Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 08.03.2012, RV/1193-L/07

Grundsteuerbefreiung für Lehrzwecke

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/1193-L/07-RS1
Eine Wertfortschreibung zur Fehlerberichtigung setzt voraus, dass der zu berichtigende Fehler (hier zu Unrecht angenommene Grundsteuerbefreiung für Lehrzwecke) einwandfrei feststeht. Bestehen am Vorhandensein des Fehlers erhebliche Zweifel, ist die Erlassung eines Wertfortschreibungsbescheides zur Fehlerberichtigung noch nicht zulässig.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des bw.Verbandes, Adresse, vertreten durch Fuchs/Mayer Revisions- und Wirtschaftstreuhand Ges.m.b.H., 4020 Linz, Weißenwolfstraße 1, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend 1. Feststellung des Einheitswertes (Wertfortschreibung gem. § 21 Abs. 1 Z. 1 BewG) des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes in S, Einlagezahl 000 teilweise, KG S, zum , 2. Grundsteuermessbetrag zum (Fortschreibungsveranlagung) und 3. Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für das Jahr 2002 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Der bw.Verband (Berufungswerber) ist grundbücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft Einlagezahl 000, Grundbuch S (Gut) mit einer Gesamtfläche von 2 ha 92 a 74 m². Von dieser Fläche wurden 2 ha 48 a 87 m² als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb (berufungsgegenständlicher Grundbesitz) bewertet.

Mit Feststellungsbescheidzum vom nahm das Finanzamt Grieskirchen Wels betreffend den berufungsgegenständlichen Grundbesitz eine Wertfortschreibung nach § 21 Abs. 1 Z 1 BewG vor und stellte den Einheitswert in Höhe von 2.300 Euro fest. In der Bescheidbegründung wurde die Berechnung des Einheitswertes dargestellt und dann ausgeführt, dass gemäß § 8 GrStG land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundbesitz auch dann steuerpflichtig ist, wenn er einem der in § 2 bezeichneten Zwecke unmittelbar dient. Im gegenständlichen Fall wurde eine Grundsteuerbefreiung zu Unrecht ausgesprochen, die Fortschreibung dient daher der Richtigstellung. Auch gibt es keine Befreiung von den Beiträgen für land- und forstwirtschaftlichen Betriebe.

Mit dem gleichzeitig erlassenen Grundsteuermessbescheidzum (Fortschreibungsveranlagung) vom wurde der Grundsteuermessbetrag mit Euro 3,68 festgesetzt.

Mit dem ebenfalls am erlassenen Bescheid über Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für das Jahr 2002 wurden diese mit 3,68 Euro festgesetzt.

