OGH vom 03.04.1974, 1Ob43/74
Norm
Handelsgesetzbuch § 377;
Handelsgesetzbuch § 377 Abs 5;
Kopf
SZ 47/41
Spruch
Anhaltspunkte zur amtswegigen Prüfung der Anwendung ausländischen Rechtes bestehen immer, wenn Gegenstand des Rechtsstreites ein Vertrag ist, der zwischen einem im Ausland befindlichen Ausländer und einem im Inland befindlichen Inländer abgeschlossen wurde
Als Ort des Vertragsabschlusses bei Abschluß durch Korrespondenz gilt der Wohnort (die Niederlassung) des Offerenten. Als Offerent gilt der Besteller, dem der Partner nicht schon zuvor seinen endgültigen Bindungswillen mitgeteilt hat
Eine Mängelrüge gilt schon dann als nicht unverzüglich erhoben, wenn auch nur eine geringe, bei nach objektiven Regeln zu beurteilendem Geschäftsgang vermeidbare Nachlässigkeit festzustellen ist
Die Mängelrüge kann auch durch einen Boten erhoben werden, wenn er die Anzeige rechtzeitig an den Verkäufer weitergibt
Dem arglistigen Verschweigen eines Mangels steht die arglistige Vorspiegelung einer Eigenschaft, insbesondere eine falsche vertragliche Zusicherung, gleich
(OLG Innsbruck 1 R 216.73; LG Innsbruck 9 Cg 713/70)
Text
Die erstbeklagte Partei, eine offene Handelsgesellschaft, deren Gesellschafter die Zweit- bis Viertbeklagten sind, bestellte von der klagenden Partei, einer Handelsgesellschaft, die ihren Sitz in Italien hat, von 1965 bis April 1968 mehrfach Waren um insgesamt
1.865.434 Lit., von denen 1.000000 Lit bezahlt wurden. Die klagende Partei begehrt die Verurteilung der beklagten Parteien zur Bezahlung des offenen Restbetrages samt Anhang. Zur Klagsforderung brachten die beklagten Parteien vor, im Jahre 1969 sei zwischen den Streitteilen versucht worden, eine Generalbereinigung herbeizuführen. Dabei habe sich die klagende Partei verpflichtet, noch auf Lager der erstbeklagten Partei befindliche Waren in einem Gesamtwert von 203.679 Lit. zurückzunehmen, so daß sich der Rechnungsbetrag auf 661.755 Lit. ermäßigt habe. Darüber hinaus stunden den beklagten Parteien Gegenforderungen aus dem Titel der Gewahrleistung und des Schadenersatzes zu, die den Klagsbetrag bei weitem übersteigen. Die klagende Partei habe der erstbeklagten Partei unter anderem eine ganze Reihe von Heizkesseln geliefert, die nach der Bestellung eine bestimmte Wärmeleistung zu erbringen hatten. Die erstbeklagte Partei habe die Heizkessel an Detailabnehmer verkauft; sofort seien Reklamationen eingelangt, da die bei den einzelnen Kesseln angegebene Wärmeleistung nicht erreicht worden sei. Im Durchschnitt sei tatsächlich die Heizleistung etwa bei der Hälfte des von der klagenden Partei als Herstellerin angegebenen Wertes gelegen. Die erstbeklagte Partei habe bei zahlreichen Kunden die bereits installierten Heizkessel ausbauen und durch andere Heizkessel ersetzen müssen. Bei Jürgen K und Karl K habe es sich sogar um je zwei Kessel gehandelt. Der Wert der zurückgenommenen Kessel liege weit höher als der Klagsbetrag. Dazu komme noch, daß die klagende Partei an der falschen Angabe der Heizwerte zweifellos ein Verschulden treffe. Die erstbeklagte Partei habe die aufgetretenen Mängel unverzüglich bei der klagenden Partei gerügt; die klagende Partei habe für die Mängel (insbesondere auch die Kosten der Demontage und des Wiedereinbaues von Ersatzkesseln) einzustehen. Im Falle Jürgen K allein sei bei der erstbeklagten Partei (einschließlich Prozeßkosten) ein Schaden von 25.151.90 S, im Falle Luis S von 11.595 S, im Falle Franz K von 1108 S und im Falle Karl K von 6616 S entstanden.
