Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 27.04.2010, RV/0213-W/05

Nicht rechtzeitige Abgabe der Beilage zur Einkommensteuererklärung zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Abweisung eines Ansuchens um Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für 2002 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Am langten beim Finanzamt die Umsatzsteuer- und Einkommensteuererklärungen für 2002 des Berufungswerbers (Bw.) ein; ebenso die Überschussrechnung sowie das Anlagenverzeichnis zum .

Am erließ das Finanzamt die Steuerbescheide 2002.

Auf Grund einer telefonischen Urgenz wurde am eine Berichtigung des Einkommensteuerbescheides 2002 gemäß § 293 BAO vorgenommen.

Im Jänner 2004 übermittelte der steuerliche Vertreters des Bw. "eine sich in unserem Akt befindliche Kopie der Beilage zur Einkommensteuererklärung 2002 zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG." Da die Investitionszuwachsprämie bisher noch nicht am Finanzamtskonto (St.Nr. ...) verbucht worden sei, werde um entsprechende Berücksichtigung gebeten.

Das Finanzamt wies das Ansuchen mit Bescheid vom mit nachstehender Begründung ab:

"Die Investitionszuwachsprämie ist in einem der Steuererklärung angeschlossenen Verzeichnis (Formular E 108e) geltend zu machen. Nach erfolgter Abgabe der (ersten) Steuererklärung ist die nachträgliche Geltendmachung ausgeschlossen. Die Einkommensteuererklärung 2002 wurde bereits am beim ho. Finanzamt eingereicht. Der Einkommensteuerbescheid 2002 erging am . Eine antragsgemäße Prämiengutschrift ist daher unzulässig."

Mit dem Rechtsmittel der Berufung wurde die Gutschrift entsprechend dem vorgelegten Investitionszuwachsprämienverzeichnis 2002 wie folgt beantragt:

"Nach § 108e Abs. 4 EStG ist der Steuererklärung ein Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie des betreffenden Jahres anzuschließen ... . Das Verzeichnis gilt als Abgabenerklärung.

Die Steuererklärungen 2002 unseres Mandanten wurden von uns am beim dortigen Finanzamt eingereicht. Nach unserer Aktenlage befand sich das Investitionszuwachsprämienverzeichnis in der Beilage. In einer Besprechung Anfang Jänner 2004 mit unserem Mandanten mussten wir feststellen, dass die Investitionszuwachsprämie 2002 bisher nicht am Finanzamtskonto verbucht war, weswegen wir mit dem Finanzamt Kontakt aufnahmen. Uns wurde mitgeteilt, dass sich bei den Abgabenerklärungen 2002 kein derartiges Verzeichnis befand, weswegen wir umgehend unser (ununterfertigtes) Aktenexemplar per Telefax übermittelten. Mit Bescheid vom wurde unser ,Ansuchen vom ' mit der Begründung abgewiesen, dass die Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie nur aufgrund eines der Steuererklärung angeschlossenen Verzeichnisses möglich wäre.

Wir halten fest, dass die Übersendung des Prämienverzeichnisses vom lediglich unseren Versuch darstellte, dem dortigen Finanzamt nachzuweisen, dass das Investitionszuwachsprämienverzeichnis 2002 mit der Steuererklärung 2002 gemeinsam eingereicht wurde. Eine weitergehende Beweisführung ist uns leider nicht möglich, da wir keine vollständigen Kopien aller Beilagen von Schreiben an das Finanzamt, wenn diese bereits in unseren Akten liegen, verfertigen. Ebenso wenig wie wir in den Begleitbriefen an das Finanzamt alle Beilagen zu den Steuererklärungen vollständig anführen. Nach unserer Überzeugung war das Beilagenverzeichnis der seinerzeit dem Finanzamt übermittelten Abgabenerklärung beigelegt.

Zusammenfassend halten wir fest, dass die Übermittlung unserer Aktenkopie des Investitionszuwachsverzeichnisses 2002 vom nicht als eigene Eingabe, sondern als Versuch der Beweisführung, dass der Steuererklärung für 2002 das Investitionszuwachsprämienverzeichnis beigelegt worden war, zu werten ist. Unsere Urgenz bezog sich auf das ursprüngliche Verfahren."

Mit Berufungsvorentscheidung wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die Begründung lautet:

"Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 ist am erteilt worden. Diesem Bescheid lag eine Buchungsmitteilung bei, der die entsprechenden Buchungen entnommen werden konnten.

