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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 29.01.2013, RV/0640-L/11

Verspäteter Umbuchungsantrag

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der A GmbH, Adresse, vertreten durch S Steuerberatung GmbH, Adresse1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes C vom betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt gegenüber der Berufungswerberin (Bw) einen ersten Säumniszuschlag von 1.669,65 €, das sind 2 % der Umsatzsteuer 11/2010 in Höhe von 83.482,47 €, fest. Begründend wurde ausgeführt, dass die angeführte Abgabenschuld nicht bis entrichtet worden sei.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung beantragte die steuerliche Vertreterin der Bw die Aufhebung dieses Bescheides. Die Bw habe im November 2010 zwei betragsmäßig sehr hohe Ausgangsrechnungen mit jeweils 250.000,00 € und 50.000,00 € Mehrwertsteuer - insgesamt daher 600.000,00 € - geschrieben. Bei beiden Ausgangsrechnungen sei eine Mehrwertsteuerüberrechnung zwischen den Finanzamtskonten vereinbart und auf den Ausgangsrechnungen entsprechend formuliert worden. Eine Ausgangsrechnung sei an die XX (laut vorgelegter Rechnung: XY) GmbH gestellt worden. Die Umsatzsteuervoranmeldung der XY GmbH sei aber erst am eingereicht und daher das Guthaben erst zu diesem Zeitpunkt der Bw gutgebucht worden. Die Bw habe in den letzten sechs Monaten einmal die Körperschaftsteuervorauszahlung nicht pünktlich geleistet, sodass § 217 Abs. 5 BAO nicht berücksichtigt worden sei. Nach Ansicht der Bw liege das Verschulden aber nicht bei ihr, da sie ihre Umsatzsteuervoranmeldung pünktlich eingereicht habe, sondern bei der XY GmbH. Es habe ein Guthaben gegeben, weshalb auch keine Zahlung fällig gewesen sei. Laut Auskunft des Steuerberaters dieser Gesellschaft sei es bei dieser in den letzten sechs Monaten zu keiner verspäteten Zahlung gekommen, sodass nach Rechtsansicht der Bw § 217 Abs. 5 BAO zur Anwendung gelange.

Die zweite Rechnung betreffe die B AG. Auch hier sei es zu keiner groben Fahrlässigkeit gekommen, da eine Verknüpfung unglücklicher Umstände vorgelegen sei. Die Ausgangsrechnung habe wiederum alle Formalvoraussetzungen für eine Mehrwertsteuerüberrechnung beinhaltet. Die B AG habe jedoch nicht den Nettobetrag an die Bw bezahlt, sondern den Betrag in Höhe von 300.000,00 €. Dies habe die Mitarbeiterin der Steuerberatungskanzlei der B AG (eine Bilanzbuchhalterin) dazu bewegt, den Vorstand der Gesellschaft, Mag. E, anzurufen, was zu tun sei. Diesem seien die Auswirkungen sicher nicht bekannt gewesen, und er habe mitgeteilt, dass die Mehrwertsteuerüberrechnung nicht zu erfolgen habe. Die Mitarbeiterin der Steuerberatungskanzlei der B AG habe die Bw bzw. deren steuerliche Vertreterin aber nicht darüber informiert, dass keine Überrechnung stattfinde.

Ausgangsrechnungen mit Mehrwertsteuerüberrechnungen seien leider - oder Gott sei Dank - sehr selten, daher werde gebeten, die Verkettung ungünstiger Umstände zu verzeihen. Die Bw wisse keine Prüfungsmechanismen in der EDV, wie dies verhindert werden könnte, sie denke aber auf jeden Fall nicht, dass grobe Fahrlässigkeit vorliege.

