TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 30.01.2013, RV/0535-S/09

Aufhebung gem. § 295 BAO geänderter Einkommensteuerbescheide, wenn die Grundlagenbescheide keine Rechtswirksamkeit erlangt haben


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Miterledigte GZ:
RV/0536-S/09
RV/0537-S/09

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw, vertreten durch Saller & Saller, Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., 5500 Bischofshofen, Sparkassenstr. 16, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom betreffend Einkommensteuer 1998 bis 2000 entschieden:

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw) erzielte in den Streitjahren neben Einkünften aus selbständiger Arbeit und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb, ua aus Beteiligungen an der I-KEG (1998 bis 2000), der M-KEG (1998 bis 2000), der S-KEG (1999 und 2000), der U-KEG (2000) und der D-KEG (2000).

Auf Grund von bei oben genannten Gesellschaften durchgeführten Betriebsprüfungen erließ das Finanzamt Gänserndorf Mistelbach jeweils einen auf § 92 Abs. 1 lit. b BAO und § 190 Abs. 1 BAO iVm § 188 BAO gestützten Bescheid, mit welchem ausgesprochen wurde, dass eine Feststellung der Einkünfte gem. § 188 BAO betreffend den Bw zu unterbleiben habe. Die diesbezüglichen Bescheide ergingen an die jeweilige Gesellschaft sowie den Bw und wurden jeweils beiden zugestellt.

Das Finanzamt Salzburg-Stadt erließ in der Folge am gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1998 bis 2000, in denen die Einkünfte aus den oben angeführten Beteiligungen nicht mehr anerkannt wurden.

In den dagegen eingebrachten Berufungen wurde die ersatzlose Aufhebung der Bescheide beantragt und dies damit begründet, dass eine Maßnahme nach § 295 BAO die nachträgliche Erlassung eines Feststellungsbescheides (Grundlagenbescheid) voraussetze. Ergehe ein solcher zB als Folge fehlerhafter Adressierung oder einer unterlassenen Zustellung nicht, so sei ein dennoch erlassener Änderungsbescheid rechtswidrig. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2000 beruhten auf den bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes Gänserndorf/Mistelbach zu den Steuernummern StNr.1 bzw. StNr.2 und StNr.3. Hinsichtlich dieser "Feststellungsbescheide" handle es sich um sog. "Nichtbescheide". Mangels des Vorliegens neuer Tatsachen oder Beweismittel seien diese Feststellungsbescheide zu Unrecht ergangen. Gegen die Wiederaufnahme sei fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung ergriffen worden. Werde der Wiederaufnahmebescheid aufgehoben, so trete das Verfahren nach § 307 Abs. 3 BAO in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden habe. Durch die Aufhebung des Wiederaufnahmebescheides scheide somit ex lege der neue Sachbescheid aus dem Rechtsbestand aus. Im vorliegenden Fall würden die mit Berufung bekämpften Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2000 nicht auf rechtskräftigen Grundlagen- bzw. Feststellungsbescheiden basieren. Es werde darauf aufmerksam gemacht, dass die Berufungen nicht gegen Entscheidungen gerichtet seien, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden seien.

Mit den Berufungsvorentscheidungen vom wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen.

Der Bw stellte daraufhin einen Vorlageantrag.

Mit Schriftsatz vom wurde die Begründung der Berufung geändert. Gegenständliche Einkommensteuerbescheide seien von Nichtfeststellungsbescheiden abgeleitet worden, die tatsächlich als Nichtbescheide einzustufen seien und daher keine Wirkung entfalten könnten. Über den nach Ansicht der Behörde gegebenen Umstand, dass die in den Steuererklärungen aufgenommenen Personen keine Mitunternehmer seien, wäre ein einheitlicher Bescheid mit dem Inhalt zu erlassen gewesen, dass hinsichtlich der betroffenen Gesellschafter eine einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung unterbleibe. Ein solcher Bescheid müsse die Gesamtheit der Rechtssubjekte erreichen, denen gegenüber das Unterbleiben einer einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften festzustellen sei. Ohne gesetzmäßigen Adressaten im Spruch werde kein individueller Verwaltungsakt gesetzt. Diesen Anforderungen würden die den bekämpften Einkommensteuerbescheiden zu Grunde liegenden Feststellungsbescheide nicht gerecht.