Mit Eingabe vom erhob der abgabepflichtige Verband durch seinen Vertreter Berufung gegen den Bescheid über die Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben. Er wandte sich gegen die Nichtanerkennung der Einschränkung der Steuerbefreiung nach § 8 Abs. 2 Z 1 GrStG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 GrStG und beantragte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie die Zuerkennung der Steuerbefreiung nach § 8 GrStG. In der Begründung legte der Vertreter dar, dass der berufungsgegenständliche Grundbesitz nach Ansicht des berufenden Verbandes Lehr- und Versuchszwecken diene und der Grundbesitz deshalb nach § 8 Abs. 2 lit. a GrStG nicht unter die Einschränkung der Steuerbefreiung nach § 8 Abs. 1 GrStG falle. Die Einrichtung in S sei nach dem Oö. Behindertengesetz gemäß § 10 als Eingliederungshilfe anerkannt. Diese Einrichtung habe unter anderem die Aufgabe den jugendlichen, behinderten Klienten eine berufliche Anlehre in verschiedenen Arbeitsbereichen zu vermitteln. Ziel sei es, nach einer Lehrzeit von bis zu 3 Jahren die behinderten Klienten am ersten Arbeitsmarkt vermitteln zu können. Einer dieser Arbeitsbereiche sei die Ausbildung in der Landwirtschaft, wo die behinderten Klienten die Handhabung mit Maschinen und Geräten auf landwirtschaftlichen Flächen erlernen und verschiedenste Arbeiten durchführen. Durch diese Ausbildung im landwirtschaftlichen Bereich sei es möglich, diese Klienten als Grünraumpfleger, Forstarbeiter etc. unter anderem auf landwirtschaftlichen Gutshöfen, Gärtnereien oder an die Bundesforste zu vermitteln. Unter Lehrzwecke werde allgemein verstanden, dass Wissen und Fähigkeiten an Lernende weitergegeben werden. Der Passus "Lehr-und Versuchszwecke" in § 8 Abs. 2 Z 1 GrStG könne nicht nur für den Bereich der klassischen Schul- und Ausbildung Geltung finden, da somit alternative, moderne Lehrkonzepte, aber auch Lehrkonzepte mit Menschen mit besonderen Förderungsbedarf ausgegrenzt würden. Der Sinn dieses Ausschlusses sei aber aus dem Gesetzeswortlaut nicht ableitbar.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt Grieskirchen Wels die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Feststellung laut Antrag erfolgt sei. Der Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft sei als mildtätig anzusehen und betreibe einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in der Gemeinde S. Man verfüge über 2,4887 ha Eigenflächen und habe lt. Erklärung vom insgesamt 25,6900 ha landwirtschaftliche Nutzflächen zugepachtet. Im Wirtschaftsjahr 2001 seien 5 Rinder bis sechs Monate, 13 Rinder 6 Monate bis 1 Jahr, 11 Rinder 1 bis 2 Jahre und 17 Rinder über 2 Jahre gehalten worden. Es seien insgesamt 89.000 kg Milch produziert worden. Daneben gebe es 6 Zuchtsauen und Zuchteber und es seien 25 Ferkel (10 bis 30 kg) und 72 Mastschweine aus eigenen Ferkeln gehalten worden. Dies entspreche einem Gesamttierbestand von 48 Vieheinheiten. Bei der zu unterstellenden reduzierten landwirtschaftlichen Nutzfläche von insgesamt 28,1787 ha ergebe sich eine Normalunterstellung von 58 Vieheinheiten, weshalb davon ausgegangen werden könne, dass die tatsächlichen Verhältnisse nicht von den regelmäßigen Verhältnissen, die bei der Feststellung der Betriebszahl oder bei der Ermittlung des Hektarsatzes unterstellt worden seien, wesentlich abweichen. Beim Vorliegen von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben sei aber von einer gewissen Marktorientierung und Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr auszugehen, wofür keine Grundsteuerbefreiungen vorgesehen seien. Dies sei auch die Begründung für die flächenmäßige Begrenzung mit 10 ha beim § 8 Abs. 2 Z. 1 GrStG. Unter Lehrzwecke im Sinn des Gesetzgebers seien deshalb auch nur solche landwirtschaftliche Ausbildungsstätten wie landwirtschaftliche Fachschulen, welche Lehrgänge mit Abschlusszeugnissen anbieten, zu verstehen. Zweck der Befreiung sei es, hier den notwendiger Weise meist relativ hohen Stand an Gebäuden und Betriebsmitteln grundsteuerfrei zu halten. Es könne daher im gegenständlichen Fall keine Grundsteuerbefreiung ausgesprochen werden.

