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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 31.01.2013, RV/2008-W/08

Bei der Bemessung der Erbschaftssteuer für einen Erwerb gemäß § 2 Abs.1 Z 3 ErbstG 1955 finden die Nachlasspassiva und der ausbezahlte Pflichtteilsbetrag keine Berücksichtigung.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Rudolf Zillinger, Notar, 3300 Amstetten, Hauptplatz 35, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 15 .Februar 2008, betreffend Erbschaftssteuer, entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

X.X. verstarb im November 2006. Mit Testament vom hatte er Y.Y. als Alleinerbin eingesetzt, und seine Tochter Z.Z. auf den verminderten Pflichtteil gesetzt. Weiters erklärte er, dass seine Ehefrau, die Berufungswerberin, (Bw.), nichts aus seinem Besitz und Vermögen erhalten sollte.

Die AG teilte dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien mit Schreiben vom mit, dass die Bw. aus dem Versicherungsvertrag Nr.aaa. mit dem Erblasser nachrangig bezugsberechtigt ist, die auszubezahlende Summe € 79.934,52 beträgt, und dass aus diesem Vertrag zu Gunsten der Sparkasse A. eine Zession im Betrage von € 15.961,81 besteht. Laut Kreditvertrag vom mit der Sparkasse T., als Kreditgeber, und der Bw. und dem Erblasser, als Kreditnehmer,über einen Darlehensbetrag von 2.600.000,00 S, diente diese Lebensversicherung vorrangig zur Sicherstellung dieses Darlehens.

Im Protokoll des Abhandlungsgerichtes (Bezirksgericht T. ) vom wurde festgehalten, dass die Erbin das Angebot der Bw. den gesamten Nachlass des Erblassers zum Preis von. € 10.000,00 zu kaufen, annimmt.

Danach gab die Bw. am gleichen Tag zum gesamten Nachlass des Erblassers eine bedingte Erbantrittserklärung ab.

Mit Pflichtteilsübereinkommen vom verpflichtete sich die Bw. gegenüber der pflichtteilsberechtigten Tochter des Erblassers, dieser, nach erfolgter Einantwortung der Verlassenschaft, zur Abgeltung ihres Pflichtteilsanspruches, einen Barbetrag von € 35.000,00 auf ein näher bezeichnetes Konto einzubezahlen.

Laut Protokoll des o.a. Abhandlungsgerichtes vom wurde das Inventar mit Aktiven idHv 36.922,15 und Passiven idHv 92.735,62- sohin einer Nachlassüberschuldung idHv € 55.813,47- errichtet. Festgehalten wurde, dass der Erbenmachthaber ersucht hat, von einer Schätzung und Inventarisierung des Nachlassvermögens Abstand zu nehmen und dass das Inventar aufgrund der Erhebungen des Gerichtskommissärs errichtet worden ist.

Mit Einantwortungsbeschluss vom des o.a. Gerichtes wurde der Bw., auf Grund ihrer bedingten Erbantrittserklärung zum gesamten Nachlass, die Verlassenschaft eingeantwortet.

Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern der Bw. die Erbschaftssteuer gemäß §§ 2 Abs.1 Z 3, 8 Abs.1, 28 ErbStG 1955 mit € 3.499,00 vor. Bemessungsgrundlage war der, im Zeitpunkt des Todes des Erblassers für die Bw. angefallene Versicherungsbetrag idHv € 79.934,52 abzüglich der, mit dieser Summe vorrangig besicherten, Nachlassverbindlichkeit von € 7.754,09,welche nach der Zession idHv € 15.961,81, gegenüber der Gläubigerin noch offen geblieben war, und abzüglich dem Freibetrag gemäß § 14 Abs.1 ErbstG 1955 idHv € 2.200,00.

Dagegen erhob die Bw, durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter, fristgerecht Berufung. In der Begründung wurde angeführt, dass der von ihr ausbezahlte Pflichtteilsbetrag und die von ihr übernommenen nachlassgegenständlichen Passiva bei der Bemessung der Erbschaftssteuer zu Unrecht nicht berücksichtigt worden wären. Sie beantragte die Abänderung des bekämpften Bescheides iSd Berufungsvorbringens.

