Einleitung wegen Bestimmung zur Abgabenhinterziehung des nachfolgenden Geschäftsführers durch Verschweigen einer Rechnung mit € 30.000,00 Umsatzsteuerbetrag
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2012/16/0091 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.
Entscheidungstext
Beschwerdeentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates Wien 2, HR Mag. Gerhard Groschedl, in der Finanzstrafsache gegen Herrn A.B., Wien, vertreten durch Nordmeyer Rechtsanwälte Dr. Widukind W. Nordmeyer, Dr. Thomas Kitzberger, 4600 Wels, Pollheimerstraße 12, wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) als Bestimmungstäter über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG des Finanzamtes Wien 1/23 als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , StrNr. 001,
zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Wien 1/23 als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen Herrn XY (in weiterer Folge: Bf.) zur Strafnummer 001 ein Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass er als für die abgabenrechtlichen Belange Verantwortlicher der Firma C-GmbH (im Zeitpunkt der Ausstellung der Honorarnote 100/003 vom ) den im Zeitpunkt der zu niedrigen Abgabenfestsetzung der Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuerbescheide 2003 am im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführer D.E. vorsätzlich dazu bestimmt habe, unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht und zwar dadurch, dass Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen seien, zu niedrig festgesetzt worden seien, folgende Abgabenverkürzungen zu bewirken: Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2003 in betragsmäßig noch festzustellender Höhe (Differenz zwischen Festsetzungsbetrag und der noch festzustellenden tatsächlichen Abgabenhöhe) und hiermit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 und Abs. 3a FinStrG iVm § 11 FinStrG begangen habe.
Als Begründung wurde ausgeführt, dass aufgrund von Kontrollmaterial der Behörde bekannt geworden sei, dass die Firma C-GmbH für die Firma F-KEG Leistungen 3/2003 in Höhe von € 150.000,00 zuzüglich Umsatzsteuer erbracht habe, die weder in den Umsatzsteuervoranmeldungen noch in der darauf basierenden Jahresschätzung (Bescheide vom ) Deckung gefunden haben.
Als im Firmenbuch eingetragenem Geschäftsführer sei es dem Bf. oblegen, für vollständige Grundaufzeichnungen, ein inhaltlich korrektes Rechenwerk sowie die Einbringung von inhaltlich richtigen Abgabenerklärungen Sorge zu tragen. Auf Grund des o.a. Sachverhaltes bestehe der Verdacht, dass der Bf. durch die Nichterfassung in der bezughabenden Umsatzsteuervoranmeldung in weiterer Folge den nachfolgenden Geschäftsführer D.E. dazu bestimmt habe, durch die Veranlassung und Akzeptanz einer zu niedrigen Abgabenfestsetzung die gegenständliche Abgabenverkürzung zumindest bedingt vorsätzlich bewirkt zu haben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Bf. vom , in welcher darauf hingewiesen wird, dass der Anfangsverdacht nach den amtlichen Urkunden schon grundsätzlich nicht gegeben sein könne.
Wie aus dem vorliegenden Firmenbuchauszug ersichtlich sei der Bf. mit Wirksamkeit vom als Geschäftsführer abberufen worden. Die Umsatzsteuervoranmeldung für Umsätze aus dem Monat März 2003 sei daher bis abzugeben gewesen, was für den Bf. mangels Vertretungsbefugnis rechtlich gar nicht mehr zulässig und möglich gewesen sei. Darüber hinaus könne er sich noch daran erinnern, dass der Umsatzsteuerbetrag von € 30.000,00 der Honorarnote vom in seinen letzten Tagen als Geschäftsführer der Firma C-GmbH vom Firmenkonto bei der Bank an das Finanzamt einbezahlt worden sei, was bei einer Einsicht in die amtlichen Buchungsunterlagen zur Steuernummer dieser Firma jederzeit festgestellt werden können müsse. Auch aufgrund dieser effektiven Zahlung sei eine Steuerverkürzung an Umsatzsteuer während seiner Geschäftsführertätigkeit und demgemäß der Verdacht einer Steuerhinterziehung von vornherein ausgeschlossen.
Unter seiner Verantwortung seien die Aufzeichnungen und Geschäftsbücher vollständig geführt und alle Pflichten als GmbH-Geschäftsführer erfüllt worden. Für alle Vorgänge nach dem scheide eine auch abgabenrechtliche Verantwortlichkeit des Bf. für die angeführte Firma aus und können schon theoretisch keine Pflichtverletzungen begangen worden sein.