Der Kirchenbeitrag wurde statt mit € 75,-- nur mit € 45,-- berücksichtigt. Am 14. Mai 2003 wurde der Bescheid - nach Ihrer telefonischen Beanstandung - berichtigt, das Guthaben um € 11,18 erhöht. Eine Urgenz zur Buchung der Investitionszuwachsprämie im Ausmaß von € 6.210,-- ist aber nicht erfolgt.

In freier Beweiswürdigung ist das ho. Finanzamt zu dem Schluss gelangt, dass - aus welchen Gründen auch immer - den Steuererklärungen für 2002 kein Antrag auf Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie beigelegt war."

Der Vorlageantrag wurde mit folgender Begründung eingebracht:

"Ergänzend zu unseren Ausführungen in der Berufung vom 26. Feber 2004, die mit Berufungsvorentscheidung vom , bei uns eingelangt am , abgewiesen wurde, halten wir fest:

• Tatsache ist, dass der Behörde jedenfalls spätestens eine Erklärung nach § 108e EStG 1988 vorgelegt wurde.

• Tatsache ist, dass die Behörde die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie deshalb ausschließt, weil die Erklärung nach § 108e EStG 1988 nach Ansicht der Behörde nicht rechtzeitig (mit der Steuererklärung) erfolgte. Nach unserem Aktenstand wurde die Erklärung rechtzeitig (mit der Steuererklärung) eingereicht, in freier Beweiswürdigung kommt die Behörde zu Schluss, dass die Erklärung nicht rechtzeitig (erst am ) einreicht wurde.

Gleichgültig, ob die Erklärung nach § 108e EStG 1988 mit der Steuererklärung für das Jahr 2002 am eingereicht wurde, oder erst am , hätte die Behörde die Investitionszuwachsprämie für 2002 gewähren müssen; schon aus diesem Grunde ist der Bescheid vom rechtswidrig und die Befassung mit dem Thema, ob die Erklärung nach § 108e EStG 1988 der ursprünglichen Erklärung beigelegt war, erlässlich.

Begründung:

Das Investitionszuwachsprämienverzeichnis gilt nach § 108e Abs. 4 EStG 1988 als eigene Abgabenerklärung über die ein eigenes Veranlagungsverfahren durchzuführen ist. Die in den EStR (RZ 8229) angeführte Rechtsansicht, die sich auf ein Erkenntnis des VwGH zu den steuerfreien Beträgen nach § 28 Abs. 5 Z 2 EStG 1988 stützt, ist insofern unrichtig, als die Fälle nicht vergleichbar sind. Die steuerfreien Beträge nach § 28 Abs. 5 EStG 1988 beeinflussen die Bemessungsgrundlage, Investitionszuwachsprämien nicht. Damit stellt das Verfahren in Bezug auf die Investitionszuwachsprämie ein eigenes Verfahren dar.

Selbst wenn die Abgabenerklärung nach § 108e Abs. 4 EStG 1988 lt. Gesetz mit der Jahreserklärung abzugeben ist, heißt das nicht, dass bei einer verspäteten Abgabe der Erklärung das Veranlagungsverfahren nicht durchzuführen wäre; eine diesbezügliche Bestimmung ist im EStG nicht enthalten. Es sind die allgemeinen Verfahrenbestimmungen der Bundesabgabenordnung anzuwenden. Allenfalls entstehen Säumnisfolgen (Verspätungszuschlag), die aber im Falle von Gutschriften nicht entstehen können. Das Nichteinhalten einer Frist löst also allenfalls gesetzlich vorgesehene Säumnisfolgen aus, hindert aber nicht die Durchführung des Veranlagungsverfahrens.

Im übrigen sei angemerkt, dass die Auslegung der Behörde - gestützt auf ein höchstgerichtliches Erkenntnis, das keinen vergleichbaren Fall betrifft - auch nicht dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgebot entspricht."

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 108e EStG 1988 lautet in seiner - für das Streitjahr geltenden - Stammfassung (BGBl. I Nr. 155/2002) samt Überschrift wie folgt:

Befristete Investitionszuwachsprämie

§ 108e. (1) Für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern kann eine Investitionszuwachsprämie von 10 % geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden.

(2) Prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter sind ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens.

Nicht zu den prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern zählen:

- Gebäude.

- geringwertige Wirtschaftsgüter, die gemäß § 13 abgesetzt werden.

