1. Haftung für Lohnsteuer 2. Verrechnung der Konkursquote
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die am vom damaligen steuerlichen Vertreter Stb., eingebrachte Berufung gegen die mit Bescheid des Finanzamtes Linz vom ausgesprochene Haftung des Bw., für Abgaben der Firma X-GmbH in Höhe von 830.401,25 € entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die Haftungsinanspruchnahme wird auf folgende Abgabenschuldigkeiten eingeschränkt:
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Abgabenart | Zeitraum | Fälligkeit | Betrag in € |
Lohnsteuer | 06/06 | 8.455,90 | |
Lohnsteuer | 07/06 | 62.083,26 | |
Lohnsteuer | 08/06 | 67.226,01 | |
Lohnsteuer | 09/06 | 56.457,74 | |
Lohnsteuer | 10/06 | 76.943,13 | |
Summe | 271.166,04 |
Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Bw war seit verantwortlicher Geschäftsführer der primärschuldnerischen Gesellschaft, über deren Vermögen mit Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom das Konkursverfahren eröffnet wurde.
In einem Vorhalt vom wies das Finanzamt den Berufungswerber darauf hin, dass näher aufgegliederte Abgabenschuldigkeiten in Höhe von insgesamt 839.584,47 €, die vor Konkurseröffnung fällig gewesen wären, nicht entrichtet worden seien. Er möge darlegen, weshalb er nicht dafür Sorge tragen habe können, dass die Abgaben entrichtet wurden (z.B. Fehlen ausreichender Mittel, Zessionsvereinbarung, Einstellung der Überweisungen durch die Hausbank, Weisungen der Gesellschafter usw.). Die entsprechenden Unterlagen zum Beweis seiner Rechtfertigung wären vorzulegen. Falls vorhandene Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden wären, sei dies durch geeignete Unterlagen zu belegen. Schließlich wurde der Berufungswerber noch um Darlegung seiner aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse ersucht.
In einer dazu abgegebenen Stellungnahme vom wurde ausgeführt, dass seitens der Banken die Kreditausweitungen abgelehnt worden wären, weshalb es zur Einstellung der Überweisungen gekommen sei. Darüber hinaus wären Zessionen abgewickelt bzw. keine neuen Zessionskredite mehr gewährt worden. Weiters habe das dauernde Drängen des Finanzamtes und der Gebietskrankenkasse auf Reduzierung der bestehenden Schulden dazu geführt, dass diese Institutionen vordringlich bedient worden seien, weshalb zwangsläufig anderweitige Verbindlichkeiten nicht entsprechend bedient werden hätten können. Darüber hinaus wären seitens der Banken bzw. Lieferanten sämtliche Sicherheiten eingelöst worden, wodurch sich mangels zusätzlicher Kreditmöglichkeiten ein finanzieller Engpass ergeben hätte, der nunmehr in die Insolvenz geführt habe. Sodann wurde eine eingehende Berechnung der im Zeitraum (Übernahme der Geschäftsführung) bis (Konkurseröffnung) angefallenen Finanzamtsschulden, Bankschulden, Lieferanten- und Wechselschulden, Schulden der Gebietskrankenkasse sowie der in diesem Zeitraum geleisteten Zahlungen an diese Gläubiger angestellt. Auf eine Darstellung dieser umfangreichen und aktenkundigen Berechnung wird verzichtet. Im Ergebnis ergaben sich folgende Befriedigungsquoten: Finanzamt 80,84 %, Banken 5,96 %, Lieferanten 100 %, Gebietskrankenkasse 85,75 %. Schließlich wurden noch die Gesamtschulden den im genannten Zeitraum geleisteten Zahlungen gegenüber gestellt, woraus sich eine mögliche Befriedigungsquote bei gleichmäßiger Verteilung der Mittel von 31,70 % ergab. Selbst bei Nichtberücksichtigung der von den Banken und Lieferanten und Wechselgläubiger eingelösten Sicherheiten, somit bei Behandlung dieser Einlösungen als sonstige Zahlungen ergäbe sich eine Durchschnittsquote von 45,88 %. Es liege daher nach der Judikatur keineswegs eine schuldhafte Pflichtverletzung vor, weil der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, zeige, dass die Abgabenbehörde wie auch die Gebietskrankenkasse "keineswegs schlechter gestellt wurden als die sonstigen Gläubiger" (gemeint offenkundig: keine höhere Befriedigungsquote als die tatsächlich erhaltene bekommen hätten).
