OGH 31.03.2011, 1Ob43/11x
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, Wien 6, Linke Wienzeile 18, vertreten durch Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei C***** gemeinnützige GmbH, *****, vertreten durch Suppan & Spiegl Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 4.691,84 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 159/10v-14, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom , GZ 4 C 1093/09b-9, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
§ 12 des Heimvertrags, den die Heimbewohnerin und Zedentin des vom klagenden Verband (§ 29 Abs 1 KSchG) geltend gemachten Anspruchs am abschloss, berechtigt bzw verpflichtet den beklagten Heimträger, das Entgelt zu erhöhen bzw zu senken, wenn sich die bisherige Berechnungs- bzw Kalkulationsgrundlage des Entgelts durch Umstände, die unabhängig vom Willen des Heimträgers sind, maßgeblich verändert hat. Zu diesen Umständen zählt nach der vertraglichen Vereinbarung auch die Änderung der gesetzlichen Grundlagen betreffend den Personalschlüssel oder den Ausbildungsstand des Personals.
Die Revisionswerberin rechtfertigt(e) die ab Februar 2008 vorgenommene Erhöhung des monatlichen Entgelts mit der (noch vor Abschluss des Heimvertrags in Kraft getretenen) Festlegung neuer Mindeststandards hinsichtlich des Betreuungs- und Pflegepersonals durch das Wiener Wohn- und Pflegeheimgesetz (WWPG) vom in Verbindung mit der Durchführungsverordnung „Mindeststandards von Pflegeheimen und Pflegestationen“ der Wiener Landesregierung vom . Eine erste annähernde Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben durch Aufstockung des Personals und Einstellung/Ausbildung (höher) qualifizierten Personals sei der beklagten Partei erst im Jahr 2008 gelungen.
Diesen Einwand hielt das Berufungsgericht für nicht gerechtfertigt, weil das Recht zur Erhöhung des Entgelts im Sinn des genannten Vertragspunkts eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen während des aufrechten Heimvertrags voraussetze.
Zu beurteilen ist daher die Auslegung einer Klausel von (hier in einem Vertragsformblatt) enthaltenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der beklagten Partei und nicht, wie diese meint, die Zulässigkeit der Vertragsklausel im Sinn von § 6 Abs 1 Z 5 KSchG; eine Beurteilung, die das Berufungsgericht auch ausdrücklich als nicht erforderlich ablehnte.
Der Oberste Gerichtshof ist auch zur Auslegung von AGB-Klauseln nicht „jedenfalls“, sondern nur dann berufen, wenn die zweite Instanz Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung missachtete oder für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind (RIS-Justiz RS0121516 [T3]). Es genügt für die Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs nicht schon der Umstand, dass es an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu gleichen oder ähnlichen Klauseln mangelt (RIS-Justiz RS0121516 [T4]). Ist eine Klausel so eindeutig, dass nur eine Möglichkeit der Beurteilung in Betracht zu ziehen ist, ist ihre Auslegung nicht revisibel (RIS-Justiz RS0121516 [T17]).
Die hier strittige Klausel stellt ihrem Wortlaut nach auf die maßgebliche Veränderung von vom Willen des Heimträgers unabhängigen Umständen, zu denen sie die Änderung der gesetzlichen Grundlagen über den Personalschlüssel oder Ausbildungsstand des Personals zählt, ab. Ab welchem Zeitpunkt der Heimträger mehr und/oder besser ausgebildetes Personal beschäftigt und damit die bei Abschluss des Heimvertrags schon bestandenen gesetzlichen Vorgaben umsetzt, fällt in seine Ingerenz und hängt von seiner Entscheidung ab. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das die Umsetzung nicht als im Sinn der vertraglichen Regelungen relevante Änderung ansah, ist ein eindeutig vertretbares Auslegungsergebnis.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein für Konsumenteninformation, Wien 6, Linke Wienzeile 18, vertreten durch Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei C***** gemeinnützige GmbH, *****, vertreten durch Suppan & Spiegl Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 4.691,84 EUR sA, infolge der außerordentlichen Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 159/10v-14, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom , GZ 4 C 1093/09b-9, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revisionsbeantwortung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat die Revision der beklagten Partei mit Beschluss vom nach § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen. Die Revisionsbeantwortung der klagenden Partei, deren Einbringung nicht freigestellt wurde, ist erst am beim Obersten Gerichtshof eingelangt und damit zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0124353).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2011:0010OB00043.11X.0331.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
KAAAD-02335