Das Erstgericht stellte fest, daß die Forderung der klagenden Partei mit 661.755 Lit., aber auch die Gegenforderung der beklagten Parteien bis zur Höhe der Klagsforderung zu Recht bestehe, und wies das Klagebegehren ab. Zur Forderung der klagenden Partei stellte es fest, daß eine Vereinbarung über die Rücknahme von Waren im Gesamtwert von 203.6679 Lit. zustandegekommen sei. Zur Gegenforderung betreffend die beiden Fälle des Jürgen K, stellte das Erstgericht, allerdings sehr unklar und daher schwer zusammenzufassen, im wesentlichen fest: Jürgen K habe im Jahre 1967 bei der erstbeklagten Partei zwei von der klagenden Partei in den Jahren 1966 oder 1967 gelieferte Heizkessel gekauft; einen habe er einem Installateur geliefert, den anderen in sein eigenes Haus eingebaut. Bei beiden Heizkesseln sei festgestellt worden, daß sie keineswegs in der Lage gewesen seien, den vom Hersteller angegebenen Heizungswert (31.000 Wärmeeinheiten pro Stunde) abzugeben. Der Installateur habe daher mit Schreiben seines Rechtsfreundes vom den Einbau eines anderen Kessels verlangt. Jürgen K selbst sei ebenfalls zu einem Austausch geschritten und habe sich mit Schreiben vom an die erstbeklagte Partei gewandt. Mit Klage vom habe Jürgen K von der erstbeklagten Partei den Rückersatz des Kaufpreises der beiden Kessel (2940 und 3850 S) sowie einen weiteren Betrag von 2000 S für aufgewendete Montagearbeiten, zusammen 8790 S samt Anhang, begehrt. Die Klage sei am der erstbeklagten Partei zugestellt worden. Ein am in diesem Prozeß eingelangtes Sachverständigengutachten habe ergeben, daß die strittigen Kessel mit einer Warmwasserleistung von maximal 16.068 Kcal/h nur die Hälfte des vom Hersteller angegebenen Wertes erreichten. Im Prozeß sei hierauf am Ruhen des Verfahrens eingetreten. Die erstbeklagte Partei habe an den Vertreter Jürgen Ks für Hauptsache, Zinsen und Kosten 17.088.15 S, an Gesamtkosten 25.151.90 S bezahlt. Der Prokurist der erstbeklagten Partei Heinrich H habe 1968 oder 1969, offenbar vor der Klagserhebung durch Jürgen K, möglicherweise nach Einlangen des Schreibens des Rechtsfreundes des Jürgen K an die erstbeklagte Partei vom , Delfo G, dem Vertreter der Firma A, Inhaber Gina F, Gattin des Roland F, der wiederum Vertreter der klagenden Partei für Südtirol und Österreich gewesen sei, gegenüber erklärt, daß zwei Heizkessel nicht die geforderte Heizleistung erbrächten; Delfo G habe die Bemängelung an die klagende Partei weitergegeben. Die erstbeklagte Partei habe darüber hinaus am (die) zwei (an Jürgen K gelieferten) Heizkessel auch schriftlich beanstandet. Die unverzügliche mündliche Mängelrüge nach Einlangen der Bemängelung durch Jürgen K sei damit durch die schriftliche Mitteilung innerhalb einer Frist von etwa einem Monat nach Zustellung der Klage ergänzt worden; dieses Verhalten sei als rechtzeitige Mängelrüge im Sinne des § 377 HGB aufzufassen. Der von der erstbeklagten Partei geschlossene Vergleich sei nach der Prozeßlage gerechtfertigt gewesen. Der Verkauf von zwei Heizkesseln unter einer falschen technischen Zusage stelle sich als ein Verschulden der klagenden Partei bzw ihrer hiefür verantwortlichen Organe dar und begrunde einen Schadenersatzanspruch der erstbeklagten Partei. Der Betrag von 25.151.90 S, den die erstbeklagte Partei aufwenden habe müssen, stelle sich als Schaden dar, der ihr von der klagenden Partei zu ersetzen sei und daher als Gegenforderung eingewendet werden könne. Dem Betrag von 25.151.90 S stehe "im Zeitpunkt des Urteiles" die Forderung der klagenden Partei von umgerechnet 20.640.14 S gegenüber, so daß die Gegenforderung die Klagsforderung übersteige.
Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es unter Einbeziehung des nicht in Beschwerde gezogenen Teiles (661.755 Lit.) die Klagsforderung als mit 865.434 Lit. zu Recht bestehend annahm und feststellte, daß die behaupteten Gegenforderungen nicht zu Recht bestunden; er verurteilte die beklagten Parteien daher zur ungeteilten Hand zur Bezahlung von
865.434 Lit. samt Anhang, zahlbar in österreichischen Schilling zum Tageskurs der Wiener Börse, Devise (Ware) Frankfurt am Main. Einen Teil des Zinsenbegehrens wies er rechtskräftig ab. Das Berufungsgericht führte zur behaupteten Vereinbarung über die Rücknahme von Restware durch die klagende Partei eine Beweiswiederholung durch und stellte fest, daß zwar zwischen dem Prokuristen der klagenden Partei Dr. Guido P und dem Prokuristen der erstbeklagten Partei Heinrich H über die Rücknahme von Ware gesprochen, aber keine Einigung hierüber erzielt wurde in der Folge sei hierüber nicht mehr konkret gesprochen worden so daß der klagenden Partei der volle begehrte Klagsbetrag zustehe. Zur Gegenforderung legte das Berufungsgericht im wesentlichen dar: Die Abweichung der zugesagten von der tatsächlichen Heizleistung der verkauften Heizkessel stelle einen typischen Fall eines Gewährleistungsanspruches dar. Die erstbeklagte Partei, die die Heizkessel an Jürgen K weiterverkauft habe, sei offenbar nicht in der Lage gewesen, den Mangel zu erkennen, weil sich dieser erst im Betrieb zeigen habe können. Wenn sich ein solcher Mangel später zeige, sei jedoch der Käufer, wenn der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft sei, verpflichtet, die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung zu machen, sonst gelte die Ware in Ansehung dieses Mangels als genehmigt (§ 377 Abs 2 und 3 HGB). Auch Jürgen K habe als Kaufmann der erstbeklagten Partei gegenüber unverzüglich rügen müssen. Sein Kunde habe den bei ihm eingebauten Kessel mit der Forderung, einen anderen einzubauen, am gerügt. Jürgen K habe die Rüge der erstbeklagten Partei gegenüber hingegen erst am vorgenommen. Da dies verspätet gewesen sei, hätte die erstbeklagte Partei dies im Prozeß gegen Jürgen K erfolgreich einwenden können. Vor allem wäre die erstbeklagte Partei verpflichtet gewesen, die von Jürgen K erhobene Mängelrüge unverzüglich an die klagende Partei anzuzeigen. Die Beweislast hiefür treffe die erstbeklagte Partei. Das Erstgericht habe nur feststellen können, daß die mündliche Mängelrüge vor dem Delfo G gegenüber, der nicht ohne weiteres als Vertreter der klagenden Partei betrachtet werden könne, erhoben worden sei. Das Gesetz verlange aber eine schriftliche Mängelrüge. Eine solche sei verspätet erst am erhoben worden. Damit habe die erstbeklagte Partei nicht nur Gewährleistungs-, sondern auch Schadenersatzansprüche verloren, da die gelieferte Ware als genehmigt anzusehen sei.
