OGH vom 24.05.2017, 1Ob44/17b
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. HoferZeniRennhofer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj L***** W*****, geboren am ***** 2003, wegen Unterhalts, über den ordentlichen Revisionsrekurs des Vaters J***** B*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Mayrhofer, Rechtsanwalt in Mauthausen, gegen den (Teil)Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 15 R 366/16y90, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom , GZ 6 Pu 358/14y82, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Umfang eines monatlichen Zuspruchs von 61 EUR vom 1. 1. bis zum , von 62 EUR vom 1. 1. bis zum und von 76 EUR vom bis zum mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen sind, werden im Übrigen aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Beschlussfassung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Text
Begründung:
Gegenstand dieses Unterhaltsverfahrens sind die Unterhaltsforderungen des Minderjährigen ab ; im Rechtsmittelverfahren geht es wegen einer bloßen Teilerledigung durch das Erstgericht nur um die Zeit bis zum . Unstrittig ist, dass der monatliche Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber seinem Vater im Jahr 2010 237 EUR, im Jahr 2011 238 EUR und von Jänner 2012 bis Jänner 2013 252 EUR (und ab 280 EUR) betrug.
Der Vater berief sich (zuletzt) darauf, er habe auf seine Unterhaltsverpflichtung für einen Zeitraum bis Ende 2024 mit Widmung für die jeweiligen Monate jeweils im Voraus 160 EUR und zusätzlich 16 EUR an die mit der Obsorge betraute Mutter bezahlt, insgesamt 40.320 EUR. Zuletzt verwies er auf die Feststellungen im zweiten Rechtsgang eines Oppositionsverfahrens zwischen den Parteien, wonach der Mutter im November oder Dezember 2005 ein Betrag von 25.000 EUR gegen Zahlungsbestätigungen für die Monate Jänner 2012 bis Dezember 2024 über je 160 EUR übergeben worden sei, wogegen vorher geleistete Zahlungen Monatsbeträge von 160 EUR bis Dezember 2012 abgedeckt hätten.
Dem trat der Minderjährige vorerst nur mit der Erklärung entgegen, es werde bestritten, dass der Vater seinen Unterhaltsanspruch „mit einer Einmalzahlung abgelöst“ habe. Seit Jahren sei kein Unterhalt bezahlt worden, nicht einmal der zuletzt mit 176 EUR monatlich festgesetzte. In seinem Rekurs gesteht der Minderjährige eine im November/Dezember 2005 geleistete Unterhaltsvorauszahlung von über 25.000 EUR an seine Mutter zu, die allerdings mangels Vorliegens einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung nicht schuldbefreiend sein könne.
Vor dem verfahrensgegenständlichen Erhöhungsantrag bestand eine titulierte Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab in Höhe von 176 EUR monatlich. Das Erstgericht hatte dazu mit (in Rechtskraft erwachsenem) Beschluss vom ausgesprochen, dass der Vater verpflichtet ist, die bis zum Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses fälligen Beträge „abzüglich bereits geleisteter Zahlungen“ binnen vierzehn Tagen und die weiters fällig werdenden jeweils am Ersten eines jeden Monats im Voraus zu zahlen; es führte in seiner Begründung aus, dass auf die vom Vater eingewendete Bevorschussung der bisherigen monatlichen Unterhaltsbeiträge in dieser Entscheidung nicht Bedacht zu nehmen sei.
