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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSG vom 29.03.2011, RV/0075-G/10

Patentverwertung und Verlustausgleichsverbot

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Erwin Csaszar und die weiteren Mitglieder HR Dr. Astrid Binder, Dr. Wolfgang Bartosch und Mag. Christiane Riel-Kinzer über die Berufung des Bw., vertreten durch ECA Haingartner und Pfnadschek Steuerberatung GmbH, 8700 Leoben, Waasenplatz 1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Judenburg vom betreffend Einkommensteuer 2008 nach der am in 8018 Graz, Conrad von Hötzendorf-Straße 14-18, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) begann im Jahr 2006 mit der Tätigkeit "Patententwicklung und Patentverwertung" und prognostizierte im dazu abgegebenen Fragebogen einen Jahresumsatz von 20.000 Euro.

Der Bw. ist u.a. Inhaber der Patente A. (Kunststoffring zum lösbaren Festlegen eines Rundschaftsmeißel) und B. (Buchse aus Kunststoff). Im Dezember 2006 schloss der Bw. zwei Lizenzverträge mit der Firma Y.- GmbH, deren Gesellschafter-Geschäftsführer er ist, ab, wonach diese Firma befugt wird, gegen Entrichtung einer Lizenzgebühr, die "Vertragsgegenstände herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen".

Im Streitjahr 2008 erzielte der Bw. Einnahmen in Höhe von 2.549,73 Euro und erklärte Betriebsausgaben (Patentanmeldungen) von 14.744,66 Euro.

Mit Bescheid vom ließ das Finanzamt diesen Verlust in Höhe von 12.194,93 Euro mit nachstehender Begründung nicht zum Ausgleich zu:

"Der Unternehmensschwerpunkt beim Herstellen und Verwerten von Patenten liegt im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter. Die Verluste aus dieser Tätigkeit können somit nicht ausgeglichen und vorgetragen werden, sondern sind ehestmöglich mit positiven Einkünften aus dieser Tätigkeit zu verrechnen."

Dagegen wandte sich der Bw., vertreten durch seinen steuerlichen Vertreter, mit dem Rechtsmittel der Berufung und führte aus, er habe diese Patente nicht erfunden um steuerliche Verluste zu lukrieren und beziehe bereits ab dem Jahr 2009 Gewinne aus den Einnahmen von Lizenzgebühren. Er habe diese Patente aus dem wirtschaftlichen Zweck heraus erfunden, dass in der Industrie Verkaufsgüter produziert werden können und die Anwendung dieser Patente eine große Kostenersparnis bringe. Der Bw. habe - so der steuerliche Vertreter weiter - mit großem Engagement die Erfindung forciert und zum Abschluss gebracht, um eine schnelle Nutzung der Forschungsergebnisse zu ermöglichen. Auch seien die von ihm erfundenen Patente weder im Anlagevermögen noch im Umlaufvermögen anzusetzen. Es sei nicht möglich, eigene Erfindungen zu aktivieren. Es komme beim Bw. nicht zu einer Aktivierung der Patente, da er nicht vorhabe, diese in Zukunft zu verkaufen, sondern dafür selbst Lizenzgebühren erhalte. Diese Argumentation zeige sehr deutlich, dass die Bestimmung des § 2 Abs. 2a EStG 1988 nicht auf die Einkünfte aus selbständiger Arbeit des Bw. angewendet werden könne.

Weiters führte der steuerliche Vertreter unter Hinweis auf Jakom, EStG, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 3. Auflage aus, dass ein besonderer Verlustausgleich nur bei Zufallserfindungen gefordert sei. "Da Hr. X. jedoch keine Patente erfunden hat, welche in den § 29 Z 3 EStG fallen, ist bei ihm der normale Verlustausgleich anzuwenden." "Ein Einsortieren der negativen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in den § 2 Abs. 2a EStG - wie die Beurteilung im Einkommensteuerbescheid 2008 von Hr. X. erfolgt ist - ist hier überhaupt nicht erwähnt und auch nicht angedacht und daher auch nicht möglich."

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 2a zweiter Teilstrich EStG 1988 sind negative Einkünfte aus Betrieben, deren Unternehmensschwerpunkt(e) im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter oder in der gewerblichen Vermietung von Wirtschaftsgütern gelegen ist, weder ausgleichsfähig noch gemäß § 18 Abs. 6 und 7 vortragsfähig.

Solche negativen Einkünfte sind mit positiven Einkünften aus dieser Betätigung oder diesem Betrieb frühestmöglich zu verrechnen.

Das Verlustausgleichsverbot für das schwerpunktmäßige Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter ist folglich ein Ausschluss vom Verlustausgleich, der nicht zum steuerlichen Untergang des Verlustes führt, sondern zu einer zeitlichen Verlagerung des Wirksamwerdens der Verluste (Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch, § 2 Tz 56).

