1. Wiederaufnahme - Kenntnis des jeweiligen Verfahrens (Jahres) ist maßgeblich. 2. Keine Sonderausgaben bei Kauf einer bestehenden Wohnung (keine Übernahme von Darlehen).
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Miterledigte GZ: |
---|
RV/1183-L/11 |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, vertreten durch FA, vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2005, 2006, 2007 und 2008 sowie Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2005, 2006, 2007 und 2008 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Steuererklärungen vom (Einkommensteuer 2005), (Einkommensteuer 2006), (Einkommensteuer 2007) und (Einkommensteuer 2008) beantragte der Berufungswerber unter anderem die Berücksichtigung von Sonderausgaben unter dem Titel "Beiträge sowie Rückzahlungen von Darlehen und Zinsen, die zur Schaffung und Errichtung oder Sanierung von Wohnraum geleistet wurden" (KZ 456).
Mit Einkommensteuerbescheiden vom (Einkommensteuer 2005), (Einkommensteuer 2006), (Einkommensteuer 2007) und (Einkommensteuer 2008) wurden diese Sonderausgaben erklärungsgemäß berücksichtigt.
Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurde der Berufungswerber ersucht, die Sonderausgaben hinsichtlich Arbeitnehmerveranlagung 2010 belegmäßig nachzuweisen. Auch der Kaufvertrag für die Wohnung sei vorzulegen.
In einer persönlichen Vorsprache am (Aktenvermerk des zuständigen Sachbearbeiters) gab der Berufungswerber bekannt, dass er im Jahr 2003 eine Eigentumswohnung angeschafft hätte. Es würde sich hier um bereits bestehenden Wohnraum handeln. Landesdarlehen seien vom Vorgänger übernommen worden. Seit Jahren würden beide Darlehen als Sonderausgaben beantragt.
Im Akt des Finanzamtes findet sich weiters eine Kontomitteilung der Hypo Oberösterreich über ein Darlehen an den Berufungswerber (Stand : 16.153,39 €; Stand : 14.472,61 €).
Mit Bescheiden über die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2005, 2006, 2007 und 2008 wurden die entsprechenden Verfahren gem. § 303 Abs. 4 BAO wieder aufgenommen. Begründend wurde ausgeführt, dass anlässlich einer nachträglichen Prüfung der Erklärungsangaben die in der Begründung zu den beiliegenden Einkommensteuerbescheiden angeführten Tatsachen und/oder Beweismittel neu hervorgekommen seien, die eine Wiederaufnahme der Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO erforderlich machen würden.
In den wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheiden 2005, 2006, 2007 und 2008 vom wurden die oben angeführten Sonderausgaben (KZ 456) nicht berücksichtigt. Begründend wurde ausgeführt, dass als Sonderausgaben nur Aufwendungen zur Wohnraumschaffung oder zur Wohnraumsanierung abzugsfähig seien. Die geltend gemachten Ausgaben für den Erwerb einer bereits bestehenden Eigentumswohnung bzw. eines Einfamilienhauses würden keine Aufwendungen zur Wohnraumschaffung darstellen und seien daher nicht als Sonderausgaben zu berücksichtigen.