- Personen- und Kombinationskraftwagen, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80 % der gewerblichen Personenbeförderung dienen.

- Wirtschaftsgüter, die nicht in einer inländischen Betriebsstätte verwendet werden, die der Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 3 dient. Dabei gelten Wirtschaftsgüter, die auf Grund einer entgeltlichen Überlassung überwiegend im Ausland eingesetzt werden, nicht als in einer inländischen Betriebsstätte verwendet.

(3) Der Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern ist die Differenz zwischen deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Kalenderjahre 2002 und 2003 und dem Durchschnitt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieser Wirtschaftsgüter der letzten drei Wirtschaftsjahre, die vor dem bzw. dem enden. Dabei gilt Folgendes:

1. Erstreckt sich die Anschaffung oder Herstellung prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter auf mehrere Jahre, sind in die Ermittlung des durchschnittlichen Investitionszuwachses die jeweils zu aktivierenden Teilbeträge der Anschaffungs- oder Herstellungskosten mit einzubeziehen. Ändern sich nachträglich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, ist die Investitionszuwachsprämie im Jahr der Änderung entsprechend anzupassen.

2. Von der Summe aller Anschaffungs- oder Herstellungskosten der prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten jener Wirtschaftsgüter, für die die Begünstigung nach § 10c Abs. 2 oder § 108d Abs. 2 Z. 2 geltend gemacht wurde, abzuziehen. Der Investitionszuwachs ist höchstens in Höhe der Differenz prämienbegünstigt.

(4) Der Steuererklärung ist ein Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie des betreffenden Jahres anzuschließen (§§ 42, 43). Das Verzeichnis hat die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die daraus ermittelte Investitionszuwachsprämie zu enthalten. Das Verzeichnis gilt als Abgabenerklärung.

(5) Die sich aus dem Verzeichnis ergebende Prämie ist auf dem Abgabenkonto gutzuschreiben, es sei denn, es ist ein Bescheid gemäß § 201 BAO zu erlassen. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung des Verzeichnisses zurück. Sowohl die Prämie als auch eine Prämiennachforderung bzw. Rückforderungsansprüche auf Grund einer geänderten Bemessungsgrundlage gemäß Abs. 3 gelten als Abgabe vom Einkommen im Sinne der Bundesabgabenordnung und des Abgabenverwaltungsorganisationsgesetzes. Auf die Gutschrift sind jene Bestimmungen der Bundesabgabenordnung anzuwenden, die für wiederkehrend zu erhebende, selbst zu berechnende Abgaben gelten. Die Prämie ist zu Lasten des Aufkommens an veranlagter Einkommensteuer zu berücksichtigen.

Die Neufassung des § 108e Abs. 4 mit dem StReformG 2005, BGBl. I 2004/75 - mit Geltung ab dem Wirtschaftsjahr 2004 - wie folgt vorgenommen:

(4) Die Prämie kann nur in einer Beilage zur Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungserklärung (§ 188 BAO) des betreffenden Jahres geltend gemacht werden. Sie kann überdies in einer bis zum Eintritt der Rechtskraft des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides nachgereichten Beilage geltend gemacht werden. In der Beilage sind die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die daraus ermittelte Investitionszuwachsprämie darzustellen.

Die Ausführungen im EStG-Kommentar Hofstätter-Reichel, Band III D, unter Tz. 7 zu § 108e lauten: Die Investitionszuwachsprämie kann nur in einem Verzeichnis geltend gemacht werden. Das Verzeichnis ist der Steuererklärung (§§ 42, 43) des betreffenden Jahres anzuschließen (§ 108e Abs. 4). Die Geltendmachung hat somit gleichzeitig mit der Einreichung der Steuererklärung beim Finanzamt zu erfolgen. Die EStR 2000 lassen in Rz. 8229 auch die Geltendmachung vor Einreichung der Steuererklärung zu. Durch die Neufassung des § 108e Abs. 4 mit dem StReformG 2005 wurde (mit Geltung ab dem Wirtschaftsjahr 2004) die Möglichkeit geschaffen, die Prämie durch Einreichung eines Verzeichnisses bis zum Eintritt der (formellen) Rechtskraft des jeweiligen Jahresbescheides (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer bzw. Gewinnfeststellung) geltend zu machen. Diese Regelung gilt erstmals für Prämien, die das Kalenderjahr 2004 betreffen (§ 124b Z 105). Den Nachweis für die Zustellung des Bescheides hat die Behörde zu erbringen. Zur Rechtslage vor der durch das StReformG 2005 vorgenommenen Änderung hat es die Verwaltungspraxis toleriert (siehe ErlRV zu StReformG 2005, GP XXII RV 461), die Prämie noch bis zur Zustellung des jeweiligen Jahressteuerbescheides (Einkommensteuer, Körperschaftsteuer bzw. Gewinnfeststellung) geltend zu machen (Rz. 8229 EStR 2000).

