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OGH vom 29.04.1997, 1Ob45/97t

OGH vom 29.04.1997, 1Ob45/97t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Ablehnungs- und Befangenheitssache der Richterin des Landesgerichts Klagenfurt Dr. Ulrike S***** in den beim Landesgericht Klagenfurt anhängigen Rechtssachen 1. der klagenden Partei Ing. E***** Gesellschaft mbH, Holzbauwerke, Feldkirchen, Glan 8, vertreten durch Dr. Werner Mosing, Rechtsanwalt in Feldkirchen, wider die beklagte Partei Diethelm O*****, vertreten durch Dr. Helmut Rantner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 450.165,60 S sA (AZ 29 Cg 33/94k),

2. der klagenden Partei Raiffeisenkasse E***** reg. Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Helwig Keber, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagten Parteien 1. Diethelm O*****, 2. Verlassenschaft nach der am verstorbenen Katharina O*****, beide vertreten durch Dr. Helmut Rantner, Rechtsanwalt in Innsbruck, 3. Ernst O*****, und 4. Elfriede O*****, beide vertreten durch Dr. Michael Schwingl, Rechtsanwalt in Klagenfurt als Verfahrenshelfer, sowie des Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Parteien Dr. Wolfgang Klobassa, Rechtsanwalt in Voitsberg als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Dr. Peter S***** (AZ 17 S 150/95 des Landesgerichts Leoben), wegen 19,298.591,77 S sA (AZ 29 Cg 83/94p), und

3. der klagenden Partei Diethelm O*****, vertreten durch Dr. Helmut Rantner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dr. Michael M*****, wegen 20 Mio S sA (AZ 29 Cg 96/96b),

infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Ablehnungswerbers D*****, vertreten durch Dr. Helmut Rantner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom , GZ 4 R 150/96-7, womit der Rekurs des Ablehnungswerbers gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom , GZ Jv 3174-17/96-50, Jv 3175-17/96-51 und Jv 3176-17/96-52, teils zurückgewiesen, teils dieser Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Ablehnungswerber hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Beim Landesgericht Klagenfurt sind zu AZ 29 Cg 33/94k, 29 Cg 83/94p und 29 Cg 96/96b drei Zivilprozesse mit erheblichen Streitwerten anhängig, an denen der Ablehnungswerber als klagende bzw beklagte Partei beteiligt ist und die nach Richterwechsel von der Richterin des Landesgerichts Dr. Ulrike S***** (im folgenden nur Verhandlungsrichterin) zu verhandeln und entscheiden sind.

Im Verfahren AZ 29 Cg 33/94k hielt die Verhandlungsrichterin in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom in einem, dem Verhandlungsprotokoll angeschlossenen Aktenvermerk vom selben Tag fest, dass sie seit der im September 1995 erfolgten Übernahme der Prozessakten, in denen der Ablehnungswerber Partei sei, von diesem sowohl während der Verhandlungen, aber auch im Zuge von Telefonaten oder beim Zusammentreffen auf den Gängen des Gerichtsgebäudes ständig lautstark persönlich beschimpft, beleidigt und provoziert werde. Der Ablehnungswerber werfe ihr - zu Unrecht - die Verletzung von Dienstpflichten vor. Er halte ihr laufend vor, dass sie ohnehin zu „blöd“ sei, die Sachlage zu erfassen, und ihre fachliche Kompetenz nicht vorhanden sei. Sie müsse sich auch vorhalten lassen, dass sie Beweismittel oder Beiakten verheimliche und mit dem Prozessgegner „packle“. Dazu kündige ihr der Ablehnungswerber laufend straf- und disziplinarrechtliche Anzeigen an. Er habe ihr auch in schreiendem Tonfall und bedrohlich gestikulierend vorgeworfen, dass sie an der schweren Erkrankung seiner mittlerweile verstorbenen Ehegattin Schuld trage. Anlässlich einer Verhandlung im Verfahren AZ 29 Cg 83/94p habe er sie höhnisch gefragt, ob sie denn vor ihm Angst habe. Der Kläger in diesem Verfahren habe sie einmal um Hilfe gebeten, weil ihn der Ablehnungswerber vor ihrem Zimmer anlässlich einer Verhandlung anzurempeln begonnen habe. In der heutigen Verhandlung habe der Ablehnungswerber wiederum begonnen, sie zu provozieren, indem er ihr vom Oberlandesgericht Graz (mit Beschluss vom teilweise) aufgehobenes Ersturteil in Anwesenheit sämtlicher Prozessparteien als lächerlich hingestellt und ihr lautstark zu verstehen gegeben habe, dass nunmehr ihre Unfähigkeit erwiesen sei. Daraufhin habe sie sich zu der im Verhandlungsprotokoll festgehaltenen Äußerung hinreißen lassen: „Wer zuletzt lacht, lacht am besten“.

