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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 30.06.2008, RV/0237-L/07

Vorsteuerabzug für die Errichtung einer Zufahrtsstraße durch einen Gemeindeverband


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Miterledigte GZ:
RV/1129-L/07

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/15/0261 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0237-L/07-RS1
Errichtet ein Gemeindeverband eine Zufahrtsstraße zu einem Betriebsansiedlungsgebiet, die normalerweise nicht von der Allgemeinheit, sondern nur von den dort angesiedelten Unternehmern sowie deren Kunden und Zulieferer benutzt wird und haben die angesiedelten Unternehmer hiefür anteilig die Straßenerrichtungskosten abzudecken, steht dem Gemeindeverband hinsichtlich der diesbezüglichen Vorleistungen (Straßenerrichtungskosten) der Vorsteuerabzug zu. Unmaßgeblich ist, ob es sich bei der Zufahrtsstraße um eine (im Sinn der jeweils gültigen Straßenverkehrsgesetze) öffentliche Straße oder um eine Privatstraße handelt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des RWDA, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz vom betreffend Umsatzsteuer 2004 und 2005 sowie vom betreffend Umsatzsteuer 2006 entschieden:

Den Berufungen wird Folge gegeben.

Die Vorsteuern werden für nachstehende Jahre wie folgt festgesetzt: 2004: 9.677,23 €; 2005: 31.185,08 €; 2006: 77.683,37 €.

Die übrigen Bemessungsgrundlagen bleiben unverändert.

Die Umsatzsteuer beträgt daher für nachstehende Jahre: 2004: -9.677,23 €; 2005: -31.185,08 €; 2006: -50.181,73 €.

Entscheidungsgründe

Nach den Feststellungen des Betriebsprüfers haben sich bestimmte Gemeinden zum berufungswerbenden regionalen Wirtschaftsverband zwecks Planung und Errichtung eines regionalen Betriebsansiedlungsgebietes zusammengeschlossen. Von den Errichtungskosten (u.a. Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Erschließungsstraße, Stromversorgung) wurden Vorsteuern geltend gemacht.

Nach Ansicht des Prüfers und ihm folgend des Finanzamtes ist der Berufungswerber ein Gemeindeverband, dem dieselbe Rechtsposition wie jene einer Gemeinde zukommt. Nach landesgesetzlichen Bestimmungen obliegt die Errichtung und Erhaltung öffentlicher (Gemeinde)Straßen der Gemeinde (bzw. dem Gemeindeverband). Den Anrainern werden in der Regel aufgrund landesgesetzlicher Vorschriften Aufschließungsbeiträge bescheidmäßig vorgeschrieben. Das Betriebsansiedlungsgebiet liegt im Einzugsbereich einer der beteiligten Gemeinden. Die umliegenden Gemeinden haben aber ebenfalls Interesse an der Schaffung des Gewerbegebietes (weil damit Arbeitsplätze im Nahbereich geschafffen werden) und übernehmen deshalb einen Teil der Kosten. Somit geht es lediglich um die gemeinsame Kostentragung. Der Auftrag zur Straßenerrichtung hätte daher auch direkt von der Einzugsgemeinde (im hoheitlichen Bereich) erteilt werden können. Davon ausgehend ist die Vorsteuerabzugsberechtigung für die Straßenerrichtung und die Straßenerhaltung nicht gegeben. Besagte Leistungen werden auch nicht an den Unternehmensbereich des Berufungswerbers ausgeführt, weil die Straße für den Gemeingebrauch (unentgeltlich) zugänglich ist. Unmaßgeblich ist, ob eine öffentliche Widmung besteht oder ob eine Privatstraße vorliegt.

Abschließend merkte der Prüfer an, dass die Erschließungsentgelte zur Gänze mit 20% weiterverrechnet worden sind. Es bestünde zwar eine Berichtungsmöglichkeit, aus verwaltungsökonomischen Gründen wird jedoch (offenbar vom Berufungswerber) davon Abstand genommen (weil innerhalb der Unternehmerkette).

