Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 24.03.2011, RV/0690-S/10

Aufhebung, Bemessungsverjährung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Adresse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land, vom betreffend Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO 2004 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber reichte am die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2004 elektronisch ein. In der Folge erließ das Finanzmat am den Einkommenssteuerbescheid 2004, in dem eine Abgabengutschrift in der Höhe von € 1.713,63 festgesetzt wurde. Nachdem das Finanzamt bei einer Nachbescheidkontrolle feststellte, dass die Erklärung verspätet eingereicht worden ist, hob es den Einkommensteuerbescheid 2004 vom mittels Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom auf. Begründend führte das Finanzamt aus, dass betreffend die Einkommensteuer 2004 im Jahr 2010 bereits die Bemessungsverjährung gemäß § 207 Abs. 2 BAO eingetreten sei und der Einkommensteuerbescheid 2004 vom ersatzlos aufgehoben werde. Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Erlassung eines Einkommensteuerbescheides vom zurückgewiesen, da die Einkommensteuererklärung 2004 nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gegen den Aufhebungsbescheid vom erhob der Berufungswerber mit Schriftsatz vom Berufung. Er habe die Einkommensteuererklärung 2004 bereits Mitte Dezember 2009 über FinanzOnline eingebracht. Erst im Mai 2010 sei ihm der Tatbestand aufgefallen, dass die Abgabenerklärung noch auf dem Status "nicht eingebracht" gestanden wäre und folglich habe er die Einkommensteuererklärung 2004 am nochmals eingebracht. Die Ersteinbringung Mitte Dezember 2010 wäre fristgerecht erfolgt. Da das System die erneute Einbringung dieses Antrages auch noch nach Fristablauf zugelassen habe, sei indirekt bewiesen, dass die Einbringung des Antrages fristgerecht erfolgt wäre. Anderenfalls hätte das System den Antrag sicherlich umgehend zurückgewiesen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Was vom Berufungsweber im Dezember 2009 mittels FinanzOnline eingegeben worden sei bzw. ob überhaupt eine Eingabe erfolgte, könne nicht nachvollzogen werden. Maßgeblich wäre jedenfalls, wann die Einkommensteuererklärung 2004 erfolgreich versendet worden sei, und das wäre erst am gewesen.

Mit Schriftsatz vom beantragte der Berufungswerber die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Die Einkommensteuererklärung 2004 sei jedenfalls fristgerecht im Dezember 2009 über FinanzOnline eingebracht worden. Mit Sicherheit habe er nicht nur eine Vorberechnung durchgeführt, sondern der Antrag sei mit Bestätigung versendet worden. Die Beweislast sehe er eindeutig bei der Finanzbehörde.

Über die Berufung wurde erwogen:

Aufgrund der vom Berufungswerber vorgebrachten Behauptungen hat der UFS eine Anfrage an die Sektion V (IT-Sektion) des Bundesministeriums für Finanzen, Abteilung V/2 - Rechnungswesen der Finanzämter und Großbetriebsprüfungen, gestellt um eine Auswertung der Log-Daten der vom Berufungswerber im System FinanzOnline vorgenommenen Abfragen und Eingaben im Zeitraum Dezember 2009 sowie Mai 2010 vorzunehmen. Die Log-Daten-Auswertung ermöglicht es personenbezogen alle Einstiege und die vorgenommenen Abfragen und Eingaben im System FinanzOnline nachzuvollziehen. Die Auswertung brachte folgendes Ergebnis:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitpunkt
Art
Erläuterung
2009-12-08 15:57:08.528529
Einstieg
 
2009-12-08 15:57:17.925581
Kontoabfrage
 
2009-12-08 15:57:48.234033
Kontoabfrage
 
2009-12-22 17:01:20.114715
Einstieg
 
2009-12-22 17:03:25.235105
Erklärungsauswahl
E1/2004
2009-12-22 17:03:55.090531
Steuerakt
E1/2004
2009-12-22 17:04:25.241017
Erklärungsauswahl
E1/2004
2009-12-22 17:09:52.202168
E1 2004
Daten wurden gespeichert.
2009-12-22 17:09:58.978362
E1 2004
Vorberechnung mit Berechnungsblatt
2009-12-22 17:10:25.66924
E1 2004
Vorberechnung mit Berechnungsblatt
2010-05-13 12:15:45.74789
Einstieg
 
2010-05-13 12:16:00.239562
Erklärungsauswahl
E1/2004
2010-05-13 12:16:54.21693
E1 2004
Vorberechnung
2010-05-13 12:17:36.041254
Einstieg
 