In einem weiteren Vorhalt vom wies das Finanzamt darauf hin, dass die für eine Haftungsinanspruchnahme in Frage kommenden Abgaben Fälligkeitstermine ab dem ausweisen würden. Die im Antwortschreiben vom angestellten Berechnungen mögen daher auf diesen Zeitraum ( bis Konkurseröffnung) eingeschränkt werden.
Mit Eingabe vom kam der Berufungswerber dieser Aufforderung nach. Für diesen Zeitraum wurden folgende Befriedigungsquoten ermittelt: Finanzamt 30,02 %, Banken 0,37 %, Lieferanten 100 %, Gebietskrankenkasse 55,20 %, mögliche Befriedigungsquote bei Gleichbehandlung 5,11 %. Weiters wurde die Befriedigungsquote unter Außerachtlassung der zu 100 % zu bezahlenden Lohnsteuern ermittelt. Dabei ergab sich eine Quote der an das Finanzamt geleisteten Zahlungen von 8,72 %, die der möglichen Befriedigungsquote bei gleichmäßiger Verteilung von 3,66 % gegenüber gestellt wurde. Auch bei einer 100 %igen Zahlung der Lohnsteuer hätte sich keine Benachteiligung für das Finanzamt ergeben.
Ungeachtet dessen nahm das Finanzamt den Berufungswerber mit Haftungsbescheid vom für ungekürzte Abgabenansprüche in Höhe von insgesamt 830.401,25 € im Wesentlichen mit der Begründung in Anspruch, dass bei der Tilgung der Schulden der Gesellschaft die Abgabenschulden offensichtlich schlechter als die übrigen Verbindlichkeiten (z.B. Lieferanten- und Wechselschulden, Löhne, Sozialversicherungsbeiträge) behandelt worden wären und damit der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt worden sei. Hinsichtlich der Bankverbindlichkeiten sei festzuhalten, dass diese laut Aktenlage ohnehin zumindest großteils hypothekarisch besichert wären. Zur haftungsgegenständliche Lohnsteuer wurde auf die Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG verwiesen sowie darauf, dass diese Abgabe vom Gleichbehandlungsgebot ausgenommen sei. Schließlich führte das Finanzamt sinngemäß noch aus, dass aus einer Anfechtung von Zahlungen der Gesellschaft an den Abgabengläubiger vor Konkurseröffnung 600.000,00 € an die Konkursmasse zurückbezahlt werden hätten müssen. Die im Konkursverfahren zu erwartende Quote werde auf die durch diese Rückzahlung wieder aufgelebten, gegenüber den haftungsgegenständlichen Abgaben älteren Abgabenschulden verrechnet, sodass durch den Quoteneingang die Haftungsschuld nicht vermindert werde.
Gegen diesen Bescheid wurde mit Eingabe vom Berufung erhoben, und darin das bisherige Vorbringen wiederholt. Die Berechnungen zur Frage der Befriedigungsquote bei Gleichbehandlung aller Gläubiger wurden insofern modifiziert, als bei den Bankverbindlichkeiten werthaltige Hypotheken in Höhe von 1 Mio. € berücksichtigt wurden. Für den haftungsrelevanten Zeitraum wurden folgende Befriedigungsquoten ermittelt: Finanzamt 30,02 %, Banken 0,40 %, Lieferanten 100 %, Gebietskrankenkasse 55,20 %, mögliche Befriedigungsquote bei Gleichbehandlung 5,41 %. Weiters wurde die Befriedigungsquote unter Außerachtlassung der zu 100 % zu bezahlenden Lohnsteuern ermittelt. Dabei ergab sich wie bisher eine Quote der an das Finanzamt geleisteten Zahlungen von 8,72 %, die der möglichen Befriedigungsquote bei gleichmäßiger Verteilung von 3,87 % gegenüber gestellt wurde. Der Berufungswerber habe somit stets die vorhandenen Geldmittel zumindest anteilig zur Entrichtung der Abgabenschulden verwendet. Dies treffe selbst dann zu, wenn man davon ausgehe, dass die Lohnsteuer zu 100 % zu entrichten gewesen wäre. Auch in diesem Fall ergäbe sich insgesamt noch eine Bevorzugung des Finanzamtes.