In der Berufung wurde u.a. ausgeführt:

Die Grundstücke, die für die Betriebsansiedlung vorgesehen sind, stehen im Eigentum der Landwirte und sollen direkt von diesen an die Unternehmer verkauft werden. Dafür bestehen Optionsverträge.

Das Betriebsbaugebiet wird durch eine Privatstraße erschlossen, die im Eigentum des Wirtschaftsverbandes steht. Diese Privatstraße bildet den Anschluss an die vorbeiführende Landesstraße und wird nur für Zu- und Abfahrten zum Betriebsbaugebiet benützt. Als solche wird die Straße nicht für den öffentlichen Durchzugsverkehr verwendet.

Den ansiedelnden Unternehmern wird ein Erschließungsentgelt zuzüglich Umsatzsteuer verrechnet. Die infrastrukturelle Aufschließung durch den Gemeindeverband beinhaltet weiters Wasser, Kanal, Telekom und Strom. Für Wasser bzw. Kanal sind eine einmalige Kanalanschlussgebühr bzw. eine einmalige Wasseranschlussgebühr zu entrichten.

Seitens des Regionalen Wirtschaftsverbandes wurde der Vorsteuerabzug aus den Aufschließungskosten (einschließlich Privatstraße) geltend gemacht.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde die vom Verband für den Straßenbau geltend gemachte Vorsteuer nicht anerkannt und der Vorsteuerabzug entsprechend gekürzt. Dies mit der Begründung, dass die Errichtung und Erhaltung der öffentlichen Straße eine hoheitliche Tätigkeit darstelle, die dem Vorsteuerabzug nicht zugänglich sei. Da die Straße dem Gemeingebrauch (unentgeltlich) zugänglich sei, komme es nach Ansicht der Betriebsprüfung auf die Widmung als öffentliche oder private Straße nicht an.

Der Auffassung der Behörde, wonach die Straßenanlage für den Gemeingebrauch (unentgeltlich) zugänglich ist und demzufolge ein Zusammenhang zwischen den Planungs- und Errichtungskosten der Straßenanlage mit den Grundstücksveräußerungen zu verneinen ist, kann unseres Erachtens nicht gefolgt werden; ebenso das Argument, dass ein Gemeindeverband im selben Umfang hoheitlich handelt wie wenn die Gemeinde die Aufgabe selbst wahrgenommen hätte.

Es handelt sich bei der Privatstraße um keine öffentliche Straße und somit liegt keine hoheitliche Aufgabe vor. Auch eine Gemeinde kann eine Privatstraße errichten, worauf die Regelungen des OÖ Straßengesetzes nicht anwendbar sind, womit die Gemeinde privatwirtschaftlich tätig wird (z.B. Zufahrt zum Betriebsgelände eines Betriebes gewerblicher Art).

Festzuhalten ist weiters, dass ohne die straßenbauliche Maßnahme ein Zufahren nicht in der einem Betriebsgrundstück entsprechenden Weise gegeben wäre.

Die Errichtung der Privatstraße steht im besonderen Interesse des Regionalen Wirtschaftsverbandes, weil durch diese Maßnahme das Betriebsbaugebiet überhaupt erst aufgeschlossen und somit für potentielle Kaufinteressenten attraktiver wird. Die Straßenbaumaßnahmen sind somit Grundvoraussetzung dafür, dass überhaupt Grundstücke verkauft werden können.

Geplant war von Anfang an, dass die Kosten der straßenbaulichen Maßnahmen letztlich wirtschaftlich von den Erwerbern der Grundstücke getragen und diesen anteilig weiterverrechnet werden sollen. Diese Absicht schlägt sich in der Kalkulation des Erschließungsentgeltes des Regionalen Wirtschaftsverbandes nieder.