Diese Berufung wies das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab. In der Begründung wurde ausgeführt, dass der Kauf eines Erbrechtes nicht der Erbschaftssteuer unterliegen würde und dass sowohl die restlichen Verbindlichkeiten als auch die Pflichtteilsforderung in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Auszahlung der Versicherung stehen würden.

Dagegen brachte die Bw. fristgerecht einen Vorlageantrag an den Unabhängigen Finanzsenat, (UFS), als Abgabenbehörde zweiter Instanz ein. Sie beantragte den ausbezahlten Pflichtteilsbetrag zumindest anteilig bei der Bemessung der Erbschaftssteuer zu berücksichtigen und führte- in Replik auf den Inhalt der Berufungsvorentscheidung- aus, dass der Pflichtteil der erblichen Tochter sich aus dem Nachlasspflichtteil und dem Schenkungspflichtteil ergeben hätte. Lebensversicherungen wären zwar nicht nachlasszugehörig, sie wären jedoch bei der Berechnung des Pflichtteils wie Schenkungen zu berücksichtigen. Laut Inventar wäre eine Nachlassüberschuldung vorgelegen, welche dazu geführt hätte, dass der Nachlasspflichtteil € 0,00 betragen hätte. Bei Berücksichtigung des Verkehrswertes der erblichen Liegenschaftshälfte mit € 100.000,00 hätte sich der Pflichtteil auf rund € 8.000.00 verlaufen. Die Bezahlung des Pflichtteilsbetrages hätte sich aus der ausbezahlten Lebensversicherung ergeben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs.1 Z 1 Erbschafts-und Schenkungssteuergesetz 1955, (ErbStG 1955),gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall durch Vermächtnis oder aufgrund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches.

Gemäß § 2 Abs.1 Z 3 ErbStG 1955 gilt als Erwerb von Todes wegen, der Erwerb von Vermögensvorteilen, der aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages unter Lebenden von einem Dritten mit dem Tode des Erblassers unmittelbar gemacht wird.

Gemäß § 12 Abs.1 Z 1 ErbStG 1955 entsteht bei Erwerben von Todes wegen die Steuerschuld mit dem Tod des Erblassers.

Gemäß § 785 Abs.1 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch,(ABGB), sind auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes oder des pflichtteilsberechtigten Ehegatten bei der Berechnung des Nachlasses Schenkungen des Erblassers in Anschlag zu bringen. Der Gegenstand der Schenkung ist dem Nachlass mit dem Wert hinzuzurechnen, der für die Anrechnung nach § 794 maßgebend ist.

Im Verfahren vor dem UFS wurde Einsicht genommen in den Bezug habenden Verlassenschaftsakt des Bezirksgerichtes T. zu GZ: xxx.

Die Bw. hat einerseits der Erbin nach X.X. das Erbrecht zum Preis von € 10.000,00 abgekauft und andererseits ist der Bw. zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers aus dem o.a. Versicherungsbetrag, als nachrangig Begünstigt,) die o.a Versicherungssumme angefallen. Sie hat nach dem Erbschaftskauf mit der pflichtteilsberechtigten Tochter des Erblassers ein Pflichtteilsübereinkommen über die Bezahlung eines Pflichtteilsbetrages von € 35.000,00 abgeschlossen und diesen Betrag aus der, ihr ausbezahlten, Versicherungssumme beglichen.

Im zu beurteilenden Fall ist strittig, ob bei der Bemessung der Erbschaftssteuer für den Erwerb von Todes wegen gemäß § 2 Abs.1 Z 3 ErbStG der, von der Bw. bezahlte, Pflichtteilsbetrag idHv € 35.000,00 zu berücksichtigen gewesen wäre bzw. ob die von der Bw. als Erbschaftskäuferin übernommene Nachlasspassiva bei der Bemessung des steuerpflichtigen Erwerbs in Abzug zu bringen gewesen wären.

