Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 28.09.2007, RV/0547-G/07

Intensivsprachwoche einer Schülerin in Cambridge

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/0547-G/07-RS1
wie RV/0631-G/05-RS1
Es besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine im Sinn des § 140 ABGB gesetzliche noch eine sittliche Verpflichtung, und damit keine Zwangsläufigkeit im Sinn des § 34 EStG 1988, einem Kind über den Besuch einer allgemein bildenden Schule in Österreich hinaus die Möglichkeit zu schaffen, eine gleichartige Schule im Ausland bloß wegen der besonderen sprachlichen Ausbildung zu besuchen. Der Freibetrag gemäß § 34 Abs.8 EStG 1988 steht daher auch für die Zeit einer im Ausland im Rahmen eines so genannten Schüleraustausches erfolgten Schulausbildung nicht zu, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes eine gleichartige Schule existiert.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2006 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber beantragte in seiner Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung die Kosten für die Teilnahme seiner Tochter an einer Intensivsprachwoche vom 19. - in Cambridge als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 (8) EStG 1988 anzuerkennen und für den Monat November den Pauschbetrag zu berücksichtigen.

Diesem Begehren wurde vom Finanzamt in dem in der Folge erlassenen Bescheid nicht Rechnung getragen. Dagegen erhob der Bw. das Rechtsmittel der Berufung und brachte darin vor, dass seine Tochter an einer lehrplanmäßig vorgesehenen Intensivsprachwoche in Cambridge teil genommen habe. Ziel des Aufenthaltes sei die Verbesserung der kommunikativen Kompetenz, der Abbau von Sprachbarrieren, sowie das Kennenlernen von Land und Leuten gewesen. Diese Intensivsprachwoche erfülle die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 und 8 EStG 1988. Dazu verweise er auf das 148. Protokoll über die Lohnsteuerbesprechung 2001 worin u.a. fest gestellt werde, dass auch ein Anspruch auf den Pauschbetrag bestehe, wenn ein Auslandsstudium an einer nicht deutschsprachigen Universität unter dem Aspekt, dass an der ausländischen Universität (Schule) nicht nur das entsprechende Fachwissen, sondern auch die damit verbundenen Fremdsprachenkenntnisse erworben werden, absolviert werde. Es könne keinen Unterschied machen, ob ein derartiger Studienaufenthalt im Ausland zwecks Verbesserung der Sprachkenntnisse von einem Studenten oder von einem Schüler einer Oberstufe eines Gymnasiums absolviert werde.

Er beantrage somit den Pauschbetrag als Abgeltung für die ihm als unterhaltsverpflichteten Vater im November 2006 zwangsläufig erwachsenen Mehraufwendungen aus dem von seiner Tochter in England absolvierten Schulbesuch, "Intensivsprachwoche für die 5. Klassen", zu berücksichtigen.

Die damit im Zusammenhang stehenden Unterlagen wurden vom Bw. zusammen mit der Berufung vorgelegt.

In der in der Folge ergangenen Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt diesen Antrag mit der Begründung ab, Ereignisse, die bei der überwiegenden Mehrheit der in gleichen Verhältnissen lebenden Steuerpflichtigen eintreten, kämen für eine außergewöhnliche Belastung nicht in Betracht. Der normale Aufwand für Unterhalt und Erziehung eines Kindes werde durch die Gewährung der Familienbeihilfe abgegolten. Die gewöhnlichen Ausbildungskosten fielen infolge rechtlicher Verpflichtung zwar zwangsläufig an, ihnen fehle aber das Merkmal der Außergewöhnlichkeit. Zu den gewöhnlichen mit dem Unterhalt und der Erziehung der Kinder verbundenen Lasten zählen zB Kosten für Lernhilfe, Lehrausflüge, Besuche von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen etc..

Die Aufwendungen für den einwöchigen Englandaufenthalt zählten ebenfalls zu den gewöhnlichen, mit dem Unterhalt und der Erziehung der Kinder verbundenen Lasten, sodass es am Merkmal der Außergewöhnlichkeit fehle. Bei einem bestimmten Einkommen ermöglichen viele Eltern ihren Kindern zur Verbesserung der Sprachkenntnisse einen Auslandsaufenthalt. Die Höhe der Aufwendungen für Unterhalt und Ausbildung werde durch das Alter des Kindes, seine Anlagen, Neigungen, Entwicklungsmöglichkeiten, sowie die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mitbestimmt. Dem § 34 EStG liege der Gedanke zu Grunde, dass die üblicherweise mit der Erziehung und Ausbildung verbundenen Aufwendungen nicht als außergewöhnlich anzusehen seien.