Mit Schriftsatz vom wurde der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat zurückgenommen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 295 Abs. 1 BAO ist ein Bescheid, wenn dieser von einem Feststellungsbescheid abzuleiten ist, ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben.

Ein auf § 295 BAO gestützter Bescheid darf nur ergehen, wenn ein Grundlagenbescheid nachträglich (somit nach Zustellung des abgeleiteten Bescheides) erlassen oder abgeändert wird und wenn dieser nachträgliche Bescheid dem Adressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber wirksam ist ().

Im Falle einer unzulässigen, auf Grundlage von Nichtbescheiden erfolgten Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO ist der abgeänderte Bescheid aufzuheben ().

Der Verwaltungsgerichtshof führt im Erkenntnis vom , 2011/15/0024 aus, dass - wie wiederholt entschieden - ein Bescheid, mit dem ausgesprochen wird, dass eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften unterbleibt, ein Grundlagenbescheid im Sinne des § 188 BAO ist. Die Einheitlichkeit als Wesensmerkmal des Feststellungsbescheides nach § 188 BAO gilt somit auch für den Bescheid, mit dem ausgesprochen wird, dass eine Feststellung nicht zu erfolgen hat. Soweit eine Personengesellschaft unter Benennung ihrer Gesellschafter dem Finanzamt gegenüber mit dem Begehren auf bescheidmäßige Feststellung von Einkünften nach § 188 BAO auftritt (insbesondere durch Einreichung einer entsprechenden Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften), muss die bescheidmäßige Erledigung gegenüber diesen Rechtssubjekten einheitlich ergehen. Ein nicht an alle diese Rechtssubjekte gerichteter Bescheid solchen Inhaltes bleibt wirkungslos.

Im vorliegenden Fall hat das Finanzamt Gänserndorf für die I-KEG (1998 bis 2001), die M-KEG (1998 bis 2001), die S-KEG (1999 bis 2001), die U-KEG (2000 und 2001) und die D-KEG Erledigungen im Sinne des § 188 BAO erlassen, in denen die in den Berufungsjahren erzielten Einkünfte nur den Komplementären zugewiesen wurden. Zusätzlich sind betreffend die Kommanditisten bzw. stillen Gesellschafter auf § 92 Abs. 1 und § 190 Abs. 1 iVm § 188 BAO gestützte Erledigungen ergangen, in denen u. a. ausgesprochen wurde, dass eine Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO betreffend den Bw zu unterbleiben habe. Damit wurde gegen das bei Grundlagenbescheiden im Sinne des § 188 geltende Gebot der Einheitlichkeit verstoßen und die an den Bw und die oben genannten Gesellschaften gerichteten Erledigungen haben deshalb keine Rechtswirksamtkeit erlangt ().

Dementsprechend wurden die gegen die Feststellung der Einkünfte bzw. das Unterbleiben der Feststellung ua für die Jahre 1998 bis 2000 erhobenen Berufungen der I-KEG (UFS, , RV/0495-K/07), der M-KEG ( RV/0102-K/08), der S-KEG ( RV/0785-K/07) und der U-KEG ( RV/0316-K/07) vom Unabhängigen Finanzsenat als unzulässig zurückgewiesen.

Das Finanzamt hat am auf Grund der "bescheidmäßigen" Feststellungen des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach zu den Steuernummern StNr.1 (M-KEG), StNr.2 (S-KEG) bzw. StNr.3 (U-KEG) die Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2000 vom .10.1999, und gem. § 295 Abs. 1 BAO geändert.

Wie oben dargestellt, haben die den bekämpften Einkommensteuerbescheiden zu Grunde liegenden Erledigungen des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach keine Rechtswirksamkeit erlangt. Dies gilt auch hinsichtlich der Erledigungen betreffend U-KEG und der D-KEG, die in den bekämpften Bescheiden ebenfalls nicht mehr berücksichtigt wurden. Es haben daher taugliche Feststellungsbescheide gefehlt, um die Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2000 vom , bzw. gemäß § 295 Abs. 1 BAO abzuändern. Die Erlassung der bekämpften Bescheide war daher rechtswidrig.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 295 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at