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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 29.08.2005, RV/0959-W/05

Kosten der doppelten Haushaltsführung, Familienheimfahrten, Gattin bezieht am Familienwohnsitz keine Einkünfte

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Adr., gegen den Bescheid des Finanzamtes Oberwart betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2004 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw) ist vom Beruf Zimmerer und bezog im streitgegenständlichen Jahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2004 beantragte der Bw ua Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten in Höhe von € 4.300,13 als Werbungskosten anzuerkennen. Der Erklärung beigelegt wurde nachstehende Aufstellung:

"Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten:


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Miete inkl. BK
Jänner - Mai
à € 133,30=
€ 666,50
Juni - Dezember
à € 133,29=
€ 933,03
Jährliche Gesamtmiete für
das Jahr 2004
€ 1.599,53
Gas- und Stromabrechnung
1. Quartal im Jänner
€ 69,60
2. Quartal im März
€ 69,60
3. Quartal im September
€ 69,60
4. Quartal im November
€ 69,60
Jahresabrechnung 2004
€ 279,60
Summe
€ 1879,13
+ Familienheimfahrten
à € 201,75 x 12=
€ 2.421,00
Endsumme
€ 4.300,13

Mit Bescheid vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2004 wurden ua die Kosten für die doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten nicht anerkannt. Begründend wurde ausgeführt, dass sowohl der Bw als auch seine Familie in A. wohnhaft seien. Die Kosten der doppelten Haushaltsführung hätten daher nicht als erhöhte Werbungskosten anerkannt werden können.

Mit Eingabe vom erhob der Bw gegen den oa Bescheid Berufung. Begründend wurde ausgeführt, dass er verheiratet, Vater eines Sohnes und bereits seit Jahren in Wien beschäftigt sei, wo er auch über einen Zweitwohnsitz verfügen würde. Seine Familie befinde sich in B. und er fahre regelmäßig an den Wochenenden zu seinem Hauptwohnsitz nach B.. Eine Übersiedlung der gesamten Familie aus wirtschaftlichen Gründen sei nicht zumutbar. Er suche daher um Anerkennung der beantragten erhöhten Werbungskosten.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit selbst, sondern immer durch Umstände veranlasst sei, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen würde. Kosten der doppelten Haushaltsführung würden dann als beruflich veranlasst gelten, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten sei, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben könne. Solche Ursachen müssten aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektiven Gewicht seien. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes oder eine über die Planung nicht hinausgehende beabsichtigte Änderung der Lebensumstände in der Zukunft würden nicht ausreichen. Die Berufstätigkeit des Ehepartners am Ort des Familienwohnsitzes habe der Verwaltungsgerichtshof mehrfach als Grund für die Unzumutbarkeit einer Wohnsitzverlegung unter der Bedingung bejaht, dass der Ehepartner des Steuerpflichtigen aus seiner Berufstätigkeit nachhaltige Einkünfte nicht bloß untergeordneten Ausmaßes erzielen würde. Im gegenständlichen Fall würde die Gattin des Bw keine Einkünfte am Familienwohnort erzielen. Des weiteren bestehe seit zumindest Juni 2001 ein (weiterer) Familienwohnsitz in C., weshalb die Gewährung der Kosten der doppelten Haushaltsführung samt Familienheimfahrten zu versagen gewesen sei, da die Übersiedlung der gesamten Familie wirtschaftlich betrachtet nicht nur zumutbar sei, sondern tatsächlich bereits erfolgt sei.

Mit Eingabe vom (eingelangt beim Finanzamt am ) beantragte der Bw die Vorlage der Berufung zur Entscheidung an die "2. Instanz". Begründend wurde ausgeführt, dass es nicht zutreffend sei, dass in seinem Falle eine persönliche Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes bestehe. Es gebe sehr wohl erhebliche Gründe, welche objektiv betrachtet eine Verlegung des Familienwohnsitzes nach Wien unmöglich mache. Der Sohn des Bw besuche den Kindergarten in B.. Der Bw habe sich bei seinen Eltern eine zweite Wohneinheit gebaut. Die Gattin des Bw würde sich neben der Aufsicht des Sohnes auch um die Eltern des Bw (Mutter 66, Vater 68 Jahre) kümmern. Die Gattin würde sich die gesamte Woche beim Familienwohnsitz in B. und nicht in A. (dies könne von der Gemeinde bestätigt werden) befinden. Das seien sehr wohl triftige Gründe, die eine Übersiedlung der gesamten Familie aus moralisch und wirtschaftlichen Gründen unmöglich machen würde.

In den Einkommensteuerrichtlinien (RZ 345) sei eindeutig geregelt, dass in den oa Fällen eine Verlegung des Familienwohnsitzes unzumutbar sei und daher die Familienheimfahrten anzuerkennen seien.