Es werde daher die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Vorweg ist festzuhalten, dass aufgrund der zunächst vom Verteidiger gezeigten Bereitschaft, die Beschwerde unter bestimmten Prämissen zurückzuziehen, mit der Erledigung des Rechtsmittels zugewartet wurde und es daher zur zeitlichen Verzögerung in der Bearbeitung gekommen ist. Aufgrund der Mitteilung der Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , wonach es auch Anzeigen gäbe und es sich um ein umfangreiches Betrugsverfahren handle, ist mit einer Zurückziehung der Beschwerde nicht mehr zu rechnen.
Gemäß § 82 Abs. 1 in Verbindung mit § 83 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz, sofern genügend Verdachtsgründe für die Einleitung wegen eines Finanzvergehens gegeben sind, das Finanzstrafverfahren einzuleiten.
Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.
Gemäß § 11 FinStrG begeht nicht nur der unmittelbare Täter das Finanzvergehen, sondern auch jeder, der einen anderen dazu bestimmt, es auszuführen, oder der sonst zu seiner Ausführung beiträgt.
Eingangs ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens genügt, wenn gegen einen Verdächtigen genügende Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Betracht kommt. Ein derartiger Verdacht, der die Finanzstrafbehörde zur Einleitung eines Finanzstrafverfahrens verpflichtet, kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ein Verdacht ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (). Dabei ist nur zu prüfen, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe gegeben sind, nicht darum, schon jetzt die Ergebnisse des förmlichen Untersuchungsverfahrens gleichsam vorwegzunehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde bekannt gewordenen Umstände für einen Verdacht ausreichen oder nicht.
Dabei bedeutet Vorsatz eine zielgerichtete subjektive Einstellung des Täters, auf deren Vorhandensein oder Nichtvorhandensein nur nach seinem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten unter Würdigung aller sonstigen Sachverhaltselemente geschlossen werden kann ().
Soweit der Bf. darauf hinweist, dass der Anfangsverdacht nach den amtlichen Urkunden nicht gegeben sein kann, weil er laut Firmenbuch mit Wirksamkeit vom als Geschäftsführer abberufen worden wäre und für die Umsatzsteuervoranmeldung März 2003 am er mangels Vertretungsbefugnis rechtlich gar nicht mehr zuständig gewesen wäre, ist auf den Spruch des angefochtenen Bescheides zu verweisen, wonach der Verdacht besteht, dass der Bf. nicht als unmittelbarer Täter (nicht im Zeitpunkt der Fälligkeit als damals für die abgabenrechtlichen Belange zuständiger Geschäftsführer), sondern als Bestimmungstäter dazu beigetragen hat, dass der im Zeitpunkt der zu niedrigen Abgabenfestsetzung der Umsatzsteuer- und Körperschaftsteuerbescheide 2003 am im Firmenbuch eingetragene Geschäftsführer D.E. schon durch zuvor erfolgte Handlungen des Bf. veranlasste Abgabenverkürzungen an Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2003 akzeptiert hat.
Außer Streit steht, dass der Bf. ab nicht mehr für die abgabenrechtlichen Belange der Firma C-GmbH verantwortlich war. Allerdings begeht nach den Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes nicht nur der unmittelbare Täter ein Finanzvergehen, sondern auch jeder, der zur Tat beiträgt oder einen anderen dazu bestimmt.
Aus dem in § 11 FinStrG verankerten Einheitstäterbegriff folgt, dass der unmittelbare Täter (1. Fall), Bestimmungstäter (2. Fall) und Beitragstäter (3. Fall) selbstständig (unabhängig von der Strafbarkeit der anderen Beteiligten) für eigenes Unrecht und eigene Schuld haften, wobei ein wertender Unterschied zwischen den drei Beteiligungsformen nicht gemacht werden kann ().
Bestimmungstäter ist, wer vorsätzlich den unmittelbaren Täter zu dessen Tatausführungen veranlasst () bzw. wer durch ein Verhalten, das den (oder zumindest einen) Anstoß zur Tatausführung gibt, dafür ursächlich wird, dass sich ein anderer zur Ausführung einer strafbaren Handlung entschließt ().
Im Sinne des § 11 FinStrG bestimmt einen anderen zur Tat auch, wer bewirkt, dass sie dieser andere in einem Irrtum befangen unvorsätzlich begeht oder wer einen schuldlos Handelnden zur Ausführung veranlasst.
Die Bestimmung eines vorsatzlos Handelnden zur Tatausführung ist Täterschaft iS der 2. Alternative des § 11 FinStrG (). Bestimmungstäter ist auch, wer sich zur Tatbegehung eines schuldlosen, eines fahrlässig handelnden, eines qualifikationslosen oder eines tendenzlosen Werkzeugs bedient ( 10 Os 186, 201, 202/77).