Am legte der Masseverwalter im Konkursverfahren der Primärschuldnerin einen Zwischenverteilungsentwurf vor, demzufolge eine Teilquote von 2 % an die Konkursgläubiger ausgeschüttet werden sollte. Tatsächlich unterblieb in weiterer Folge aber die Verteilung dieser Quote. Der Masseverwalter teilte dazu dem Unabhängigen Finanzsenat am mit, dass im Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin noch immer langwierige Prozesse anhängig wären, deren Ausgang bzw. Ende nicht absehbar sei. Auch der angestrebte Verkauf von Liegenschaften gestalte sich schwierig und sei noch nicht abgeschlossen. Die Ausschüttung der im Zwischenverteilungsentwurf vom angeführten Quote von 2 % sei bisher unterblieben, um allfällige weitere bzw. unerwartete Kosten in den laufenden Prozessen bestreiten zu können. Die Konkursmasse bestehe zum Großteil nur aus den erfolgten Rückzahlungen der Anfechtungsgegner (Finanzamt und Gebietskrankenkasse). Den voraussichtlichen Zeitpunkt für den Abschluss des Konkursverfahrens könne er noch nicht abschätzen, die Konkursquote werde realistischerweise zwischen 3 % und 5 % betragen. Die Erreichung einer Zwangsausgleichsquote von 20 % sei völlig ausgeschlossen.
Der Berufungswerber wurde daraufhin zur Wahrung des Parteiengehörs mit Vorhalt vom um Stellungnahme zu folgenden Punkten ersucht:
"Im Konkursverfahren der Gesellschaft musste das Finanzamt aufgrund der Anfechtung vor Konkurseröffnung von der Primärschuldnerin geleisteter Zahlungen gemäß §§ 30, 31 KO insgesamt 600.000,00 € an den Masseverwalter zurückzahlen. Dadurch lebten alte (aber ohnehin nicht haftungsgegenständliche) Abgabenforderungen wieder auf.
Laut Zwischenverteilungsentwurf vom sollte eine Quote von 2 % an die Konkursgläubiger ausgeschüttet werden. Eine Verteilung dieser Quote ist laut Auskunft des Masseverwalters bisher unterblieben, da noch eine Reihe von Prozessen anhängig wäre, die mit weiteren Kosten für die Konkursmasse verbunden sind. Realistischerweise sei mit einer Konkursquote von 3 % bis maximal 5 % zu rechnen, die Erzielung einer Zwangsausgleichsquote von 20 % sei völlig ausgeschlossen.
Im Zwischenverteilungsentwurf wurden Forderungen des Finanzamtes in Höhe von 1.066.641,30 € und 600.000,00 € (aus der Anfechtung) festgestellt. Selbst bei einem - im vorliegenden Fall ohnehin unrealistischen - Zwangsausgleich würde sich daher für das Finanzamt nur eine Konkursquote von rund 330.000,00 € ergeben, mit der nur ein Teil der durch die Anfechtung wieder aufgelebten alten Abgabenforderungen abgedeckt werden könnte. Das Finanzamt stellte daher im angefochtenen Haftungsbescheid zutreffend fest, dass es durch die Konkursquote zu keiner Verminderung der haftungsgegenständlichen Abgaben kommen wird."
In der dazu abgegebenen Stellungnahme vom trat der Berufungswerber diesen Feststellungen nicht entgegen. Der Vorhalt würde ausschließlich die Abwicklung des Konkursverfahrens durch den Masseverwalter betreffen. Das Konkursverfahren sei nicht beendet, zum Ausgang desselben könnte der Berufungswerber nur Vermutungen anstellen. Schließlich wurde noch um Korrektur eines Schreibfehlers im Berufungsschriftsatz ersucht. Dieser betraf lediglich die Ermittlung der möglichen Befriedigungsquote bei einer Betrachtung des gesamten Zeitraumes, in dem der Berufungswerber als Geschäftsführer tätig war, und wurde oben nicht näher dargestellt, da bereits das Finanzamt im Vorhalt vom darauf hingewiesen hatte, dass im vorliegenden Fall allein auf den Zeitraum abzustellen sei, in dem die haftungsgegenständlichen Abgaben fällig geworden sind.
Mit Berufungsentscheidung vom , RV/1409-L/07, gab der Unabhängige Finanzsenat der Berufung gegen den Haftungsbescheid teilweise statt, und schränkte die Haftungsinanspruchnahme auf die Lohnsteuern 06/2006 bis 10/2006 in Höhe von insgesamt 277.031,64 € ein. In der Begründung der Berufungsentscheidung wurde zur Frage des Vorliegens der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Heranziehung des Berufungswerbers zur Haftung gemäß §§ 9, 80 BAO ausgeführt:
"Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 Abs. 1 leg. cit. haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Die im gegenständlichen Bescheidspruch angeführten Lohnsteuern 06/2006 bis 10/2006 wurden von der Primärschuldnerin dem Finanzamt selbst bekannt gegeben und sind sowohl der Höhe als auch dem Grunde nach unbestritten.