Den beiden der Berufung beigefügten Rechnungen ist jeweils der Vermerk zu entnehmen, dass eine Umsatzsteuerüberrechnung zwischen den Finanzamtskonten durchgeführt werde, der Betrag sei nur netto zu überweisen. Daneben sind jeweils das Finanzamtskonto der Bw sowie das der jeweiligen Rechnungsempfängerin angeführt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass im vorliegenden Fall die am fällige Umsatzsteuervorauszahlung 11/2010 in Höhe von 83.482,47 € erst am (52.496,00 €) bzw. am (30.986,47 €) verspätet entrichtet worden sei. Die Vorschreibung des Säumniszuschlages sei daher zu Recht erfolgt.

Die Abgabenbehörde gehe davon aus, dass die Berufung überwiegend auf die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO gestützt werde. Das Fehlen von grobem Verschulden führe nur dann zur Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages, wenn das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzung vom Begünstigungswerber im Rahmen der ihm obliegenden erhöhten Behauptungs- und Beweislast initiativ und unter Ausschluss jeglichen Zweifels dargelegt werde.

Die Berufungsausführungen würden sich im Wesentlichen auf Fehlleistungen beziehen, die vorwiegend nicht im Einflussbereich der Bw gelegen seien. Da es sich bei Abgabenschulden aber um Geldschulden und somit Bringschulden handle, habe der Abgabepflichtige dahin gehend Sorge zu tragen, dass der Abgabenbetrag am Fälligkeitstag dem Konto des Abgabengläubigers gutgeschrieben werden könne. Es wäre daher gerade - wie in der Berufungsbegründung erwähnt - bei sehr seltenen Ausgangsrechnungen mit Mehrwertsteuerüberrechnung Sache der Abgabenschuldnerin gewesen, durch geeignete Vorkehrungen (zB durch Einbringung eines rechtzeitigen Zahlungserleichterungsansuchens) eine verspätete Entrichtung der Umsatzsteuer zu verhindern. Unterblieben entsprechende Vorkehrungen, liege ein über den minderen Grad des Versehens hinaus gehendes grobes Verschulden vor.

Hinsichtlich des angeführten § 217 Abs. 5 BAO sei darauf hinzuweisen, dass Vorgänge auf dem Abgabenkonto eines anderen Steuersubjektes (XY GmbH) in keiner Weise Einfluss auf die Gebarung des Abgabenkontos der Abgabenschuldnerin nehmen könnten. Daraus folge, dass die Voraussetzungen des § 217 Abs. 5 BAO ausschließlich auf dem Abgabenkonto der Bw vorliegen müssten.

Im fristgerechten Vorlageantrag erstattete die Bw ein wortgleiches Vorbringen wie in der Berufung.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d BAO), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, ist ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des nicht zeitgerecht getilgten Abgabenbetrages zu entrichten (§ 217 Abs. 1 und 2 BAO).

Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft (§ 217 Abs. 7 BAO).

Nach Lehre und Rechtsprechung fehlt grobes Verschulden, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegen. Leichte Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Grobe Fahrlässigkeit wird mit auffallender Sorglosigkeit gleichgesetzt. Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. ).

Das Verschulden des Vertreters ist dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten. Das gilt nicht nur für Parteienvertreter, sondern auch für Organe juristischer Personen, die zur Vertretung der Gesellschaft berufen sind und die nach § 80 BAO insbesondere dafür zu sorgen haben, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Das Verschulden eines Arbeitnehmers der Partei ist dagegen nicht schädlich. Entscheidend ist diesfalls, ob der Partei selbst grobes Verschulden, insbesondere grobes Auswahl- und Kontrollverschulden, anzulasten ist. Das Verschulden eines Arbeitnehmers ist dann als grobes Verschulden zu qualifizieren, wenn die Partei der ihr zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer nicht nachgekommen ist.

Gemäß § 211 Abs. 1 lit. g BAO gelten Abgaben bei Umbuchung oder Überrechnung von Guthaben (§ 215) eines Abgabepflichtigen auf Abgabenschuldigkeiten desselben Abgabepflichtigen am Tag der Entstehung des Guthabens als entrichtet, auf Abgabenschuldigkeiten eines anderen Abgabepflichtigen am Tag der nachweislichen Antragstellung, frühestens jedoch am Tag der Entstehung des Guthabens.