Der Oberst Gerichtshof hob über Revision der beklagten Parteien die Urteile der Untergerichte auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Zur Gegenforderung ist zunächst, obwohl dieser Umstand weder von den Parteien noch von den Untergerichten angeschnitten wurde, zur Frage des anzuwendenden Rechtes Stellung zu nehmen. Ausländisches Recht muß nämlich, wenn die Voraussetzungen hiefür nach den Bestimmungen des österreichischen internationalen Privatrechtes gegeben sind, auch dann angewendet werden, wenn sich die Parteien nicht darauf berufen; diese Frage ist auch stets zu prüfen, sofern Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Sache ausländischem Recht unterfallen könnte (ZVR 1973/179; JBl. 1971, 39 u. a.). Solche Anhaltspunkte bestehen immer, wenn Gegenstand des Rechtsstreites Verträge sind, die zwischen einem im Ausland befindlichen Ausländer und einem im Inland befindlichen Inländer abgeschlossen wurden. Als Ort des Vertragsabschlusses (§§ 36, 37 ABGB) unter Abwesenden (Abschluß durch Korrespondenz) in einem solchen Fall gilt allerdings auch bei Handelsgeschäften der Wohnort (die Niederlassung) des Offerenten (JBl, 1971, 39; EvBl. 1964/64, SZ 34/134; SZ 29/22; SZ 28/98 u. a.; Ehrenzweig[2] I/1, 112; Walker Verdroß - Satter in Klang[2] I/1, 237); dieser Wohnort (die Niederlassung) des Offerenten ist auch der gemäß § 37 ABGB für das anzuwendende Recht maßgebende Ort (HS 6532, 6538; SZ 42/103 u. a., zuletzt 1 Ob 40/73). Im vorliegenden Fall behauptete die klagende Partei selbst in der Klage, daß die erstbeklagte Partei die Waren, die Gegenstand dieses Rechtsstreites sind, bestellt habe. Die erstbeklagte Partei ist damit, da nicht behauptet wurde, die klagende Partei habe schon zuvor einen endgültigen Bindungswillen gehabt und der erstbeklagten Partei mitgeteilt (Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechtes[3] I, 80; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 62) als Offerentin anzusehen. Richtig haben die Untergerichte daher österreichisches Recht angewendet. Es gilt daher auch insbesondere die Bestimmung des § 377 HGB über Untersuchung und Rügepflicht unter Kaufleuten.
Ist der Kauf, wie im vorliegenden Fall, für beide Teile ein Handelsgeschäft, hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu erstatten (§ 377 Abs. 1 HGB), sonst gilt die Ware außer bei Nichterkennbarkeit des Mangels als genehmigt (§ 377 Abs. 2 HGB). aber auch dann, wenn sich ein Mangel erst später zeigt, muß die Anzeige wenigstens sodann unverzüglich nach der Entdeckung gemacht werden (§ 377 Abs. 3 HGB). Die beklagten Parteien haben unverzügliche Rüge der Mängel behauptet. Das Berufungsgericht nahm die Rechtzeitigkeit der Rüge nicht an. Es anerkannte zwar, daß die zu geringe Heizleistung der von der klagenden Partei gelieferten Kessel bei einer Untersuchung nicht erkennbar gewesen wäre, die erstbeklagte Partei aber bereits auf Grund des Schreibens des Jürgen K vom gewußt habe, daß mangelhafte Heizleistung festgestellt worden sei. Delfo G könne nicht ohne weiteres als Vertreter der klagenden Partei betrachtet werden. Darüber hinaus verlange das Gesetz eine schriftliche Rüge, die erst am erhoben worden sei. Richtig ist hiezu, daß eine Rüge schon dann als nicht unverzüglich erhoben gilt, wenn auch nur eine geringe, bei nach objektiven Regeln zu beurteilenden Geschäftsgang vermeidbare Nachlässigkeit festgestellt wurde (RG RGZ 106, 359; Brüggemannin GroßKommHGB[3]IV,381, Anm. 17; Schlegelberger - Hefermehl, HGB[4], 2100 Anm. 72). Auch der Käufer, dem sein Abnehmer eine konkrete Beanstandung der Ware übermittelte, hat unverzüglich Mängelrüge gegenüber dem Verkäufer zu erheben (HS 6359/22). Eine Mängelrüge, die nach mehr als einem Monat (SZ 26/187) erhoben wird, ist in der Regel verspätet. Es ist hingegen nicht richtig, daß die Mängelrüge schriftlich erhoben werden muß; sie ist vielmehr formfrei (SZ 34/2;
Hämmerle, Handelsrecht[2] III, 69; Brüggemann IV, 390 Anm. 25;
Schlegelberger - Hefermehl HGB[4], 2093, Anm. 53; Baumbach - Duden, HGB[20], 654). Rüge kann auch von einem Boten, als welcher Delfo G. zumindest angesehen werden müßte, überbracht werden, wenn er die Anzeige rechtzeitig an den Verkäufer weitergibt Schlegelberger - Hefermehl HGB[4], 2095 Anm. 57; Brüggemann, IV 391, Anm. 27). Ob diese Voraussetzungen gegeben waren, ist nicht festgestellt. Es war auch keineswegs völlig klar, daß den beklagten Parteien der Beweis der rechtzeitigen Rüge nicht gelingen könnte; genaue Feststellungen hierüber erschienen dem Erstgericht nur unnötig, weil es, rechtlich innig, sogar die schriftliche Rüge mit dem Schreiben vom noch für rechtzeitig hielt. Eine Behauptung, die beklagten Parteien könnten konkretere Beweise erbringen, enthält die Revision nicht.