Der Berufungswerber war im haftungsrelevanten Zeitraum alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft und damit für die Entrichtung der Abgaben verantwortlichen.
Das Konkursverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin ist zwar noch nicht abgeschlossen, allerdings ist eine Uneinbringlichkeit im Sinne des § 9 BAO bereits dann anzunehmen, wenn im Laufe des Insolvenzverfahrens feststeht, dass die Abgabenforderung im Konkurs mangels ausreichenden Vermögens nicht befriedigt werden kann; diesfalls ist daher kein Abwarten der vollständigen Abwicklung des Konkurses erforderlich (Ritz, BAO³, § 9 Tz 6 mit zahlreichen Judikaturnachweisen). In einem solchen Fall bedarf es lediglich konkreter Feststellungen der Abgabenbehörde über die Befriedigungsaussichten beim insolventen Hauptschuldner. Diese wurden im oben zitierten Vorhalt der erkennenden Behörde vom getroffen. Der Berufungswerber trat diesen Feststellungen nicht entgegen. Es kann daher von der Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin ausgegangen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Geschäftsführers, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit war. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden ( 98/16/0348 ).
Einen solchen Nachweis der Gleichbehandlung aller Gläubiger wurde im vorliegenden Fall nicht erbracht. Insofern stellte das Finanzamt im angefochtenen Haftungsbescheid zutreffend fest, dass bei der Tilgung der Schulden der Gesellschaft die Abgabenschulden schlechter als bestimmte andere Verbindlichkeiten (z.B. Lieferanten- und Wechselschulden, Löhne, Sozialversicherungsbeiträge) behandelt wurden. Diesen Gläubigern flossen prozentuell höhere Befriedigungsquoten zu.
Vom Berufungswerber wurde dies auch nicht bestritten, jedoch hatte dieser wiederholt darauf hingewiesen, dass die Abgabenbehörde auch bei Gleichbehandlung aller Gläubiger insgesamt keine höhere Befriedigungsquote erhalten hätte. Mit dieser Ansicht ist der Berufungswerber hinsichtlich jener Abgaben, die dem Gleichbehandlungsgebot unterliegen, im Recht. Der Vertreter haftet nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern - was sich aus dem Wort "insoweit" in § 9 BAO eindeutig ergibt - nur in dem Umfang, in dem eine Kausalität zwischen der (schuldhaften) Pflichtverletzung des Vertreters und dem Entgang von Abgaben besteht. Reichten somit die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden und haftet der Vertreter nur deswegen, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und somit den Abgabengläubiger benachteiligt hat, so erstreckt sich die Haftung des Vertreters auch nur auf jenen Betrag, um den bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger die Abgabenbehörde mehr erlangt hätte als sie infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich bekommen hat. Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter. Vermag er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung (Differenzquote; z.B. 95/14/0090 ; weitere Judikaturnachweise bei Ritz, BAO³, § 9 Tz 27).
Aus den umfangreichen Berechnungen des Berufungswerbers ergab sich nun gerade keine solche Differenzquote, die der Abgabengläubiger bei Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes mehr erhalten hätte, vielmehr wurde glaubhaft gemacht, dass insgesamt gesehen auch bei prozentuell gleichmäßiger Befriedigung aller Gläubiger das Finanzamt keinen höheren Zahlungseingang zu verzeichnen gehabt hätte. Zu den angestellten Berechnungen ist zwar anzumerken, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich eine summarische Betrachtung des gesamten haftungsrelevanten Zeitraumes nicht zulässig ist, sondern auf den jeweiligen Fälligkeitstermin abzustellen wäre (z.B. 97/15/0115 ; vgl. auch 2000/15/0081 ). Der Unabhängige Finanzsenat hat dagegen aber bereits wiederholt eine Zeitraumbetrachtung zugelassen (z.B. RV/1907-W/07 ; RV/2322-W/05 ), da eine auf einzelne Fälligkeitstage abgestellte Betrachtung in der Praxis oft nur schwer möglich ist und auch zu Verzerrungen führen könnte (etwa bei Zahlungsverzügen). So würde etwa bei einer isolierten Betrachtung der Zahlungen nur an einem bestimmten Tag eines Monats (Fälligkeitstag; bei den Selbstbemessungsabgaben in der Regel der 15. eines Monats) eine massive Bevorzugung anderer Gläubiger im Zeitraum vor oder nach diesem Stichtag außer Betracht bleiben, sodass die vom Berufungswerber angestellte Zeitraumbetrachtung nicht nur praktikabler ist, sondern auch zu sachgerechteren Ergebnissen führt.