Nach § 21 Abs. 1 erster Unterabsatz letzter Satz UStG 1994 wirkt eine Gutschrift auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes zurück.

Unter einer "Umbuchung" ist die Übertragung eines Guthabens auf ein anderes Konto desselben oder eines anderen Abgabepflichtigen innerhalb derselben Abgabenbehörde, unter einer "Überrechnung" eine solche Übertragung auf ein Konto bei einer anderen Abgabenbehörde zu verstehen.

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die dem Säumniszuschlag zu Grunde liegende Abgabenschuld nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet wurde.

Die XY GmbH brachte die Umsatzsteuervoranmeldung 11/2010 zwar fristgerecht am ein, stellte jedoch erst am und damit um einen Tag verspätet einen elektronischen Umbuchungsantrag für einen Betrag von 52.496,00 €.

Die B AG reichte ihre Umsatzsteuervoranmeldung 11/2010 ebenfalls zeitgerecht am ein, unterließ aber überhaupt die Stellung eines Überrechnungsantrages.

Die seitens der Bw am für November 2010 gemeldete Zahllast von 83.482,47 € wurde daher mit einem Teilbetrag von 52.496,00 € am entrichtet; der verbleibende Restbetrag von 30.986,47 € wurde erst am durch Überweisung dieses Betrages getilgt.

Angesichts der Bestimmung des § 211 Abs. 1 lit. g BAO, wonach bei Umbuchung oder Überrechnung von Guthaben eines Abgabepflichtigen auf Abgabenschulden eines anderen Abgabepflichtigen die Abgaben am Tag der nachweislichen Antragstellung, frühestens jedoch am Tag der Entstehung der Guthaben als entrichtet gelten, wäre es Sache der Bw gewesen, sich bei der XY GmbH bzw. der B AG durch Rückfrage über den Bestand eines der Umbuchung bzw. Überrechnung zugänglichen Guthabens dieser Gesellschaften und Vorliegen eines zeitgerechten Umbuchungs- bzw. Überrechnungsantrages zu vergewissern, damit eine fristgerechte Tilgung ihrer Umsatzsteuervorauszahlungsschulden erfolgen konnte. Unterließ die Bw eine solche Vergewisserung, nahm sie das Risiko des Fehlens eines der Umbuchung bzw. Überrechnung zugänglichen Guthabens zum Fälligkeitszeitpunkt ihrer Umsatzsteuerzahllast auf sich und muss die Folgen des tatsächlichen Fehlens eines derartigen Guthabens ihrer Vertragspartnerinnen tragen ().

Auch eine Einsichtnahme in ihr eigenes Abgabenkonto unmittelbar vor oder spätestens zum Fälligkeitstag hätte der Bw vor Augen geführt, dass die Zahllast aus der Voranmeldung 11/2010 offen aushaftete und es ihr ermöglicht, ihre Vertragspartnerinnen bzw. deren steuerliche Vertretung unverzüglich zu kontaktieren und sich zu vergewissern, ob diese der Vereinbarung zur Umbuchung bzw. Überrechnung der Umsatzsteuer tatsächlich nachgekommen sind. Diesfalls wären allenfalls eine Überweisung des ausständigen Betrages zumindest innerhalb der dreitägigen Respirofrist (§ 211 Abs. 2 BAO), ein zeitgerechtes Zahlungserleichterungsansuchen oder die Einreichung der ausständigen Voranmeldungen und der entsprechenden Umbuchungs- bzw. Überrechnungsanträge am Fälligkeitstag noch möglich gewesen, um Säumnisfolgen zu vermeiden.

Wie vom Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung bereits ins Treffen geführt, hätte es die Bw bei gehöriger Aufmerksamkeit in der Hand gehabt, die Vorschreibung eines Säumniszuschlages durch Einbringung eines zeitgerechten (§ 230 Abs. 3 BAO) Zahlungserleichterungsansuchens zu verhindern.