Mit Eingabe vom wurde Berufung gegen die wiederaufgenommenen Einkommensteuerbescheide 2005 bis 2008 eingereicht. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen sei unter den Voraussetzungen des § 303 Abs. 1 lit. a, b und c BAO und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden seien und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. In den Erklärungen zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagungen für die Kalenderjahre 2005, 2006, 2007 und 2008 sei der Berufungswerber nach Durchführung der Ermittlungsverfahren durch die Beantwortung aller Fragen seiner Offenlegungspflicht nachgekommen. Die beantragten Aufwendungen seien nicht anerkannt worden. Der Abgabenbehörde seien somit alle Sachverhaltselemente bekannt gewesen. Da keine neuen Tatsachen hervorkommen können, würde somit kein Grund für eine amtswegige Wiederaufnahme der Verfahren für die oben genannten Kalenderjahre vorliegen. Es werde daher die Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Erlassung von neuen Bescheiden, mit dem den Berufungsvorbringen Rechnung getragen werde, beantragt.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung vom (Anmerkung: richtig ) gegen die Einkommensteuer- bzw. Wiederaufnahmebescheide 2005 bis 2008 als unbegründet abgewiesen. Zum Berufungsbegehren, welches sich sowohl gegen die Einkommensteuerbescheide als auch gegen die amtswegigen Wiederaufnahmebescheide gem. § 303 Abs. 4 BAO für den Zeitraum 2005 - 2008 richte, werde Folgendes ausgeführt: Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen sei gem. § 303 Abs. 4 Bundesabgabenordnung (BAO) unter den Voraussetzung des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden seien, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Eine amtswegige Wiederaufnahme würde daher voraussetzen, dass das Verfahren mit Bescheid abgeschlossen sei und für den Neuerungstatbestand (Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln) der behördliche Wissensstand im jeweiligen Verfahren (im Zeitpunkt der seinerzeitigen Bescheiderlassung) maßgebend sei. Ein Verschulden der Abgabenbehörde daran, nicht bereits damals die maßgebenden Umstände ermittelt zu haben, würde einer amtswegigen Wiederaufnahme nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. ) nicht entgegenstehen. Angaben eines Abgabenpflichtigen, gegen deren Richtigkeit keine begründeten Zweifel bestehen würden, könne die Abgabenbehörde ohne weitere Überprüfung ihrer Entscheidung zugrunde legen. Sie würde damit nicht gegen den Grundsatz der amtswegigen Ermittlungspflicht gem. § 115 BAO verstoßen, weil bereits das Entgegennehmen unbedenklicher Mitteilungen des Abgabenpflichtigen, ebenso wie das Erschließen anderer Erkenntnisquellen, in Erfüllung der amtswegigen Ermittlungspflicht geschehen würde. Aufgrund einer elektronischen Zufallsauswahl sei die Veranlagung 2010 zur prüfenden Kontrolle mit dem Ergebnis der Aberkennung beantragter Kreditrückzahlungen ausgewählt worden. Der diesbezügliche Neuerungstatbestand abgeschlossener Verfahren sei daher gegeben gewesen, da der Abgabenbehörde der Sachverhalt der Nichtbegünstigung beantragter Sonderausgaben (Errichtungskosten) im Zeitpunkt der Bescheiderstellung für die einzelnen Jahre (2005 - 2008) nicht bekannt gewesen sei. Das Argument der Offenlegungspflicht vollständig nachgekommen zu sein, würde daher ins Leere gehen.
Einkommensteuerbescheide 2005 - 2008: Als Sonderausgaben seien nur Aufwendungen zur Wohnraumschaffung oder zur Wohnraumsanierung abzugsfähig. Die geltend gemachten Ausgaben für den Erwerb einer Eigentumswohnung würden keine Aufwendungen zur Wohnraumschaffung darstellen, da es sich um eine bereits bestehende Eigentumswohnung handle und auch keine Darlehen des Vorbesitzers übernommen worden seien. Die beantragten Sonderausgaben seien daher nicht zu berücksichtigen gewesen.