Die unverzügliche Rügepflicht besteht aber ohnehin nur, wenn der Verkäufer den Mangel nicht arglistig verschwiegen hat (§ 377 Abs. 5 HGB). Die Revision behauptet nun, daß betrügerisches Vorgehen der klagenden Partei vorliege. Der Erzeuger könne unmöglich im guten Glauben handeln, wenn er die Leistung seiner Kessel mit dem Doppelten des Tatsächlidien angebe. Die Revisionsbeantwortung will dieser Argumentation damit widersprechen, daß diese Behauptung erstmalig in der Revision auffauche und eine unzulässige Neuerung darstelle. Dem kann jedoch nicht beigepflichtet werden. Die beklagten Parteien stützten nicht nur ihre Gegenforderungen auf Gewährleistung und Schadenersatz, sondern brachten zudem, wenn auch ohne Gebrauch des Wortes "arglistig", ausdrücklich vor, daß im Durchschnitt die tatsächliche Heizleistung nur die Hälfte des von der klagenden Partei als Herstellerin angegebenen Wertes erreicht habe. Die Einrede der Arglist muß nicht ausdrücklich als solche bezeichnet werden; es genügt, daß die sie begrundenden Tatsachen vorgebracht werden (EvBl. 1972/123). Da ein Erzeuger selbstverständlich wissen müßte, welche Heizleistung die von ihm hergestellten Kessel erreichen, kann in der Behauptung, daß er bei zahlreichen Heizkesseln das Doppelte der erreichbaren Heizleistung angegeben habe, nur die Behauptung erblickt werden, daß die klagende Partei vorsätzlich und damit arglistig eine wesentlich höhere Heizleistung angegeben habe als tatsächlich erreichbar gewesen sei. Dieses Vorbringen genügt für die Annahme der Behauptung der Arglist, auch wenn dann nur von "Verschulden", zu dem schließlich aber auch Vorsatz zählt, die Rede war. Dem arglistigen Verschweigen eines Mangels, das § 377 Abs. 5 HGB erwähnt, steht die arglistige Vorspiegelung einer Eigenschaft, insbesondere eine falsche vertragliche Zusicherung, gleich (Brüggemann IV, 537 Anm 156; Schlegeberger - Hefermehl HGB[4] 2091 Anm. 42). Die arglistige Vorspiegelung besteht dabei in wissentlich unwahren Angaben (Brüggemann IV, 543 Anm. 160). Bei arglistigem Verschweigen von Mängeln durch den Verkäufer entfällt die Anzeigeverpflichtung des Verkäufers. Dabei ist es nicht erforderlich, daß der Käufer den Vorspiegelungen des Verkäufers geglaubt hat und dadurch zu seiner Entschließung veranlaßt wurde; die Arglist braucht für den Abschluß des Kaufvertrages nicht kausal gewesen zu sein, es ist auch nicht nötig, daß der Käufer gerade infolge der Arglist des Verkäufers von der Untersuchung der Ware und der Absendung der Mängelrüge Abstand nahm (SZ 42/60). Das Gesetz entscheidet zugunsten des nachlässigen Käufers, wenn der Verkäufer arglistig handelte (SZ 41/174). Der Verkäufer handelt allerdings nicht schon dann arglistig, wenn er die Ware in Kenntnis des Mangels verkauft hat; er muß gegen eine Aufklärungspflicht verstoßen haben, die wiederum danach zu beurteilen ist, ob und in welchem Umfang der Verkäufer nach Treu und Glauben und nach bestehenden Handelsbräuchen verpflichtet ist, den Käufer aufzuklären; eine Aufklärungspflicht ist namentlich dann anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die für den Entschluß des Käufers von solcher Bedeutung sind, daß er bei ihrer Kenntnis den Vertrag möglicherweise nicht oder nicht zu den gleichen Bedingungen abgeschlossen hätte (SZ 41/174; EvBl. 1967/239). Beim Verkäufer muß das Bewußtsein gegeben sein, daß seine Angaben unwahr sind und daß die unwahren Angaben für die Willensbildung des Käufers von Einfluß sein können (Brüggemann IV, 543 Anm. 160; Schlegelberger - Hefermehl, HGB[4], 2092 Anm. 48, 49). Hätte die klagende Partei tatsächlich bei der Lieferung an die erstbeklagte Partei doppelt so hohe Heizleistungen ihrer Geräte angegeben als erzielt werden konnten, spräche wohl sehr viel dafür, daß die klagende Partei bewußt falsche Angaben machte und daher für die Folgen nicht nur nach Gewährleistungs-, sondern auch nach Schadenersatzgrundsätzen einstehen müßte.