Der Berufung war daher hinsichtlich aller dem Gleichbehandlungsgebot unterliegenden Abgabenschuldigkeiten stattzugeben.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Lohnsteuer vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen. Reichen die einem Vertreter zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die Entrichtung der auf die ausbezahlten Löhne entfallende Lohnsteuer aus, darf der Geschäftsführer gemäß § 78 Abs. 3 EStG nur einen entsprechend niedrigeren Betrag zur Auszahlung bringen, sodass die davon einbehaltene Lohnsteuer auch abgeführt werden kann. Wird dagegen die auf ausbezahlte Löhne entfallende Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Primärschuldnerin - von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Die Verpflichtung eines Vertreters nach § 80 BAO geht hinsichtlich der Lohnsteuer über das Gebot der gleichmäßigen Behandlung aller Schulden (bzw. aller Gläubiger) hinaus (z.B. 97/14/0164 ; weitere Judikaturnachweise bei Ritz, BAO³, § 9 Tz 11).
Die ungekürzte Auszahlung der den haftungsgegenständlichen Lohnsteuern zugrunde liegenden Löhne und Gehälter wurde im Zuge der Lohnsteuerprüfung anlässlich der Konkurseröffnung festgestellt und vom Berufungswerber auch nie in Abrede gestellt, vielmehr hat dieser die Differenzquote sowohl in der Stellungnahme vom als auch in der gegenständlichen Berufung unter Bedachtnahme darauf, dass die Lohnsteuern zu 100 % zu bezahlen gewesen wären, ermittelt.
Damit war aber hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Lohnsteuer unter Berücksichtigung der dargestellten Rechtsprechung vom Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen. Der Einwand des Berufungswerbers, dass selbst bei Bezahlung der Lohnsteuern zu 100 % das Finanzamt unter Berücksichtigung der Gesamttilgungsquote insgesamt keine höhere Quote erhalten hätte, vermag der Berufung in diesem Punkt nicht zum Erfolg zu verhelfen, da dies im Ergebnis auf eine Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebotes auch bei der Lohnsteuer hinauslaufen würde. Bei einer entsprechend geringen Gesamttilgungsquote könnte so selbst die gänzliche Nichtentrichtung von Lohnsteuern gerechtfertigt werden, wenn andere Abgaben in einem ausreichend hohen prozentuellen Ausmaß über der Gesamttilgungsquote bedient worden sind. Eine solche Ansicht stünde im Widerspruch zur Bestimmung des § 78 Abs. 3 BAO und der dazu vom Verwaltungsgerichthof ergangen und oben aufgezeigten Judikatur.
Zusammenfassend ergibt sich somit aus der Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG 1988, dass jede vom Vertreter vorgenommene Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende Lohnsteuer ausreichen, eine schuldhafte Verletzung seiner abgabenrechtlichen Pflichten mit den Rechtsfolgen des § 9 Abs. 1 BAO darstellt. Darauf, dass das Finanzamt bei "ordnungsgemäßer" - fiktiver - Reduktion der Löhne auch nicht "die volle Lohnsteuer" erhalten hätte, kommt es dabei nicht an ( 2004/13/0142 ).
Andere Gründe, die eine schuldhafte Pflichtverletzung im Zusammenhang mit den haftungsgegenständlichen Lohnsteuern ausschließen könnten, wurden nicht vorgebracht, sodass hinsichtlich dieser Abgaben die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen im Sinne des § 9 BAO vorlagen. In diesem Fall spricht nach der ständigen Rechtsprechung eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung (Ritz, BAO³, § 9 Tz 24 mit Judikaturnachweisen)."
Einer gegen diese Berufungsentscheidung erhobenen Beschwerde gab der Verwaltungsgerichtshof Folge, und hab den angefochtenen Bescheid auf (). Im Erwägungsteil führte der VwGH aus:
Der Beschwerdeführer macht geltend, der Abgabengläubiger sei grundsätzlich auch unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebotes zu bedienen. Die Auswirkung des § 78 Abs. 3 EStG 1988 könnte nicht dazu führen, dass der Abgabengläubiger über Gebühr, also doppelt, bevorzugt werde.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Lohnsteuer ergibt sich bereits aus § 78 Abs. 3 EStG 1988, dass der Arbeitgeber, falls die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Auszahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat. Wird die Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, ist ungeachtet wirtschaftlicher Schwierigkeiten einer GmbH nach ständiger hg. Rechtsprechung von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen, was zu dessen Inanspruchnahme als Haftender führt. Eine Begrenzung der Haftung in Höhe des sogenannten Quotenschadens kommt diesbezüglich nicht in Betracht (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , 91/13/0037, 0038, vom , 97/14/0164, vom , 2000/15/0168, vom , 2004/13/0142, und vom , 2008/15/0283).
