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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 29.08.2005, RV/0661-G/02

1.) Rückgängigmachung eines Kaufvertrages auf Grund eines Rechtsanspruches, weil Vertragsbestimmungen nicht erfüllt wurden. 2.) Antragsberechtigt auf Abänderung der bereits festgesetzten Grunderwerbsteuer ist derjenige, der sie entrichtet hat.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0661-G/02-RS1
Voraussetzung der Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer nach § 17 Abs. 1 Z 2 GrEStG ist die Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges auf Grund eines Rechtsanspruches eines daran Beteiligten. Unter anderem kann auch ein Wiederkaufsrecht - unter den sonst geforderten Voraussetzungen - einen Rechtsanspruch iSd Gesetzesstelle begründen. Unter Vertragsbestimmungen iSd § 17 Abs. 1 Z 2 GrEStG sind alle Bestimmungen des Vertrages zu verstehen, von deren Erfüllung nach dem Willen der Vertragsparteien die Wirksamkeit des Erwerbsgeschäftes abhängig sein soll. Werden die Bestimmungen des Vertrages nicht eingehalten, so hat der andere Vertragsteil einen Rechtsanspruch auf Aufhebung des Vertrages.
RV/0661-G/02-RS2
Zur Stellung eines Erstattungsantrages ist (insbesondere bei Gesamtschuldverhältnissen) nur der Abgabenschuldner berechtigt, der die Abgabe entrichtet hat oder in dessen Namen dieselbe entrichtet worden ist.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der S.M., vertreten durch Dr. Dieter Kinzer, öffentlicher Notar, 8680 Mürzzuschlag, Max Kleinoscheg Gasse 2, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes G-U vom betreffend Abweisung eines Antrages gemäß § 17 GrEStG entschieden:

Der Berufung wird teilweise stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Entscheidungsgründe

Mit Kaufvertrag vom 18. November/ verkaufte die Berufungswerberin an Herrn B.K. ein Grundstück im Ausmaß von 15.262 m². Im Pkt. XIII des Kaufvertrages wurde vereinbart, dass der Verkauf des gegenständlichen Grundstückes im Hinblick auf die vom Käufer geplante Errichtung einer Anlage zur "Industriellen Fertigung von Holzwandfertigelementen" erfolgt. Der Käufer räumt daher der Verkäuferin das Wiederkaufsrecht an der gesamten Liegenschaft ein, falls bis zum die geplante Erstausbaustufe nicht zumindest im Rohbau fertig gestellt sein sollte. Im Fall des Wiederkaufes verpflichtet sich die Verkäuferin alle vom Käufer getätigten Investitionen hinsichtlich der Aufschließung des Grundstückes mit Gas, Wasser, Kanal und Strom zu ersetzen.

Mit Rückübertragungsvereinbarung vom 22./ übte die Berufungswerberin das eingeräumte Wiederkaufsrecht hinsichtlich des vorgenannten Grundstückes aus, da das geplante Projekt nicht realisiert werden konnte und verpflichtete sich die Berufungswerberin den Kaufpreis zuzüglich der vereinbarten Wertsicherung an Herrn B.K. zu überweisen, Aufschließungskosten wurden vom seinerzeitigen Käufer nicht aufgewendet. In der Rückübertragungsvereinbarung wurde die Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer nach § 17 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 und die Erstattung der seinerzeitigen Grunderwerbsteuer beantragt, da das seinerzeitige Rechtsgeschäft auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht worden sei, weil eine Vertragsbestimmung nicht erfüllt worden wäre.

Das Finanzamt wies mit Bescheid vom den Antrag nach § 17 GrEStG auf Nichtfestsetzung und Abänderung der Grunderwerbsteuer ab und mit selben Datum wurde die Grunderwerbsteuer für das ggst. Rechtsgeschäft vorgeschrieben.