2010-05-14 10:48:58.664368
Einstieg
 
2010-05-14 11:00:50.976193
Erklärungsauswahl
E1/2004
2010-05-14 11:01:48.267409
E1 2004
E1 2004 wurde eingebracht.
2010-05-14 11:05:58.287446
Postausgangsbuch
 
2010-05-14 11:06:13.309249
Postausgangsbuch
 
2010-05-15 16:58:53.48203
Einstieg
 
2010-05-15 16:59:14.887473
Posteingangsbuch
 
2010-05-15 16:59:26.685758
Postausgangsbuch
 

Die Auswertung der Log-Daten belegt eindeutig, dass der Berufungswerber im Dezember 2009 nur eine Dateneingabe der Einkommensteuererklärung des Jahres 2004 sowie eine Vorberechnung mit Berechnungsblatt vorgenommen hat. Die elektronische Einbringung der Einkommensteuererklärung 2004 nahm der Berufungswerber erst am vor.

Gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 erfolgt, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vorliegen, eine Veranlagung nur auf Antrag des Steuerpflichtigen. Der Antrag kann innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt werden.

Die Abgabenbehörde erster Instanz kann gemäß § 299 BAO auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, der Verjährung. Bei der Einkommensteuer beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre (§ 207 Abs. 2 BAO). Gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr (§ 209 Abs. 1 Satz 1 BAO).

Der Spruch eines Bescheides ist nicht richtig, wenn dieser nicht dem Gesetz entspricht. Die Aufhebung nach § 299 Abs. 1 liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Dies gilt unabhängig davon,

ob die Aufhebung auf Antrag der Partei oder von Amts wegen erfolgt oder

ob sich die Maßnahme zu Gunsten oder zu Ungunsten des Abgabepflichtigen auswirkt (vgl z.B. zu § 299 aF , , , 2008/15/0034)

Die Erlassung eines Aufhebungsbescheides nach § 299 BAO liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Bei der Ermessensübung kommt dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung eine zentrale Bedeutung zu (vgl. z.B. , , 96/15/0174). Dem Prinzip der Rechtmäßigkeit kommt der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit zu. Trotz des Vorranges des Prinzips der Rechtsrichtigkeit werden Aufhebungen vor allem dann zu unterbleiben haben, wenn die Rechtswidrigkeit keine wesentlichen Folgen nach sich gezogen hat (vgl. ). Dass im gegenständlichen Verfahren die Rechtswidrigkeit keine wesentlichen Folgen nach sich gezogen habe, behauptet auch der Berufungswerber nicht. Grundsätzlich ist für die Ermessensübung bedeutungslos, ob die Rechtswidrigkeit des Bescheides auf ein Verschulden (der Abgabenbehörde und/oder der Partei) zurückzuführen ist (vgl zu § 299 aF z.B. Stoll, Ermessen2, 272 f).

Der Spruch des Einkommensteuerbescheides des Jahres 2004 ist nicht dem Gesetz entsprechend, weil dieser dem Recht auf Festsetzung einer Abgabe innerhalb der Verjährungsfrist durch die Abgabenbehörde erster Instanz widerspricht. Durch den Eintritt der Verjährung, die zu einem wesentlichen Teil im Rechtsschutzinteresse des Abgabenschuldners vom Gesetzgeber eingeführt wurde, erlischt das Recht des Abgabengläubigers, den Abgabenanspruch geltend zu machen (, ÖStZB 1980, 76 = Slg 5374 F). Bemessungsverjährung bedeutet das Verbot, den an sich noch bestehenden Abgabenanspruch nach Ablauf der Verjährungszeit geltend zu machen. Das Recht die Einkommensteuer für das Jahr 2004 festzusetzen, ist mit Ablauf des erloschen.

Der im Mai 2010 ergangene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 wurde mit der Begründung aufgehoben, dass der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweise, weil bereits die Bemessungsverjährung eingetreten sei. Die Abgabenbehörde erster Instanz hat nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates auch von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht, weil die dem aufgehobenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit keine "bloß geringfügige" ist. Die Nichtdurchführung einer Veranlagung für das Jahr 2004 führt wegen bereits eingetretener Bemessungsverjährung zu einem gänzlichen Entfall der Abgabenfestsetzung, womit die Rechtswidrigkeit des aufgehobenen Bescheides offensichtlich ist. Daher überwiegt das öffentliche Interesse an der Rechtsrichtigkeit von Bescheiden und an der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gegenüber dem Parteiinteresse.

Da die Abgabenfestsetzung wegen Eintritt der Bemessungsverjährung unzulässig war, war der betreffende Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 gemäß § 299 Abs 1 BAO aufzuheben und ein Einkommensteuerbescheid (Sachbescheid) nicht (mehr) zu erlassen (s Ritz, BAO3, § 299, Tz 49 ff).

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at