Mit Eingabe vom wurde ein sog. Vorlageantrag betreffende die abweisende Berufungsvorentscheidung vom eingereicht. Der Berufungswerber sei bereits im Jahr 2003 oder 2004 zur Vorlage der entsprechenden Belege und Bestätigungen aufgefordert worden. Er hätte diese damals auftragsgemäß dem Finanzamt vorgelegt und es seien die beantragten Sonderausgaben anerkannt worden. Er hätte in den Folgejahren daher immer die getätigten Rückzahlungen als Sonderausgaben beantragt. Bei einer neuerlichen Prüfung für die Arbeitnehmerveranlagung 2010 seien die beantragten Sonderausgaben aberkannt worden und eine amtswegige Wiederaufnahme der Verfahren für die Kalenderjahre 2005 bis 2008 veranlasst und zur Vorlage von Beweismitteln aufgefordert worden. Der Berufungswerber hätte wie bereits 2003 oder 2004 die gleichen Bestätigungen vorgelegt, die damals anerkannt worden seien. Somit könne die Abgabenbehörde nicht von einer Offenlegungsverletzung des Berufungswerbers ausgehen. Im BAO Kommentar Stoll Band 3 auf Seite 2921 sei unter anderem zu diesem Sachverhalt Folgendes festgestellt: "Das nachträgliche Erkennen, dass im abgeschlossenen Verfahren Verfahrensmängel unterlaufen sind, die zu einer unzutreffenden tatsächlichen oder rechtlichen Würdigung des in seiner realen Gegebenheit vorhanden gewesenen Sachverhaltes geführt haben, ist für sich nicht ein Grund, der zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens zu führen vermag. Ebenso lassen sich nicht die nachteiligen Folgen einer früheren unzutreffenden Tatsachenwürdigung oder Tatsachenwertung () eines der Behörde bekannten (bekanntgegebenen, festgestellten, offen gelegten) Sachverhaltes oder einer fehlerhaften rechtlichen Beurteilung (verfehlte Schlussfolgerungen, /3) - gleichgültig durch welche Umstände veranlasst - bei unveränderter Tatsachenlage nicht im Wege einer Wiederaufnahme des Verfahrens beseitigen ()." Somit seien auch neue Erkenntnisse einer rechtlichen Beurteilung in Bezug auf Sachverhaltselemente, die im Erstverfahren bekannt gewesen seien, in Bezug auf Sachverhaltselemente also, die der Beurteilung, Würdigung oder Berücksichtigung, damit dem Aufgreifen und Heranziehen ungehindert offen gestanden seien, nicht neu hervorgekommene "Tatsachen". Eine Wiederaufnahme könne nicht wegen einer Mangelhaftigkeit des früheren Verfahrens stattfinden (bspw. /41). Aufgrund dieser bereits ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung werde der Antrag gestellt, die Berufung der 2. Instanz vorzulegen:
Mit Schreiben vom wurde der Berufungswerber seitens des zuständigen Finanzamtes aufgefordert, weitere Unterlagen und Angaben nachzureichen: 1. Kaufvertrag der Wohnung samt Finanzierung 2. Hinweis, dass für die Wiederaufnahme der Verfahren, der Wissenstand des jeweiligen Jahres maßgeblich sei.
Mit Eingabe vom wurden folgende Unterlagen übermittelt. < Kaufvertrag vom < Kreditzusage der Allgemeinen Sparkasse Oberösterreich (einmal ausnutzbarere Kredit in Höhe von 32.600,00 €). Verwendungszweck: Wohnbaufinanzierung (-renovierung) < Abrechnung über Darlehen Hypo Oberösterreich: Darlehensbetrag: 26.000,00 (per ).
Mit Vorlagebericht vom wurde gegenständliche Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
1.) Wiederaufnahme der Verfahren:
Gem. § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in den Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
1-A) Der Entscheidung wurde folgender Sachverhalt zugrunde gelegt: Der Berufungswerber hat mit Kaufvertrag vom eine Wohnung käuflich erworben. Mit zwei Krediten wurde dieser Kauf finanziert. Die diesbezüglichen Zahlungen wurden in den jeweiligen streitgegenständlichen Jahren unter der Kennzahl 456 (Schaffung und Errichtung oder Sanierung von Wohnraum) als Sonderausgaben beantragt. Im Zuge der Veranlagung der jeweiligen Jahre wurden keine weiteren Sachverhaltsermittlungen vorgenommen. Im Zuge der Veranlagung des Jahres 2010 wurden Ermittlungen im Zusammenhang mit diesen Sonderausgaben getätigt.
1-B) Rechtliche Würdigung:
Nach der für alle Berufungsjahre gleich lautenden Begründung ist die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs. 4 BAO auf Grund der Feststellungen anlässlich einer nachträglichen Prüfung der Erklärungsangaben erfolgt - im Zuge der Veranlagung 2010.
Das Hervorkommen von Tatsachen (und Beweismitteln) ist nach herrschender Ansicht aus Sicht des jeweiligen Verfahrens, das wiederaufgenommen werden soll, zu beurteilen. Maßgeblich ist der Kenntnisstand des jeweiligen Veranlagungsjahres (vgl. Ritz, BAO 4, § 303 Tz 14 mit weiteren Nachweisen). Im gegenständlichen Fall ist daher das "neu Hervorkommen" von Tatsachen anlässlich der nachträglichen Prüfungen, die als Wiederaufnahmegrund herangezogen wurden, in Bezug auf die Einkommensteuerverfahren 2005, 2006, 2007 und 2008 zu beurteilen.