In seinem Antrag auf Vorlage seiner Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachte der Bw. dagegen vor, dass entgegen den Aufzählungen des Finanzamtes die Kosten für die in Rede stehende Intensivsprachwoche nicht neben dem Unterricht, sondern zusätzlich zum Unterricht, im Rahmen des im Lehrplan vorgesehenen Englischunterrichtes statt gefunden hätte. Erklärend führte der Bw. weiter aus, dass es sich nicht um Sprachferien, sondern um eine offizielle Schulveranstaltung gehandelt habe. Für die teil nehmenden Schüler habe Unterrichtspflicht bestanden und sie seien von zwei Lehrern ihres Lehrkörpers begleitet worden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung, wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch den Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt. Nach § 34 Abs. 6 EStG 1988 können derartige Kosten einer auswärtigen Berufsausbildung nach Abs. 8 ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.

Diese Pauschalierung des Mehraufwandes der Höhe nach enthebt nicht von der Prüfung der Frage, ob eine auswärtige Berufsausbildung dem Grunde nach geboten ist. Dies trifft nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof dann nicht zu, wenn am Wohnort des Steuerpflichtigen oder in dessen Einzugsbereich eine (unter Berücksichtigung der Talente des Kindes) gleichartige Ausbildungsmöglichkeit besteht (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Band III C, § 34, Einzelfälle, Tz 1, Stichwort "Auswärtige Berufsausbildung").

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgeführt, dass weder eine gesetzliche noch eine sittliche Verpflichtung, somit keine Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 EStG 1988, besteht, seinem Kind über den Besuch einer allgemein bildenden Schule in Österreich hinaus die Möglichkeit zu schaffen, eine gleichartige Schule im Ausland zu besuchen ( und die dort zitierte Judikatur).

Den Ausführungen des Bw. ist nun zu entnehmen, dass seine Tochter keine auswärtige Schule im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen, sondern eine Sprachschule im Rahmen einer von ihrer Schule organisierten Schulveranstaltung besucht hat. Die von ihr besuchte Schule bleibt aber weiterhin jene in Österreich, die unbestritten im Einzugsbereich des Wohnortes gelegen ist.

Dadurch kann es sich nicht um Aufwendungen für eine Berufsausbildung außerhalb des Wohnortes handeln und es ist im vorliegenden Fall nicht der Sachverhalt verwirklicht, der auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen Voraussetzung für die Zuerkennung des Pauschbetrages nach § 34 (8) EStG 1988 ist.

Zu überprüfen bleibt im vorliegenden Fall, ob eine Berücksichtigung nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 möglich ist:

Gemäß 34 Abs. 1 EStG 1988 "sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen." Die Belastung muss folgende Voraussetzung erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3)

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Als bekannt kann vorausgesetzt werden, dass die Teilnahme an diesen Schulveranstaltungen grundsätzlich auf freiwilliger Basis erfolgt und bei Nichtteilnahme, ein Schulbesuch an der österreichischen Schule vorgesehen ist.

Der Unabhängige Finanzsenat bestreitet nicht, dass das Ziel des im vorliegenden Fall zu beurteilenden Sprachaufenthaltes, nämlich der Abbau von Sprachbarrieren oder die Verbesserung der kommunikativen Kompetenz sicherlich für das Ausbildungsniveau der Tochter von Vorteil war.

Es lässt sich aber nicht von jedem Vorteil, den Eltern ihren Kindern angedeihen lassen, sagen, dass die Eltern durch mit den dadurch verursachten Kosten zwangsläufig belastet werden. Vielmehr ist es durchaus üblich, dass die Eltern im Interesse einer möglichst guten und umfassenden Ausbildung ihres Kindes neben der gesetzlich geregelten Unterhaltspflicht freiwillig und ohne sittliche Verpflichtung weitere Kosten auf sich nehmen (, ).

Den Aufwendungen des Bw. mangelt es somit am Merkmal der Zwangsläufigkeit (§ 34 Abs. 3 EStG 1988) und lässt bereits aus diesem Grund auch eine Berücksichtigung nach § 34 Abs. 1 EStG 1988 nicht zu.

Bei dieser Sach -und Rechtslage war wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Einzugsbereich
Sprachwoche
Zwangsläufigkeit
Zitiert/besprochen in
UFSjournal 2008, 17

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at