Ungeachtet des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller andrängenden Gläubiger hätte daher der Beschwerdeführer die einzubehaltende Lohnsteuer zur Gänze abzuführen gehabt, weswegen er zu Recht zur Haftung für die bei der GmbH nicht mehr einbringliche Lohnsteuer herangezogen worden ist. Hat der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Entrichtung der Abgaben aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Verletzung dieser Pflicht Ursache für die Uneinbringlichkeit der nicht entrichteten Abgaben gewesen ist.
Der Beschwerdeführer erblickt einen wesentlichen Verfahrensmangel darin, dass die belangte Behörde über seine persönlichen, wirtschaftlichen Verhältnisse lediglich an Hand des Fragebogens der Finanzbehörde geurteilt habe.
Auch mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Vermögenslosigkeit und/oder Arbeitslosigkeit des Haftenden stehen in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung. Eine allfällige, derzeitige Uneinbringlichkeit schließt es nämlich nicht aus, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen und künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 99/14/0128, vom , 2006/14/0044, und vom , 2006/15/0007, und 2006/15/0089).
Soweit der Beschwerdeführer die Uneinbringlichkeit der Forderung unter Hinweis auf die Mitteilung des Masseverwalters bestreitet, wonach von einer Quote im Umfang von 3 % bis 5 % ausgegangen werden könne, ist er im Recht:
Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung. Haftungsvoraussetzung ist insoweit die objektive Uneinbringlichkeit der Abgabe. Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (vgl. Ritz, BAO, 3. Auflage, § 9 Tz 4 ff). Die Uneinbringlichkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO muss im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bestehen.
Die belangte Behörde geht davon aus, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren der Annahme der Uneinbringlichkeit der Abgaben nicht entgegengetreten sei. Das Finanzamt habe im Haftungsbescheid vom und auch die belangte Behörde in ihrem Vorhalt vom darauf hingewiesen, dass der Abgabengläubiger im Konkursverfahren der vom Beschwerdeführer vertretenen Gemeinschuldnerin andere Forderungen in Höhe von EUR 1,066.641,30 und EUR 600.000,- angemeldet hat, die auch festgestellt worden sind. Die im Konkurs festgestellten Forderungen beträfen ältere Abgabenschulden als die haftungsgegenständlichen. Eine allenfalls im Konkursverfahren zu erwartende Quote wäre auf die angemeldeten, älteren Abgabenschulden zu verrechnen. Das Finanzamt und auch die belangte Behörde hätten dazu dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass eine allfällige Quote im Konkursverfahren zu keiner Verminderung der haftungsgegenständlichen Abgaben führen würde, weil die Quote auf die angemeldeten, älteren Abgabenschulden zu verrechnen wäre.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer für den gesamten, im Konkursverfahren nicht angemeldeten Abgabenrückstand der Primärschuldnerin zur Haftung herangezogen. Ihre Ausführungen zeigen aber, dass in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nicht ausgeschlossen ist, dass ein Teil dieser Abgabenschuld, nämlich eine mögliche Konkursquote, von der Primärschuldnerin eingebracht werden könnte. Da hinsichtlich dieses Teiles der Abgabenschuld die Uneinbringlichkeit nicht feststeht, der Beschwerdeführer aber dennoch zur Haftung für die gesamte Schuld herangezogen worden ist, erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Entgegen den Aussagen des Verwaltungsgerichtshofes in diesem letzten Absatz seiner Entscheidung wurden die haftungsgegenständlichen Lohnabgaben sehr wohl und zwar am im Konkursverfahren der Primärschuldnerin angemeldet. Gegenteiliges wurde auch in der aufgehobenen Berufungsentscheidung vom nicht festgestellt.
Mit Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin nach Schlussverteilung aufgehoben. Die Konkursgläubiger erhielten eine Quote von insgesamt 2,1173 %. Mit Beschluss vom wurde die Rechtskraft der Konkursaufhebung festgestellt.
Über das Vermögen des Berufungswerbers wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Linz vom , 26 S 37/12g, das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Mag. Dr. JM zum Insolvenzverwalter bestellt. Dem Berufungswerber kommt keine Eigenverwaltung zu.