Mit Eingabe vom beantragte der berufende Verband durch seinen Vertreter die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Er brachte ergänzend zur Berufung vor, dass der berufende Verband als Träger der Behinderteneinrichtungen die Aufgabe habe, Klienten nach § 10 Oö. Behindertengesetz auszubilden. Von der OÖ. Landesregierung sei jede Einrichtung als selbstständige Ausbildungsstätte anerkannt worden. Die Ausbildung der behinderten Klienten erfolge mit den Betreuern der jeweiligen Ausbildungsstätte auf dem dafür vorgesehenen Grundbesitz. Die Einrichtungen würden dezentral geführt und hätten einen eigenständigen, eigenverantwortlichen Wirkungsbereich. Lediglich das Rechnungswesen werde zentral am Sitz des berufenden Verbandes geführt, wobei auch dort eine Differenzierung in der Buchhaltung erfolge. Dies sei aufgrund der Finanzierung notwendig und begründe sich auch auf der Eigenständigkeit der jeweiligen Einrichtung. Der berufende Verband besitze im Bundesland mehrere Einrichtungen. Eine dieser Einrichtungen sei der Hof S. Dabei handle es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb, welcher sowohl landwirtschaftliche Flächen bewirtschafte als auch einen Viehbestand halte. Das Hauptziel sei jedoch, den behinderten Klienten eine berufliche Anlehre in verschiedenen Arbeitsbereichen zu vermitteln. Der Schwerpunkt am Hof S liege im Bereich des Ackerbaues, der Tierhaltung, in der Bedienung von Maschinen und Geräten sowie deren Wartung. Da der Eigengrund des Hofes (2, 4887 ha) für die insgesamt 45 Betreuungsplätze zu klein sei, sei eine Zupachtung notwendig. Durch die Ausbildung im landwirtschaftlichen Bereich sei es möglich, diese behinderten Menschen nach Abschluss der Ausbildung auf anderen landwirtschaftlichen Gutshöfen, Gärtnereien oder an die Bundesforste zu vermitteln. Der Hof S mit seinem Viehbestand und landwirtschaftlichen Flächen sei deshalb für die Ausbildung der behinderten Menschen notwendig und vom Land Oberösterreich anerkannt. Die Annahme des Finanzamtes, dass der Hof S aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse nicht von den regelmäßigen Verhältnissen, die bei der Festsetzung der Betriebszahl oder der Ermittlung des Hektarsatzes unterstellt werden, wesentlich abweiche, könne aus dem Blickpunkt einer Behinderteneinrichtung mit Ausbildungsschwerpunkt nicht nachvollzogen werden. Der Vergleich zwischen einem marktorientierten landwirtschaftlichen Betrieb, der am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, und dem Hof S verkenne den tatsächlichen Aufgabenschwerpunkt dieser Einrichtung. Die Begründung der Behörde verkenne die Realsituation und sei auf fehlende Sachverhaltsermittlung zurückzuführen. Einem landwirtschaftlichen Betrieb mit 45 behinderten Klienten, welche sich in Ausbildung befänden, könne keine Marktorientierung und auch keine Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr unter den gleichen Voraussetzungen wie bei normalen landwirtschaftlichen Betrieben unterstellt werden. Das Ziel der Einrichtung sei neben der Ausbildungsfunktion auch die Sicherstellung der Grundnahrungsmittel für den Eigenbedarf. Die Annahme der Abgabenbehörde erster Instanz sei nicht zielführend und verkenne die reale Ist-Situation. Weiters verwies der Vertreter darauf, dass nach § 8 Abs. 2 Z. 1 GrStG die Einschränkung der Steuerbefreiung nach § 8 Abs. 1 für land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitz gelte, der für Lehr- oder Versuchszwecke diene und 10 Hektar nicht übersteige. Die flächenmäßige Begrenzung mit 10 ha werde ex lege aufgehoben, wenn eine größere Fläche unmittelbar für Lehr- oder Versuchszwecke benutzt werde. Die Interpretation der Abgabenbehörde erster Instanz hinsichtlich der Lehrzwecke verkenne den Sinn des Gesetzes und enge ihn rechtswidrigerweise ein. Der Terminus Lehr- und Versuchszwecke sei weit auszulegen und umfasse auch alternative, moderne Lehrkonzepte. Es müssten auch jene Lehrkonzepte subsumiert werden, die für Menschen mit besonderem Förderbedarf (insbesondere geistig oder körperlich behinderte Menschen) angewendet würden.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Angefochtene Bescheide

Dem Wortlaut nach richtet sich die gegenständliche Berufung lediglich gegen den Bescheid über die Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben. Inhaltlich richtet sich die gegenständliche Berufung gegen die Nichtanerkennung der bis zum gewährten Grundsteuerbefreiung (nach § 8 GrStG).