Aufgrund des gegenständlichen Unterhaltserhöhungsantrags sprach das Erstgericht mit Beschluss vom aus, dass „der monatliche Unterhaltsbetrag“ von bisher 176 EUR ab bis auf weiteres für die eingangs dieser Entscheidung erwähnten Zeiträume auf die dort genannten Monatsbeträge „erhöht werde“; der Unterhaltsschuldner sei verpflichtet, dem Kind „den angeführten Betrag“ jeweils am Ersten eines Monats im Voraus und die bereits fällig gewordenen Beträge zuzüglich 4 % Zinsen für den Rückstand vom jeweiligen Fälligkeitstag an binnen vierzehn Tagen zu zahlen. Nach der Begründung seien die vom Vater vorgebrachten Unterhaltsvorauszahlungen in Höhe von 160 EUR monatlich „im gegenständlichen Unterhaltsverfahren nicht relevant“, da bereits der bisherige Unterhaltsbetrag von 176 EUR die allfällig geleistete monatliche Unterhaltsvorauszahlung übersteige. Auf die Einwendung, er habe über die Vorauszahlungen hinaus den Differenzbetrag von jeweils 16 EUR pünktlich bezahlt, ging das Erstgericht nicht ein. Über Rekurs des Vaters bestätigte das Rekursgericht mit Beschluss vom den erstgerichtlichen Beschluss im Hinblick auf die Festsetzung des Unterhalts und hob ihn im Hinblick auf die Festlegung der Zahlungsverpflichtung mit der Begründung auf, dass der Unterhaltsschuldner im Falle von Zahlungen vor Schaffung eines Unterhaltstitels Anspruch darauf habe, dass ihm keine höhere Unterhaltsverpflichtung auferlegt wird, als sie sich unter Berücksichtigung dieser Zahlungen ergebe, zumal im Exekutionsverfahren die in der Vergangenheit geleisteten Zahlungen nicht mit Einwendungen gegen den Anspruch geltend gemacht werden könnten. Der Oberste Gerichtshof wies den dagegen erhobenen Revisionsrekurs des Minderjährigen zurück.
Im zweiten Rechtsgang stellte das Erstgericht nun beschlussmäßig fest, dass der Vater ab einen Gesamtunterhaltsbetrag von 28.640 EUR für das Kind zu Handen der Mutter geleistet habe, wovon auf den Zeitraum 1. 10. (gemeint: 1. 1.) 2010 bis ein Betrag von 5.920 EUR entfalle. Weiters wies es den Antrag, die rückständigen Unterhaltsbeträge vom jeweiligen Fälligkeitstag an mit 4 % zu verzinsen ab. Seiner Begründung zufolge hätten die im Spruch festgestellten Zahlungen an die Mutter Unterhaltscharakter gehabt. Insgesamt ergäben die geleisteten Zahlungen „vom bis “ einen Gesamtbetrag von 28.640 EUR. Rechtlich führte es aus, dass die vom Unterhaltspflichtigen vor Schaffung des Titels geleisteten Zahlungen zu berücksichtigen seien. Die für den Zeitraum 1. 10. (richtig 1. 1.) 2010 bis geleisteten Unterhaltszahlungen „seien daher festzustellen gewesen“. Da es keine Unterhaltsrückstände gegeben habe, sei auch der Antrag auf Verzinsung abzuweisen.
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es im Rahmen eines Teilbeschlusses die monatliche Zahlungsverpflichtung des Vaters für die Zeit vom bis zum mit 221 EUR, für bis zum mit 222 EUR und für bis mit 236 EUR feststellte. Weiters sprach es aus, dass diese (bis zur Rechtskraft fällig gewordenen) Beträge binnen vierzehn Tagen samt 4 % Zinsen ab Fälligkeit zu zahlen seien. Den ordentliche Revisionsrekurs erklärte es für zulässig. Das Rekursgericht traf die ergänzende Feststellung, dass der Vater vom bis „je“ 16 EUR an die Mutter (gemeint: als Vertreterin des Kindes) bezahlt hat. Rechtlich vertrat es die Auffassung, dass es zwar an seine im Aufhebungsbeschluss geäußerte Rechtsansicht gebunden sei, wonach allfällig geleistete Unterhaltszahlungen des Vaters zu klären und im Leistungsbefehl zu berücksichtigen seien. In der Zwischenzeit sei jedoch in einem zwischen den Parteien geführten Oppositionsverfahren „rechtskräftig festgestellt“ worden, dass die vom Vater relevierten Zahlungen „bis November/Dezember 2005“ stattgefunden hätten. Die Oppositionsklage des Vaters sei mit dem Argument abgewiesen worden, es sei ihm dort die Berufung auf vor Schaffung des Titels geleistete Vorauszahlungen verwehrt. Daraus folge, dass vom Vater im gegenständlichen Unterhaltserhöhungsverfahren die Leistung von 160 EUR monatlich nicht mehr erfolgreich eingewendet werden könne. Andernfalls wäre das Ergebnis, dass von ihm in jedem neuerlichen Erhöhungsverfahren wieder die Vorauszahlungen eingewendet werden könnten. Der Vater könne daher nur die Zahlungen von 16 EUR monatlich erfolgreich einwenden. Nur diese seien in dem zu erlassenden Leistungsbefehl zu berücksichtigen. Mit dem Beschluss ON 52 (vom im ersten Rechtsgang) sei auch laufender Unterhalt ab festgesetzt worden. Es könne daher nur ein Teilbeschluss erlassen werden. Das Erstgericht werde über den Zeitraum ab Februar 2013 bis zum Tag der neuerlichen Beschlussfassung zu entscheiden haben. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil einerseits der Rechtsfrage erhebliche Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zukomme, ob aufgrund der vorliegenden Entscheidung im Oppositionsverfahren die hier vom Rekursgericht angenommene Bindungswirkung vorliege; vor allem bedürfe es auch einer Klärung, ob in jedem Erhöhungsverfahren geprüft werden müsse, ob der Unterhalt in der Vergangenheit – bis zur Höhe des Vortitels – immer zur Gänze bezahlt wurde, und wie der Spruch über ein Erhöhungsbegehren zu formulieren sei.