Aufgrund dieser Äußerung lehnte der Rechtsvertreter des Ablehnungswerbers die Verhandlungsrichterin umgehend als befangen ab. Nun zeigte die Verhandlungsrichterin ihre Befangenheit in allen drei Rechtssachen mit der Begründung an, dass sie die teilweise bedrohlichen Provokationen durch den Ablehnungswerber zu beunruhigen begännen und sie heute tatsächlich Angst um ihre persönliche Sicherheit habe, sodass sie nicht mehr in der Lage sei, die Verfahren objektiv weiterzuführen.

Das Erstgericht wies den Ablehnungsantrag des Beklagten im Verfahren AZ 29 Cg 33/94k zurück (Punkt 1.) und befand die Befangenheitserklärungen der Verhandlungsrichterin in allen drei Rechtssachen als unbegründet (Punkt 2.). In rechtlicher Hinsicht führte es im wesentlichen aus, dass die abgelehnte Verhandlungsrichterin keinen ausreichenden Anschein einer Befangenheit erkennen lasse. Objektiv gesehen seien aus der Darstellung der Verhandlungsrichterin keine aktuellen Gründe abzuleiten, die es nahelegten, sie lasse sich bei der Führung der Streitsachen von unsachlichen Motiven leiten. In subjektiver Hinsicht seien die drei Verfahren aufgrund der Verhaltensweisen des Ablehnungswerbers sicherlich besonders belastet. Der Umstand, dass eine Partei versuche, die Verfahren durch undisziplinierte Verhaltensweisen und Provokationen anderer Art zu verzögern und die zuständige Verhandlungsrichterin zu verunsichern, dürfe jedoch nicht dazu führen, das Gericht an der Wahrnehmung seiner Pflicht zur Verhandlungsführung und Entscheidung auf Dauer zu hindern. Gerade dies geschähe aber, wenn sich Verhandlungsrichter von einer Partei, die alle zur Verfügung stehenden rechtlichen und sachlich nicht zu rechtfertigenden Mittel psychologischer Art auszuschöpfen trachte, über Gebühr beeindrucken ließen. In ihrer Stellungnahme lege die Verhandlungsrichterin in diesem Sinn auch keine konkreten Umstände dar, aus denen eine berechtigte Angst um ihre persönliche Sicherheit schlüssig nachvollzogen werden könnte. Von einer erfahrenen Richterin wie der Verhandlungsrichterin, die ihre Verhandlungskompetenz durch viele Jahre gerade in der mit beträchtlichen Emotionen verbundenen familienrechtlichen Abteilung überzeugend bewiesen und diese Aufgabe bestens bewältigt habe, sei zu erwarten, dass sie sich ihrer Verantwortung für eine funktionierende Justiz bewusst sei und sich durch das Verhalten des Ablehnungswerbers, soweit dieses gesellschaftlich allgemein akzeptierte Verhaltensweise sprenge, nicht in ihrer Unparteilichkeit beeinflussen lasse.

Das Rekursgericht wies den Rekurs des Ablehnungswerbers, soweit er sich auch gegen die Entscheidung des Erstgerichts über die von der Verhandlungsrichterin selbst erstattete Befangenheitserklärung richtete, zurück (Punkt I.), gab im übrigen den Rekursen des Ablehnungswerbers und der Verhandlungsrichterin Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass dem Antrag des Ablehnungswerbers auf Ablehnung der Verhandlungsrichterin im Verfahren AZ 29 Cg 33/94k und der Befangenheitsanzeige dieser Richterin in allen drei Verfahren stattgegeben und das Verfahren AZ 29 Cg 33/94k ab Beginn der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom als nichtig aufgehoben werde, im übrigen jedoch eine Nichtigerklärung der drei Verfahren nicht stattfinde (Punkt II.). Der Revisionsrekurs gegen Punkt II. sei jedenfalls unzulässig, gegen Punkt I. nach § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

In rechtlicher Hinsicht ging die zweite Instanz, soweit hier relevant, von folgenden Erwägungen aus: Soweit sich der Rekurs des Ablehnungswerbers gegen die Entscheidung des Erstgerichts über die von der Verhandlungsrichterin selbst erstattete Befangenheitsanzeige richte, fehle ihm die Rechtsmittellegitimation. Im übrigen habe der Ablehnungswerber die Verhandlungsrichterin nur im Verfahren AZ 29 Cg 33/94k als befangen abgelehnt, weshalb ihm schon deshalb keine Rekursberechtigung in den beiden anderen Verfahren zukommen könne.