Da das Finanzamt die bisher gewährte Grundsteuerbefreiung im Feststellungsbescheid zum vom nicht mehr anerkannt hat, betrachtete das Finanzamt diesen Bescheid auch in der Berufungsvorentscheidung vom als angefochtenen Bescheid (auch wenn sich die Berufung dem Wortlaut nach gegen den Bescheid über die Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben gerichtet hat).

Für die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sich die Berufung richtet, schreibt die BAO keine bestimmte Form vor. Entscheidend ist, ob aus dem gesamten Inhalt der Berufung hervorgeht, wogegen sie sich richtet (s. Ritz, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, Anm. 4 und 5 zu § 250 und die dort zitierte Judikatur des VwGH).

Aus dem Inhalt der Berufung geht hervor, dass sie sich gegen die nicht mehr gewährte Grundsteuerbefreiung richtet. Da das Finanzamt die Aberkennung der Grundsteuerbefreiung im gemäß § 295 BAO abgeänderten Feststellungsbescheid zum vom festgestellt und begründet hat, richtet sich die Berufung jedenfalls auch gegen diesen Bescheid (erstangefochtener Bescheid). In der Berufungsvorentscheidung vom geht das Finanzamt ebenfalls davon aus, dass sich die Berufung gegen diesen Bescheid richtet.

Darüber hinaus richtet sich die Berufung nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates auch gegen den Grundsteuermessbescheid zum vom (zweitangefochtener Bescheid) und den Bescheid über Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für das Jahr 2002 vom (drittangefochtener Bescheid). Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass die Grundsteuer im Grundsteuer-messbescheid festgesetzt wird und daher letztlich in diesem Bescheid über das Bestehen oder Nicht-Bestehen einer Grundsteuerbefreiung entschieden wird, auch wenn dieser Bescheid ein abgeleiteter Bescheid des Einheitswertfeststellungsbescheides zum vom ist.

Der drittangefochtene Bescheid wurde in der Berufung ausdrücklich als angefochtener Bescheid bezeichnet und ist ein abgeleiteter Bescheid des Grundsteuermessbescheides zum vom .

Da der zweitangefochtene und der drittangefochtene Bescheid abgeleitete Bescheide des Feststellungsbescheides zum vom sind, sind sie als solche - unabhängig von einer Entscheidung der Rechtsmittelbehörde - entsprechend der Änderung oder Aufhebung des erstangefochtenen Bescheid gemäß § 295 BAO abzuändern oder aufzuheben.

Grundsteuerbefreiung des land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundbesitzes

Nach § 8 Abs. 1 Grundsteuergesetz 1955 (GrStG 1955) ist land- und forstwirtschaftlich genutzter Grundbesitz auch dann steuerpflichtig, wenn er einem der in § 2 bezeichneten Zwecke unmittelbar dient.

Nach Abs. 2 leg. cit. gilt die Einschränkung der Steuerbefreiung nach Abs. 1 Z. 1 nicht für land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundbesitz, der Lehr- oder Versuchszwecken dient und dessen Fläche 10 Hektar nicht übersteigt.

Strittig ist im berufungsgegenständlichen Fall, ob die Ausnahme von der generellen Grund-steuerpflicht nach § 8 Abs. 2 GrStG 1955 vorliegt, weil der gegenständliche Grundbesitz für Lehrzwecke dient. Dass der Grundbesitz Versuchszwecken dient, wurde nicht behauptet.

Das Finanzamt versteht unter Lehrzwecke im Sinn des Gesetzgebers nur solche landwirtschaftliche Ausbildungsstätten wie landwirtschaftliche Fachschulen, welche Lehrgänge mit Abschlusszeugnissen anbieten (s. Berufungsvorentscheidung).

Der berufende Verband verweist demgegenüber darauf, dass die behinderten Klienten eine Ausbildung in der Landwirtschaft mit einer Lehrzeit von bis zu 3 Jahren erhalten. Ob die zu einer Lehre (als dualer Ausbildung) gehörige theoretische Ausbildung auch auf dem berufungsgegenständlichen Grundbesitz oder in einer landwirtschaftlichen Fachschule angeboten wird und ob ihre behinderten Klienten auch Prüfungen ablegen, dazu äußerte sich der berufende Verband nicht. Der berufende Verband äußerte sich auch nicht dazu, wie "alternative, moderne" Lehrkonzepte aussehen und worin sie sich von herkömmlichen Lehrkonzepten unterscheiden. Er verzichtete auch darauf, solche alternative, moderne Lehrkonzepte als Beweismittel vorzulegen.