Dazu ist festzustellen:

Ist die Erbschaft angefallen, dann kann der Erbe bis zur Einantwortung sein Recht entgeltlich veräussern. (Erbschaftskauf) In diesem Fall tritt der Käufer an die Stelle des Erblassers und wird Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers. Wenn gleich der Erbschaftskäufer vor Gericht die Erbantrittserklärung aufgrund des Kaufvertrages abgibt, so fehlt ihm doch ein gültiger Erbrechtstitel. Die Erbrechtstitel sind in § 533 ABGB erschöpfend aufgezählt. Der Erbschaftskauf zählt nicht dazu. Es ist daher ausgeschlossen, im Erbschaftskauf einen Erwerb durch Erbanfall iSd ErbStG 1955 zu erblicken.

Dagegen zeigt die Möglichkeit des Erben die Erbschaft oder einen Teil derselben vor Abgabe der Erbantrittserklärung entgeltlich (Erbschaftskauf) oder unentgeltlich (Erbschaftsschenkung) veräussern zu können, eindeutig, dass der Erbe bereits durch den Erbanfall bzw. mit dem Tod des Erblassers durch den Erwerb seines Erbrechtes von Todes wegen bereichert ist.( )

Nach § 2 Abs.1 Z 3 ErbstG 1955 gilt als Erwerb von Todes wegen auch der Erwerb an Vermögensvorteilen, der aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages unter Lebenden von einem Dritten mit dem Tode des Erblassers unmittelbar gemacht wird. (z.B. ).

Dieser Tatbestand ist ein Ersatztatbestand, welcher wesensgleich den echten Zuwendungen von Todes wegen Vermögensübertragungen erfasst, die keine echten Zuwendungen von Todes wegen sind. ()

Gegenstand der Erbschaftssteuer ist all das, was dem Erben aufgrund des Gesetzes oder einer letztwilligen Anordnung des Erblassers anfällt.

Gegenstand des Erwerbes durch Erbanfall (§ 2 Abs.1 Z 1 ErbstG 1955) ist also das Nachlassvermögen. Unter dem Nachlass versteht das Gesetz den Inbegriff der Rechte und Verbindlichkeiten eines Verstorbenen, soweit sie nicht bloß in persönlichen Verhältnissen begründet sind.(, NZ 1985,93)

Ansprüche aus Lebensversicherungen gehören zum Nachlass nur dann, wenn der Erblasser selbst begünstigt ist, was dann der Fall ist wenn der Versicherungsvertrag keinen anderen Begünstigten kennt. (§§ 166 Abs.2.167 Abs.2 VersVG)

Ist im Versicherungsbetrag ein Begünstigter genannt, so ist die Versicherungssumme aus dem Nachlass auszuscheiden. Erbschaftssteuerrechtlich ist in einem solchen Fall der Tatbestand des § 2 Abs.1 Z 3 ErbstG 1955 erfüllt.

Der Anspruch des Pflichtteilsberechtigten ist ein Anspruch auf einen verhältnismäßigen Teil des Nachlasswertes in Geld.

Auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigte Kindes oder Ehegatten sind bei der (zum Zwecke der Ausmessung des Pflichtteils, vgl. § 784 ABGB, erfolgenden) Berechnung des Nachlasses Schenkungen des Erblassers- abgesehen von den in Abs.3 vorgesehenen Ausnahmen-in Anschlag zu bringen. (Pflichtteilsergänzung, Schenkungspflichtteil). Durch diesen Vorgang wird die Höhe des Pflichtteils erst ermittelt. Für die Festsetzung des Schenkungspflichtteils ist auf den Erbanfall abzustellen, es ist danach zu fragen, welchen Wert die Verlassenschaft hätte, wenn die Schenkung unterblieben wäre. ( 6 Ob 615-617/95, NZ 1996, 308). Die Lehre und der OGH treten für einen weiten Schenkungsbegriff ein. So wird im Falle eines Antrages gemäß § 785 Abs.1 BAO auch die ganze Lebensversicherungssumme zum Nachlass hinzu gerechnet. (vgl. Schwimann, ABGB Praxiskommentar 3; neu bearbeitete Auflage, Band 3 § 785 Rz 3)

Nach der grundsätzlichen Bestimmung des § 12 Abs.1 Z 1 ErbstG 1955 entsteht die Steuerschuld mit dem Tod des Erblassers. (Stichtag)Nach diesem Zeitpunkt ist der Umfang und die Zusammensetzung des erworbenen Vermögens zu beurteilen.