Der Rekurs des Ablehnungswerbers gegen Punkt 1) und der zulässige Rekurs der Verhandlungsrichterin gegen Punkt 2) des erstgerichtlichen Spruchs seien dagegen berechtigt. Aus im einzelnen genannten Gründen stellten die festgestellten Umstände, namentlich die eigene Befangenheitsanzeige der Verhandlungsrichterin unter Anwendung des im Interesse des Ansehens der Justiz anzuwendenden strengen Maßstabes einen zureichenden Grund dar, die Unbefangenheit der für die Verhandlung und Entscheidung der drei Streitsachen zuständigen Verhandlungsrichterin in Zweifel zu ziehen. Nach dem klaren Wortlaut des § 25 zweiter Satz JN sei eine Aufhebung wegen Nichtigkeit nur insoweit notwendig, als dies „erforderlich“ sei. Im Fall der Stattgebung eines Ablehnungsantrags (einer Befangenheitsanzeige) sei demnach nicht generell und ohne jede Einschränkung die Nichtigkeit des vom erfolgreich abgelehnten Richter durchgeführten Verfahrens auszusprechen, sondern nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu prüfen, ob und wieweit die vom befangenen Richter gesetzten Prozesshandlungen als nichtig aufzuheben seien (4 Ob 502/95). Die Anwendung dieser Grundsätze führe hier zum Ergebnis, dass nur das Verfahren AZ 29 Cg 33/94k ab Beginn der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom als nichtig aufzuheben sei, weil sich die Befangenheit der erfolgreich (selbst-)abgelehnten Richterin nach dem Inhalt der Prozess- und Ablehnungsakten nur auf diesen Teil des genannten Rechtsstreits, nicht aber auch auf das vorangegangene Verfahren (ab Eintritt der Richterin) und die beiden anderen Prozesse ausgewirkt habe. Die Verhandlungsrichterin habe in ihrer Befangenheitsanszeige bzw Stellungnahme zum Ablehnungsantrag des Ablehnungswerbers ausdrücklich erklärt, ungeachtet der geschilderten Verhaltensweise des Genannten bisher immer bemüht gewesen zu sein, die Verfahren ordnungsgemäß weiterzuführen und erst aufgrund seiner neuerlichen Provokation in der Verhandlung am im Verfahren AZ 29 Cg 33/94k, die zu ihrer bereits erwähnten Äußerung in dieser Verhandlung geführt habe, nicht mehr in der Lage zu sein, die Verfahren, an denen der Ablehnungswerber beteiligt sei, objektiv weiterzuführen. Es bestehe nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt, dass sich der Befangenheitsgrund der Verhandlungsrichterin auch auf das vor der Verhandlung vom unter ihrer Leitung stattgefundene Verfahren AZ 29 Cg 33/94k oder auf die beiden anderen Rechtsstreite ausgewirkt habe. Auch der Ablehnungswerber habe solche Anhaltspunkte weder in seinem Ablehnungsantrag noch in seinem Rekurs aufgezeigt; er releviere die Frage der Nichtigerklärung des Verfahrens vielmehr mit keinem Wort. Nach § 25 JN sei es somit nur erforderlich, das Verfahren AZ 29 Cg 33/94k ab Beginn der Verhandlungstagsatzung vom , in der der Befangenheitsgrund gesetzt worden sei, als nichtig aufzuheben.

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Ablehnungswerbers ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) In Ablehnungssachen ist gegen Entscheidungen der zweiten Instanz ein weiterer Rechtsmittelzug grundsätzlich ausgeschlossen, legt doch die Rechtsprechung die Regelung des § 24 Abs 2 JN als abschließende Sonderregelung über die Rechtsmittelzulässigkeit im Ablehnungsverfahren aus (5 Ob 502/94 = EFSlg 75.922; 2 Ob 551/92 = EFSlg 69.705 uva, zuletzt 4 Ob 2243/96y; RIS-Justiz RS0074402; Mayr in Rechberger, § 24 JN Rz 5 mwN). Dieser Rechtsmittelausschluss gilt auch für „außerordentliche“ Revisionsrekurse nach der erweiterten Wertgrenzennovelle 1989 (EFSlg 63.900; 5 Ob 502/94). Demnach ist gegen die Entscheidung des Rekursgerichts, mit welcher die dem Ablehnungsantrag nicht stattgebende, entsprechend der üblichen Terminologie (siehe § 24 Abs 2 zweiter Fall JN) den Antrag zurückweisende Entscheidung des Erstgerichts nach meritorischer Prüfung bestätigt wurde, ein weiteres Rechtsmittel jedenfalls unzulässig.