Aus europarechtlicher Sicht ist für die Beurteilung, ob Körperschaften öffentlichen Rechts im Rahmen der öffentlichen Gewalt, d.h. im Hoheitsbereich tätig werden, entscheidend, welchen Handlungsmodus diese setzen. Werden die gegenständlichen Erschließungsbeiträge wie gegenständlich aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung in Rechnung gestellt, spricht dies daher ebenfalls für die Beurteilung als unternehmerische Tätigkeit des Gemeindeverbandes.

Betreffend die Errichtung der Privatstraße kann jedenfalls nicht von Ausübung öffentlicher Gewalt oder Erfüllung öffentlicher Aufgaben gesprochen werden, weil die Errichtung von Privatstraßen schon rein begrifflich nicht von der Verpflichtung zur Straßenverwaltung iSd OÖ Straßengesetzes umfasst ist.

Bei dem Grundstück, auf dem die Straße errichtet wurde, handelt es sich um Eigentum und somit um Privatgut des Regionalen Wirtschaftsverbandes, d.h. es besteht keine öffentliche Widmung. Im Zusammenhang mit der Errichtung der Straße kann deshalb der Gemeindeverband nicht anders behandelt werden als ein privater Rechtsträger, der als Bauunternehmer zur Errichtung von Privatstraßen für Unternehmer oder Privatpersonen tätig wird.

Faktum ist, dass für die Privatstraße keine Verordnung des Gemeinderates vorliegt oder geplant ist und die Straße nicht als öffentliches Gut im Grundbuch eingetragen ist. Die Gemeinde könnte dies auch nur mit Zustimmung des Regionalen Wirtschaftsverbandes durchführen.

Im Vorlagebericht führte das Finanzamt u.a. aus, dass zweifelsfrei eine hoheitliche Tätigkeit vorläge, wenn die Errrichtung der Straße gegen Vorschreibung von Kostenbeiträgen erfolgt wäre. Der Vorsteuerabzug stünde der jeweiligen Gebietskörperschaft nicht zu und die Verrechnung der Erschließungskosten unterläge nicht der Umsatzsteuer. Aus der subjektiven Sicht des Berufungswerbers mag es zwar richtig sein, dass er letztlich deswegen zur Kostentragung bereit war, um eine Aufschießung des Betriebsbaugebietes überhaupt möglich zu machen. Tatsache ist aber, dass die Straße von der Allgemeinheit benützt werden darf. Die Errichtung der Straße dient also objektiv betrachtet dem Berufungswerber nicht zur nachhaltigen Umsatzerzielung.

Abschließend verwies das Finanzamt auf das , Halifax, nach welchem dem Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug entgegensteht, wenn die Umsätze, die dieses Recht begründen, eine missbräuchliche Praxis darstellen. Diesfalls ist auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt abzustellen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Berufungswerber ließ eine Straße errrichten und erhält hiefür von jenen Unternehmern, die sich im fraglichen Gebiet ansiedeln, letztlich die Kosten abdeckende Erschließungsbeiträge. Die Ansicht des Finanzamtes, objektiv betrachtet diene die Straße nicht der nachhaltigen Umsatzerzielung (wohl richtig: Einnahmenerzielung), ist daher nicht zu teilen. Daran ändert auch nichts, dass für die Benützung der Straße kein Entgelt verlangt wird. Und dass der Berufungswerber die Kosten der Straßenerrichtung trägt, ist schlichtweg unzutreffend.

Fraglich ist allerdings, ob die Straßenerrichtung eine hoheitliche oder privatwirtschaftliche (und somit unternehmerische und demnach grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigende) Tätigkeit darstellt.

Nach dem Erkenntnis des , kommt es auf die Ausübungsmodalitäten der Tätigkeit an. Unbestritten sind die Erschließungsbeiträge auf zivilrechtlicher Basis vereinbart und in Rechnung gestellt worden. Dies spricht für eine privatwirtschaftliche Betätigung. Die Ausführungen des Finanzamtes, es stünde kein Vorsteuerabzug zu, wenn die Straße gegen (offenbar gemeint: hoheitliche) Vorschreibung von Kostenbeiträgen errichtet worden wäre, sind daher hypothetisch und daher nicht geeignet, den Standpunkt des Finanzamtes zu stützen. Überdies hätte eine Gemeinde keine Veranlassung, eine Straße hoheitlich zu errichten, obwohl sie (wie nachstehend dargelegt) von der Allgemeinheit nicht benötigt wird.