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Vaters ist – teilweise auch aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen – zulässig und mit seinem Aufhebungsantrag berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, bietet das vorliegende Verfahren Anlass zu grundsätzlichen Ausführungen über die richtige und zweckmäßige Formulierung von Beschlüssen über die Festsetzung von Unterhaltsbeiträgen und vor allem über die Erhöhung von bereits titulierten Unterhaltsansprüchen. In diesem Zusammenhang ist grundsätzlich festzuhalten, dass ein gerichtlicher Unterhaltstitel für die Zukunft in der Regel nur bei Verletzung der materiellrechtlichen Unterhaltspflicht geschaffen werden kann (§ 101 Abs 4 AußStrG). Schon deshalb wird einem Antrag auf Unterhaltsfestsetzung oder Unterhaltserhöhung regelmäßig die Behauptung zugrundeliegen, der Unterhaltsschuldner habe seine Unterhaltspflicht nicht oder nicht vollständig erfüllt. Trifft dies zu, ist dem Unterhaltsberechtigten ein schutzwürdiges Interesse daran zuzugestehen, dass die Unterhaltspflicht des Schuldners der Höhe nach betragsmäßig festgestellt und er zudem in Form eines Leistungsbefehls verpflichtet wird, die noch unbeglichene Unterhaltsschuld zu erfüllen sowie die zukünftig entstehenden Unterhaltsansprüche zu befriedigen. Auch wenn in sinngemäßer Anwendung des § 228 ZPO Feststellungsbegehren auch im Außerstreitverfahren zulässig sind (vgl nur ErläutRV 224 BlgNR 22. GP 2; Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 9 Rz 2 f mwN), ist doch stets ein besonderes Feststellungsinteresse zu fordern, das grundsätzlich fehlt, wenn dem Gläubiger bereits ein Leistungsbegehren möglich ist. Darauf, dass ein ausreichend deutliches Leistungsbegehren gestellt wird, ist insbesondere bei Aufnahme von Protokollaranträgen – sowie im Rahmen des § 9 Abs 2 AußStrG – Bedacht zu nehmen, wobei der unterhaltsberechtigte Antragsteller auch aufzufordern ist, die bereits erhaltenen Zahlungen zu berücksichtigen, die sich häufig in Höhe des bisher festgesetzten Unterhalts bewegen werden. Mangels Hinweises auf bereits erhaltene Teilzahlungen wird auch ein unscharf formulierter Unterhalts(erhöhungs)antrag (vgl etwa den hier zugrundeliegenden Antrag vom ) in der Regel dahin zu verstehen sein, dass der Antragsteller einen Leistungsbefehl über den gesamten nunmehr genannten Betrag anstrebt; gegebenenfalls wird eine Erörterung zur Klarstellung stattzufinden haben.