Die im angefochtenen erstinstanzlichen Haftungsbescheid angeführten Abgaben in Höhe von 830.401,25 € wurden am im Insolvenzverfahren des Berufungswerbers bedingt, da abhängig vom Ausgang des gegenständlichen Berufungsverfahrens, angemeldet.
Über die Berufung wurde erwogen:
Zur Frage der Haftung des Berufungswerbers für die gegenständlichen und auch bereits im Spruch der Berufungsentscheidung vom angeführten Lohnabgaben dem Grunde nach wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die oben zitierten Ausführungen dieser Berufungsentscheidung und die ebenfalls wiedergegebenen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom verwiesen.
Zu prüfen ist im gegenständlichen Fall nur mehr das Ausmaß der Uneinbringlichkeit dieser Abgaben bei der Primärschuldnerin. Die in der Berufungsentscheidung vom vertretene Ansicht, dass die Konkursquote auf den ältesten (nicht haftungsgegenständlichen) Abgabenrückstand zu verrechnen wäre und daher die haftungsgegenständlichen Lohnabgaben nicht vermindert würden, hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom nicht geteilt, ohne jedoch zu begründen, warum im vorliegenden Fall die Verrechnungsvorschrift des § 214 Abs. 1 BAO, derzufolge in den Fällen einer zusammengefassten Verbuchung der Gebarung Zahlungen und sonstige Gutschriften auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen sind, nicht zur Anwendung gelange.
Der Verwaltungsgerichtshof wiederholte im Erkenntnis vom , 2006/13/0071 unter Hinweis auf seine Entscheidung vom die Ansicht, dass die Konkursquote nicht gemäß § 214 Abs. 1 BAO auf den ältesten Rückstand zu verrechnen sei und verwies dazu auf das einen Zwangsausgleich betreffende Erkenntnis vom , 2001/14/0176. In diesem wurde unter Hinweis auf die Bestimmung des § 156 Abs. 1 KO ausgeführt, dass der Gemeinschuldner durch den rechtskräftig bestätigten Ausgleich von der Verbindlichkeit befreit werde, seinen Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen. Die die Ausgleichsquote übersteigende einzelne Abgabenforderung sei damit (gegenüber dem Primärschuldner) erloschen und stehe folglich nicht mehr als "älteste verbuchte Abgabenschuldigkeit" zur Verrechnung gemäß § 214 Abs. 1 BAO zur Verfügung.
Abgesehen davon, dass im Falle einer Beendigung des Insolvenzverfahrens ohne Ausgleich oder Zwangsausgleich (nunmehr Sanierungsplan) somit bei Konkurs- bzw. Insolvenzaufhebung nach Schlussverteilung gemäß § 139 KO (IO) die Bestimmung des § 156 Abs. 1 KO (IO) überhaupt nicht zur Anwendung gelangt, und daher nicht zur Begründung einer aliquoten Verrechnung der Konkursquote ins Treffen geführt werden kann, werden die Forderungen des Finanzamtes in der Forderungsanmeldung (§ 103 KO bzw. IO) in der Praxis stets nur in einer Summe angemeldet, und auch nur in einer Summe im Anmeldungsverzeichnis (§ 108 KO bzw. IO) und im Verteilungsentwurf (§ 129 KO bzw. IO) ausgewiesen. Allenfalls könnte man aus dem Umstand, dass einer Forderungsanmeldung des Finanzamtes regelmäßig ein Rückstandsausweis angeschlossen ist, in dem die einzelnen Forderungen des Abgabengläubigers aufgegliedert sind, auf eine Anmeldung von Einzelforderungen schließen. Zwingend ist ein solcher Schluss jedoch schon deshalb nicht, weil gemäß § 129 Abs. 3 KO (IO) im Verteilungsentwurf sämtliche Forderungen in ihrer Rangordnung, ferner das zur Verteilung verfügbare Vermögen und die Beträge anzuführen sind, die auf jede einzelneForderung entfallen. Da damit die im Anmeldungsverzeichnis einzeln angeführten Forderungen gemeint sind, und dort eben nur die Summe der angemeldeten Forderungen des Abgabengläubigers ausgewiesen ist, wird auch die dem Finanzamt zustehende Quote - entsprechend der Forderungsanmeldung und dem Anmeldungsverzeichnis - nur mit einem Gesamtbetrag festgestellt. Die insolvenzrechtlichen Bestimmungen würden daher eine Verrechnung der dem Abgabengläubiger auch nur in einem Gesamtbetrag zufließenden Konkurs- bzw. Insolvenzquote nach § 214 Abs. 1 BAO nicht zwingend ausschließen.