Das Finanzamt hat auch angedeutet, dass die Wahl der privatrechtlichen Form missbräuchlich erfolgt und damit nicht anzuerkennen sei (siehe , Halifax). Ein Missbrauch liegt jedoch im konkreten Fall nicht vor: Nach den unbestrittenen Berufungsausführungen hat die gegenständliche Straße nur Bedeutung für die angesiedelten Unternehmen sowie deren Kunden bzw. Zulieferer. Alle anderen Personen könnten zwar auch die Straßé benutzen, wenn sie dies tun, dann aber offensichtlich deswegen, weil sie sich verfahren haben. Daraus ist jedoch nicht zu schließen, dass der Berufungswerber die Straße für die Allgemeinheit gebaut hat.

Das Motiv des Berufungswerbers, die Straße zu bauen, lag letztlich darin, Anreize für Unternehmen zu schaffen, sich im betreffenden Gebiet anzusiedeln. Die Schaffung solcher Anreize ist jedoch keine hoheitliche Aufgabe.

Hätten die angesiedelten Unternehmer die Straße errichten lassen, dürften sie zweifelsfrei die diesbezüglichen Vorsteuern abziehen (insofern sie nicht steuerfreie Umsätze tätigen). Dies selbst dann, wenn ihnen der hiefür nötige Grund und Boden nicht gehört. Eine daran anschließende Übertragung der Straße ins öffentliche Gut würde auch keine sonstige Leistung im Sinn des § 3a Z 1 UStG 1994 darstellen, weil die Straße nicht deshalb errichtet worden wäre, um sie ins öffentliche Gut zu übertragen (dies würde eine unternehmensfremde Verwendung darstellen), sondern damit die übrigen Grundstücke des Betriebsansiedlungsgebietes zugänglich und damit unternehmerisch nutzbar werden (vgl. auch GZ. RV/0884-L/04) .

Im Endeffekt ist daher kein Unterschied, ob der Berufungswerber die Straße errichten läßt, Vorsteuern geltend macht und den angesiedelten Unternehmern für die Errichtung der Straße Umsatzsteuern in Rechnung stellt, die diese (insofern sie nicht steuerfreie Umsätze tätigen) als Vorsteuer abziehen dürfen, oder ob die angesiedelten Unternehmer die Straße selbst errichten lassen und die diesbezüglichen Umsatzsteuern als Vorsteuer abziehen (insofern sie nicht steuerfreie Umsätze tätigen).

Aus all diesen Gründen hat der Berufungswerber nicht missbräuchlich privatwirtschaftlich gehandelt. Somit ist kein hoheitliches Handeln zu unterstellen. Ob die Straße eine private oder öffentliche ist ist demnach (wie auch das Finanzamt richtig erkennt) nicht von Bedeutung.

Nach den Berufungsausführungen sind die straßenbaulichen Maßnahmen Voraussetzung dafür, dass überhaupt Grundstücke verkauft werden können. Dies trifft zwar zu, ein für den Vorsteuerabzug maßgeblicher Zusammenhang zwischen der Straßenerrichtung und den Grundstücklieferungen besteht jedoch nicht, weil Letztere nicht durch den Berufungswerber erfolgt sind. Dies ändert aber nichts daran, dass aus den oben dargelegten Gründen (privatwirtschaftliche Errichtung einer Straße gegen Erschließungsbeiträge) der Vorsteuerabzug zusteht.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Betriebsansiedlungsgebiet
Zufahrtsstraße
Straßenerrichtung
Vorsteuerabzug
Gemeindeverband
öffentliche Straße
Privatstraße
Zitiert/besprochen in
taxlex-SRa 2008/99
UFS Newsletter 2008/05

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