Doralt führt im EStG-Kommentar unter Tz. 15 zu § 108e aus: Die Investitionszuwachsprämie ist durch ein Verzeichnis, das die Ermittlung der Bemessungsgrundlage sowie die daraus ermittelte Investitionszuwachsprämie zu enthalten hat, geltend zu machen. Dieses ist der Steuererklärung des betreffenden Jahres anzuschließen. Die Prämien werden unmittelbar auf dem Abgabenkonto gutgeschrieben.

Mit Erkenntnis vom , 2004/15/0104, erwog der Verwaltungsgerichtshof wie folgt:

"Im Beschwerdefall ist strittig, ob der erste Satz des § 108e Abs. 4 EStG 1988 dahingehend auszulegen ist, dass das dort genannte Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie des betreffenden Jahres gleichzeitig mit der Steuererklärung des betreffenden Jahres einzureichen ist, also der Wortfolge "ist anzuschließen" auch ein zeitlicher Aspekt innewohnt. Dies ist aus folgenden Gründen zu bejahen: Nach § 108e Abs. 1 EStG 1988 ist die Investitionszuwachsprämie geltend zu machen, woraus sich ergibt, dass sie nur auf Antrag zu gewähren ist. Nach Abs. 4 dieser Bestimmung ist der Steuererklärung ein Verzeichnis anzuschließen, das die ermittelte Prämie zu enthalten hat. Das Gesetz sieht damit eine Antragstellung in der Form einer Vorlage eines Verzeichnisses vor. Nach dem letzten Satz des § 108e Abs. 4 EStG 1988 gilt das Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie des betreffenden Jahres als Abgabenerklärung. Die Fristen der BAO für die Einreichung von Abgabenerklärungen sind auf die gegenständliche Abgabenerklärung jedoch nicht anzuwenden. Abgabenerklärungen nach § 108e EStG 1988 sind im § 134 Abs. 1 BAO nicht genannt; der Antragsteller ist zur Einreichung einer solchen Abgabenerklärung nicht verpflichtet. Wenn der Steuerpflichtige im Rahmen der Steuererklärung des betreffenden Jahres den Antrag auf Gewährung einer Investitionszuwachsprämie stellt, aber nicht die Formvorschrift des § 108e Abs. 4 EStG 1988 einhält, wird das Finanzamt gemäß § 85 Abs. 2 BAO vorzugehen und dem Steuerpflichtigen die Behebung des Formgebrechens aufzutragen haben. Der Gesetzgeber hat nach der Stammfassung des § 108e EStG 1988 eine Antragsfrist für die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie nicht ausdrücklich formuliert. Nach der Systematik und Teleologie der Regelungen sind sie dahin zu verstehen, dass mit der Wortfolge "ist anzuschließen" der zeitliche Rahmen der Antragstellung festgelegt wird. Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er für die Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie - in der Stammfassung des § 108e EStG 1988 - keine Befristung vorgesehen hat. Eine zusammenschauende Betrachtung der Regelungen der Prämien nach § 108c bis § 108f EStG 1988 lässt erkennen, dass der Gesetzgeber jeweils eine überschaubare Frist für die Einreichung des Antrages auf Prämiengewährung festgelegt hat: Im Jahr 2002 hat der Gesetzgeber zunächst die Prämie für Forschung und Bildung geschaffen, indem er mit BG BGBl. I 2002/68 § 108c EStG 1988 eingeführt hat. Mit dieser Bestimmung wurde für Forschungs- und Bildungsaufwendungen, die nach dem anfallen, die Möglichkeit geschaffen, an Stelle eines gewinnmindernd geltend zu machenden Freibetrages (Forschungsfreibetrag, Bildungsfreibetrag) eine staatliche Prämienauszahlung zu erwirken. Hinsichtlich des Antrages auf Gewährung dieser Prämie war in Abs. 3 des § 108c EStG 1988 festgelegt: "Die Prämien können nur in einem der Steuererklärung (§§ 42, 43) des betreffenden Jahres