Es werde um Anerkennung dieser Werbungskosten (Familienheimfahrten und Miet- bzw Betriebskosten) in Höhe von € 4.300,13 ersucht.

Festzuhalten ist, dass laut einer Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister vom folgende Meldedaten aufscheinen:

1. Meldedaten des Bw:

  • Hauptwohnsitz: Adr. gemeldet seit ;

  • Nebenwohnsitz: C. , gemeldet seit .

2. Meldedaten der Gattin des Bw:

  • Hauptwohnsitz: Adr. , gemeldet seit

  • Nebenwohnsitz: C. , gemeldet seit .

3. Meldedaten des Sohnes des Bw:

  • Hauptwohnsitz: Adr. , gemeldet seit

  • Nebenwohnsitz: C. , gemeldet seit: .

Festzuhalten sei weiters, dass laut Aktenvermerk vom weder die Mutter noch der Vater des Bw Pflegegeld aufgrund von Pflegebedürftigkeit beziehen.

Festzuhalten ist weiters, dass mit Bescheiden (jeweils datiert vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2000 bis 2002 sowie vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2003 die Kosten für die doppelte Hauhaltsführung und die Familienheimfahrten (jedoch begrenzt mit dem höchstzulässigen Pendlerpauschale iHv € 2.100,00 ) anerkannt worden sind.

Über die Berufung wurde erwogen:

Es ist von nachstehendem Sachverhalt auszugehen:

Der Bw hat sich eine zweite Wohneinheit in seinem Elternhaus in Adr. gebaut und dort seinen Hauptwohnsitz und seinen Familienwohnsitz begründet. Der Beschäftigungsort des Bw befindet sich seit Jahren in A., wo sich auch der Nebenwohnsitz des Bw - zumindest seit Mai 2000 (s. Behördenanfrage aus dem Zentralen Melderegister des Sohnes) befindet. Der Bw ist Vater eines Sohnes, der auch in Adr. in den Kindergarten geht. Die Gattin des Bw ist am Familienwohnsitz nicht berufstätig und kümmert sich den Angaben des Bw folgend um den Sohn und die Eltern des Bw.

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die Aufwendungen für die Trennung zwischen Dienst- bzw Arbeitsort und Familienwohnsitz steuerlich abzugsfähig sind.

Werbungskosten sind nach § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Nach § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Stpfl und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, was nach § 20 Abs 1 Z 2 lit a leg cit auch für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung gilt, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Stpfl mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Stpfl erfolgen.

Wie der VwGH schon wiederholt ausgesprochen hat, ist die Beibehaltung des Familienwohnsitzes aus der Sicht einer Erwerbstätigkeit, die in unüblicher Entfernung von diesem Wohnsitz ausgeübt wird, niemals durch die Erwerbstätigkeit, sondern immer durch Umstände veranlasst, die außerhalb dieser Erwerbstätigkeit liegen (siehe , , 96/15/0171, , 95/14/0059, und vom , 96/14/0018).

Berufliche Veranlassung der mit einer doppelten Haushaltsführung verbundenen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen und deren daraus resultierende Qualifizierung als Werbungskosten liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit unterschiedliche Ursachen haben kann (siehe , mit den dort angeführten Judikaturhinweisen). Solche Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektiven Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, ist es Sache desjenigen Steuerpflichtigen, der die - grundsätzlich nie durch die Erwerbstätigkeit veranlasste - Beibehaltung des in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort gelegenen Familienwohnsitzes als beruflich veranlasst geltend macht, der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansieht, ohne dass die Abgabenbehörde in einem solchen Fall verhalten ist, nach dem Vorliegen auch noch anderer als der vom Steuerpflichtigen angegebenen Gründe für die behauptetet Unzumutbarkeit zu suchen (s. Erkenntnis des ; ). Die berufliche Veranlassung von Aufwendungen, denen nach dem ersten Anscheine eine nicht berufliche Veranlassung zu Grunde liegt, ist vom Steuerpflichtigen darzustellen.

Für die einkünftemindernde Berücksichtigung von Heimfahrtkosten muss sohin die Begründung des zweiten Haushaltes am Arbeitsort beruflich veranlasst und die Aufgabe des bisherigen Wohnsitzes unzumutbar sein (vgl. ).

Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen durch die beruflich veranlasste Begründung eines eigenen Haushalts an einem außerhalb des Familienwohnsitzes gelegenen Beschäftigungsort erwachsen, sind als Werbungskosten absetzbar. Die Begründung eines eigenen Haushaltes am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des Familienwohnsitzes (doppelte Haushaltsführung) ist beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz

  • vom Beschäftigungsort des Stpfl soweit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und entweder

  • die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist oder

  • die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann.

Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Familienwohnsitz vom Beschäftigungsort mehr als 120 km entfernt ist. In begründeten Einzelfällen kann auch bei einer kürzeren Wegstrecke Unzumutbarkeit anzunehmen sein.

Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein lediger Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebender Partner (auch ohne Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG 1988) einen gemeinsamen Haushalt unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Person bildet.

Bei einer dauernden Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes ist keine private Veranlassung zu unterstellen, wenn der Ehegatte des Stpfl am Familienwohnsitz steuerlich relevante Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 aus einer Erwerbstätigkeit in Höhe von mehr als € 2.200,00 jährlich bezieht (vgl. ; ) oder die Einkünfte in Bezug auf das Familieneinkommen von wirtschaftlicher Bedeutung sind. Private Veranlassung ist hingegen zu unterstellen, wenn der Steuerpflichtige in anderen Fällen den bisherigen Familienwohnsitz deswegen beibehält, weil er dort zB ein Eigenheim errichtet hat oder die Kinder dort die Schule besuchen, dann sind die Aufwendungen für Familienheimfahrten privat veranlasst und deshalb nicht abzugsfähig ( Zl 93/15/0244).

Liegen die Voraussetzungen einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung nicht vor (zB bei einem Alleinstehenden oder einem Steuerpflichtigen, dessen Ehegatte oder Lebensgefährte nicht mehr als € 2.2000,00 jährlich, so können die Kosten für eine beruflich veranlasste Begründung eines zweiten Haushalts am Beschäftigungsort vorübergehend als Werbungskosten geltend gemacht werden. Dabei ist von einer angemessenen Frist auszugehen, die sich nach den Möglichkeiten der Beschaffung eines Familienwohnsitzes im Einzugsbereich des Beschäftigungsortes orientiert. Die Frage, ob bzw wann dem Stpfl die Verlegung seines (Familien-)Wohnsitzes zumutbar ist, kann nicht schematisch vom Ablauf eines bestimmten Zeitraumes abhängig gemacht werden; vielmehr sind die Verhältnisse des Einzelfalles zu berücksichtigen (). Nach der Verwaltungspraxis wird für verheiratete Arbeitnehmer ein Zeitraum von zwei Jahren als ausreichend erachtet.

Der Bw bringt für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort im Wesentlichen vor, dass sein Sohn am Familienwohnsitz den Kindergarten besuche und seine Gattin sich um seine Eltern (Mutter 66, Vater 68) kümmern würde und daher eine Übersiedlung der gesamten Familie aus moralischen und wirtschaftlichen Gründen unmöglich machen würde.

Nach Ansicht des UFS hat der Bw zumindest seit dem Jahr 2000 beide Wohnsitze aufrechterhalten. Die Gattin des Bw bezieht am Familienwohnsitz keine steuerlich relevanten Einkünfte. Das Finanzamt anerkannte in den Jahren 2001 bis 2003 auch die vom Bw geltend gemachten Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung und die Familienheimfahrten.

Nach Ansicht des UFS hätte der Bw somit genügend Zeit gehabt seinen Familienwohnsitz an den Beschäftigungsort zu verlegen, zumal doch bereits ein "Zweitwohnsitz" vorhanden gewesen ist. Die langjährige Beibehaltung eines Wohnsitzes in unüblicher Entfernung vom Arbeitsplatz begründet jedenfalls die Vermutung, dass der Wohnsitz aus privaten Gründen beibehalten wird.

Das Vorbringen des Bw, dass sich seine Gattin am Familienwohnsitz um seine Eltern (Mutter 66, Vater 68 Jahre) kümmern würde, kann der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Dies deswegen, weil sich auf Grund des Alters der Eltern des Bw und auch den Feststellungen des Finanzamtes keine Hinweise für eine tatsächliche Pflegebedürftigkeit der Eltern ergeben haben. Eine allfällige Betreuung der Eltern ist daher der privaten Lebensführung des Bw zuzurechnen und in steuerlicher Hinsicht kein ausreichend anzuerkennender Grund zur Beibehaltung einer doppelten Haushaltsführung. So sind Aufwendungen im Zusammenhang mit Familienheimfahrten, wenn der Wohnsitz am bisherigen Mittelpunkt der Lebensinteressen etwa aus Gründen des Kindergartenbesuches des Sohnes beibehalten wird, stets der privaten Lebensführung zuzurechnen.

Die Kosten, die sich dem Bw aus der Wahl des Wohnsitzes außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort ergeben, können daher nicht als absetzbar angesehen werden, weil eine solche Wahl des Wohnsitzes durch persönliche Gründe bedingt ist und daher zur privaten Lebensführung des Bw gehören.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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