Ungeachtet dessen folgt der Unabhängige Finanzsenat der aufgezeigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und hat seit Veröffentlichung dieser Erkenntnisse bereits wiederholt ausgesprochen, dass im Haftungsverfahren die ausgeschüttete Konkurs- bzw. nunmehr Insolvenzquote nicht wie bisher nach § 214 Abs. 1 BAO auf die ältesten Abgabenschuldigkeiten, sondern anteilig auf die vom Haftungsverfahren betroffenen Abgabenschuldigkeiten anzurechnen ist (z.B. ; ). Im Übrigen besteht im gegenständlichen fortgesetzten Verfahren gemäß § 63 Abs. 1 VwGG eine Bindung an die Rechtsanschauung des VwGH.
Die Konkursquote im Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin betrug im gegenständlichen Fall 2,1173 %. Die haftungsgegenständlichen Lohnabgaben reduzieren sich daher aliquot wie folgt:
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Abgabenart | Zeitraum | Betrag | Quote | Haftung |
Lohnsteuer | 06/06 | 8.638,81 | 182,91 | 8.455,90 |
Lohnsteuer | 07/06 | 63.426,18 | 1.342,92 | 62.083,26 |
Lohnsteuer | 08/06 | 68.680,18 | 1.454,17 | 67.226,01 |
Lohnsteuer | 09/06 | 57.678,98 | 1.221,24 | 56.457,74 |
Lohnsteuer | 10/06 | 78.607,49 | 1.664,36 | 76.943,13 |
Summe | 271.166,04 |
Die Geltendmachung der Haftung stellt die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel dann ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist. Dieser öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, überwiegt bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung meist auch allfällige Billigkeitsgründe, die für eine Abstandnahme von der Heranziehung zur Haftung ins Treffen geführt werden. Solche Gründe wurden im vorliegenden Fall nicht vorgetragen. Durch die Anmeldung der Haftungsschuld im Schuldenregulierungsverfahren wird zumindest ein Teil der bei der Primärschuldnerin uneinbringlichen Abgaben im Haftungsweg doch noch eingebracht werden können. Darüber hinaus wurde vom persönlichen Abgabenkonto des Berufungswerbers ein Guthaben in Höhe von 13.896,85 € überrechnet, durch welches die Haftungsschuld teilweise eingebracht werden kann. Diese "Zahlung" (Überrechnung) vermindert zwar den vom Berufungswerber zu entrichtenden Haftungsbetrag, ändert aber nichts an dem grundsätzlich im Haftungsbescheid (bzw. in der Berufungsentscheidung) aufzuerlegenden Umfang der Haftungspflicht (; ). Die im Schuldenregulierungsverfahren angemeldete Forderung ist aber nicht nur auf die im Spruch angeführte Haftungsschuld, sondern auch um den bereits "eingebrachten" Betrag von 13.896,85 € zu vermindern, wobei dieser Betrag jedenfalls gemäß § 214 Abs. 1 BAO auf die ältesten haftungsgegenständlichen Abgaben zu verrechnen ist. Dadurch wird die haftungsgegenständliche Lohnsteuer 06/2006 zur Gänze abgedeckt, und die Lohnsteuer 07/2007 um den Differenzbetrag von 5.440,95 € (13.896,85 € abzüglich 8.455,90 €) auf 56.647,57 € reduziert. Das Finanzamt wird daher die im Schuldenregulierungsverfahren angemeldete Haftungsschuld auf folgende Forderungen in Höhe von nur mehr 257.269,19 € einzuschränken haben:
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Abgabenart | Zeitraum | Haftung | restlich offene Haftungsschuld |
Lohnsteuer | 06/06 | 8.455,90 | 0,00 |
Lohnsteuer | 07/06 | 62.083,26 | 56.642,31 |
Lohnsteuer | 08/06 | 67.226,01 | 67.226,01 |
Lohnsteuer | 09/06 | 56.457,74 | 56.457,74 |
Lohnsteuer | 10/06 | 76.943,13 | 76.943,13 |
Summe | 271.166,04 | 257.269,19 |
Insgesamt gesehen war die Geltendmachung der Geschäftsführerhaftung zweckmäßig, um zumindest einen Teil der bei der Primärschuldnerin uneinbringlichen Abgaben im Haftungsweg doch noch einzubringen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 214 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 103 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914 § 108 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914 § 129 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914 § 139 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914 § 156 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at