angeschlossenen Verzeichnis geltend gemacht werden." Später im Jahr 2002 hat der Gesetzgeber mit BG BGBl. I 2002/155 weitere Prämien geschaffen, und zwar die befristete Sonderprämie für die katastrophenbedingte Ersatzbeschaffung (§ 108d), die Lehrlingsausbildungsprämie (§ 108f) und die Investitionszuwachsprämie (§ 108e). Die Sonderprämie für die katastrophenbedingte Ersatzbeschaffung (§ 108d) konnte monatsweise für Ersatzbeschaffungen von Wirtschaftsgütern geltend gemacht werden. Hinsichtlich des Antrages auf Gewährung dieser Prämie war in Abs. 3 des § 108d EStG 1988 festgelegt: "Die befristeten Sonderprämien können durch Vorlage eines Verzeichnisses für jeden Kalendermonat, spätestens in einem der Steuererklärung (§§ 42, 43) des betreffenden Jahres angeschlossenen Verzeichnis geltend gemacht werden. Der Steuererklärung ist ein Verzeichnis aller Sonderprämien des betreffenden Jahres anzuschließen. Die Verzeichnisse gelten als Abgabenerklärung." Die eben erwähnte Sonderprämie für die katastrophenbedingte Ersatzbeschaffung (§ 108d) ist bereits in der Regierungsvorlage zu BG BGBl. I 2002/155 (1277 BlgNR XXI. GP) enthalten gewesen. Die beiden anderen Prämientypen (Lehrlingsausbildungsprämie nach § 108f und Investitionszuwachsprämie nach § 108e) sind hingegen erst während des Gesetzgebungsprozesses im Parlament entwickelt worden. Hinsichtlich des Antrages auf Gewährung der Lehrlingsausbildungsprämie war in Abs. 4 des § 108f EStG 1988 festgelegt: "Die Prämie kann nur in einem der Steuererklärung (§§ 42, 43) des betreffenden Jahres angeschlossenen Verzeichnis geltend gemacht werden." Die Stellung des Antrages auf Prämiengewährung ist in allen genannten Fällen zeitlich begrenzt. Dass der in § 108e EStG 1988 verwendeten Wortfolge, wonach der Steuererklärung ein Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie anzuschließen ist, gleichfalls ein zeitlicher Aspekt beizumessen ist, erscheint auch nicht unsachlich: Dem Finanzamt ist es dadurch möglich, in einem Arbeitsgang einerseits die Veranlagung zur Jahressteuer (bzw. die Gewinnfeststellung) vorzunehmen und andererseits zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die beantragte Prämie gegeben sind. Zudem ist davon auszugehen, dass dem Antragsteller im Zeitpunkt der Erstellung der Jahressteuererklärung bereits alle Informationen vorliegen, die er in Bezug auf die Geltendmachung von Prämien benötigt. Dazu kommt, dass es bei Begünstigungsvorschriften, wie der Gewährung staatlicher Prämien, dem Antragsteller die Beachtung bestimmter Antragsmodalitäten oder -fristen durchaus zugemutet werden kann, um nach Ablauf einer bestimmten Frist den finanziellen Bedeckungsbedarf des Staates feststellen zu können. Daraus ergibt sich, dass ein Antrag auf Gewährung der Investitionszuwachsprämie, der nach Einreichung der Steuererklärung des betreffenden Jahres gestellt wird, verspätet ist. Die Investitionszuwachsprämie ist nach § 108e Abs. 3 EStG 1988 in Bezug auf Wirtschaftsgüter, die in einem bestimmten Kalenderjahr angeschafft wurden, zu gewähren. Die Investitionszuwachsprämie für ein bestimmtes Kalenderjahr ist bei einem über den 31. Dezember hinausgehenden Wirtschaftsjahr mit der Abgabenerklärung für das folgende Kalenderjahr zu beantragen, weil erst zu diesem Zeitpunkt die für die Geltendmachung erforderlichen Daten vollständig vorliegen (vgl. Hofstätter/Reichel, § 108e Tz 7). Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war ... abzuweisen."