Die Bw behauptete nicht, sich vor bzw. spätestens bei Fälligkeit der Umsatzsteuer 11/2010 erkundigt zu haben, ob tatsächlich ausreichende Guthaben für die beantragte Umbuchung bzw. Überrechnung bestanden und die entsprechenden Anträge fristgerecht eingebracht wurden.

Im Zusammenhang mit Umbuchungen und Überrechnungen genügt es nicht, sich alleine auf einen entsprechenden Vermerk betreffend die Übertragung der Umsatzsteuer und ein vereinbarungsgemäßes Verhalten des Vertragspartners zu verlassen.

Im Unterlassen dieser Rückversicherung liegt ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes grobes Verschulden im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO.

Der Feststellung in der Berufungsvorentscheidung, der nach der Judikatur die Wirkung eines Vorhaltes zukommt, dass das Unterbleiben entsprechender Vorkehrungen zur Abwendung einer verspäteten Entrichtung der Umsatzsteuer als grobes Verschulden zu qualifizieren sei, trat die Bw nicht entgegen.

Dass eine derartige Erkundigung bzw. Einsichtnahme ins Abgabenkonto offenbar unterblieb, zeigt nicht zuletzt, dass die restliche in der Umsatzsteuervoranmeldung 11/2010 erklärte Zahllast erst am und somit rund drei Wochen nach Fälligkeit überwiesen wurde.

Nach § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat.

Dem Einwand der Bw, bei einer ihrer Vertragspartnerinnen, nämlich der XY GmbH, sei es in den letzten sechs Monaten zu keiner verspäteten Zahlung gekommen, sodass § 217 Abs. 5 BAO auf die Bw anzuwenden sei, steht bereits der (oben kursiv hervorgehobene) Gesetzestext entgegen, wonach stets die Verhältnisse je Abgabenkonto für das Vorliegen einer ausnahmsweisen Säumnis maßgebend sind (Ritz, BAO4, § 217 Tz 35) und keinesfalls die Verhältnisse auf dem Abgabenkonto eines Steuersubjektes auf das Abgabenkonto eines anderen Steuersubjektes übertragen werden können.

Wie von der Bw selbst einbekannt, war innerhalb der letzten sechs Monate vor der gegenständlichen Säumnis bereits die Körperschaftsteuer 07-09/2010 verspätet entrichtet worden, sodass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anwendung des § 217 Abs. 5 BAO nicht erfüllt waren.

Wenn, wie in der Berufung und im Vorlageantrag ausgeführt, die Auskunft des Steuerberaters der XY GmbH darüber eingeholt wurde, dass bei dieser die Voraussetzungen des § 217 Abs. 5 BAO erfüllt gewesen wären, ist umso unverständlicher, dass im Zusammenhang mit der gegenständlichen Umsatzsteuerübertragungsvereinbarung jegliche Rücksprache bzw. Rückversicherung unterblieben ist.

Eine Durchsicht des Abgabenkontos der Bw zeigte, dass bereits am eine Säumniszuschlagsfestsetzung infolge eines verspäteten Umbuchungsantrages erfolgte. Dieser Bescheid wurde jedoch am abgeändert und der Säumniszuschlag auf Null gesetzt.

Auf Grund des bereits einmal verspätet eingebrachten Umbuchungsantrages eines Geschäftspartners wäre es umso mehr geboten gewesen, der Einhaltung der nunmehr vereinbarten Übertragungen der Umsatzsteuer erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Die offenkundige Untätigkeit der Bw ist als ein über leichte Fahrlässigkeit hinausgehendes Verschulden zu werten, sodass die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 217 Abs. 7 BAO nicht vorlagen und spruchgemäß zu entscheiden war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Ritz, BAO4, § 217 Tz 35

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
HAAAD-02187