Das zur Formulierung eines Unterhalts(erhöhung)antrags Ausgeführte gilt mutatis mutandis auch für den darüber ergehenden gerichtlichen Beschluss. Auch dieser hat – wie das Rekursgericht wiederholt zutreffend betont hat – stets über das erhobene Zahlungsbegehren (vollständig) abzusprechen; soweit der Antrag als berechtigt erkannt wird und noch keine Zahlungen für die entsprechende Unterhaltsperiode (den betreffenden Monat) erfolgt sind, hat ein Leistungsbefehl zu ergehen. Wenn darüber hinaus in einem eigenen Spruchpunkt im Sinne einer feststellenden Entscheidung klargestellt wird, mit welchen Beträgen in den entsprechenden Perioden eine Unterhaltspflicht bestanden hat, ist dies zwar nicht notwendig, aber aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit durchaus zweckmäßig, insbesondere im Hinblick auf spätere Erhöhungs oder Herabsetzungsanträge. Ein Leistungsbefehl darf aber nie unterbleiben, sofern sich der Antrag auch nur teilweise als berechtigt erweist. Ergibt sich im Einzelfall, dass der Schuldner seiner gesamten Unterhaltsverpflichtung nachgekommen ist, ist der Antrag zur Gänze abzuweisen; keineswegs kommt eine Beschränkung auf die Feststellung der geleisteten Zahlungen – wie im letzten Beschluss des Erstgerichts – in Betracht. Behauptet der belangte Unterhaltsschuldner, er habe für die antragsgegenständlichen Perioden – allenfalls auch für zukünftige – weitere Zahlungen geleistet, die der Unterhaltsberechtigte in seinem Antrag nicht berücksichtigt hat, kann eine Klärung dieser Frage – entgegen der vom Erstgericht in diesem Verfahren wiederholt geäußerten Ansicht – keinesfalls unterbleiben, ist doch gerade und ausschließlich in diesem Verfahren zu prüfen, ob und in welcher Höhe die behauptete Unterhaltsverbindlichkeit besteht und noch zu erfüllen ist.
Aus diesem Grund kommt es auch nicht in Betracht, bei widerstreitenden Behauptungen über bereits erfolgte Unterhaltszahlungen im Spruch des Beschlusses zwar eine Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Zahlung bestimmter Beträge auszusprechen, diese aber mit dem Beisatz „abzüglich bereits geleisteter Zahlungen“ zu versehen, wie dies etwa im Beschluss des Erstgerichts vom geschehen ist (vgl nur 1 Ob 228/69 uva; RISJustiz RS0000588). Damit wird gerade über zwischen den Parteien strittige Punkte nicht abgesprochen; in einem späteren Stadium (etwa im Rahmen einer Oppositionsklage) können aber die Tatsachen, die bereits vor Beschlussfassung im Titelverfahren eingetreten sind, gemäß § 35 Abs 1 EO nicht mehr geltend gemacht werden (vgl nur die zwischen den Parteien zu 3 Ob 156/15k = EFZ 2016/71, 150 [Tews] ergangene Entscheidung). Ein derart formulierter Beschluss, der nicht über den gesamten Verfahrensstoff entscheidet, wirft wegen seiner Unklarheit Folgefragen auf. Zu 3 Ob 156/15k wurde erkennbar die Auffassung vertreten, die Einschränkung „abzüglich geleisteter Zahlungen“ wäre einfach unbeachtet zu lassen, wenn der Unterhaltsschuldner den Beschluss nicht bekämpft (idS wohl auch RISJustiz RS0110054). Die Konsequenz dieser Rechtsansicht ist, dass gegen den Schuldner Exekution zur Hereinbringung der vollen Beträge geführt werden kann, ohne dass er noch jemals die Möglichkeit hätte, sich auf bereits vor Schaffung des Exekutionstitels geleistete Zahlungen zu berufen.
Zutreffend hat das Rekursgericht aber auch darauf hingewiesen, dass es mit allgemeinen Verfahrensgrundsätzen schwer vereinbar wäre, im Verfahren über ein Unterhaltserhöhungsbegehren auch darüber (neuerlich) entscheiden zu müssen, ob der Unterhalt „bis zur Höhe des Vortitels“ bezahlt wurde. Dies wirft die Frage auf, wie weit die Rechtskraft der früheren Unterhaltsentscheidung reicht, insbesondere über welche Fragen damit in dem Sinn abschließend abgesprochen wurde, dass sie in einem Verfahren über einen späteren Erhöhungsantrag nicht neuerlich aufgeworfen werden können. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass ein Unterhaltserhöhungsantrag dem Unterhaltsberechtigten nur zur Geltendmachung von rechtserheblichen Veränderungen offensteht, die nach dem seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt erfolgt sind (vgl nur jüngst 1 Ob 124/16s mwN; RISJustiz RS0047398).