Auf Grund der Aktenlage und des Parteienvorbringens ist auch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (ohne weiteres Ermittlungsverfahren) nicht in der Lage, zu beurteilen, ob der berufungsgegenständliche Grundbesitz tatsächlich Lehrzwecken dient. Umso weniger konnte das Finanzamt bei Erlassung des angefochtenen Bescheides diese Frage beantworten. Die vom Finanzamt getroffenen Feststellungen reichten daher nicht aus, um eine bereits früher gewährte Grundsteuerbefreiung im Wege der Wertfortschreibung zu berichtigen.

Strittig ist im berufungsgegenständlichen Fall auch die Frage, ob die "begünstigte" Fläche von höchstens 10 Hektar überschritten wurde. Dazu ist auf die Feststellungen des angefochtenen Bescheides zu verweisen. Demnach wurden 2 ha 48 a 87 m² als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb (berufungsgegenständlicher Grundbesitz) bewertet. Diese Fläche fällt noch unter die Begünstigung des § 8 Abs. 2 Z. 1 GrStG. Gepachtete Flächen sind nicht beim Pächter zusammen mit dem berufungsgegenständlichen Grundbesitz zu bewerten, sondern bei den einzelnen Verpächtern (als Liegenschaftseigentümer). Sie sind daher bei der Beurteilung, ob die "begünstigte" Fläche von höchstens 10 Hektar überschritten wurde, außer Betracht zu lassen.

Wertfortschreibung nach § 21 Abs. 1 Z. 1BewG

Nach § 21 Abs. 2 Bewertungsgesetz 1955 (BewG) sind die im Abs. 1 Z. 1 festgesetzten Wertgrenzen nicht zu beachten, wenn für einen Teil des Bewertungsgegenstandes ein Grund für eine Abgabenbefreiung eintritt oder wegfällt.

Daraus ergibt sich, dass bei unverändertem Einheitswert eine Wertfortschreibung nach § 21 BewG zulässig ist, wenn eine Grundsteuerbefreiung eintritt oder wegfällt. Ändert sich an der Grundsteuerbefreiung nichts oder gibt es für das Wegfallen der Grundsteuerbefreiung keine ausreichenden Anhaltspunkte (wie im berufungsgegenständlichen Fall) so ist eine Wertfortschreibung nicht zulässig.

Wenn das Finanzamt eine Wertfortschreibung zur Fehlerberichtigung vornimmt, so hat es den "Fehler" einwandfrei zu dokumentieren. Ist es zweifelhaft, ob dieser Fehler (hier angenommene Grundsteuerbefreiung für Lehrzwecke) tatsächlich besteht, so ist eine Wertfortschreibung erst dann möglich, wenn der Sachverhalt einwandfrei geklärt ist.

Da am Vorhandensein oder Nichtvorhandensein des "Fehlers", welchen das Finanzamt mit dem angefochtenen Bescheid berichtigen wollte, erhebliche Zweifel bestanden, hätte das Finanzamt den Wertfortschreibungsbescheid zur Fehlerberichtigung noch nicht erlassen dürfen.

Aus den angeführten Gründen waren die angefochtenen Bescheide aufzuheben.

Der zuletzt zum erlassene Einheitswertfeststellungsbescheid (Nachfeststellung gem. § 22 Abs. 1 BewG) vom sowie die von diesem Bescheid abgeleiteten Bescheide (Grundsteuermessbescheid undBescheid über Beiträge und Abgabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) gehören damit wiederum dem Rechtsbestand an.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 295 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 Abs. 1 Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149/1955
§ 8 Abs. 2 Grundsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 149/1955
§ 21 Abs. 2 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at