Gegenständlichenfalls ist zu prüfen, ob die Tätigkeit des Bw. unter die Bestimmung des § 2 Abs. 2a zweiter Teilstrich EStG 1988 (so genannte "branchenbezogene" Verlustausgleichsverbote) zu subsumieren ist:

Ein Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter liegt vor, wenn in einem Betrieb selbsthergestellte Rechte genutzt werden. (Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, § 2, Tz 20).

Maßgeblich für das Verlustausgleichs- und Verlustabzugsverbot dieser Bestimmung ist das Vorliegen einer betrieblichen Tätigkeit .

Der Erfinder hat die Möglichkeit, seine patentierte Erfindung durch den Abschluss eines Lizenzvertrages als auch durch den Verkauf des Patentrechtes wirtschaftlich zu verwerten. Für die Lizenzvergabe erhält der Lizenzgeber Nutzungsentgelte in Form von Lizenzgebühren. Diese Lizenzgebühren sind in der Regel ertragsteuerlich den betrieblichen Einkünften zuzuordnen (vgl. Tumpel/Rief, ecolex 1991, S 199; Doralt, EStG11, § 38, Tz 12, )

Der Bw. erzielt im vorliegenden Fall Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit nach § 22 EStG 1988 und erfüllt somit diese Voraussetzung.

Weiters muss das betriebliche Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter vorliegen.

Da zu den unkörperlichen Wirtschaftsgütern ua Rechte, wie Patente, Urheberrechte, Lizenzen, und Erfindungen zählen (Doralt, EStG11, § 4 Tz 41), ist auch diese Anforderung gegeben.

Zu klären ist dann noch die Frage, nach dem Sinnumfang des Begriffes "Verwalten".

Verwalten setzt den subjektiven Willen voraus, eine Sache über einen längeren Zeitraum zu besitzen und auf eigene oder fremde Rechnung zu nutzen (Beiser/Farmer, RdW 1997,100).

Nach dieser Definition ist ein aktives Tun erforderlich, das insbesondere in der Verwertung eines unkörperlichen Wirtschaftsgutes zu sehen ist.

Unter Verwertung fällt sowohl die Nutzung eines Patents durch die Vergabe von Lizenzen nach § 35 PatG 1970 als auch die Veräußerung eines Patents nach § 33 Abs. 2 PatG 1970 (Doralt, EStG11, § 38 Tz. 19).

Ob der Unternehmensschwerpunkt im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter gelegen ist, muss nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse beurteilt werden.

Der Unternehmensschwerpunkt liegt im Verwalten unkörperlicher Wirtschaftsgüter, wenn diese Tätigkeit im Rahmen des betreffenden Betriebes wirtschaftlich betrachtet überwiegt (Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, § 2, Tz 20).

Aus den vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, dass es sich bei den vom Bw. als Betriebsausgaben geltend gemachten Aufwendungen um die Gebühren und Anwaltskosten für die Patentanmeldung der drei nachstehenden Produkte handelt:

1. Kunststoffring zum lösbaren Festlegen eines Rundschaftsmeißels in einer Meißelbüchse.

2. Buchse aus Kunststoff

3. Sphärische Gleiteinlage für ein Drehgestell eines schienengebundenen Fahrzeuges.

Die mit dieser Erfindung verbundenen vorangehenden Aufwendungen für die Forschungstätigkeit, Entwicklungsarbeiten und Herstellung dieser Produkte, sowie die nachfolgenden wie Vermarktung und Vertrieb wurden vom Bw. ausgelagert und offensichtlich von dritter Seite getragen.

Durch diese gewählte Konstruktion hat der Bw. eine Trennung zwischen seiner Erfindertätigkeit und seinen Einnahmen aus der Erfindervergütung vorgenommen (vgl. dazu ).

Im vorliegenden Fall ist nach dem Gesamtbild der vorliegenden Lizenzverträge eindeutig von der Gewährung einer Lizenz zur Verwertung einer patentrechtlichen Erfindung gegen laufende Zahlungen (Nutzungsüberlassung) auszugehen. Eine Eigentumsübertragung im Hinblick auf das Patenrecht war damit nicht verbunden. Das Wirtschaftsgut ist nicht aus der Vermögenssphäre des Lizenzgebers ausgeschieden.

Die gegenständlichen Einkünfte aus der Erfindervergütung resultieren folglich aus der Verwertung dieser Patentrechte und bilden den (ausschließlichen) Unternehmensschwerpunkt.

Ist eine Tätigkeit jedoch eindeutig dem § 2 Abs. 2a EStG 1988 zu unterstellen, so fällt der erwirtschaftete Verlust unter das dort normierte Verlustausgleichsverbot.

Bei der vorliegenden Sach- und Rechtslage war wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at