In der vorliegenden Pflegschaftssache hat das Erstgericht den Vater mit Beschluss vom – neben Unterhaltsverpflichtungen für die Vergangenheit – schuldig erkannt, dem Minderjährigen ab bis auf weiteres monatliche Unterhaltsbeiträge von 176 EUR zu zahlen. Da auch für die Zukunft eine Zahlungsverpflichtung nur insoweit ausgesprochen werden kann, als sie unter Zugrundelegung der derzeitigen Verhältnisse besteht, wäre bei dieser Entscheidung auf bereits (wirksam) geleistete Vorauszahlungen für die künftigen Unterhaltsperioden Bedacht zu nehmen gewesen. Im Falle wirksam angenommener Vorauszahlungen, die beim Eintritt der jeweiligen Fälligkeit zur Tilgung führen (vgl nur 1 Ob 117/13g mwN), ist auch für die Zukunft nur eine entsprechend verminderte Zahlungsverpflichtung auszusprechen bzw für Perioden, in denen die Vorauszahlung zur vollständigen Tilgung geführt hat, das Unterhaltsbegehren abzuweisen. Wird der Unterhaltspflichtige aber – wie im vorliegenden Fall – für die Zukunft zur Zahlung des vollen Unterhaltsbetrags verpflichtet, wird damit bis zu dessen Höhe entschieden, dass zum Entscheidungszeitpunkt keine zu berücksichtigende Tatsache vorlag, die geeignet wäre, eine (zumindest teilweise) Tilgung der künftig fällig werdenden monatlichen Unterhaltsforderungen herbeizuführen. Erwächst eine solche Entscheidung in Rechtskraft (vgl nur RISJustiz RS0107666), ist es dem Unterhaltspflichtigen daher auch im Verfahren über einen späteren Unterhaltserhöhungsantrag verwehrt, zu behaupten, die ursprüngliche Entscheidung über seine zukünftige Unterhaltsverpflichtung sei unrichtig gewesen, weil schon vor dem damaligen Entscheidungszeitpunkt Vorauszahlungen geleistet worden seien. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Unterhaltspflichtige seinerzeit eine entsprechende Einwendung gar nicht erhoben hat, ob sich das Gericht mit einer erhobenen Einwendung (zu Unrecht) nicht beschäftigt hat oder ob es diese Einwendung nach meritorischer Prüfung verworfen hat.
Damit ist das Rekursgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die im Umfang von 176 EUR monatlich rechtskräftig ausgesprochene (damals zukünftige) Zahlungspflicht ab im Verfahren über den nunmehrigen Unterhaltserhöhungsantrag des Minderjährigen nicht (neuerlich) mit dem Vorbringen in Zweifel gezogen werden kann, es wären vor dem seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt für zukünftige Unterhaltsperioden gewidmete Vorauszahlungen geleistet worden. Richtig ist auch, dass es nicht auf die Formulierung im Beschluss über den Erhöhungsantrag ankommen kann. Ob ausgesprochen wird, dass der Unterhaltspflichtige ab einem bestimmten Zeitpunkt schuldig ist, einen (erhöhten) Unterhaltsbeitrag statt des bisher festgesetzten Unterhaltsbeitrags zu zahlen, oder ob ihm im Spruch des Beschlusses zusätzlich zu der bereits rechtskräftig festgesetzten Zahlungspflicht eine weitere in Höhe des Erhöhungsbetrags auferlegt wird, kann für die Beurteilung der Frage, welche Punkte durch den früheren Unterhaltsfestsetzungsbeschluss abschließend erledigt wurden, keinen Unterschied machen. Damit steht für die hier zu beurteilenden Unterhaltsperioden fest, dass der Vater jedenfalls (weiterhin) zur Zahlung des „Sockelbetrags“ von 176 EUR monatlich verpflichtet war; die (erst) nach der ursprünglichen Unterhaltsentscheidung geleisteten Zahlungen von je 16 EUR monatlich hat das Rekursgericht ohnehin berücksichtigt.