Zum Zeitpunkt der Ausstellung der Honorarnote vom war der Bf. noch Geschäftsführer der Firma C-GmbH. Als solcher behauptet er zwar in der Beschwerde, dass der damalige Umsatzsteuerbetrag von € 30.000,00 in seinen letzten Tagen als Geschäftsführer vom Firmenkonto an das Finanzamt einbezahlt worden wäre. Tatsache ist jedoch, dass am Abgabenkonto der GmbH entgegen den Beteuerungen des Bf. dieser Betrag weder in der Zeit seiner Geschäftsführertätigkeit einbezahlt wurde noch dieser Betrag in der Umsatzsteuervoranmeldung für März 2003 aufgenommen worden wäre. Die diesbezügliche Beschwerdedarstellung kann daher nur als Schutzbehauptung bezeichnet werden.
Vielmehr wurde (nicht mehr im Zuständigkeitszeitraum des Bf.) am eine Umsatzsteuervoranmeldung für März 2003 mit einem Guthaben von € 296,81 (jedenfalls ohne den zuvor erwähnten Umsatzsteuerbetrag von € 30.000,00) eingereicht. Auch bei der Schätzung der Umsatz- und Körperschaftsteuer 2003 mit Bescheiden vom konnte dieser Betrag mangels Kenntnis davon nicht berücksichtigt werden.
Daraus abgeleitet besteht der Verdacht, dass der Bf. als zunächst für die abgabenrechtlichen Belange der Firma C-GmbH zuständiger Geschäftsführer die Honorarnote vom mit dem Umsatzsteuerbetrag von € 30.000,00 nicht im Rechenwerk der GmbH ordnungsgemäß aufgenommen hat oder die Honorarnote dem nachfolgenden Geschäftsführer für die Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung für März 2003 vorenthalten hat, sodass dieser den nicht unbeachtlichen Umsatzsteuerbetrag von € 30.000,00 nicht in der entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldung aufnehmen und mangels entsprechender Kenntnis die entsprechende Umsatzsteuervorauszahlung auch nicht entrichten konnte.
In Folge dieser Unkenntnis auch des zum Zeitpunkt der Veranlagung 2003 zuständigen Geschäftsführers D.E. hat dieser die erwähnte Honorarnote weder in der Jahresumsatzsteuererklärung noch in der entsprechenden Körperschaftsteuererklärung dem Finanzamt gegenüber erwähnen können, wobei es schließlich zur Schätzung sowohl der Umsatz- als auch der Körperschaftsteuer 2003 in jeweils zu geringer Höhe gekommen ist.
Hinsichtlich der im angefochtenen Bescheid noch nicht feststehenden Höhe der strafbestimmenden Wertbeträge ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es nicht dem Konkretisierungsgebot eines Einleitungsbescheides widerspricht, wenn die Höhe der dem Beschuldigten allenfalls vorzuwerfenden Abgabenverkürzung dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 114 ff FinStrG vorbehalten wird ().
Angesichts des Wissens des Bf. aus seiner früheren Tätigkeit als Geschäftsführer über die abgabenrechtlichen Verpflichtungen zur Abgabe von inhaltlich richtigen und vollständigen Steuererklärungen (inklusive Umsatzsteuervoranmeldungen) samt der damit verbundenen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht besteht angesichts der fehlenden Informationen der Nachgeschäftsführer über den aus der Honorarnote vom resultierenden und damals noch nicht entrichteten Umsatzsteuerbetrag von € 30.000,00 der Verdacht, dass der Bf. als Bestimmungstäter den im Zeitpunkt der Veranlagung zuständigen Geschäftsführer (dem hier nur die Qualifikation eines unwissenden Werkzeuges zukommt) zur Begehung einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG veranlasst hat und der Bf. eine dadurch bewirkte Abgabenhinterziehung deshalb zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat, weil diese Honorarnote im Zeitraum seiner Geschäftsführertätigkeit vom Bf. entgegen seiner abgabenrechtlich wahrzunehmenden Pflichten nicht ordnungsgemäß in den Buchhaltungsunterlagen der GmbH aufgenommen wurden, sodass in der Folge darauf vom zuständigen Geschäftsführer auch nicht Bedacht genommen werden konnte.
Die endgültige Beantwortung der Frage, ob der Bf. als Bestimmungstäter im Sinne des § 11 FinStrG das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG begangen hat, bleibt ebenso dem Ergebnis des weiteren finanzstrafbehördlichen Untersuchungsverfahrens vorbehalten wie die endgültige Berechnung der strafbestimmenden Wertbeträge (eine abgabenbehördliche Außenprüfung ist anhängig).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 83 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 33 Abs. 1 und 3a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 11 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 83 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | Bestimmungstäter |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at