Gegen diese Bescheide erhob die Berufungswerberin die Berufung mit der Begründung, dass das Wiederkaufsrecht aus dem Grund ausgeübt worden sei, da das geplante Projekt nicht realisiert hätte werden können. Der Zweck des ursprünglichen Verkaufes der Liegenschaft sei die Errichtung einer Anlage zur "Industriellen Fertigung von Holzwandfertigelementen" gewesen; dieser Zweck sei für die Vertragspartner von grundlegender Bedeutung gewesen, dass er zusätzlich durch die Vereinbarung eines Wiederkaufsrechtes, im Fall einer nicht zweckentsprechenden Verwendung, bekräftigt worden sei. Die Erfüllung des Zwecks bilde die wesentliche Bestimmung für den Bestand des Vertrages und stelle keineswegs ausschließlich die Voraussetzung für die teilweise Ausübung des Wiederkaufsrechtes dar, ein derartiger Rechtsanspruch hätte zur Rückgängigmachung des gegenständlichen Rechtsgeschäftes geführt. Somit sei die Meinung der Behörde, nicht die Z 2, sondern die Z 1 des § 17 Abs. 1 GrEStG wäre anzuwenden, nicht richtig. Nach dem Erkenntnis des , 1156/80, seien nämlich unter Vertragsbestimmungen alle Bestimmungen des Vertrages zu verstehen, von deren Erfüllung nach dem Willen der Vertragsparteien die Wirksamkeit des Erwerbsgeschäftes abhängig sein soll. Würden die Bestimmungen des Vertrages nicht eingehalten werden, so hätte der andere Vertragsteil einen Rechtsanspruch auf Aufhebung des Vertrages; dieser Rechtsanspruch könnte auf dem Gesetz beruhen oder im Vertrag begründet sein. Auch ein Wiederkaufsrecht stelle einen Rechtsanspruch auf Rückübertragung iSd § 20 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1955 (jetzt § 17 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987) dar.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab.

Daraufhin stellte die Berufungswerberin den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

Bei der Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ist von folgenden Bestimmungen des § 17 GrEStG 1987 (Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer) auszugehen:

"(1) Die Steuer wird auf Antrag nicht festgesetzt,

1. wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird,

2. wenn der Erwerbsvorgang auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht wird, weil die Vertragsbestimmungen nicht erfüllt werden,

.......................

(2) Ist zur Durchführung einer Rückgängigmachung zwischen dem seinerzeitigen Veräußerer und dem seinerzeitigen Erwerber ein Rechtsvorgang erforderlich, der selbst einen Erwerbsvorgang nach § 1 darstellt, so gelten die Bestimmungen des Abs. 1 Z 1 und 2 sinngemäß.

.........................

(4) Ist in den Fällen der Abs. 1 bis 3 die Steuer bereits festgesetzt, so ist auf Antrag die Festsetzung entsprechend abzuändern. Bei Selbstberechnung ist in den Fällen der Abs. 1 bis 3 die Steuer entsprechend festzusetzen oder ein Bescheid zu erlassen, wonach die Steuer nicht festgesetzt wird.

(5) Anträge nach Abs. 1 bis 4 sind bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres zu stellen, das auf das Jahr folgt, in dem das den Anspruch auf Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer begründende Ereignis eingetreten ist. Die Frist endet keinesfalls jedoch vor Ablauf eines Jahres nach Wirksamwerden der Festsetzung.

§ 17 GrEStG verfügt die grundsätzliche Steuerfreiheit rückgängig gemachter Erwerbsvorgänge. Das entspricht auch der materiellen Zielsetzung des Grunderwerbsteuergesetzes, den Grundstücksverkehr und nicht bloße (zu Verträgen verdichtete Absichten) zu besteuern. Ist der Erwerbsvorgang fehlgeschlagen, und wird er wieder rückgängig gemacht, erweist sich seine vorgängige Besteuerung eben als unbegründet ().

Nach § 17 Abs. 2 GrEStG gelten die Bestimmungen des Abs. 1 Z1 und 2 sinngemäß für solche einen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 GrEStG darstellende Rechtsvorgänge, die zur Durchführung einer Rückgängigmachung erforderlich sind. Voraussetzung für die Anwendung dieser Gesetzesstelle ist, dass die Partner dieses neuerlichen Rechtsvorganges dieselben wie beim ursprünglichen Erwerbsvorgang sind, was im vorliegenden Fall gegeben ist. Die Vertragsparteien des ursprünglichen Kaufvertrages und der Rückübertragungsvereinbarung sind ident.

Da die Drei-Jahres-Frist der Z 1 des § 17 Abs. 1 GrEStG - wie in der Berufungsvorentscheidung genauestens ausgeführt - zwischen ursprünglichem Erwerbsvorgang und Rückgängigmachung bereits verstrichen war, muss geprüft werden, ob die Voraussetzungen der Z 2 der vorhin genannten Gesetzesstelle vorliegen.

Die Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges auf Grund eines Rechtsanspruches im Sinne der Z 2 des § 17 Abs. 1 GrEStG unterliegt nicht der Grunderwerbsteuer und zwar auch dann nicht, wenn nach Nichterfüllung der Vertragsbestimmungen die Auflösung des Rechtsgeschäftes einvernehmlich vereinbart wird. Die Geltendmachung des Rücktritts vom Vertrag infolge Nichteinhaltung der Vertragsbestimmungen ist zeitlich nicht begrenzt bzw. nur indirekt durch die zivilrechtliche Verjährung des Rücktrittsrechts begrenzt (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II Grunderwerbsteuer 1987, Rz 53 zu § 17 GrEStG 1987).