Eine Ausnahme hievon, freilich innerhalb der Grenzen des § 528 Abs 1 ZPO, hat der Oberste Gerichtshof jedoch für einen solchen Beschluss anerkannt, in dem das Rekursgericht eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Sachentscheidung (über den Ablehnungsantrag) gerichteten Rekurses aus formellen Gründen, wie hier aus dem fehlenden Rekursinteresse einer Partei bei Befangenheitserklärung des Richters ablehnte (Mayr aaO § 24 JN Rz 5 mwN). Der Rechtszug an die dritte Instanz zur Prüfung solcher formeller Gründe steht, allerdings nur unter der Voraussetzung des § 528 Abs 1 ZPO offen (AnwBl 1992, 916; 6 Ob 592/94 ua). Nach ständiger Rechtsprechung ist zur Einbringung des Rekurses gegen die Zurückweisung der Ablehnung nur legitimiert, wer selbst in erster Instanz abgelehnt hat; gegen die Entscheidung über einen vom Richter gestellten (Selbst-)Ablehnungsantrag (Befangenheitsanzeige) steht daher den Prozessparteien, wie das Rekursgericht völlig zutreffend erkannte, der Rekurs nicht zu (4 Ob 502/95; AnwBl 1992, 916 mwN [Mayr] ua; Mayr aaO § 24 JN Rz 4).

b) Soweit sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Ablehnungswerbers gegen den abändernden Teil der zweitinstanzlichen Entscheidung richtet und die Nichtigerklärung der drei Verfahren - in ihrer Gesamtheit bezeichnenderweise also einschließlich der Verfahrensteile, in denen noch andere Richter tätig waren - und nicht bloß der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom im Verfahren AZ 29 Cg 33/94k anstrebt, ist er entgegen der Auffassung der zweiten Instanz nicht absolut unzulässig.

Richtig ist zwar, dass auch eine Entscheidung der zweiten Instanz nach § 25 zweiter Satz JN, mit der die Nichtigerklärung der vom abgelehnten Richter vorgenommenen Prozesshandlungen ausgesprochen wird, unanfechtbar ist (EvBl 1977/173 ua). Wird aber einer Befangenheitsanzeige des Richters stattgegeben und erfasst der Befangenheitsgrund auch die von ihm vorgenommenen Prozesshandlungen, unterbleibt aber die notwendige Aufhebung nichtiger Prozesshandlungen iSd § 25 zweiter Satz JN, dann kann auch die Partei, die den Richter nicht abgelehnt hat, das Unterbleiben der Nichtigerklärung mit Rekurs bekämpfen (4 Ob 502/95; RIS-Justiz RS0046014). Der oben dargestellte Rechtsmittelausschluss gilt somit dann nicht, wenn das Verfahren trotz erfolgreicher Befangenheitsanzeige des Richters nicht oder nur teilweise für nichtig erklärt wurde (vgl 4 Ob 502/95; 10 Ob 522/95; EFSlg 69.706 f; 1 Ob 668/85 = EFSlg 49.241 = ÖA 1985, 109; RIS-Justiz RS0046014; Mayr aaO § 25 JN Rz 3). Freilich sind auch in einem solchen Fall die Grenzen des § 528 Abs 1 ZPO zu beachten.

Gemäß § 25 zweiter Satz JN idgF sind, wird der Ablehnung stattgegeben, die vom abgelehnten Richter vorgenommenen Prozesshandlungen nichtig und, „soweit erforderlich“, aufzuheben. Die Bestimmung wurde durch Art I Z 5 der Verordnung der Bundesregierung vom über Änderungen der Gerichtsverfassung und des gerichtlichen Verfahrens (8.Gerichtsentlastungsnovelle), BGBl 1933/346, eingeführt. Materialien zu dieser Novelle sind, soweit überblickbar, nicht vorhanden, sodass auf den Willen des Gesetzgebers zur Determinierung des Begriffs „soweit erforderlich“ nicht zurückgegriffen werden kann. Über die Nichtigkeit der vom abgelehnten Richter vorgenommenen Prozesshandlungen ist jedenfalls im Ablehnungsbeschluss zu entscheiden. Sein Inhalt ist für die Beurteilung maßgebend, inwieweit das vom abgelehnten Richter geführte Verfahren nichtig ist (1 Ob 3/92 = SZ 65/125; NZ 1988, 76; EFSlg 49.241; Fasching, Lehrbuch2 Rz 161; Mayr aaO § 25 JN Rz 3). Während die Nichtigkeit beim ausgeschlossenen Richter ex lege gegeben ist, wird sie beim abgelehnten Richter durch den Ablehnungsbeschluss rückwirkend festgestellt (SZ 65/125). Beim erfolgreich abgelehnten Richter ist regelmäßig schon angesichts des Gebots des Art 6 EMRK nach einem „fair trial“ jeder Akt, der unter Mitwirkung des abgelehnten Richters zustande kam, nichtig (SZ 65/125 ua, zuletzt 3 Ob 50/95; Fasching I 214 und Lehrbuch2 Rz 161) und aufzuheben. War der abgelehnte Richter schon vom Prozessbeginn an tätig, ist das Verfahren regelmäßig bereits „ab einschließlich“ der Klagszustellung, bei Richterwechsel (wie hier) vom Eintritt des erfolgreich abgelehnten Richters in das Verfahren als nichtig aufzuheben.