Die Untergerichte haben, von ihren Rechtsstandpunkten ausgehend, keine ausreichenden Feststellungen darüber getroffen, ob die klagende Partei ein Verhalten gesetzt hat, das ihr im obigen Sinne rechtlich als Arglist zur Last gelegt werden müßte, ja es fehlt sogar eine präzise Feststellung, daß bei den gelieferten Heizkesseln überhaupt eine Heizleistung von 31.000 Wärmeeinheiten pro Stunde zugesagt gewesen wäre. Die klagende Partei behauptet, es liege nur ein Wartungsfehler vor, den sie sogleich aufgeklärt hätte, wenn man sie von den behaupteten Mängeln verständigt hätte; sie brachte auch vor, die erstbeklagte Partei habe es nur unterlassen, ihren Kunden die ihr (der erstbeklagten Partei) in italienischer Sprache zugekommenen Bedienungsvorschriften mitzuteilen. Es bedarf daher zur Klärung, ob Arglist vorlag, eines ergänzenden Verfahrens in erster Instanz, so daß die Urteile der Untergerichte aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen ist. Im fortgesetzten Verfahren wird die klagende Partei dann auch Gelegenheit haben, die nunmehrige Behauptung eines Anerkenntnisses der Forderung, die sich aus dem bisherigen Vorbringen wohl nicht entnehmen läßt, zu präzisieren und näher zu begrunden. Gleiches gilt von der Behauptung, die erstbeklagte Partei hätte den Rechtsstreit gegen Jürgen K nicht verlieren müssen, weil sie Unterlassung der rechtzeitigen Rüge nach § 377 HGB - diese Bestimmung gilt auch für einen Minderkaufmann (EvBl. 1967/305; Baumbach - Duden, HGB[20],
645) - geltend machen hätte können; eine solche Einwendung der klagenden Partei wäre an sich nicht ausgeschlossen, da es die erstbeklagte Partei unterlassen hatte, ihr den Streit zu verkunden (SZ 31/77; vgl. § 931 ABGB). Sie wird sie allerdings näher begrunden müssen, da, wie die Revision mit Recht darlegt, allein das Verstreichen eines Zeitraumes von einem Monat zwischen der Verständigung vom Mangel durch seinen Kunden und der Rüge an die erstbeklagte Partei wenig besagt; Jürgen K mußte sich ja auch erst selbst überzeugen, ob eine berechtigte Mängelrüge vorlag oder ob der von seiner Kundschaft festgestellte Mangel nicht etwa ein Fehler im eigenen Bereich (schlechte Bedienung und ähnliches) war. Darüber hinaus konnte die erstbeklagte Partei nur Einwendungen erheben, die ihr selbst bekannt waren.
Im Hinblick auf den auffallend unklaren Aufbau der Urteile beider Untergerichte, die Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigung so vermengen, daß nur überaus schwierig zu erkennen ist, was nun eigentlich festgestellt wurde, sei noch auf folgendes verwiesen: aus den Bestimmungen der §§ 272, 417 ZPO ergibt sich, daß die Entscheidungsgründe eines Urteiles die für die Entscheidung erforderlichen Tatsachenfeststellungen enthalten müssen. Das Gericht muß daher klar und zweifelsfrei - und zwar zunächst in geschlossener Darstellung und nicht mit der Beweiswürdigung vermengt - aussprechen, welche Tatsachen seiner Meinung nach vorliegen (1 Ob 334/71 u. a.). Erst nach den Feststellungen ist zu begrunden, warum die einzelnen Tatsachen als erwiesen bzw. allenfalls behauptete Tatsachen nicht als erwiesen angenommen wurden. Diese Grundsätze für den Urteilsaufbau werden zu beachten sein.