Auch wenn es dem Vater somit verwehrt ist, sich hinsichtlich der ursprünglichen Monatsbeträge von 176 EUR darauf zu berufen, diese seien aufgrund seiner Vorauszahlungen mit 160 EUR monatlich bereits getilgt, trifft dies auf die nunmehr zuerkannten „Erhöhungsbeträge“, die der Höhe nach nicht strittig sind, nicht zu. Diese waren nicht Gegenstand des seinerzeitigen Unterhaltsverfahrens, in dem – für die Zukunft – eine Unterhaltsverpflichtung von (lediglich) 176 EUR monatlich auferlegt wurde. Der Einwand, jedenfalls diese Differenzbeträge (in Höhe von 61 bis 76 EUR monatlich), seien durch die für konkrete Monate gewidmeten Vorauszahlungen getilgt, ist dem Vater daher nicht grundsätzlich zu verwehren.
Insgesamt reichen die Feststellungen der Vorinstanzen einschließlich der im Laufe des Verfahrens erfolgten Außerstreitstellungen der Parteien aber nicht aus, um die Frage, ob und inwieweit es zu einer Tilgung der erhöhten Unterhaltsverbindlichkeiten des Vaters für die Zeit vom bis zum gekommen ist, abschließend beurteilen zu können (Dieselbe Frage stellt sich auch für den Zeitraum ab , der ist aber nicht Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens.) Die Parteien gehen nun zwar übereinstimmend davon aus, dass der Vater der Mutter als Unterhaltszahlung für das Kind im November bzw Dezember 2005 eine einmalige Zahlung in Höhe von (zumindest) 25.000 EUR zukommen ließ, die mit je 160 EUR für die Zeit ab Jänner 2012 gewidmet war. Welche konkreten Zahlungen in welcher Höhe geleistet wurden, die die Unterhaltspflicht für die Jahre 2010 und 2011 (mit je 160 EUR monatlich) abdecken sollten, wurde hingegen nicht ausreichend geklärt. Das Erstgericht stellte – ungeachtet des im Aufhebungsbeschluss erteilten Auftrags – nur Zahlungen im „Gesamtbetrag“ von 28.640 EUR „ab “ fest, woraus sich aber weder Einzelbeträge noch eine (zeitliche) Widmung nachvollziehen lassen. Auch der Vater machte über die der Mutter übergebenen Einzelbeträge keine konkreten Angaben, worauf bereits in der Entscheidung zu 1 Ob 117/13g hingewiesen wurde.
Das Erstgericht wird nach Erörterung mit den Parteien und allenfalls ergänzender Beweisaufnahme die noch fehlenden Feststellungen zu den einzelnen Zahlungen des Vaters und deren Widmung zu treffen haben. Danach wird zu beurteilen sein, inwieweit die geltend gemachten Unterhaltsforderungen – im Umfang der „Erhöhungsbeträge“ – noch aufrecht sind. Soweit der Vater an die Mutter als Vertreterin des Kindes im November/Dezember 2005 eine einmalige Unterhaltsvorauszahlung in Höhe von 25.000 EUR geleistet hätte, die teilweise auch den nunmehr antragsgegenständlichen Zeitraum abdecken hätte sollen, wird– ebenso wie für allenfalls festzustellende weitere größere Vorauszahlungen für einen längeren Zeitraum – zu beachten sein, dass nicht jede Rechtshandlung des gesetzlichen Vertreters ohne weiteres Rechtswirksamkeit für das Kind erlangt. In dessen Interesse bestimmt vielmehr § 167 (früher § 154) Abs 3 ABGB, dass Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines Elternteils in Vermögensangelegenheiten zu ihrer Rechtswirksamkeit auch der Genehmigung des Gerichts bedürfen, sofern die Vermögensangelegenheit nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört. Angelegenheiten des ordentlichen Wirtschaftsbetriebs sind (nur) solche, die nach Art und Umfang in die laufende oder gewöhnliche Vermögensverwaltung fallen (ErläutRV 60 BlgNR 14. GP 31), wobei als Kriterien insbesondere die Üblichkeit und das Risiko der zu beurteilenden Rechtshandlung für den Pflegebefohlenen eine entscheidende Rolle spielen (vgl RISJustiz RS0048207 [T17, T 18]). Vertretungshandlungen des ordentlichen Wirtschaftsbetriebs sind im Zusammenhang mit dem Kindesunterhalt etwa die Entgegennahme