Die zweite Instanz meint nun unter Hinweis auf die Entscheidungen EvBl 1977/173 und 4 Ob 502/95, diese Grundsätze dahin einschränken zu müssen, dass das Verfahren nur in dem vom Befangenheitsgrund betroffenen Umfang als nichtig aufzuheben sei, also nur insoweit, als sich der Befangenheitsgrund auf das Verfahren ausgewirkt habe. Es handelt sich indes dabei um keine Einschränkung der dargestellten Rechtsauffassung, sondern bloß um eine Konkretisierung des Begriffs „soweit erforderlich“. Im Regelfall der erfolgreichen Ablehnung eines Richters reicht der Ablehnungsgrund soweit zurück, dass eine Aufhebung aller Verfahrensteile, an denen der erfolgreich abgelehnte Richter beteiligt war, unumgänglich ist (vgl etwa 4 Ob 502/95 zum Fall der Lebensgemeinschaft eines Richters). Dies ist schon im Interesse des Ansehens der Justiz erforderlich und soll sicherstellen, dass jeder Verfahrensschritt, der Einfluss auf den Prozessverlauf haben konnte (etwa die Klagszustellung anstatt richtigerweise die Klagszurückweisung u.d.) beseitigt wird. Andererseits darf es die Ablehnung jedoch auch nicht den Parteien ermöglichen, sich eines ihnen nicht genehmen, aber unvoreingenommenen Richters zu entledigen und auf diese Weise den durch die Geschäftsverteilung bestimmten gesetzlichen Richter einfach zu umgehen.

Es sind in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der zweiten Instanz durchaus Fälle denkbar, in denen die Befangenheit des Richters zeitlich nicht bis zu seiner erstmaligen Befassung mit der Rechtssache zurückreicht. Gerade in Fällen wie dem vorliegenden kann dies zutreffen, wenn sich der bis dahin unvoreingenommene Richter erst wegen eines grob ungehörigen und beleidigenden Verhaltens des Ablehnungswerbers als befangen erachtet. Dann sind jene Prozesshandlungen, die der Richter noch völlig unvoreingenommen vorgenommen hat, die also von seiner erst später eingetretenen Befangenheit noch nicht berührt sind, von der Aufhebung durch die Ablehnungsinstanz auszunehmen; in diesem Umfang ist der eine weiterreichende Wirkung der Befangenheit eröffnende Wortlaut der Bestimmung des § 25 zweiter Satz JN von seinem Regelungszweck her zu reduzieren. Wieweit im Einzelfall die Befangenheit eines Richters zeitlich zurückreicht und inwieweit zurückreichend deshalb das Verfahren als nichtig aufzuheben ist, stellt eine sogenannte quaestio mixta dar (Fasching, Lehrbuch2 Rz 1923; Kodek in Rechberger, § 498 ABGB Rz 2), weil der Gesetzgeber das konkrete tatsächliche Element so weit in die Rechtsnorm eingebaut hat, dass die Tatfrage nicht nur das Beurteilungselement der Rechtsnorm ist, sondern in diese eingeht und ihr erst Anwendbarkeit verleiht. Der Oberste Gerichtshof ist daher auch - anders als bei reinen Tatfragen - berufen, dazu Stellung zu nehmen. Beim hier zu beurteilenden Sachverhalt ist das Rekursgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Verhandlungsrichterin alle Prozesshandlungen vor der Tagsatzung vom völlig unvoreingenommen vorgenommen hat. Es besteht daher tatsächlich kein Anlass, weitere von ihr vorgenommene Prozesshandlungen als nichtig aufzuheben.

Demnach kann dem Rechtsmittel kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 40 und 50 ZPO.