In allen Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung (2005, 2006, 2007 und 2008) beantragte der Berufungswerber die Berücksichtigung von Aufwendungen im Zusammenhang mit der Schaffung und Errichtung oder Sanierung von Wohnraum (KZ 456). Nähere Ausführungen zu diesen Aufwendungen sind den jeweiligen Erklärungen nicht zu entnehmen.
Im Zuge der Veranlagung des Jahres 2010 wurden Informationen im Zusammenhang mit diesen Aufwendungen eingeholt. Hierbei wurde in Erfahrung gebracht, dass der Berufungswerber mit Kaufvertrag vom eine Wohnung gekauft hat. Die weiteren Ermittlungen ergaben, dass diese Wohnung mittels Krediten der Allgemeinen Sparkasse sowie der Hypo Oberösterreich finanziert wurden. Diese Kreditverträge lauten beide auf den Namen des Berufungswerbers. Eine Übernahme allfälliger Darlehen des Verkäufers findet sich weder in den oben genannten Krediten noch im Kaufvertrag; wurde aber auch vom Berufungswerber nicht behauptet.
Hinsichtlich der einzelnen wiederaufgenommenen Verfahren ist diese Tatsache nunmehr neu hervorgekommen.
Ob diese Daten bereits vor dem Jahr 2005 überprüft wurden, spielt hier keine Rolle. Maßgeblich ist, ob in den jeweils wiederaufgenommenen Jahren diese Tatsachen aktenkundig waren; maßgeblich ist das jeweilige Verfahren. Das heißt also, wurden im Verfahren 2005, im Verfahren 2006, im Verfahren 2007 und im Verfahren 2008 Überprüfungen und Nachforschungen getätigt, welche erkennen hätten lassen, dass abweichend von den eingereichten Erklärungen, kein neuer Wohnraum geschaffen, oder eine Sanierung von Wohnraum durchgeführt wurde, sondern bereits vorhandener Wohnraum erworben wurde?
Aus den Erklärungen der jeweiligen Jahre geht nur hervor, dass Aufwendungen unter diesem Titel beantragt wurden. In diesen Jahren wurden vorerst keine weiteren Überprüfungen vorgenommen. Es wurden also die Angaben des Berufungswerbers ungeprüft übernommen. Aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens war also die Tatsache des Erwerbes bereits vorhandenen Wohnraumes nicht bekannt (vgl. ).
Angaben des Steuerpflichtigen gegen deren Richtigkeit keine begründeten Zweifel bestehen, kann die Abgabenbehörde ohne weitere Überprüfungen ihrer Entscheidung zugrunde legen. Sie verstößt damit nicht gegen den Grundsatz der amtswegigen Ermittlungspflicht gem. § 115 BAO, weil bereits das Entgegennehmen unbedenklicher Mitteilungen des Abgabepflichtigen, ebenso wie das Erschließen anderer Erkenntnisquellen in Erfüllung der amtswegigen Ermittlungspflicht geschieht. Ein Verfahrensmangel, wie im Vorlageantrag vom dargestellt, ist in der Nichtüberprüfung unbedenklicher Angaben nicht zu unterstellen. Es ist ja gerade Sinn und Zweck der Bestimmung des § 303 Abs. 4 BAO Erkenntnisse durch spätere Überprüfungen auch bescheidmäßig erfassen und korrigieren zu können.
In den Erstbescheiden wurden auch keine unzutreffenden Tatsachenwürdigungen und Tatsachenwertungen vorgenommen. Es wurden die damals angegebenen Daten (Wohnraumschaffung) der Abgabenfestsetzung zugrunde gelegt. Diesen angegebenen Daten ist also keine verfehlte Schlussfolgerung bzw. rechtliche Beurteilung zu unterstellen. Der Wiederaufnahme lag keine unveränderte Tatsachenlage vor (aus der Sicht des Finanzamtes). Aus der Sicht des Finanzamtes war ursprünglich lt. Erklärungsdaten von einer Wohnraumschaffung auszugehen. Die nachträglichen Ermittlungen führten aber zu dem Ergebnis, dass tatsächlich kein neuer Wohnraum geschaffen wurde (neue Tatsache).