Bezogen auf den zu beurteilenden Fall bedeuten die vorstehenden rechtlichen Ausführungen folgendes:

Die Bw. hat, trotz ihrer Stellung als Käuferin des Erbrechtes, nicht als Erbe iSd § 533 ABGB zu gelten. Somit ist für sie auch kein Erwerb durch Erbanfall gemäß § 2 Abs.1 Z 1 ErbStG 1955 gegeben. Bei dem ihr durch den Tod des Erblasser, als nachrangig Begünstigte, angefallenen Versicherungsbetrag handelt es sich um einen Erwerb gemäß § 2 Abs.1 Z 3 ErbstG 1955. Bei der Bemessung der, von der Bw. dafür geschuldeten Erbschaftssteuer ist somit nicht vom Wert der sich zum Stichtag im Vermögen des Erblassers befunden habende Vermögensgegenständen abzüglich der Nachlasspassiva auszugehen, sondern von der Versicherungssumme, durch welche die Bw. zum Stichtag bereichert worden ist.

Laut dem o.a. Verlassenschaftsakt wurde kein Antrag gemäß § 785 Abs.1 ABGB gestellt. Somit wurde die in Rede stehende Versicherungssumme auch nicht, gleich einer Schenkung, bei der Berechnung des Nachlasses in Anschlag gebracht und darauf basierend der Pflichtteil ermittelt. Es wurde lediglich eine Nachlassüberschuldung durch Gegenüberstellung der Nachlassaktiva zu den Nachlasspassiva errechnet.

Aufgrund der im Abgabenverfahren gegebenen Bindung an im Ausserstreitverfahren getroffenen Entscheidungen über privatrechtliche Fragen (§ 116 Abs.2 Bundesabgabenordnung) wäre ein Ergänzungsbetrag bei der Bemessung der, für den Erwerb durch Erbanfall iSd § 2 Abs.1 Z 1 ErbStG 1955, geschuldeten Erbschaftssteuer nicht zu berücksichtigen gewesen.

Wenn auch die Bw. als Gesamtrechtsnachfolgerin des Erblassers mit der Pflichtteilsberechtigten ein Pflichtteilsübereinkommen über die Bezahlung eines Pflichtteilsbetrages von € 35.000,00 vereinbarte und diesen Betrag von der, ihr ausbezahlten, Versicherungssumme beglichen hat, so vermögen diese Umstände nichts daran zu ändern, dass, aufgrund des im Erbschaftssteuerrecht geltenden Stichtagsprinzips, für die Berechnung der Erbschaftssteuer die zum Todeszeitpunkt des Erblassers gegebenen Verhältnisse zu berücksichtigen sind.

Zu diesem Stichtag lag für die Bw. durch den ihr gemäß § 2 Abs.1 Z 3 ErbstG 1955 angefallenen Erwerb- unbeschadet der o.a. später erfolgten Disposition - eine Bereicherung im Betrage von € 72.180,43 (=bezugsberechtigter Versicherungsbetrag von € 79.934,52 abzüglich der, nach der Zession von € 15.961,81 verbleibenden, vorrangig mit der Versicherungssumme besicherten nachlassgegenständlichen Bankverbindlichkeit von € 7.754,09) vor.

Die Festsetzung der Erbschaftssteuer erfolgte somit unter Zugrundelegung dieses Betrages abzüglich des Freibetrages gemäß § 14 Abs.1 ErbstG 1955 zu Recht.

Aus den aufgezeigten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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