Gemäß diesen Rechtsausführungen kann der im Vorlageantrag vorgetragenen (und wie oben wiedergegeben näher begründeten) Rechtsmeinung, es sei gleichgültig, ob die Erklärung nach § 108e EStG 1988 mit der Steuererklärung für das Jahr 2002 am eingereicht wurde oder erst am , die Behörde hätte die Investitionszuwachsprämie für 2002 gewähren müssen, nicht gefolgt werden.

Der Berufung ist nach den obigen Ausführungen vielmehr nur dann ein Erfolg beschieden, wenn die Sachverhaltsfeststellungen zum Ergebnis führen, dass - wie (abweichend vom Vorlageantrag) in der Berufung argumentiert - "der [zu ergänzen: beim Finanzamt eingereichten] Steuererklärung für 2002 das Investitionszuwachsprämienverzeichnis beigelegt [angeschlossen] worden war".

Auf Basis folgender Umstände kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Einkommensteuererklärung für 2002 tatsächlich ein Investitionszuwachsprämienverzeichnis angeschlossen war:

1.

Das Begleitschreiben anlässlich der Einreichung der Steuererklärungen für 2002 vom lautet (AS 1/02):

"Steuererklärungen für 2002

In der Beilage überreichen wir dem dortigen Finanzamt die unterschriebene

Einkommensteuererklärung für 2002 samt Beilagen sowie die Umsatzsteuererklärung für 2002

unseres im Rubrum genannten Mandanten.

Wir bitten höflich um Kenntnisnahme und verbleiben

mit freundlichen Grüßen

Beilagen: w.a."

An Beilagen zur Einkommensteuererklärung für 2002 waren die Überschussrechnung (AS 2/02) und das Anlagenverzeichnis zum (AS 3/02) angeschlossen.

Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass sich auch auf der Einkommensteuererklärung kein Vermerk betreffend die (ein) Investitionszuwachsprämie(nverzeichnis) findet.

2.

Am , also fünf Wochen später, führte das Finanzamt die Veranlagung - abgesehen von einem infolge Versehen berücksichtigten Kirchenbeitrag in Höhe von € 45,00 anstatt des beantragten Betrages von € 75,00 (AS 10/02) - erklärungsgemäß durch (Einkommensteuerbescheid 2002 vom ).

3.

Dem Bescheid war eine Buchungsmitteilung beigelegt, der die entsprechenden Buchungen entnommen werden konnten (Begründung der Berufungsvorentscheidung, AS 20/02).

4.

Am , also eine Woche danach, erließ das Finanzamt nach telefonischer Urgenz seitens des Bw. betreffend den Einkommensteuerbescheid 2002 einen Berichtigungsbescheid gemäß § 293b BAO (der auf Grund der Erhöhung des Kirchenbeitrages um € 30,00 zu einer Abgabengutschrift in Höhe von € 11,18 führte).

5.

Am richtete der steuerliche Vertreter des Bw. nachfolgendes Telefax an das Finanzamt (AS 11/02): "Beiliegend übermittele ich Ihnen, wie soeben telefonisch besprochen, für unseren Klienten (den Bw.) eine sich in unserem Akt befindliche Kopie der Beilage zur Einkommensteuererklärung 2002 zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG. Da die Investitionszuwachsprämie bisher noch nicht am Finanzamtskonto ... verbucht wurde, bitte ich um entsprechende Berücksichtigung. Ich hoffe, dass sich das Missverständnis zugunsten unseres Klienten aufklären lässt und danke Ihnen für Ihre Bemühungen bereits im vorhinein."

Angeschlossen war dem Fax die undatierte und nicht unterschriebene Kopie einer Beilage zur Einkommensteuererklärung für 2002 zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e.

6.

Am langten beim Finanzamt die Steuererklärungen für 2003 ein.

Auf Grund dieses Geschehnisablaufes ist dem Finanzamt zuzustimmen, wenn es dem Bw. in der Berufungsvorentscheidung vorhielt, man sei zum Schluss gelangt, dass der Steuererklärung kein Antrag auf Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie beigelegt war. Nur zur Erklärung sei bemerkt, dass vermutlich erst im Rahmen der (Vor)Arbeiten zur Einreichung der Steuererklärungen für das Folgejahr 2003 betreffend das Jahr 2002 Versäumtes nachgeholt werden sollte.

Auf die begründeten Hinweise der Berufungsvorentscheidung reagierte der Bw. im Wesentlichen damit, dass er seine Argumentationslinie änderte; dass dieser nicht gefolgt werden kann, wurde oben bereits ausgeführt.

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

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