnete) Gegenleistung für den an den Sohn der Bw. übertragenen Liegenschaftsanteil darstellt, schadet nicht. Dies deshalb weil insofern von keinem der Gebühr sondern der Grunderwerbsteuer zu unterziehenden Vorgang auszugehen ist (siehe dazu die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates betreffend die Festsetzung der Grunderwerbsteuer vom , GZ. RV/208-W/09).
Da nach der oben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung das österreichische Abgabenrecht entgegen der von der Bw. offensichtlich vertretenen Rechtsansicht auch Rechtsgeschäfte kennt, die teils unter das Grunderwerbsteuergesetz und teils unter das Gebührengesetz fallen, war im vorliegenden Fall auf Grund des geschilderten Sachverhaltes eine entsprechende Aufteilung geboten.
Den Barwert für das im o.a. Vertrag als Gegenleistung bezeichnete Entgelt für die Einräumung der Dienstbarkeit hat das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung ausgehend von der durch die Fruchtnießerin übernommenen Verpflichtung zur Zahlung eines jährlichen Betrages von € 8.000,00 gemäß § 16 BewG mit € 117.909,45 errechnet.
Die Gebühr war daher gemäß § 33 TP 9 GebG mit 2 % des in dieser Höhe bedungenen Entgelts zu bemessen. Gebührenschuldnerin war die Bw. als Fruchtnießerin.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 33 TP 9 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 15 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 § 33 TP 5 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Schlagworte | Rechtsgebühr Entgeltlichkeit Fruchtgenussrecht |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at