Dass bereits in den jeweiligen Verfahren 2005, 2006, 2007 und 2008 Ermittlungen durchgeführt worden sind, wie in der Berufung vom dargestellt, kann aus den Verwaltungsakten nicht entnommen werden.
Auch wenn der Berufungswerber im nunmehr durchgeführten Ermittlungsverfahren seiner Offenlegungspflicht umfassend nachgekommen ist, so stellen diese Ergebnisse für die jeweiligen Verfahren (Jahre) neue Tatsachen dar.
Dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (der Gleichmäßigkeit der Besteuerung) ist bei der Ermessensübung grundsätzlich der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit (Rechtskraft) zu geben (vgl. Ritz, BAO 4, § 303, Tz 38 mwN).
2.) Sonderausgaben:
Gem. § 18 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 sind Sonderausgaben Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder Wohnraumsanierung. a) Mindestens achtjährig gebundene Beträge, die vom Wohnungswerber zur Schaffung von Wohnraum an Bauträger geleistet werden, wobei Bauträger gemeinnützige Bau- Wohnungs- und Siedlungsvereinigungen, Unternehmen, deren Betriebsgegenstand nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung die Schaffung von Wohnungseigentum ist und Gebietskörperschaften sind.b) Beträge, die zur Errichtung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen verausgabt werden, wobei auch Aufwendungen für den Erwerb von Grundstücken zur Schaffung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen unter diese Bestimmung fallen.c) Ausgaben zur Sanierung von Wohnraum.d) Rückzahlungen von Darlehen, die für die Schaffung von begünstigtem Wohnraum oder für die Sanierung von Wohnraum im Sinne der lit. a bis c aufgenommen wurden.
2-A) Der Entscheidung wurde folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:
Der Berufungswerber hat mit Kaufvertrag vom eine Wohnung käuflich erworben. Er hat also bereits fertigen Wohnraum erworben. Mit zwei Krediten wurde dieser Kauf finanziert. Die diesbezüglichen Zahlungen wurden in den jeweiligen streitgegenständlichen Jahren unter der Kennzahl 456 (Schaffung und Errichtung oder Sanierung von Wohnraum) als Sonderausgaben beantragt. Aus den vorgelegten Unterlagen ist nicht zu entnehmen, dass der Berufungswerber Darlehen vom Verkäufer übernommen hat. Im Übrigen hat er dies auch nicht behauptet.
2-B) Rechtliche Würdigung:
Aus den Ausführungen in den Erklärungen ergibt sich eindeutig, dass seitens des Berufungswerbers der Antrag gestellt wird, die beantragten Aufwendungen als Sonderausgabe für die Schaffung von neuem Wohnraum im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988 anzuerkennen (Eintrag unter der Kennzahl 456). Eine Sanierung (lit. c leg.cit.) wurde ebenfalls nicht dargestellt.
In Anwendung der gesetzlichen Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z 3 lit. b und c EStG 1988 und der hierzu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf den vorliegenden Sachverhalt ist auszuführen, dass die Begünstigungsbestimmung für die Schaffung von Wohnraum nur anzuwenden ist, wenn der Steuerpflichtige selbst den Wohnraum herstellt oder herstellen lässt. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige als Errichter bzw. Bauherr anzusehen ist. Als Errichter ist nur anzusehen, wem gegenüber die Leistungen der die Herstellung tatsächlich ausführenden Unternehmen aufgeschlüsselt werden und wer das Risiko der Preissteigerung bei behördlichen Auflagen und Sonderwünschen hat.
Keine Sonderausgaben liegen nach der Judikatur allerdings vor, wenn ein fertiges Eigenheim bzw. eine Eigentumswohnung von einem nicht nach § 18 Abs. 1 Z 3 lit a begünstigten Bauträger zu einem fixen Preis erworben wird (VwGH 86/13/0015 v. ; 95/14/0128 v.).
Es kommt also allein darauf an, ob der Berufungswerber Errichter bzw. Bauherr von neuem Wohnraum ist oder nicht (vgl. ).
Aus den oben angeführten Gründen war die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 303 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 18 Abs. 1 Z 3 lit. b und c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at