der regelmäßigen (monatlich fällig werdenden) Unterhaltszahlungen des nicht mit der Obsorge betrauten Unterhaltspflichtigen, wobei regelmäßig auch keine Bedenken im Einzelfall bestehen werden, wenn der Unterhalt für einige Monate im Voraus bezahlt wird. Vom Gesetz abweichende Vereinbarungen über den Kindesunterhalt überschreiten hingegen in aller Regel den ordentlichen Wirtschaftsbetrieb des Kindes (RISJustiz RS0047552 [T6, T 7, T 13], vgl auch RS0047468), umso mehr ein Unterhaltsverzicht (2 Ob 551/90 = EFSlg 62.810; 7 Ob 535, 536/93; 6 Ob 2362/96p; 9 Ob 71/10x ua; RISJustiz RS0000166 [T3]) auch bloß über geringe Teilbeträge oder kurze Zeiträume. Berücksichtigt man den zentralen Zweck der dem Kind gebührenden Unterhaltsleistungen, der darin liegt, ihm die regelmäßige und dauerhafte Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse zu ermöglichen, geht auch die Entgegennahme eines Geldbetrags, mit dem die Unterhaltspflicht für viele Jahre im Voraus erfüllt werden soll, über den ordentlichen Wirtschaftsbetrieb deutlich hinaus, wird doch damit das Risiko begründet, dass dem Kind nicht regelmäßig zufließende Finanzmittel zur Verfügung stehen, sondern der hohe Geldbetrag – wie der Minderjährige in diesem Verfahren auch behauptet – von der Mutter zweckwidrig verwendet wird.
Eine im dargelegten Sinn den ordentlichen Wirtschaftsbetrieb des Kindes übersteigende Entgegennahme einer erheblichen Unterhaltsvorauszahlung durch die Mutter als gesetzliche Vertreterin kann für das Kind nun so lange nicht wirksam werden – und zum (teilweisen) Erlöschen der Unterhaltsverpflichtung des Vaters für die betreffenden Zeiträume führen –, als die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung nicht vorliegt (vgl RISJustiz RS0048220). Es wird daher im Falle der Feststellung einer solchen Zahlung und einer entsprechenden Antragstellung die Entscheidung des Pflegschaftsgerichts iSd § 132 AußStrG abzuwarten sein. Sollte es die Vertretungshandlung der Mutter, also die Entgegennahme der Vorauszahlungen namens des Kindes (allenfalls einschließlich einer diesbezüglichen Vereinbarung mit dem Vater), nachträglich genehmigen, wären die Zahlungen für die betreffenden Monate – wie dargelegt nur im Umfang der „Erhöhungsbeträge“ – mit schuldbefreiender Wirkung erfolgt. Andernfalls träte eine Schuldbefreiung nur unter den Voraussetzungen des § 1424 Satz 2 ABGB ein, der nach seiner Zielrichtung auch an sich unwirksame Zahlungen an den gesetzlichen Vertreter erfasst (vgl nur die inhaltlich ganz ähnliche Regelung des § 224 [früher § 234] Satz 2 ABGB). Dann wäre mit den Parteien insbesondere zu erörtern, ob die anteiligen Unterhaltszahlungen für die jeweiligen Zeiträume zum Nutzen des Minderjährigen verwendet wurden oder in dessen Vermögen noch vorhanden sind.
In seinem Beschluss wird das Erstgericht schließlich – entgegen dem zuletzt gefassten Feststellungsbeschluss – insoweit einen eindeutigen Leistungsbefehl an den Vater zu erlassen haben, als für die Zeit bis zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt Rückstände bestehen; aber auch für die Zukunft wären im Sinne der bisherigen Ausführungen allenfalls wirksam geleistete Vorauszahlungen zu berücksichtigen. Dabei wird auch klarzustellen sein, ob der Leistungsbefehl zur mit Beschluss vom (für die Zeit ab ) ausgesprochenen Leistungspflicht hinzutritt oder ob er diese – für die Zeit ab – ersetzt. Angesichts der bisher zu Tage getretenen verfahrensrechtlichen Schwierigkeiten – und des damit verbundenen Zeitverlusts – wird zu erwägen sein, die Rechtssache gemäß § 10 Abs 1 Z 3 RpflG dem Richter vorzulegen.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00044.17B.0524.000 |
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