Voraussetzung der Nichtfestsetzung der Steuer ist also die Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges auf Grund eines Rechtsanspruches eines daran Beteiligten. Eine solche Rückgängigmachung kann sowohl auf frei vereinbarte Vertragsbestimmungen wie auch auf gesetzliche Tatbestände wie etwa die Unmöglichkeit der Leistung (§ 878 ABGB), den Erfüllungsverzug (§ 918 ABGB) oder einen Gewährleistungsanspruch (§ 922 ABGB) gestützt werden. Unter anderem kann auch ein Wiederkaufsrecht - unter den sonst geforderten Voraussetzungen - einen Rechtsanspruch im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 2 GrEStG begründen (, 1156/80). Der Vertragsbruch durch den anderen Vertragsteil ist geradezu ein Regelfall der Z 2 des § 17 Abs. 1 GrEStG ().

Unter Vertragsbestimmungen im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 2 GrEStG sind alle Bestimmungen des Vertrages zu verstehen, von deren Erfüllung nach dem Willen der Vertragsparteien die Wirksamkeit des Erwerbsgeschäftes abhängig sein soll. Werden die Bestimmungen des Vertrages nicht eingehalten, so hat der andere Vertragsteil einen Rechtsanspruch auf Aufhebung des Vertrages (, 1156/80).

Nach § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht.

Aber auch wenn man von der wörtlichen Auslegung des Vertrages ausgeht, kann man nicht zu dem vom Finanzamt erarbeiteten Standpunkt kommen. Einerseits weil im Gesetzestext von Vertragsbestimmungen und nicht von Vertragsbedingungen die Rede ist; der Gesetzgeber ersetzte bereits mit der Novelle BGBl. Nr.277/1969 zum Grunderwerbsteuergesetz 1955 im damaligen § 20 Abs. 1 Z 2 das Wort "Vertragsbedingungen" durch das Wort "Vertragsbestimmungen". Andererseits erwarb die Berufungswerberin durch das im Vertrag vereinbarte Wiederkaufsrecht nämlich sehr wohl einen Rechtsanspruch auf Rückgängigmachung des Vertrages, da Herr B.K. die Vertragsbestimmungen nicht erfüllt hatte. Die geplante Errichtung der Industrieanlage konnte nicht realisiert werden und somit war auch die geplante Erstausbaustufe zumindest im Rohbau - wie vereinbart - nicht bis fertig gestellt. Nicht einmal Aufschließungskosten sind vom seinerzeitigen Käufer des Grundstückes aufgewendet worden.

Sohin liegen im ggst. Fall die Voraussetzungen für die Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer gemäß § 17 Abs. 2 iVm § 17 Abs. 1 Z 2 GrEStG vor.

Maßgeblich sind in erster Linie der Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung und die dem Sinn und Zweck der Vereinbarung entsprechende Parteienabsicht.

Ist in dem Zeitpunkt, in dem einer der in den Abs. 1 bis 3 des § 17 GrEStG angeführten Tatbestände verwirklicht bzw. die Freilassung von der Grunderwerbsteuer beantragt wurde, der Abgabenbescheid bereits erlassen (zugestellt), so ist über Antrag eine "Abänderung" im Sinne der Überschrift des § 17 GrEStG nach den Bestimmungen des Abs. 4 dieser Gesetzesstelle vorzunehmen, worunter auch die gänzliche Aufhebung der Grunderwerbsteuervorschreibung zu verstehen ist ().

Zur Stellung eines Erstattungsantrages ist (insbesondere bei Gesamtschuldverhältnissen) nur der Abgabenschuldner berechtigt, der die Abgabe entrichtet hat oder in dessen Namen dieselbe entrichtet worden ist (vgl. Slg. 2990/F, verstärkter Senat, , und ).

Im vorliegenden Fall erging der Grunderwerbsteuerbescheid für den seinerzeitigen Erwerbsvorgang vom 18. November/ an den damaligen Käufer, der die Steuer entrichtete. Die Berufungswerberin ist also nicht aktivlegitimiert zur Stellung eines Antrages nach § 17 Abs. 4 GrEStG auf Rückvergütung der von Herrn B.K. bezahlten Grunderwerbsteuer, die Grunderwerbsteuer für den seinerzeitigen Erwerbsvorgang kann aus diesem Grund nicht an die Berufungswerberin erstattet werden. Die Steuer kann nur an denjenigen vergütet werden, der diese vorher geleistet hat. Eine andere Auffassung würde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ungerecht sein und auch den im Steuerrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben verletzen.

Auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes, der gesetzlichen Bestimmungen und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war über die Berufung wie im Spruch zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Nichtfestsetzung
Rückgängigmachung
Rechtsanspruch
Vertragsbestimmungen
Wiederkaufsrecht
Abänderung
Aktivlegitimation

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at